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Artikel „Columban“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 424–426, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Columban&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 19:15 Uhr UTC)
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Columban St., irischer Mönch und Glaubensbote, am Ende des 6. und im Anfang des 7. Jahrhunderts thätig. Für die deutsche Geschichte kommt dieser bedeutendste unter den von Irland in der Zeit der merowingischen Könige ausgegangenen Klosterstiftern als Lehrer des hl. Gallus (s. d. Art.) vorzüglich in Betracht. – Mit zwölf Gefährten, nach der stehenden Sitte solcher auf die Mission ausgehender Genossenschaften irischer Mönche, verließ C., der in Leinster geboren war, das Kloster Benchuir oder Bangor, um unter den Heiden das Evangelium zu predigen. Da aber die von ihm im fränkischen Reiche gehaltenen Bußpredigten durch den Ernst und die eindringliche Beredsamkeit eine wohlthätige Einwirkung auf das Volk äußerten und der günstige Ruf von dem strengen sittlichen Wandel sich auch an den Hof des Königs Childebert II., des Sohnes Sigeberts I., verbreitete, forderte derselbe C. und dessen Begleiter auf, sich zu ihm in das austrasische Reich zu begeben. Allein C. ließ sich am Hofe nicht festhalten, sondern siedelte sich in der Wildniß des Wasgaues um 590 an. Einer ersten Einsiedelei in Anagrates (Anegray) folgt in dem für die wachsende Zahl der Mönche günstigeren Platze Luxovium (Luxeuil), einem zerstörten und verlassenen römischen Badeorte, ein Mittelpunkt fruchtbarsten klösterlichen Lebens, dem sich noch Fontanä (Fontaines) in der Nähe anschloß. Inzwischen war das burgundische Reich, welches C. dergestalt zur Stätte seiner Wirksamkeit gemacht hatte, 593 durch den Tod des Königs Guntram, des Oheims Childeberts II., an diesen erblich übergegangen, welchem hinwieder 596 dessen junger Sohn Theuderich II. nachfolgte. C. hoffte, das Vertrauen, welches ihm dieser jugendliche Herrscher entgegenbrachte, durch wohlthätige Beeinflussung der sittlichen Haltung desselben erwiedern zu können. Allein dadurch erweckte er den Neid der Großmutter Theuderichs, der Wittwe Sigeberts I., Brunhilde; die längst vorhandene Abneigung des sittenlosen fränkischen Klerus gegen den reinen Wandel des strengen Bußpredigers, Meinungsverschiedenheiten wegen einzelner äußerlicher Abweichungen (Osterberechnung, Tonsur) kamen zu dieser Ungnade des Hofes: so gelang es der Königin durch den Beistand des gleichfalls gegen C. nunmehr eingenommenen Enkels die Iren aus Luxeuil zu vertreiben. Um 610 wichen sie aus Burgund und standen im Begriffe, nach dem königl. Befehle den Boden des fränkischen Reiches zu verlassen, als widrige Winde ihnen die Ausfahrt aus der Loire unmöglich machten. Das betrachteten sie als einen Wink [425] des Himmels, daß die Rückkehr nach Irland nicht ihre Bestimmung sei, und durch die Vermittlung des neustrischen Königs, Chlothars II., des Sohnes der Fredegunda, gelangten die Flüchtlinge nach ihrem Wunsche an den Hof Theudeberts II., eines älteren Bruders des Theuderich und Herrschers in Austrasien. Zu Theudebert waren schon vorher durch andere Brüder aus Luxeuil Anregungen Columbans gekommen, und der König stellte den Mönchen anheim, wo sie auf austrasischem Gebiete für die Ausbreitung des Glaubens wirken wollten. C. wählte den vor Zeiten zerstörten Römerplatz Brigantia am Bodensee. Sie fanden hier bei den Alamannen keineswegs mehr das reine Heidenthum zu bekämpfen vor, sondern ein mit christlichen Anregungen, theils aus den erhalten gebliebenen römischen Plätzen, theils fränkischen