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Artikel „Ladislaus Posthumus, König von Böhmen und Ungarn und Herzog von Oesterreich“ von Hermann Markgraf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 504–506, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ladislaus_V._Postumus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:06 Uhr UTC)
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Ladislaus Posthumus, König von Böhmen und Ungarn und Herzog von Oesterreich, wurde erst nach dem vorzeitigen Tode seines Vaters Albrecht von Oesterreich, der als Schwiegersohn des letzten Luxemburgers Sigismund die Krone von Böhmen und Ungarn ererbt hatte und ihm auch als römischer König gefolgt war († am 27. Octbr. 1439, vgl. Bd. I, 227 ff.), am 22. Febr. 1440 zu Komorn in Ungarn geboren. Seine Mutter Elisabeth ließ ihn schon am 17. Mai in Stuhlweißenburg mit der heimlich entführten Krone des heiligen Stephan krönen. Da aber eine feindliche Partei den jugendlichen Polenkönig Wladislaw herbeirief, brachte sie den Knaben sammt der Reichskrone nach Oesterreich und übergab ihn der Vormundschaft des Herzogs von Steiermark und römischen Königs Friedrich, der der Senior des österreichischen Hauses war. Sie selbst starb plötzlich am 19. Dec. 1441. Inzwischen ward Wladislaw in Ofen gekrönt, fiel aber schon 1444 bei Varna gegen die Türken. Darauf ward Ungarns populärster Kriegsmann Johann Hunyadi, der Sprößling eines walachischen Bojarengeschlechts, 1446 zum Reichsverweser erwählt, der zwar die Auslieferung des Prinzen begehrte, aber im Interesse der Erhaltung seiner eigenen Macht von Friedrich sich hinziehen ließ. Auch die Böhmen, obwol sie zur Wahl eines andern Königs nicht gelangten, versagten dem Kinde die Anerkennung des Erbrechts. Ihren Forderungen, daß er, wenn L. ihr König werden solle, als Vormund desselben die Regierung Böhmens übernehmen oder ihnen den Prinzen ausliefern sollte, setzte Friedrich denselben Widerstand entgegen wie den Anträgen der Ungarn. In der darob überhandnehmenden Anarchie des Landes gelang es dem noch jugendlichen Georg von Podiebrad (Bd. VIII, S. 602), dem Führer der utraquistischen Partei, sich Prags zu bemächtigen (1448) und seine Anerkennung als Landesverweser durchzusetzen (1452). Auch die Oesterreicher wurden mit jedem Jahre unzufriedener mit Friedrichs vormundschaftlicher Regierung. Schon als er 1452 L. zur Krönung mit nach Rom nahm, gährte es im ganzen Lande, und bald nach seiner Rückkehr zwangen die Unzufriedenen unter Führung von Ulrich Eizinger (Bd. V, S. 778) und im Einverständniß mit Graf Ulrich von Cilli (Bd. IV, S. 262), dem nächsten mütterlichen Verwandten des Prinzen, und auch mit Ulrich von Rosenberg, der bisher an der Spitze der katholischen Partei in Böhmen gestanden hatte, den Kaiser durch eine Belagerung in Wienerisch-Neustadt, ihnen den nunmehr zwölfjährigen Knaben auszuliefern, 4. Septbr. 