ADB:Caspary, Robert
[WS 1] nach Bonn, wo er sich namentlich an Goldfuß, Argelander und Treviranus anschloß, bekleidete auch einige Jahre die Stelle eines Assistenten am zoologischen Institut. Mehr und mehr aber wandte er sich der Botanik zu. Um seine Subsistenzmittel zu erhöhen, nahm C. 1885 die Stelle eines Lehrers für Naturwissenschaften und Mathematik an der Kortegarn’schen Erziehungsanstalt in Bonn an und bestand im J. 1846 sein Oberlehrerexamen. Als Erzieher im Hause eines vermögenden Elberfelder Kaufmannes machte C. mit seinem Zögling eine neunmonatliche Reise nach Italien, von welcher er im August 1847 zurückkehrte und in deren Verlauf er Gelegenheit fand, Pflanzen und Thiere in größerer Menge zu sammeln. Bis Mai des folgenden Jahres verblieb C. in Elberfeld in seiner Stellung als Erzieher und beschäftigte sich gleichzeitig mit zoologischen und botanischen Untersuchungen. Eine Frucht der letzteren waren zwei Aufsätze: „Notice sur les Anacharidées“ (Bulletin de la société bot. de France 1847) und „Ueber Elatine Alsinastrum und Trapa natans“ (Verhandl. der naturwiss. Vereins für Rheinland u. Westfalen). Durch eine Abhandlung „De nectariis“ gewann er einen von der Bonner philosophischen Facultät ausgesetzten Preis und nachdem er sie, weiter ausgeführt, derselben Facultät als Promotionsschrift eingereicht hatte, im März 1848 die Doctorwürde. Gleich darauf habilitirte er sich in Bonn als Privatdocent. Aber der Mangel an Mitteln hinderte ihn zunächst, die Universitätslaufbahn weiter zu verfolgen und zwang ihn, eine Erzieherstelle in England anzunehmen. Er verblieb dort 2½ Jahr, benützte daneben die Zeit zur Erforschung der Meeres und Süßwasseralgen und zur gründlichen Erlernung der Landessprache. Es stammen aus jener Zeit die Aufsätze „On the hairs of marine Algae“ (Taylor’s Annals and Magazine of nat. hist. 1850); „Observations on Furcellaria fastigiata und Polyides rotundus“ (ebenda) und eine Beschreibung der neuen Algenart Schizosiphon Warreniae (ebenda). Außerdem gab er eine eingehende Schilderung des [463] botanischen Gartens in Kew (Bot. Zeitung 1849) und ließ später eine Untersuchung über die Verbreitung von Laurus nobilis in Großbritannien folgen (Verhandl. d. Gartenbauvereins f. d. Preuß. Staat 1852). Im J. 1850 bereiste C. mit einer englischen Familie West- und Süddeutschland und kehrte über Holland nach England zurück, verließ das Land aber noch in demselben Jahre und nahm in Pau im südlichen Frankreich eine Stelle als Hauslehrer an. Den halbjährigen Aufenthalt hierselbst benutzte er zum Botanisiren und zur Vervollkommnung in der französischen Sprache. Dann kehrte er, durch den Tod seiner Eltern veranlaßt, nach Deutschland zurück. Er siedelte 1851 nach Berlin über und begann hier, 33 Jahre alt, seine Thätigkeit als Privatdocent. In seiner botanischen Richtung schloß er sich eng an den um die gleiche Zeit von Gießen nach Berlin berufenen Alexander Braun an, dessen Schwiegersohn er später wurde. Caspary’s Arbeitsgebiet war recht mannigfaltig. Neben floristischen Beobachtungen trieb er mit Eifer histologische und biologische Studien. Seine Vorliebe für die später von ihm monographisch bearbeiteten Nymphaeaceen datirt ebenfalls aus der Berliner Zeit. Im J. 1856 fand C. endlich seine erste staatliche Anstellung als Director des Bonner Herbars und Vertreter des greisen Treviranus, seines früheren Lehrers, bis er 1858 an die Königsberger Hochschule berufen wurde. Hier hat er als ordentlicher Professor und Director des botanischen Gartens 28 Jahre lang mit reichem Erfolge gewirkt, bis ein unglücklicher Zufall seinem Leben ein Ziel setzte.
