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Artikel „Schweinfurth, Ernst“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 358–359, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schweinfurth,_Ernst&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 08:05 Uhr UTC)
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Schweinfurth: Ernst S., Landschafts- und Genremaler, wurde als der Sohn eines Hutmachers am 2. März 1818 zu Karlsruhe geboren, verkehrte frühzeitig mit dem durch den badischen Hof als Historienmaler und Kupferstecher thätigen Kalmücken Iwanowitsch Feodor und dem nachmaligen Bildhauer Johann Christian Lotsch, trat 1832 in Karl Ludwig Frommel’s Atelier, wo er sich im Kupferstechen, Radiren und Zeichnen übte und im Auftrage dieses Verlages den Schwarzwald bereiste, um daselbst Kostüm- und Landschafts-Studien zu sammeln. Nachdem S. dann zu Freiburg im Breisgau allerlei Portraits und sogenannte Corpsbilder für die Studentenschaft gezeichnet hatte, übersiedelte er nach München, ohne zu einer hervorragenden Leistung zu gelangen; die ganze Reihenfolge des Stuttgarter Kunstblattes erwähnt nur einmal (1845, No. 23) zwei kleine skizzenartige, aber von fleißigem Naturstudium zeugende Landschaften; erst 1871 wurde S. Mitglied des Münchener Kunstvereins, ohne je ein Werk zum Ankauf zu bringen. Um 1845 nahm S. einen längeren Aufenthalt in Baden-Baden, wo mehrere Landschaften mit Motiven aus Baden, München und den bairischen Bergen vielfach Anklang und Absatz fanden. Im Auftrag des Oesterreichischen Lloyd bereiste S. 1852 Dalmatien, Montenegro und Scutari und begab sich dann zum bleibenden Aufenthalte nach Rom; hier entstanden eine mit kämpfenden Montenegrinern und Türken staffirte große „Gebirgslandschaft aus Montenegro“ [359] (Galerie zu Karlsruhe) und viele Bilder aus der Campagna, welche mit ihrem unermüdlichen Zauber lange Zeit eine ständige Domäne Schweinfurth’s bildete. Ein „Transport gefangener Briganten“ errang großen Beifall in Paris. Daran reihten sich Scenen aus dem Fischerleben von Porto d’Anzo. Eine Sommerfrische in dem reizenden Franciscanerkloster Palazzuola am Albaner-See gab Anlaß zu einer Serie „reizvoller tiefempfundener kleiner Bilder mit Scenen aus dem Klosterleben“; 1866 entstand eine Sammlung von hübschen Aquarellen mit Motiven aus Frascati, Tivoli, Genzano und Nemi. Graf Schack, welcher den strebsamen Künstler kennen lernte und sich mit demselben befreundete, erwarb eine „Landschaft aus der Gegend von Cervara“ bei Rom (vgl. Schack, Meine Gemäldesammlung, 1881, S. 224); eine Ansicht des Nemi-Sees kaufte Frau Sophie Mayer in Karlsruhe. Außer vielen lebensgroßen Portraits, versuchte sich S. auch im Gebiete der Plastik und modellirte u. A. einen „Campagnolen zu Pferd“ und eine „Kuh“, welche durch Gypsabgüsse verbreitet wurden. Im Auftrage des Baron von Uexküll fertigte S. große Wandbilder für dessen Schloß Fickel in Esthland, welche er 1876 vollendete und selbst an den Bestimmungsort brachte; bei dieser Gelegenheit besuchte er auch Schweden und Norwegen und machte einen Abstecher nach St. Petersburg. Mit diesen in Composition und Colorit gleich gerühmten Bildern schloß S. seine künstlerische Thätigkeit. Zwar sammelte er in Esthland noch viele Studien, welche jedoch nimmer vollendet wurden, ebensowenig wie zwei kleinere Genrebilder und eine große italische Landschaft: die Terrasse von Mondragone bei Frascati mit einem Ausblick auf den Pinienwald und die römische Campagna (für Baron von Ungern-Sternberg). Mehrfache Darstellungen von römischen Kostümen und Scenen aus dem Volksleben vervielfältigte S. durch Lithographie und Radirung für Spithöver’s Verlag. Seine römischen Collegen achteten und ehrten ihn durch die Wahl zum Vorsitzenden des Deutschen Künstler-Vereins, eine Stelle, welche S. mit Sicherheit, Umsicht und vielem Takte mehrere Jahre bekleidete. „Vermöge seines Bildungsgrades und großer Kenntniß italienischer, speciell römischer Verhältnisse war S. mit beinahe allen Größen auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft in Fühlung und unterhielt zum Theil lebhafte Beziehungen mit solchen; sein berühmter Vetter, der Afrika-Reisende Georg August Schweinfurth, pflegte regen persönlichen und schriftlichen Verkehr mit ihm.“ S. ertrug mit Leichtigkeit jede Art von Strapazen und verband mit seinem ausgesprochenen Rechtsgefühl und seinem geraden, biedern, offenen Wesen auch eine nicht gewöhnliche Körperkraft und kaltblütige Besonnenheit, womit er auch einen nächtlichen Raubanfall siegreich abschlug. Der „brave deutsche Maler“ blieb deshalb lange Zeit der Löwe des Tages in der Hauptstadt Italiens. Trotz aller verlockenden Schönheit des Südens fand auch unser Maler, ebensowenig wie der Dichter des „Trompeters von Säkkingen“, auf welschen Pfaden nicht jene süße Lotos-Kernfrucht, „die der Heimath Angedenken und der Rückkehr Sehnsucht austilgt“; im letzten Decennium seines Lebens verfloß selten ein Jahr, in welchem er München, Baden und Karlsruhe nicht besucht hätte. In gewohnter Frische und Heiterkeit war er noch im Herbste 1877 in seinem reizenden Atelier in der Via del Babuino thätig, ging dann zu Anfang October nach Frascati, wobei er sich heftig erkältete. Den kaum genesenen warf ein Schlaganfall nieder, an dessen Folgen der edle Maler am 24. October 1877 verschied. Er fand seine Ruhestätte unter den hohen Cypressen und Pinien bei der Pyramide des Cestius.

Vgl. Nagler, 1846, XVI, 136. – v. Weech, Badische Biographieen, 1881, III, 149 ff. (der hier fehlende Todestag ist nach Oettinger’s Moniteur nachgetragen).