Ursprungs, eigenthümlich gemischtes religiöses Leben, einen Uebergangszustand, wo es sich nur um die Stärkung der christlichen Elemente handeln konnte (s. d. Art. Gallus). Doch sagte dieser Wirkungskreis C. nicht zu, und er dachte zuerst daran, den Wenden das Evangelium zu bringen; dann aber kam er auf den schon bei dem Betreten des austrasischen Reiches gefaßten Plan zurück, nach Italien zu gehen. Nochmals aber bemühte er sich zuvor, wenn auch ohne Erfolg, durch seinen Rath dem Hause der Brunhilde nützlich zu werden. Die Früchte des Sieges Theuderichs über den eigenen Bruder Theudebert fielen nach kürzester Zeit Chlothar anheim, welcher sich Austrasiens bemächtigte und die Söhne des inzwischen schon verstorbenen Theuderich mit ihrer Urgroßmutter Brunhilde aus dem Wege schaffte, deren ganzes Geschlecht dergestalt vertilgend. Dankbar erinnerte sich Chlothar bei der Vereinigung des ganzen fränkischen Reiches unter seinem Scepter einer glückverheißenden Weissagung Columbans. Aber dieser hatte bereits inzwischen – 612 oder 613, zwischen der Niederlage Theudeberts und dem Siege Chlothars – nach etwa dreijährigem Aufenthalte Bregenz, wo er viele Entbehrungen geduldet hatte, verlassen: nur Gallus blieb nach späteren Nachrichten hier auf deutschem Boden zurück. Der Weg nach dem Langobardenreich wurde jedenfalls durch Rätien genommen, und an diese letzte Reise Columbans knüpften spätere Localtraditionen den Ursprung vom Kloster Dissentis am Lukmanierpasse (durch Sigbert, einen Schüler Columbans). König Agilulf empfing C. ehrenvoll. Derselbe wies eine nochmalige Einladung König Chlothars durch Eustasius, seinen Schüler und nunmehrigen Abt von Luxeuil, nach dem fränkischen Reiche zurückzukehren, ab. Vielmehr beschäftigte er sich mit der Bekämpfung der Arianer und mit der Pflanzung einer neuen Culturstätte in einer einsamen Gegend der Apenninen. Hier starb er, im Kloster Bobio, am 21. November, nach kurzer Zeit, wahrscheinlich 615. Für die mittelbar auf C. zurückgehende klösterliche Stiftung St. Gallen ist, da ein klösterliches Leben daselbst erst recht begründet wurde, unter dem ersten Abte Otmar (s. d. Art.), auf Veranstaltung der Arnulfinger die auf C. zurückgehende Tradition der Einrichtung und Disciplin verdrängt worden, indem da an Stelle der auf Luxeuil als Mittelpunkt hinweisenden strengen Regel Columbans die mildere, deutlichere und zweckmäßigere Benedictinerregel gesetzt wurde. Dennoch behielten in noch weit späterer Zeit in dem in den Augen der Mönche gleichsam urkundlichen Werth besitzenden „Regulae nostrae codex“ Nr. 915 (aus dem 10. und 11. Jahrhundert) neben der geltenden „Regula s. Benedicti“ auch die „Regula monachorum s. Columbani abba“ (14 Capitel) und die „Regula coenobialis patrum“ (15 Capitel) ihren Platz. – Für C. ist die Hauptquelle die von Jonas, welcher drei Jahre nach Columbans Tode nach Bobio kam und später da Abt wurde, verfaßte Lebensbeschreibung, ohne allen Zweifel eines der aufschlußreichsten und bestgeschriebenen Heiligenleben des Mittelalters (Mabillon, Acta Sanctorum Ord. s. Bened., Pars II.). Seine Schriften (Briefe, Predigten: die Epistola „O tu vita quantos decepisti“ [426] zwischen beiden Regeln in Codex Nr. 915 von St. Gallen) sind in der Bibliotheca patrum maxima, Tom. XII abgedruckt. Vergleiche Rettberg’s Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II, und gegen die vielen Entstellungen und Willkürlichkeiten bei Ebrard, Die iroschottische Missionskirche, auch Friedrich’s Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II, sowie auch Hertel, Ueber des h. Columban Leben und Schriften (Zeitschrift für die historische Theologie, XLV. Bd., 1875).