ADB:Dieter (Erzbischof und Kurfürst von Mainz)

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Artikel „Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz“ von Karl Menzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 164–170, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dieter_(Erzbischof_und_Kurf%C3%BCrst_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 22:51 Uhr UTC)
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Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz, 1459–63 und zum zweiten Male 1475–1482, war der zweite Sohn des Grafen Diether v. Isenburg-Büdingen und der Gräfin Elisabeth v. Solms und wurde um das J. 1412 geboren. Dem geistlichen Stande bestimmt, gelangte er frühzeitig in den Genuß von Dompfründen in Mainz, Trier und Köln. Auf der Universität zu Erfurt erhielt er seine wissenschaftliche Ausbildung, wurde Baccalaureus der freien Künste und im J. 1434 Rector. Acht Jahre später erscheint er zu Mainz, wo er schon seit 1427 Domherr war, als Propst der Stiftskirchen von St. Martin und St. Johann. Im J. 1453 wurde er Custos an der Domkirche. Drei Jahre später wollte eine Minderheit des Trierer Domcapitels ihn zum Erzbischof erwählen, allein die Mehrheit entschied sich für Johann von Baden. Besseren Erfolg hatte D. im J. 1459 zu Mainz. Nach dem Tode des Erzbischofs Dietrich (von Erbach) wurde er am 18. Juni von der Mehrheit des Capitels zum Erzbischof von Mainz gewählt, während eine Minderheit die Wahl des [165] Grafen Adolf von Nassau gewünscht zu haben scheint. Bei seiner Erhebung übernahm D. eine Verpflichtung, welche das Erzstift und ihn selbst in schwere Verwicklungen brachte. Er mußte dem Bunde beitreten, welchen sein Vorgänger mit dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg und dem Grafen Ulrich von Würtemberg wider den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz abschlossen. Die gegenseitige Feindschaft, durch territoriale und persönliche Streitigkeiten veranlaßt, wurde durch den Zwiespalt, welchen die großen Angelegenheiten des Reiches und der Kirche hervorriefen, genährt und verschärft. Kurfürst Friedrich von der Pfalz stand in Opposition gegen Kaiser und Papst. Er wollte den Einfluß der Kurfürsten auf die Regierung des Reiches erhöhen, er erneute einen Theil der Forderungen und Beschwerden der deutschen Nation wider die römische Curie, welche in den Tagen von Constanz und Basel sich drohend geäußert und in dem Wiener Concordate vom J. 1448 einen kläglichen Abschluß gefunden hatten. Markgraf Albrecht dagegen vertheidigte die bestehenden Zustände, die unbeschränkte Herrschaft der kaiserlichen und päpstlichen Autorität. Drei Tage nach seiner Wahl, am 21. Juni, erfüllte D. die Bedingungen des Capitels und trat dem Bündnisse wider den Pfälzer bei. Dieser Schritt brachte ihm freilich im Anfange Vortheil. Papst Pius II., der sich damals mit dem Plane eines großen Kreuzzuges wider die Türken beschäftigte und zu diesem Zwecke einen Convent der christlichen Fürsten und Völker des Abendlandes nach Mantua berufen hatte, nahm es dem Erwählten von Mainz übel, daß er nicht persönlich in Mantua erschienen sei, und wollte die Wahl nur unter lästigen Bedingungen, die hauptsächlich gegen die conciliaren Bestrebungen der deutschen Kirchenfürsten gerichtet waren, bestätigen. Die Gesandten Diethers, welche sich weigerten, jene Bedingungen anzunehmen, mußten unverrichteter Sache nach Hause zurückkehren. Erst auf die persönliche Fürsprache des Markgrafen Albrecht, der es für wichtig hielt, daß ein Anhänger seiner Partei den erzbischöflichen Stuhl von Mainz inne habe, ließ Pius die früheren Bedingungen fallen und sprach die Bestätigung Diethers aus, aber er forderte dabei eine so hohe Summe für die Annaten, daß bei der Weigerung Diethers, sie zu bezahlen, ein neuer Zwiespalt