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Artikel „Brusch, Kaspar“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 453–455, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Brusch,_Kaspar&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 17:41 Uhr UTC)
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Brusch: Kaspar B., Dichter und Geschichtschreiber, geb. 19. Aug. 1518 zu Schlackenwald in Böhmen (nicht in Eger, wie Sax, Onomasticon III. 241 u. A. irrthümlich angeben), entstammte einer im Egerlande weitverbreiteten, patricischen Familie, die ursprünglich den Namen Peißer führte. B. erhielt seine erste Schulbildung zu Eger, dann zu Hof unter Nik. Medler’s Leitung und bezog später die Universität Tübingen, an der besonders Paul Phrygius und Ambros Blaurer auf ihn Eindruck machten. Frühzeitig entwickelte sich sein Talent für Poesie; Gelegenheitsgedichte waren es denn auch vornehmlich, die ihm bei seinem äußerst unsteten und bewegten Wanderleben die Gunst und Unterstützung der Großen, namentlich der höheren Geistlichkeit, erwarben. Unsicherheit des Erwerbs, Wandertrieb, vor allem aber die Begier, aus alten Denkmälern die Geschichte seines Volkes zu erforschen, bewogen ihn zu häufigen und großen Reisen. Wir sehen ihn schon in den J. 1538–1541 in Baiern auf der Wanderschaft, 1543 ist er in Leipzig, 1544 in Thüringen, 1547 treffen wir ihn [454] endlich in fester Lebensstellung als Schulmeister in Lindau, in demselben Jahre erscheint er aber auch auf dem „Interimsreichstage“ zu Augsburg. 1548 will der Ruhelose nach Rußland auswandern, unternimmt aber lieber eine Wanderung, die ihn nach Graubündten und an den Rhein führt, 1549 ist er in Nürnberg, 1550 in Baiern, Franken und Schwaben, 1551 eilt er nach Italien, u. a. nach Padua und Genua. Das J. 1552 gehört der Durchforschung Oesterreichs; in diesem wie im folgenden Jahre erfreute er sich der Unterstützung und Förderung durch Wolfgang v. Salm (nicht Solms, wie die meisten encyklopädischen Werke schreiben), Bischof zu Passau, und lebte auch längere Zeit in dieser Stadt. 1553 verweilt er längere Zeit bei Oporinus in Basel. Erst 1555 hören wir wieder von ihm, in diesem Jahre unterzeichnet er sich als – Pfarrer zu Pettendorf. Ueber seine letzte Lebenszeit mangeln alle Nachrichten. Am 15. Nov. 1559 wurde B. in dem Walde zwischen Rotenburg und Windsheim – wie Zacharias Theobald (Fichtelgebirg 85) sagt – „von etlichen wider die er schreiben wollen, meuchelmörderischer Weise erschossen“. – Brusch’s Vermögensverhältnisse waren – vermöge der zahlreichen Geschenke und Unterstützungen, die ihm aus den Klöstern zuflossen – nicht immer knapp; er war verheirathet, hielt einen Famulus und besaß eine kostbare Bibliothek. Am 13. April 1541 ward er zu Regensburg von Karl V. zum Dichter gekrönt. Dies hindert B. freilich ebensowenig, gegen den Papst sich in scharfen Invectiven zu ergehen, als seine warme Lobpreisung Luther’s (vgl. Epitaphia Lutheri Gassari, 1554) ihn abhielt, mit hohen Kirchenfürsten im besten Verkehr zu stehen und an Wunder zu glauben. B. war übrigens ein guter Patriot im Stile der Wimpfeling, Peutinger, Irenicus; voll Eifer, die Vergangenheit seines Volkes aufzuhellen, besitzt er auch nicht minder warmen Localpatriotismus für sein liebes Egerland. Seine Lebensauffassung ist die eines mittelmäßigen Geistes, der Christenthum, Sittlichkeit und Deutschthum mit schönen Studien und classischer Formvollendung verbunden wissen will. – Seine Werke theilen sich in poetische und prosaische, die letzteren sind meist geschichtliche. Als Dichter erinnert er mannigfach an Poeten verfallender Culturperioden, durch seine grämlichen Klagen über die Verderbtheit der jetzigen