Caspary: Johann Xaver Robert C., Botaniker, geboren zu Königsberg i. Pr. am 29. Januar 1818, † auf dem Rittergute Illowo im Kreise Flatow in Westpreußen am 18. September 1887. Vorgebildet auf dem Kneiphöfischen Gymnasium, bezog C. zu Michaelis 1837 die Universität seiner Vaterstadt, um Theologie und Philosophie zu studiren. Nach kaum fünf Semestern schloß er bereits seine Studien ab, um sich zum Examen vorzubereiten, bestand auch beide theologischen Staatsprüfungen, ohne sie jedoch sich nutzbar zu machen. Die Praxis des geistlichen Berufes sagte seinem wortkargen, jedes öffentliche Hervortreten hassenden Wesen wenig zu, dagegen hatte er bei seiner durchaus philosophisch angelegten Natur gewünscht, als akademischer Lehrer seine Wissenschaft lehren zu können. Seine Mittellosigkeit ließ aber eine Habilitation nicht zu und so mußte sich C. bescheiden, zunächst als Lehrer an verschiedenen Schulen Königsbergs zu wirken. Nur wenige Predigten hat er in dieser Zeit gehalten. Dagegen war er auf naturwissenschaftlichem Gebiete thätig. Schon während seines Studiums trieb er eifrig Entomologie. Nun nahm er seine Sammlungen in größerem Umfange wieder auf und entschloß sich alsbald, sich ganz dem Studium der Naturwissenschaften zu widmen. Er ging deshalb Ostern 1838Gelegentlich eines zu botanischen Zwecken unternommenen Besuches der Provinz Westpreußen, war C. bei dem ihm befreundeten Besitzer des Rittergutcs Illowo abgestiegen und verunglückte in dessen Hause durch einen Sturz von der Treppe. So starb C., der trotz seiner 69 Jahre noch körperlich und geistig sehr rege war, mitten im Dienste seiner Wissenschaft. Der Schwerpunkt von Caspary’s litterarischer Thätigkeit liegt auf dem Gebiete der Floristik und Systematik, wiewohl er auch in den übrigen Zweigen seiner Wissenschaft viel gearbeitet und manche werthvolle Leistung, namentlich auf morphologischem Gebiete aufzuweisen hat. Ein Verzeichniß seiner sämmtlichen Schriften findet sich in dem unten angeführten Nachruf von Abromeit. Eins der größten Verdienste Caspary’s um die botanische Wissenschaft liegt in der von ihm im J. 1862 zu Elbing veranlaßten Gründung des preußischen botanischen Vereins, der sich die floristische Erforschung der Provinz Preußen zum Ziele gesetzt und dieses Ziel auch unter Caspary’s thatkräftiger Leitung und Mitarbeit in ausgezeichneter Weise erreicht hat. Die Ursache des günstigen Erfolges lag vor allem in der strengen Planmäßigkeit, mit welcher C. dem Verein seine Aufgabe zuwies. Jahr für Jahr ließ er ein bestimmtes Areal der Provinz genau untersuchen und darüber in den Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg berichten. Jede Theiluntersuchung aber ließ sich, weil nach denselben Grundsätzen gemacht, leicht in das Ganze einfügen. C. selbst hat auf seinen, fast jährlich unternommenen Ausflügen werthvolles Material geliefert und namentlich durch Erforschung der vielen Landseeen der Provinz unsere Kenntnisse von der Verbreitung der Süßwasserpflanzen wesentlich gefördert. Dabei scheute er keine Anstrengungen und Unbequemlichkeiten. In zerlegbarem Boote, mit Harke und Rechen, zog er von See zu See und untersuchte jeden einzelnen so gründlich auf seinen Pflanzenwuches, wie wohl in keinem anderen Theile Deutschlands die Seeen untersucht worden sind. Es ist im wesentlichen Caspary’s Verdienst, daß die Provinz Ostpreußen floristisch zu den am besten erforschten Theilen Deutschlands gehört. Mit den Wasserpflanzen hat sich C. von jeher mit Vorliebe beschäftigt. Vor [464] allem waren es die Nymphaeaceen, deren Formenkreis er eingehend untersuchte, zu welchem Zwecke er 1867 die Vogesen und den Schwarzwald, 1868 das nördliche Schweden und Lappland bereiste. Die ersten hierher gehörigen Arbeiten reichen in das Jahr 1855 zurückt „Ueber Wärmeentwicklung in den Blüthen von Victoria regia“ (Monatsberichte d. Berliner Akademie) und „Beobachtungen über das Wachsthum des Blattes von Victoria regia“ (ebenda 1856 und Verhandl. d. naturf. Freunde in Berlin 1855, und Flora 1856). Daran reihen sich systematische Arbeiten: „De Nymphaeae albae varietatibus“ (Appendix generum et spec. nov. in horto reg. Berol. 1855) und: „Die Nuphar Lapplands“ (Bulletin du congrès internat. de botan. de St. Pétersbourg 1869); „Die Nuphar der Vogesen und des Schwarzwaldes“ (Abhandl. d. naturf. Gesellschaft zu Halle 1870) u. a. m. Außerdem bearbeitete er monographisch die Nymphaeaceen Brasiliens (Flora bras. Fasc. 77, 1878), Angolas (Jornal de sciencias mathematicas etc., Lissab. 