unvermeidlich war. Einstweilen jedoch blieb D. der Partei- und Bundesgenosse des Markgrafen, und nachdem ein Versuch, auf listige Weise, durch die sogenannten blinden Sprüche, gegen den Pfalzgrafen Recht zu behalten, vollständig gescheitert war, kam es aller Friedensmahnungen des Papstes ungeachtet zum Kriege. Aber er wurde unglücklich geführt. D. wurde am 4. Juli 1460 bei Pfeddersheim von dem Pfalzgrafen geschlagen und zum Frieden und zur Bundesgenossenschaft genöthigt. Der Uebertritt zur pfälzischen Partei wird dem Erzbischof nicht schwer geworden sein. Er war früher mit Friedrich befreundet und in dem Augenblicke, da er einen heftigen Conflict mit dem Papste voraussah, hoffte er an dem Oppositionsfürsten eine bessere Stütze zu finden, als bei seinen bisherigen Freunden. Nicht allein die hohe Annatenforderung, auch andere Kundgebungen des Papstes, die Bulle Execrabilis, durch welche Pius jede Berufung an ein allgemeines Concilium verdammte, das Gebot einer Besteuerung der Geistlichen für die Zwecke des Türkenkrieges, Maßregelungen einzelner deutscher Fürsten, wie des Herzogs Sigismund von Oesterreich u. a., hatten Diethers Unzufriedenheit in hohem Grade erregt. Als Cardinal Bessarion, der den Kreuzzug in Deutschland betreiben sollte, die zögernden Fürsten in plumper und leidenschaftlicher Weise schmähte, erwachte ein heftiger Widerstand und Friedrich von der Pfalz und Erzbischof D. traten an die Spitze. Nicht allein gegen den Papst, auch gegen den Kaiser, der jene Besteuerung der Fürsten gebilligt hatte, und durch allerlei Händel im eigenen Lande verhindert war, sich der Reichsgeschäfte anzunehmen, richtete sich der allgemeine Unwille. So gewaltig wuchs die Bewegung, [166] daß selbst die brandenburgischen Fürsten, selbst Markgraf Albrecht, von ihr fortgerissen wurden und die Nothwendigkeit der Abwehr der päpstlichen Uebergriffe und einer Reform des Reiches erkannten und aussprachen. Aber über die Mittel konnten sich die Fürsten nicht verständigen. Pfalzgraf Friedrich und Erzbischof D. waren gesonnen, dem Kaiser in der Person des Böhmenkönigs Georg Podiebrad einen römischen König an die Seite zu setzen, der die Reform des Reiches, vor allem ein Reichsregiment und ein Reichsgericht, betreiben und ein deutsches Nationalconcil zur Abstellung der Beschwerden wider die Curie berufen sollte. Die Markgrafen von Brandenburg aber waren solchen weitgehenden Maßregeln nicht geneigt, sie meinten, die schlimmsten Mißstände durch einmüthige Mahnungen an Kaiser und Papst abstellen zu können. Erzbischof D. berief auf den Montag nach Estomihi (16. Febr.) 1461 die Kurfürsten und Fürsten nach Nürnberg, um über die Reform zu berathen. Hier erließ er in seiner eigenen Sache, wegen der Annaten, eine scharfe Appellation an ein künftig Concil und gewann außer den Kurfürsten von der Pfalz noch die Brandenburger Friedrich, Albrecht und Johann und den Bischof von Würzburg zum Beitritt. Diese Fürsten – mit Ausnahme des Würzburgers – richteten außerdem noch ein besonderes Schreiben an den Papst und baten ihn, von seiner hohen Annatenforderung abzustehen. Aber D. brachte auch die wichtigsten Beschwerden der deutschen Nation wider das Papstthum vor, die beabsichtigte Besteuerung, die Bulle Execrabilis, die Uebertretungen der Decrete der Concilien von Constanz und Basel, die Verletzung der Concordate. Als Mittel der Abwehr schlug er ein allgemeines Concil auf deutschem Boden vor, und eine pragmatische Sanction, welche die deutsche Kirche von Rom unabhängiger stellen sollte. Auch wider den Kaiser erhoben sich heftige Klagen: daß er länger als 15 Jahre nicht mehr ins Reich gekommen sei, daß er nichts thue für Friede und Recht. Von einer Königswahl, von der Erhebung des Böhmenkönigs oder eines anderen Fürsten, sahen die Fürsten zwar ab, es siegte die mildere