1452. L. war ein schlanker, blonder Knabe von freundlichem Aussehen, [505] aber von frühreifem Geiste. Kein Wunder, daß der Erbe dreier Reiche inmitten seiner von eigensüchtigen Interessen erfüllten Umgebung frühzeitig ein beobachtendes und zurückhaltendes, zur Verstellung und Heuchelei geneigtes Wesen gewann. Von festem Eigenwillen erfüllt lernte er denselben zu verbergen, bis er die richtige Stunde fand ihn durchzuführen, er verschob die Rache ohne sie aufzugeben. In Ungarn legte jetzt Hunyadi freiwillig die Reichsverweserschaft nieder und ward dafür mit reichen Ehren und Gütern belohnt, desgleichen sein Sohn Ladislaus. Schwieriger waren die Verhältnisse in Böhmen. Der böhmische Landtag im October 1452 wollte L. nur mit Uebergehung seines Erbrechts als gewählten König und auf Bedingungen hin annehmen, wobei es sich hauptsächlich um die Anerkennung der Basler Compactaten als böhmisches Reichsgrundgesetz und des Johann Rokyçana als Prager Erzbischof handelte. Die Nebenländer indessen, in denen der Utraquismus verhaßt war, betrachteten ihn einfach als ihren erblichen Herrn. Zum großen Aerger der Böhmen huldigten ihm die Mährer bedingungslos im Juli 1453 vor seiner Krönung in Prag, die erst am 28. Octbr. in Prag erfolgte. Nicht Rokyçana, ein katholischer Prälat krönte den jungen Fürsten, der eine entschiedene Abneigung gegen den Utraquismus kundgab. Auch besaß er keine Kenntnisse der böhmischen Sprache, die bis auf wenige Städte wie etwa Brüx, Eger, Kaden im ganzen Königreich die alleinherrschende geworden war. Zunächst fügte er sich ganz der Leitung Podiebrad’s, dem er die Verweserschaft auf 6 Jahre bestätigt hatte. Er legte durch die Erlaubniß zur Auslösung der schlesischen Fürstenthümer Münsterberg und Glatz den Grund zu dem fürstlichen Stand des Hauses Podiebrad. In Schlesien und namentlich in Breslau war man mit den Anschluß des Königs an Podiebrad äußerst unzufrieden, in Breslau feierte damals Capistrano, „der Heilige des 15. Jahrhunderts“, mit seinen Predigten gegen die Heiden, Juden und Ketzer seine größten Triumphe, die Stadt weigerte sich dem König zu Prag inmitten der Ketzer zu huldigen, weil er dort in seinem Willen nicht frei sei; so zog er denn von Podiebrad begleitet, im December 1454 selbst nach Breslau, dem „andern Stuhl des Königreichs zu Böhmen“, um die Huldigung einzunehmen. Von Breslau ging er nach Wien, wo er mit großen Ehren empfangen wurde. Den Eizinger, der vor zwei Jahren die Verbannung des Grafen von Cilli erzwungen hatte, entließ er hier auf Wunsch der österreichischen Stände und rief den Cillier zurück. Er sehnte sich nach seinem Rath, weil er sich nach Ungarn zu wenden gedachte, um dort der großen Macht Hunyadi’s, die seine eigene in den Schatten stellte, und namentlich ihm die königlichen Einkünfte schmälerte, entgegen zu treten. Dazu war Niemand bereiter als Ulrich von Cilli, der Hunyadi’s Todfeind war. Doch war damals wegen des Türkenkrieges (1453 war Constantinopel gefallen) Hunyadi noch zu schonen, der König nahm seinen jüngeren Sohn Matthias unter seine Pagen auf, dem älteren Ladislaus verlobte der Graf von Cilli seine Tochter. Das täuschte Hunyadi nicht. Als der König im Frühjahr 1456 nach Ungarn kam, weigerte er sich ohne königlichen Geleitbrief an das Hoflager zu kommen, dann erschien er mit einer Begleitung, die wie ein Heer war. Die Kunde von dem in diesem Jahre nicht mehr erwarteten Zuge Mohammeds II. gegen Belgrad ließ noch einmal den Hader vergessen. Am 21. Juni 1456 schlugen Hunyadi und Capistrano mit seinen Kreuzfahrern die Türken aufs Haupt. Wenige Wochen nachher erlag der 68jährige Held dem Lagerfieber. Jetzt gedachte der Graf von Cilli an seine Stelle zu