Welt an Suchenwirt und Teichner, durch den bedientenhaften Servilismus seiner allzeit bereiten Muse an die Besser und König des Rococo. Trotz alledem sind seine Gedichte formell, wie inhaltlich nicht ohne Werth. Formell, denn ihre Latinität ist meist eine reine, mit Glück versuchte sich der Dichter in den verschiedensten Werken, dazu werden wir aber auch durch seine Gedichte mit vielen Persönlichkeiten bekannt und erfahren manches Interessante über Zeitereignisse. Die Mehrzahl der außerordentlich zahlreichen Gedichte bewegt sich auf dem panegyrischen und elegischen Gebiete, das beschreibende Genre ist weniger vertreten, zahllos sind die Epitaphia in seinen Werken. Die meisten seiner poetischen Erzeugnisse finden sich in den „Syluae“, Leipzig 1544 und den seinem Werke „De Laureaco“, Basel 1553 beigegebenen „Poëmata“. Viele aber erschienen selbständig, z. B. die „Querela afflictae Germaniae“, Regensburg 1541, in der er über den Verderb des römischen Reiches und über die Schande und das Unglück klagt, das durch die Türken über die Christenheit verhängt ward, das Lobgedicht auf Karl V. und Ferdinand I., Lindau 1548, „De Pugna illustrissimi Domini D. Mauricii Ducis Saxonie“, 1542, das „Encomion insignis ac memorabilis Scholae“, Augsburg 1551 und viele andere, in denen ab und zu des nahenden Weltunterganges gedacht wird. (Man setzte ihn auf 1588 an.) Fälschlich hat man ihn auch als Dramatiker genannt. Denn das „Spiel von den sieben Weisen“ ist nur eine Paraphrase des „Ludus“ von Camerarius, das von den zehn Altern aber rührt von Gengenbach her, der eigene Antheil Brusch’s ist sehr gering; wir finden durchaus nur breitgetretene [455] moralische Sätze und Nutzanwendungen, versetzt mit einigen ergötzlichen Schnurren und Späßen. In der „Uralten Practica“, 1547, eifert er gegen den Astrologenschwindel, in dem Gedichte „Picturae cuiusdam“, Regensburg 1555, schreibt er gegen die Jesuiten, die sich in Deutschösterreich eingenistet. Bedeutender, als alle diese kleineren Schriften sind seine historischen Werke, von denen die Beschreibung des Fichtelgebirges, 1542 (in abgeänderter Form in Münster’s Cosmographie, 1550) die höchst umfangreiche Chronologia Monasteriorum Germaniae Praecipuorum 15“ (den 2. Theil gab Nessel, Wien 1692. 4. heraus) Und das „Magnum Opus de omnibus Germaniae Espiscopatibus“ Nürnberg 1549 hervorgehoben werden müssen. In diesen großen Werken, die wegen der Benützung mancher seitdem verloren gegangener Quellen noch jetzt einen gewissen Werth besitzen, zeigt sich B. häufig als sehr leichtgläubig, großer Sammeleifer und wenig Kritik, reges Interesse für alle Denkmale der Vergangenheit bei geringer Originalität in der Behandlung des Stoffes charakterisiren ihn hier. Nirgends zeigt sich dies so deutlich, als in dem Werk „De Laureaco et Patauia“ (vgl. darüber Dümmler, Piligrim von Passau). Die geschichtlichen Werke Brusch’s wurden fleißig benutzt, ja auch völlig ausgeschrieben (z. B. v. Hund, Metrop. Salisb.), scharfe Kritik erfuhren sie u. a. durch Gretser (Histor. Cat. omn. Episc.). – Ein Verzeichniß seiner Schriften bis 1553 gibt B. selbst in seiner Ausgabe von Engelberti Abb. Admontensis … de Ortu. et fine Romani Imperij Liber“, Basel 1553, S. 153–165. Ueber sein Leben erschien um 1700 zu Langensalza das ganz selten gewordene Büchlein: Christ. Fischbeck, Vita G. Bruschii, 1867 der sorgfältige, wenn auch keineswegs erschöpfende Programmaufsatz von Dr. L. Schlesinger. (VI. Jahresbericht der deutschen Oberrealschule zu Prag.) Eine eingehende Darstellung des Lebens und der Werke Brusch’s von dem Unterzeichneten wurde vom Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen (Prag und Wien, 1874, 277 S.) herausgegeben.