Auffassung der Markgrafen von Brandenburg, aber an ernstlichen Mahnungen ließen sie es nicht fehlen. Am 1. März schrieben die Kurfürsten von Mainz, der Pfalz und Brandenburg an den Kaiser einen Brief voll bittrer Klagen und Vorwürfe und forderten ihn auf, zum 31. Mai nach Frankfurt zu kommen, um gemeinschaftlich mit den Kurfürsten die dringendsten Reichsgeschäfte vorzunehmen. An demselben Tage schlossen sie ein Bündniß zur thatkräftigen Betreibung der Reform und gelobten, weder durch den Kaiser noch durch den Papst von ihren Plänen sich abwendig machen zu lassen. Die Erneuerung des Kurvereins und die Aufnahme des Mainzers und des Pfälzers war ein weiterer lebhafter Ausdruck der Opposition. Aber die Einheit und der Eifer der Fürsten waren nicht von langer Dauer. Die Markgrafen von Brandenburg, von heftigem Mißtrauen wider die Führer der Bewegung erfüllt, lenkten bald wieder vorsichtig ein und beeilten sich, ihre guten Beziehungen zu dem Kaiser wieder herzustellen. Außer den Briefen und den genannten Einungen und Bündnissen kam nichts Wesentliches in Nürnberg zu Stande. Der Abschied wies die Fortsetzung der Berathungen und die Ausführung der Reformen auf eine künftige Versammlung, welche am 31. Mai zu Frankfurt stattfinden sollte. Diese Versammlung aber hatte einen überaus kläglichen Verlauf. Schon vor ihrem Beginne war es dem Papste durch kluge Maßregeln gelungen, einen Theil der unzufriedenen Fürsten, wie den Pfalzgrafen Friedrich und den Erzbischof von Trier, zu beschwichtigen und zu besänftigen. Der Kaiser verbot den Frankfurtern, die Versammlung aufzunehmen. So fand dieselbe in Mainz statt bei geringer Theilnahme. Die anwesenden päpstlichen Legaten übernahmen mit Geschick die Vertheidigung des Papstes und gaben die Erklärung ab, daß Pius II. keineswegs beabsichtige, die deutsche Nation ohne Zustimmung der Fürsten zu besteuern. [167] Erzbischof D. versuchte zwar auch hier, die Opposition noch einmal zu entflammen und zu entschiedenen Maßregeln zu bewegen, jedoch vergeblich; er stand bald, verlassen von seinen Bündnern und Anhängern, ganz allein seinen heftig erzürnten Gegnern, dem Papste und dem Kaiser, gegenüber. Es half ihm nichts, daß er jetzt in Gegenwart der päpstlichen Legaten seine Appellation widerrief. Papst und Kaiser waren einig, den verwegenen Kirchenfürsten, der sich so schwer wider ihr Ansehen vergangen hatte, für immer unschädlich zu machen. D. wäre ihrer Rache nicht entgangen, auch wenn er nach dem Mainzer Tage sich ruhig verhalten hätte. Aber noch einmal machte er den Versuch, die wenigen Anhänger der conciliaren Bewegung um sich zu sammeln. Da that der Papst den Schritt, den er lange vorsichtig vorbereitet, er sprach am 21. Aug. 1461 die Absetzung Diethers aus und erhob durch Provision den Domherrn Adolf von Nassau, den im J. 1459 bereits eine Minderheit gewollt hatte, auf den erzbischöflichen Stuhl von Mainz. Am 26. Sept. wurde die Bulle des Papstes zu Mainz in einer Versammlung des Domcapitels, der D. und Adolf beiwohnten, verkündigt und wenige Tage darnach (2. Oct.) der Nassauer als Erzbischof eingesetzt. Indeß D. war keineswegs gesonnen, die Strafe ruhig hinzunehmen. Er protestirte wider die Bulle des Papstes und machte bekannt, daß er nur der Gewalt weichen werde. Seine Hoffnung war zumeist auf den Pfalzgrafen Friedrich gesetzt, und in der That ergriff der siegreiche Fürst seine Partei, jedoch er that dies nicht in Erinnerung an die früher gemeinsam betriebenen Reformpläne, nicht aus Entrüstung über die Maßregel des Papstes, sondern nach neuen Verhandlungen und Abmachungen, aus Eigennutz und Gewinnsucht. Erst als ihm D. einen bedeutenden Preis, die blühende Landschaft an der Bergstraße mit ihren Städten und Burgen zugesagt hatte, schloß Friedrich ein Bündniß mit ihm und versprach ihm seine Hülfe wider Adolf und