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Artikel „Egika, Westgothenkönig“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 273–274, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Egika&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 16:14 Uhr UTC)
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Egika, Westgothenkönig, 24. Nov. a. 687 bis c. 15. Nov. a. 701, Eidam seines Vorgängers Erwich (15. Oct. 680 bis c. 15. Nov. a. 687, s. den Artikel), Neffe König Wamba’s (s. den Artikel), berief er vor allem ein Reichsconcil (zugleich Reichstag) nach Toledo (XV. Concil von Toledo, a. 688), sich von einem Widerstreit von Eiden befreien zu lassen. Er hatte nämlich bei der Vermählung mit Eurich’s Tochter Cixilo diesem schwören müssen, die königliche Familie in allen Dingen zu schützen und in nichts zu schädigen und bei der Thronbesteigung hatte er den verfassungsmäßigen Königseid geleistet, gegen alle Unterthanen der Gerechtigkeit zu walten. Da nun unter Eurich manche Vornehme, vermuthlich Anhänger des von diesem gestürzten Königs Wamba (s. den Artikel), ungerechtermaßen sammt ihrem Vermögen Gesippen Eurich’s als Knechte zu eigen gegeben worden waren, so mußte E., wollte er seinem Königseid gemäß diese Verunrechteten wieder in Freiheit und Vermögen einsetzen, nothwendig jene Verwandten Eurich’s schädigen. Das Concil entband ihn des „privaten“ Schwurs, soweit er mit dem Herrschereid unvereinbar.

In diesem Reich ist bei jedem König von grundsätzlicher Bedeutung die Stellung, die er gegenüber dem übermächtigen Bischofthum einnimmt (s. die Artikel Leovigild, Rekared, Svinthila, Sisinanth, Kindasvinth, Rekisvinth, Wamba, Witika): E. nun war nicht ganz so schwach und bischofergeben wie sein Schwiegervater, der die Krone einer Priesterverschwörung verdankt hatte (s. den Artikel). Grade deshalb wollte die kirchliche Partei E. [274] beseitigen und durch ein willfährigeres Werkzeug ersetzen, wie ihr das nur zu oft schon gelungen war. Ihr Führer war der hochgeborne und hochfahrende Metropolitan von Toledo Sisbert, ein echtes Spiegelbild der damaligen gothischen Priesterschaft und ihres auf völlige Beherrschung des Staates gerichteten Sinnes. Der hochmüthige Prälat, der sich selbst mit dem von der heiligen Jungfrau Sanct Hildifuns vom Himmel herab gebrachten heiligen Gewand, der „sancta cuculla“, zu bekleiden herausnahm, setzte eine Verschwörung im Palast und eine gleichzeitige Erhebung in den Provinzen ins Werk: der König und seine Gesippen sollten ermordet werden; allein der Plan ward entdeckt, die Empörung niedergeschlagen, Sisbert verhaftet und von dem XVI. Concil (zugleich Reichstag) zu Toledo a. 693 mit Excommunication, Absetzung, Vermögenseinziehung und Einbannung in ein Kloster gestraft: ein Laie wäre dem Tode nicht entgangen.

Im nächsten Jahre richtete das XVII. Reichs-Concil von Toledo über eine angebliche Verschwörung der Juden im Gothenreich mit ihren Glaubensgenossen in Nordafrika, wie man behauptete auch mit den dort jetzt herrschenden Arabern behufs einer Landung in Spanien und Erlösung der spanischen Juden von dem Joch grausamster Verfolgung, das seit König Sisibut (a. 612 bis 620, s. den Artikel) auf ihnen lastete: ist die Beschuldigung begründet, wofür manches spricht, so erklärt dies Unternehmen die Verzweiflung der Unseligen, für die der Gothenstaat eine lebenslängliche Strafe ohne Vergehen war, zumal im Vergleich mit der günstigen Lage der Juden unter der Herrschaft des Islam. Das von dem Concil über die sämmtlichen Juden – nicht nur die des Verrathes Beschuldigten – verhängte Strafgericht war furchtbar: alle erwachsenen Juden wurden verknechtet, sie wurden aus ihren Wohnsitzen ausgehoben und unter die christlichen Familien vertheilt, ihr Vermögen ward eingezogen, alle mehr als sechsjährigen Kinder wurden ihnen weggenommen, christlich erzogen und mit Christen verheirathet, so daß im Laufe des nächsten Menschenalters die Aufsaugung der Verhaßten hätte vollzogen sein müssen, hätte das Gothenreich noch so lange bestanden. Es gelang dem König seinen Sohn Witika, den er vorher zum dux von Gallaecien (zu Tuy) bestellt hatte, zu seinem Mitherrscher zu erheben und ihm dadurch die unangefochtene Nachfolge zu sichern, als E. am 15. November a. 701 zu Toledo starb.

Quellen und Litteratur: Dahn, Die Könige der Germanen V, 1870, S. 219 f. VI², 1885, S. 419, 482.