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Artikel „Beheim, Michael“ von Karl Bartsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 280–281, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Beheim,_Michael&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 23:04 Uhr UTC)
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Beheim: Michael B., Meistersänger, geb. im September 1416 zu Sülzbach bei Weinsberg, † um 1474. Seine Vorfahren waren in Böhmen ansässig gewesen und nahmen daher, als sie sich in Schwaben niederließen, den Namen Beheim an. Sein Vater Johannes war Weber, und dessen Handwerk lernte auch der Sohn. Auf Ermunterung Konrads von Weinsberg, der seine ersten dichterischen Versuche kennen gelernt, verließ er das Handwerk und widmete sich ganz dem Dichten. Er trat etwa 1439 in Dienste bei Konrad und heirathete ungefähr gleichzeitig, 1440 wurde ihm sein erster Sohn geboren. Er begleitete seinen Herrn auf dessen verschiedenen Zügen und Reisen leistete Kriegsdienste bei ihm. Mit nur geringer Unterbrechung, wie eines kurzen Aufenthaltes in München am Hofe Albrechts III. von Baiern (1447) diente er Konrad bis zu dessen Tode (1448). Vom Dichten zu leben war eine schwere Aufgabe in einer Zeit, da die Großen der Dichtkunst wenig hold waren; und dazu hatte B. für Weib und Kind zu sorgen. Er trat zunächst in die Dienste von Albrecht Achilles, Markgrafen von Brandenburg. Bei dessen Streitigkeiten mit den Rothenburgern wurde B. gefangen genommen, allerdings bald darauf von Albrecht befreit, aber er gelobte doch, seinen Herrn nicht eher wiederzusehen als bis er vernommen, daß dessen Zwiste und Fehden beigelegt seien. Er bat daher um seine Entlassung; zuletzt finden wir ihn im Januar 1450 mit Albrecht am pfalzgräflichen Hofe zu Heidelberg, wo er durch ein Lied, das die Räubergelüste des Adels straft, großen Anstoß erregte und Spott erntete. Den Rhein hinab ging er über Köln nach Westfalen und Sachsen; da er viel von dem trefflichen Christian von Dänemark vernommen, wollte er dessen Hof aufsuchen, schiffte sich in Lübeck ein und kam in Kopenhagen an, wo die Königin Dorothea, die Tochter des Markgrafen Johann von Brandenburg, in Abwesenheit ihres Gemahls ihn wohl aufnahm und ihm rieth, dem Könige, der sich nach Drontheim zur Krönung begeben, nachzufolgen. Nach einer üblen Seefahrt erreichte er Norwegen, wohnte der Krönung bei und kehrte kurz vor Christian nach Kopenhagen zurück. Hier erfuhr er, daß Albrechts Fehden mit den Städten beendet seinen und beschloß zu ihm zurückzukehren. Wie lange er bei ihm noch verweilte, wissen wir nicht; zunächst treffen wir ihn bei Herzog Albrecht VI. von Oesterreich in Wien, wo er aber nicht lange blieb, da seine dichterische Freimüthigkeit ihm bald die Gunst verscherzte; er begab sich zum Grafen Ulrich von Cilly, mit dem er den Zug König Ladislaus’ von Ungarn gegen die Türken (1456) mitmachte, den er in einem besonderen Gedichte besungen hat. Nach des Grafen Ermordung trat er in Ladislaus’ Dienste und stand bei ihm anfänglich in guter Gunst. In diese Zeit fällt sein Gedicht auf den Türkenkrieg des Königs Wladislaus von Polen, auf Johannes Giskra, auf die Erbstreitigkeiten in Ungarn und auf die Eroberung von Constantinopel. Allein seine freie Rede machte [281] ihn auch hier mißliebig, und er ging nach Wien an den Hof Kaiser Friedrichs, der ihn wohlwollend aufnahm und mit dem er die Belagerung Wiens durch des Kaisers Bruder Albrecht und den Bürgermeister Holzer (1462) durchmachte. Die Geschichte derselben und seine eigenen Erlebnisse dabei hat er in seinem „Buch von den Wienern“ in Versen beschrieben. Daß er dadurch bei Albrecht und den Wienern sich nicht beliebt machte, läßt sich denken; von ihnen als „Kaiserer“ verspottet, und bei steigender Erbitterung sogar seines Lebens nicht sicher, verließ er Wien, zunächst für kürzere Zeit, dann aber (1465) für immer, nachdem er vom Kaiser seine Entlassung erhalten hatte. Nach längerem Umherwandern fand er bei Pfalzgraf Friedrich I. in Heidelberg eine dauernde Unterkunft. Diesen seinen Gönner zu verherrlichen, verfaßte er 1469, auf Grund der prosaischen von Kaplan Matthias von Kemnat verfaßten Biographie, das Leben des Pfalzgrafen in Reimen, ein elendes Machwerk, in welchem Friedrichs Thaten über die von Alexander und Hannibal gestellt werden. Die Chronik reicht bis 1471. Nach 1474 war B. wahrscheinlich in Heidelberg, dann aber verlassen uns alle Spuren und vermuthlich ist er um diese Zeit gestorben. Michael B. hatte keine bedeutenden dichterischen Anlagen, nicht einmal unter den auch unbedeutenden dichtenden Zeitgenossen ragt er irgendwie hervor. Aber merkwürdig ist seine treue Hingabe an den Dichterberuf, die ihn alles Ungemach des Lebens ertragen ließ, und anerkannt werden muß der Freimuth, womit er in allen Lebenslagen das Unrecht strafte und tadelte. Freilich fehlt es auch nicht an Belegen in seinen Gedichten, daß er, um Gunst und Brod zu gewinnen, seinem jedesmaligen Herrn schmeichelte. Seine Sachen zerfallen ihrem Inhalte wie auch theilweise ihrer Form nach in zwei Classen, die eigentlichen Meistergesänge und historischen Dichtungen. Jene sind meist in sehr künstlichen Formen, nach Sprache und Stil sehr roh, aber sie gewähren einen Einblick in den Betrieb des Meistergesangs und sind daher beachtenswerth. Die historischen Gedichte, unter denen das Buch von den Wienern, das Gedicht auf die beiden Züge von Wladislaus von Polen gegen Murad II. und das auf den Zug von Ladislaus von Ungarn gegen die Türken am wichtigsten sind, stehen um eine Stufe höher; auch sie sind durchweg in Strophenformen, aber ungleich einfacheren abgefaßt. Wenn auch persönlich gefärbt, sind sie doch als theilweise Berichte eines Augenzeugen nicht ohne geschichtliches Interesse.

Vgl. sein Leben in Karajan’s Ausgabe des Buches von den Wienern, Wien 1843; dazu: Zehn Gedichte Michael Beheim’s zur Geschichte Oesterreichs und Ungarns, herausg. von Th. G. v. Karajan, Wien 1848.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 281. Z. 17 v. u.: Zu Mich. Beheim vgl. ferner (Pfeiffer’s) Germania XXII. (1877), S. 412 ff. [Bd. 11, S. 793]