seine Anhänger (18. Nov. 1461). Die Folge dieses Bündnisses war, daß auch die Stadt Mainz sich für D. erklärte. Nun begann ein Krieg, der länger als ein Jahr die rheinischen Gegenden verwüstete. Auf Diethers Seite standen außer dem Pfalzgrafen noch Landgraf Heinrich von Hessen und Graf Philipp von Katzenelnbogen. Für Adolf waren sein Bruder Graf Johann von Nassau-Wiesbaden, Pfalzgraf Ludwig, Graf von Veldenz, Markgraf Karl von Baden, Graf Eberhard von Königstein. Auch ferner wohnende Fürsten nahmen[WS 1] Partei. Markgraf Albrecht von Brandenburg, Herzog Wilhelm von Sachsen, Graf Ulrich von Würtemberg, Landgraf Ludwig von Hessen, die Bischöfe von Trier, Speyer und Metz für den Nassauer, Markgraf Otto von Mosbach für D. So groß die Zahl der Anhänger Adolfs war, so gelang es doch nicht, ihre gesammten Kräfte wider den Isenburger ins Feld zu führen. Der Krieg bestand lange nur aus einzelnen verheerenden Zügen, aus Belagerungen und Berennungen von Burgen und Vesten. Der wichtigste Anhänger Adolfs Markgraf Albrecht von Brandenburg wurde durch den Krieg mit dem Herzoge Ludwig von Baiern abgehalten, andere erfüllten nur lässig ihre Bundespflicht. Vergeblich trieben Papst und Kaiser zu kräftiger Kriegsführung an. Erst im Juni 1462 unternahmen Karl von Baden, sein Bruder der Bischof von Metz, und Graf Ulrich einen größeren Feldzug wider den Pfalzgrafen. Derselbe sollte ihnen aber übel bekommen. Sie wurden am 30. Juni bei Seckenheim von dem Pfalzgrafen und Erzbischof D. geschlagen und gefangen. Dieser Sieg erfüllte den letzteren mit der größten Zuversicht auf den glücklichen Ausgang des Kampfes. Er wies jede Friedensverhandlung zurück, welche nicht den Rücktritt Adolfs zur Voraussetzung hatte, er war der festen Meinung, daß ihm der Pfalzgraf bis zum glücklichen Ausgange treu zur Seite stehen werde. Aber die Dinge nahmen doch einen anderen Verlauf. Die Bedeutung des Seckenheimer Sieges wurde wenige Monate später durch einen glücklichen Handstreich [168] der Gegner wieder aufgewogen. Am frühen Morgen des 28. October gelang es dem Pfalzgrafen Ludwig und dem Grafen von Königstein in die Stadt Mainz zu dringen und dieselbe nach hartnäckigem Kampfe zu behaupten. Adolf von Nassau beraubte die bezwungene Stadt ihrer Reichsunmittelbarkeit und drückte sie zur landsässigen Stadt des Erzstiftes herab. Seitdem gerieth D., eines festen Mittelpunktes seiner Herrschaft beraubt, in immer größere Abhängigkeit von dem Pfalzgrafen. Die Politik Friedrichs aber stellte sich mehr und mehr als eine höchst eigennützige dar; nicht zufrieden mit dem bisherigen Gewinne trachtete er nach stets größerer Bereicherung auf Kosten des Erzstiftes. Von entscheidender Wichtigkeit war es, daß des Pfalzgrafen Bruder Ruprecht am 30. März 1463 zum Erzbischof von Köln gewählt wurde und bei seiner Wahl die Verpflichtung übernahm, seinen Bruder zum Abfall von D. und zu einem Bündniß mit Adolf zu bewegen. Zwar weigerte sich Friedrich entschieden, den Wünschen seines Bruders nachzugeben, aber er hörte doch auf, für D. mit aller Entschiedenheit einzutreten, weil er die Bestätigung seines Bruders in Köln nicht unmöglich machen wollte; er bewilligte im April der Gegenpartei einen Waffenstillstand bis zum 11. November, den Ruprecht vermittelte. Um dieselbe Zeit entließ er den Markgrafen von Baden und den Grafen von Würtemberg aus ihrer Haft gegen inhaltreiche Verschreibungen, die allein ihm Gewinn und Vortheil brachten. D wurde durch diese Vorgänge in seiner Zuversicht stark erschüttert und begann sich mit dem Gedanken eines Rücktrittes vertraut zu machen. Unter eifriger Vermittlung des Markgrafen Karl von Baden kam zu Idstein am 1. Juni 1463 ein Vertragsentwurf zu Stande, der bereits den Verzicht Diethers und seine Abfindung mit etlichen Städten und Schlössern zum Inhalt hatte, aber nicht