1873), Ostindiens, Madagaskars (Reliquiae Rutenbergianae. Verhandl. d. naturwissenschaftl. Vereins zu Bremen 1880 u. 81) und der Gazellenexpedition, behandelte auch die fossilen Nymphaeaceen (Ann. des sc. nat. 1856) und faßte die wesentlichsten Ergebnisse seiner Studien über die genannte Pflanzenfamilie in seiner Bearbeitung der Seerosen für die „Natürlichen Pflanzenfamilien von Engler und Prantl“ (Theil III, Abth. 2, 1888) zusammen. An der Vollendung einer großen, von ihm beabsichtigten Monographie der Nymphaeaceen hat ihn leider der Tod gehindert. Fast ebenso ausgedehnt sind Caspary’s Arbeiten über die Hydrilleen. Sie beginnen mit einem in der Bot. Zeitung 1856 veröffentlichten Aufsatze: „Ein neuer Standort der Udora occidentalis Koch (Hydrilla verticillata Casp.)“, dem 1857 der „Conspectus systematicus Hydrillearum“ (Monatsberichte d. Berl. Akad.) folgte, der für die Unterscheidung der Arten dieser schwierigen Gruppe die systematische Grundlage schuf. Eine ausführliche Monographie der Hydrilleen veröffentlichte er 1858 in Pringsheim’s Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik, worin er auch die anatomischen, morphologischen und biologischen Verhältnisse berücksichtigte. 1869 erschien die Bearbeitung der Hydrocharitaceen in Schweinfurth’s Flora Aethiopica und 1881 die Bestimmung der Hydrilleen in den „Reliquiae Rutenbergianae“ (Abh. d. Bremer naturwiss. Vereins). Eine werthvolle Abhandlung über Samen, Keimung, Species und Nährpflanzen der Orobanchen veröffentlichte C. 1854 in der Flora (Bd. 37) und eine ebenso eingehende Arbeit über Aldrovandia vesiculosa in der Bot. Zeitung von 1859 und 1862. Auf dem Gebiete der niederen Pflanzen hat C. über Pilze und Meeresalgen, sowie über Seealgen seiner Heimathprovinz mehrere Abhandlungen geschrieben (Schriften d. Königsberger physik.-ökon. Gesellschaft 1871, 74, 75, 86). Eine besondere Vorliebe besaß C. für das Studium der Bäume und etwaiger Bildungsabweichungen an denselben. Auf seiner bereits erwähnten lappländischen Reise untersuchte er die Nordgrenze der Kiefer und Fichte und behandelte später in mehreren Schriften die besonderen Formen dieser einheimischen Nadelbäume (Schriften der physikal.-ökon. Gesellsch. zu Königsberg, 1873, 74, 79, 82 und Bot. Zeitung 1882), beschrieb die berühmte alte Linde zu Neustadt a. Kocher (Würtemb. Naturw. Jahreshefte 1868), die große Eiche in Kadienen (Phys.-ökon. Gesellschaft 1868), vom Blitz getroffene Bäume und Telegraphenstangen (ebenda 1871), durch Erdrutsch zerrissene Weiden (ebenda 1873) u. a. m. Die von ihm beobachteten Monstrositäten suchte er nicht bloß morphologisch zu deuten, sondern beobachtete auch durch Culturversuche deren Constanz und weitere Entwicklung. So legte er seine zahlreichen Untersuchungen über den knolligen Wurzelausschlag von Brassica Napus (Wruke) in mehreren Abhandlungen [465] der Phys.-ökon. Gesellsch. 1873, 75, 78 und 79 und in Pringsheim’s Jahrbüchern, Bd. XII, nieder. Vielfach knüpfte C. an seine monographischen Untersuchungen anatomische und physiologische Fragen an. In seiner Monographie der Hydrilleen bespricht er die Bildung der das Gefäßbündelsystem umgebenden Grenzschicht des Rindenparenchyms, welcher er zuerst den heute allgemein üblichen Namen „Schutzscheide“ verlieh und seine Nymphaeaceen-Studien veranlaßten ihn zu Untersuchungen über Wachsthum der Blätter und über Wärmebildung in der Blüthe von Victoria regia. Zuletzt beschäftigte sich C. auch noch eingehend mit der Paläontologie der Pflanzenwelt. Eine ausführliche Arbeit über fossile Hölzer erschien in seinem Todesjahr 1887 in den Berichten der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft und andere über die Flora des Bernsteins kamen ebendort in den Jahren 1872, 80, 81 und 86 heraus und fanden sich noch in seinem handschriftlichen Nachlaß. Den modernen Anschauungen in der Physiologie, sowie der Lehre Darwin’s stand C. abweisend gegenüber. Reformatorisch hat er in der Botanik nicht gewirkt, aber in der Kleinarbeit für sein Fach war er unermüdlich fleißig und die zähe Ausdauer und Gründlichkeit, womit er bei seinen Untersuchungen verfuhr, sichern ihm einen ehrenvollen Platz unter seinen Fachgenossen, wie seine gerade und offene Natur und sein warmes Herz ihn auch als Menschen zu einer sympathischen Persönlichkeit machten.
- Abromeit, Gedächtnißrede in Schriften d. phys.-ökon. Ges. z. Königsberg. Jahrg. 28 (1887). – Magnus, Nachruf, Abhandl. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenburg, XXIX. – Pfitzer, Berichte d. deutschen bot. Ges., Bd VI, 1888.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: 1883