treten. Zum Statthalter ernannt eilte er mit dem König nach Belgrad, um sich dieses wichtigen Platzes zu versichern, da ward er in einem absichtlich herbeigeführten Streite mit Ladislaus Hunyadi von dessen Freunden erschlagen. So lebhaft der junge König, der in dem Grafen von Cilli einen ihm gegenüber uneigennützigen Diener und nahen Verwandten verlor, die auch ihm darin zugefügte Gewalt empfand, äußerte er doch [506] keinen Zorn. Er sagte seinen Vertrauten, die Nothwendigkeit gebiete das ruhig zu ertragen, was man nicht ändern könne. Er ernannte Ladislaus Hunyadi zu seinem Schatzmeister und seinen Oheim zum Hauptmann von Belgrad. Erst in Ofen warf er die Maske ab, ließ Ladislaus Hunyadi, den er zu einer Unterredung beschieden hatte, in seiner Gegenwart verhaften und nach zwei Tagen öffentlich enthaupten. Seine Rückkehr nach Wien glich mehr einer Flucht aus Ungarn, das halbe Land erhob sich gegen ihn, den jüngern Matthias Hunyadi nahm er gefangen mit sich. In Wien gerieth er zunächst in Streit mit seinem Vetter dem Kaiser über die Cilli’sche Erbschaft, dann auch mit den österreichischen Ständen, die über die Verwaltung seines Günstlings Holzer (Bd. XIII, S. 27) erbittert waren. In seine Vertheidigung mischte dieser auch die Anklage, Podiebrad habe um die Verschwörung der Hunyadi’s gegen den Grafen von Cilli und den König gewußt, und dies brachte die Böhmen und ihren Gubernator derartig auf, daß L., um sie zu beschwichtigen, im September 1457 seinen Hof nach Prag verlegte und hier im vollkommensten Einvernehmen mit Podiebrad lebte und regierte. Es wurde auch bestimmt, daß er in Prag seine Vermählungsfeier halten sollte. Eine stattliche Gesandtschaft zog nach Frankreich, für ihn um die Prinzessin Margarethe zu werben. Schon hatten die Gesandten ihre feierliche Audienz bei König Karl VII. gehabt, als ihnen die unerwartete Trauerkunde nacheilte, ihr König sei nach kurzer Krankheit am 23. Novbr. verschieden. Am 20. hatte er sich zuerst unwohl gefühlt. Zwei Beulen, die sich am Körper bildeten, verheimlichte er aus Schamgefühl. Als die Aerzte gerufen wurden, war es bereits zu spät. Er starb in Podiebrad’s Armen, dem er das Reich empfahl. Der Bericht über die Erscheinungen und den Verlauf der Krankheit läßt dieselbe als eine Beulenpest erscheinen. Jedoch verbreitete sich in der deutschen Umgebung des Königs, die man von dem Sterbenden fern gehalten hatte, der Glaube, es sei ihm Gewalt geschehen, und man beschuldigte erst leise, dann lauter Podiebrad und seine Gemahlin den König vergiftet zu haben. Obwol Podiebrad aus dem plötzlichen Tode des jungen Herrschers den höchsten Gewinn zog und nun selbst die Krone Böhmens davontrug, während andererseits bei dem Charakter des Königs das Schicksal des jüngeren Hunyadi auch für ihn eine Drohung sein mußte, ist doch der Krankheitsbericht deutlich und bestimmt genug, um eine natürliche Todesursache annehmen zu können. Derartige Pesterscheinungen sind nach dem medicinischen Gutachten, welches Palacky in seinem „Zeugenverhör über den Tod des Königs Ladislaw“ mittheilt, in jener Zeit in Böhmen beobachtet worden.

Krones, Geschichte in Oesterreich. Palacky, Geschichte von Böhmen u. a. m. Palacky’s Zeugenverhör ist übrigens gerade in demjenigen Theile, von dem es den Namen hat, sehr unvollständig.