zur Ausführung kam, wahrscheinlich weil Pfalzgraf Friedrich keinen Vortheil für sich erkannte und den Ausgleich zu hintertreiben wußte. Da versuchte die nassauische Partei den Isenburger von dem Pfalzgrafen abzuziehen und sich mit ihm allein zu verständigen. Die List, welche sie anwandte, die Täuschung Diethers durch einen erdichteten Brief, in dem Friedrich sich bereit erklärte, ohne Diethers Wissen mit Adolf Frieden zu machen, gelang vollständig. D., der schon lange argwöhnisch gegen seinen Bundesgenossen war, ließ sich bestimmen, einseitig einen Vertrag abzuschließen. Dies geschah am 5. October zu Zeilsheim unter Vermittlung des Landgrafen Heinrich von Hessen. Adolf von Nassau übernahm das Erzstift mit allen seinen Schulden, und D. erhielt auf Lebenszeit die Städte und Schlösser Höchst, Steinheim und Dieburg als besonderes Fürstenthum nebst einer ansehnlichen Summe Geldes. Vergeblich protestirte der Pfalzgraf gegen diese Abmachungen, gegen den Betrug, den die Gegner getrieben. D. blieb diesmal bei dem Vertrage, stellte alsbald die nothwendigen Urkunden über die einzelnen Punkte aus und empfing von dem päpstlichen Legaten die Absolution vom Banne (October 1463). Auch der Pfalzgraf ließ sich bald besänftigen. Da man ihm die Verpfändung der Bergstraße bestätigte und außerdem noch die Stadt Pfeddersheim und Einkünfte vom Zolle zu Ehrenfels überließ, willigte er in den Frieden und empfing wie zuvor D. die Lossprechung vom Banne. Bald darauf, im Mai 1464, wurde Pfalzgraf Ruprecht als Erzbischof von Köln bestätigt. Nicht so leicht als der Papst ließ sich der Kaiser zur Anerkennung dieses Friedens bewegen. Erst geraume Zeit später, am 13. Febr. 1465, ertheilte er dem Zeilsheimer Vertrage seine Genehmigung.

Die folgenden Jahre wird D. in seinem kleinen Fürstenthum verlebt haben, wie es scheint, nicht ganz sorglos und unangefochten, wenigstens sind Andeutungen vorhanden, daß sich Graf Heinrich von Würtemberg, den sich Erzbischof Adolf zum Coadjutor genommen hatte, mit dem Plane beschäftigt habe, den Isenburger aus seinem Besitzthum zu vertreiben. Jedoch dies kam nicht zur Ausführung, [169] ebensowenig wurde Graf Heinrich der Nachfolger Adolfs. Das Domcapitel richtete vielmehr nach dessen Tode seine Blicke wieder auf den verdrängten Erzbischof D., wol hauptsächlich von dem Wunsche geleitet, das abgetrennte Besitzthum wieder mit dem Erzstift zu vereinigen. Vergeblich warnte Papst Sixtus IV. D. von Isenburg wurde am 9. Nov. 1475 wieder zum Erzbischof gewählt und nachdem das Capitel in einem Schreiben an den Papst ausführlich die Gründe auseinander gesetzt hatte, erfolgte am 5. April 1476 die päpstliche Bestätigung. Die kaiserliche Belehnung dagegen scheint niemals ertheilt worden zu sein. Während seiner zweiten Regierung befolgte D. eine ruhigere und friedlichere Politik, wenn auch einzelne Erregungen und Bewegungen nicht fehlten. Einigen Anlaß zu solchen gab die Stadt Mainz, welche in der Meinung, daß nun die Gelegenheit gekommen, die frühere Reichsfreiheit wieder zu erlangen, dem Erzbischof zu huldigen sich weigerte. D. aber war keineswegs gesonnen, den wichtigen Zuwachs des Erzstiftes, das Werk seiner Gegner, wieder aufzugeben; er trug sogar kein Bedenken, den Besitz durch den Papst sich bestätigen und bekräftigen zu lassen. Am 26. Januar 1478 erschien eine Bulle Sixtus’ IV., durch welche die Stadt Mainz für immer der Herrschaft des Erzbischofs D. und seiner Nachfolger zugewiesen wurde. Bald darnach ernannte D. den Grafen Philipp von Königstein, den Sohn jenes Eberhard, der Mainz erobert hatte, zum Befehlshaber der Stadt, gewiß in der Absicht, die unterworfene an das Recht der Eroberung zu erinnern. Zeigte sich D. in diesem Punkte als strengen und harten Herrn, so war er auf der andern Seite auch thätig und rührig, um die Stadt zu