ADB:Heinrich I. (Graf von Württemberg-Mömpelgard)

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Artikel „Heinrich, Graf von Würtemberg“ von Paul Friedrich von Stälin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 627–628, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_I._(Graf_von_W%C3%BCrttemberg-M%C3%B6mpelgard)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:45 Uhr UTC)
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Heinrich, Graf von Würtemberg, geb. am 7. Sept. 1448, gest. am 15. April 1519. Als der zweite Sohn des Grafen Ulrich des Vielgeliebten von der Stuttgarter Linie des damals getheilten würtembergischen Hauses und der Elisabeth von Baiern-Landshut wurde H. anfangs zum geistlichen Stande bestimmt, wiewohl er hiezu wenig Anlage und Neigung besaß. Nachdem er bereits im J. 1461 Domherr der Stifter Mainz und Eichstädt geworden, gelang es den Bemühungen des Markgrafen Albrecht (Achilles) von Brandenburg, des künftigen Schwiegervaters seines älteren Bruders Eberhard, es bei dem Erzbischofe Adolf von Mainz zu erreichen, daß derselbe ihn am 10. August 1465 zum Coadjutor annahm. H. wurde mit der „völligen Regierung aller Weltlichkeit“ des Erzstifts (einige Vorbehalte ausgenommen) und mit der Verleihung fast aller Pfründen betraut, wogegen er die Schulden des Stifts zu übernehmen hatte. Allein er vermochte sich in dieser Stellung nicht zu behaupten, da Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche, welcher dieses Vorgehen als einen Schachzug der ihm feindlichen brandenburgischen Politik erkannte, kräftig gegen ihn wirkte und auch Papst Paul II., dadurch beleidigt, daß die Annahme dieses Coadjutors ohne sein Vorwissen vorging, entschieden gegen ihn auftrat. Er mußte am 17. Aug. 1467 seine Regierung niederlegen, behielt jedoch den Titel eines Coadjutors und die Anwartschaft auf das Erzbisthum, sowie für einige Zeit das Amt Bischofsheim. In den nächsten Jahren erscheint er als Dompropst zu Eichstädt, gab jedoch endlich den geistlichen Stand auf. Ein unruhiger Kopf und nach einer eigenen Herrschaft strebend, wußte er es nach vielfachen Umtrieben durchzusetzen, daß er im Uracher Vertrage vom 12. Juli 1473 die Grafschaft Mömpelgard nebst einigen mit ihr verbundenen burgundischen Lehensherrschaften und den elsässischen Besitzungen Horburg, Reichenweiher, Bilstein, eingeräumt erhielt, wogegen er freilich nur nach dem Aussterben sämmtlicher würtembergischer Grafen die Stammlande des Hauses sollte erben können. Indeß brachte ihn sein neuer Besitz in schwere Verwickelungen mit dem ländergierigen Herzog Karl dem Kühnen von Burgund. Schon länger angelte dieser nach dem Erwerbe von lehnsoberherrlichen Rechten über das Mömpelgarder Schloß und als nun vollends im März 1474 unter Vermittelung Ludwigs XI. von Frankreich die ewige Richtung zwischen Herzog Sigmund von Oesterreich und den Eidgenossen mit einer wesentlich gegen ihn gerichteten Spitze abgeschlossen wurde, schritt er zur That, um sich in den Besitz des für den künftigen Krieg ihm besonders wichtigen Schlosses zu setzen. Er ließ den Grafen, der, das Gelübde einer Wallfahrt lösend, arglos mit seinem Hofmeister und acht Dienern ausgeritten war, im April in der Gegend von Metz gefangen nehmen und ihn nöthigen, daß er die Zusage gab, Schloß und Stadt Mömpelgard in der Weise öffnen zu lassen, daß der Herzog einen Waffenplatz daraus machen könne. Zwar erreichte Karl seinen Zweck nicht, denn der würtembergische Landvogt in Mömpelgard wies seine Abgeordneten mit der Bemerkung ab, er werde den Platz halten, solange ein Graf von Würtemberg lebe, H. aber wurde in verschiedenen Kerkern, zu Luxemburg, Granges, Mastricht, Boulogne herumgeschleppt, ja man ließ ihn einmal auf dem Berge la Crotte gegenüber von Mömpelgard Todesangst ausstehen. Erst nach des Herzogs Tode wurde er im Frühjahr 1477 frei und begab sich nun in Dienste des Erzherzogs Maximilian, dessen empörerische Unterthanen in den Niederlanden [628] er bekämpfen half. Gegen ein Jahrgeld trat er seinem älteren Bruder Graf Eberhard durch den Vertrag zu Reichenweiher vom 26. April 1482 Mömpelgard und die burgundischen Herrschaften ab und behielt bloß die elsässischen für sich. Nachdem er wieder eine kurze Zeit sich dem geistlichen Stande zugewandt und sich in das Johanniterhaus im Grünen Wörth in Straßburg hatte aufnehmen lassen, vermählte er sich im J. 1485 mit Elisabeth, Tochter Simon Weckers, Grafen von Zweibrücken, Herrn zu Bitsch und Lichtenberg und nach deren Tode im J. 1488 mit Eva, Tochter des Grafen Johann von Salm, beides trefflichen Gattinnen. Allein ohne Zweifel in Folge des Gefängnisses und der Behandlung in demselben verfiel er allmählich in Geisteskrankheit und führte sich in Reichenweiher und in der Umgebung immer mehr wie ein Wüthrich auf. Daher ließ ihn sein Vetter, Graf Eberhart im Bart, damals Alleinregent der Grafschaft, um Schlimmeres zu verhüten, mit Zustimmung der nächsten Freunde im August 1490 zu sich einladen, sodann aber in einen Ring schließen und auf die Festung Hohen-Urach abführen, worauf Kaiser Friedrich genannten Grafen zu seinem Vormund und Pfleger bestellte. Als Gefangener auf jener Festung und dazwischen hinein zu Stuttgart lebte H. noch 29 Jahre, bis er am 15. April 1519 von seinen Leiden erlöst wurde. Von seinen beiden Söhnen wurde der ältere, Ulrich, der dritte Herzog von Würtemberg (1498–1550), und pflanzte der jüngere, Graf Georg, nach dem kinderlosen Absterben von Ulrichs Enkel, Herzog Ludwig, allein den würtembergischen Fürstenstamm fort.

Vgl. Heyd, Graf Heinrich zu Württemberg, in Klaiber, Studien der evang. Geistlichkeit Würtembergs IV, 1, 163–184. Derselbe, Ulrich, Herzog zu Württemberg, 1, 74–85. Chr. Fr. v. Stälin, Wirtembergische Geschichte 3, 557 ff., 575 ff., 599 ff., 607 ff.