heben, ihr neue Erwerbsquellen zu öffnen. Er errichtete im J. 1477, nachdem er die päpstliche Erlaubniß eingeholt und erlangt hatte (Bulle Sixtus’ IV. vom 23. Nov. 1476), in Mainz eine Universität (studium generale) nach dem Muster von Bologna, Paris und Köln und machte als deren Eröffnungstermin den 1. October 1477 bekannt. Im folgenden Jahre erbaute er bei dem Grinsthurme die Martinsburg, welche ihm als Residenz und als Zwingburg der Stadt Mainz dienen sollte. Als dieselbe am 2. März 1481 abbrannte, ließ er sie sofort fester und stattlicher wieder aufbauen und erhob dazu eine Steuer im Erzstifte. Ueberhaupt auf die bauliche Ausstattung der Stadt war Diethers Sinn gerichtet; da von den bei der Eroberung zerstörten Häusern noch viele in Schutt lagen, erließ er ein Gebot, daß dieselben sofort wieder aufgebaut werden sollten. Als dies wenig beachtet wurde, erneuerte er den Befehl und fügte drohend bei, daß er alle Gebäude, welche in bestimmter Frist nicht wieder hergestellt seien, für den Fiscus in Beschlag nehmen werde. Auch mancherlei Lustbarkeiten wurden am Mainzer Hofe abgehalten. Für den August 1480 kündete D. ein ritterliches Turnier an, wobei er nicht versäumte, den Papst zu benachrichtigen und ihm die Bedeutung und den Zweck dieses Festes auseinander zu setzen (10. Mai 1480). Mit großem Eifer betrieb D. die Wiedereinlösung der Städte und übrigen Zugehörungen, welche dem Erzstift während seines Streites mit Adolf von Nassau entzogen worden waren. So brachte er u. a. Algesheim, Amöneburg, Bischofsheim, das Eichsfeld wieder an das Erzstift zurück, letzteres nicht ohne Conflict mit dem Herzog Wilhelm von Sachsen, der die Pfandschaft gerne in eigenthümlichen Besitz umgewandelt hätte. Diese Erfolge verdankte D. großentheils den Herzogen Ernst und Albrecht von Sachsen, welche ihm namhafte Geldsummen vorstreckten. D. zeigte sich dankbar für solche Gefälligkeiten. Zuerst ernannte er den jungen Herzog Albrecht, den Sohn des Kurfürsten Ernst von Sachsen, zum Provisor im Eichsfeld, dann zu seinem Coadjutor, gewiß mit Rücksicht auf die Besserung der Finanzen des Erzstiftes. Auch dies geschah mit ausdrücklicher Genehmigung des Papst Sixtus IV. (14. Januar 1480), dem D., wie wir gesehen, schon vielfache Beweise von Gehorsam und [170] Unterwürfigkeit gegeben hatte. Ganz besonderen Dank bei dem apostolischen Stuhl verdiente sich D. durch die strenge Bestrafung solcher Geistlichen, welche ein unkirchliches und unwürdiges Leben führten, und durch die Verfolgung von Irrlehren. Bekanntlich wurde der Ketzerproceß und die Bestrafung Johanns v. Wesel († 1481), der wider verschiedene Dogmen der Kirche geschrieben und gepredigt hat, von Erzbischof D. veranlaßt (1479). Dies Verfahren Diethers stand übrigens keineswegs im Gegensatz zu seinem früheren Auftreten. Selbst in den Tagen, da er am heftigsten mit dem Papste stritt, hat er wiederholt betont, daß er in keiner Weise von der Glaubenslehre der Kirche abweiche. Haben doch selbst die Concilsväter von Constanz den Johannes Hus als Ketzer verdammt und verbrannt. D. starb am 7. Mai 1482 zu Aschaffenburg und wurde in der Domkirche zu Mainz begraben.

Schwarz, Diether von Isenburg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz. 2 Bände. Mainz 1789 (eine ganz ungenügende Schrift). – K. Menzel, 1) Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz. 1459–1463. Erlangen 1867. 2) Die Verträge zwischen den Grafen Adolf von Nassau und Diether von Isenburg-Büdingen zur Beilegung des Streites um das Erzstift Mainz (Annalen des Vereins für nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Bd. X. 1870). 3) Urkundliche Mittheilungen zur Geschichte des Erzstiftes Mainz während der ersten Regierung Diethers von Isenburg (Annalen etc. Bd. XII. 1873).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: namen