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Artikel „Rosenberg, Ulrich von“ von Hermann Markgraf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 202–203, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rosenberg,_Ulrich_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 02:35 Uhr UTC)
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Rosenberg: Ulrich v. R., der bedeutendste Vertreter des im südlichen Böhmen sehr reich begüterten Herrengeschlechtes der Rosenberge, mit dem Hauptsitze in Krumau, ist am 13. Januar 1403 geboren und tritt schon 1420 in Gemeinschaft mit seinem Schwiegervater Cenek von Wartenberg als thätiger Anhänger König Sigismund’s gegen die hussitische Partei hervor, beginnt indeß seine Laufbahn mit einer schweren Niederlage bei Tabor. Nur kurze Zeit zwang ihn Zizka durch Verheerung zum Anschluß an die Hussiten, er blieb ihnen im Innersten abgeneigt und trat, sobald er konnte, auf Sigismund’s Seite zurück; doch als er die Last des Krieges zu empfindlich auf seinen Besitzungen fühlte, ging er Ausgangs 1426 mehrere Vergleiche mit den Gegnern ein. Seit der Zeit mehr vermittelnd auftretend behielt er doch immer Fühlung mit Sigismund, verhandelte indeß auch 1431 mit Friedrich von Tirol, um diesem für den Fall von Sigismund’s kinderlosem Tode die Nachfolge in Böhmen zu verschaffen. Es ist kein Zweifel, daß nicht allein aristokratische Neigungen, sondern auch die Hoffnung, auf Seiten Sigismund’s besser seinen Vortheil zu finden, ihn zum Gegner der Hussiten gemacht haben; es sind Beweise genug vorhanden, daß Eigennutz und Habsucht einen Grundzug seines Charakters bildeten. Besonders die Güter des reichen Stiftes Goldenkron erstrebte und erlangte er, aber auch Moldau-Tein und Frauenburg, späterhin Weleschin und anderes. Je älter er wurde, um so mehr trat er als der anerkannte Führer der königlichen Partei hervor. Er hatte auch an der Schlacht bei Lipan und an der Niederwerfung der letzten Scharen der radicalen Partei im Jahre 1435 seinen Antheil, weniger, scheint es, an den Verhandlungen, die zum endlichen Frieden auf Grundlage der Compactaten führten; er war keine conciliante Natur. Nach Sigismund’s bald darauf erfolgtem Tode wurde er nächst Meinhard von Neuhaus die Hauptstütze König Albrecht’s; dieser ernannte, als er Böhmen bald wieder verließ, die beiden Herren zu Hauptleuten an seiner Statt. Trotz seiner Stellung als äußerliches Haupt der österreichischen Partei trat R. indeß, als auch Albrecht 1439 einen frühzeitigen Tod fand, für das Recht des nachgeborenen Ladislaw nicht kräftig ein, sondern stimmte 1441 für die Wahl Albrecht’s von Baiern, wußte dann allerdings in persönlicher Unterhandlung diesen zu bestimmen, die Krone in Rücksicht auf Ladislaw’s Erbrechte abzulehnen, und verstand es die Wahl eines neuen Königs so lange hinauszuschieben, bis im Jahre 1444 der Tod Ptacek’s von Pirkstein, des Führers der utraquistischen Partei, der Lage der Dinge eine neue Wendung gab. Dem an Ptacek’s Stelle tretenden, jugendlich thatkräftigen und entschieden nationalgesinnten Georg von Podiebrad zeigte sich Herr Ulrich sehr bald nicht gewachsen, er, der im Grunde genommen immer mit kleinen Mitteln arbeitete, wiederholt, um über die Schwierigkeiten des Augenblicks hinwegzukommen, seine und seiner Partei Grundsätze verleugnete und mit Recht den Ruf der Unzuverlässigkeit hatte. Homo semper se tempori accommodans schreibt Aeneas Sylvius auf Grund persönlicher Bekanntschaft von ihm in seiner böhmischen Geschichte. In Ueberzeugung und Neigung brachte er es jedoch nicht über sich, den Utraquisten entgegen zu kommen, immer war er in heimlicher Verbindung mit der Curie und dem Kaiser; die gänzlich verunglückte Mission Carvajal’s 1448 stand unter seinem persönlichen Schutze. Gleich darauf ließ er sich von seinem schlaueren Gegner Podiebrad gründlich überrumpeln, indem er [203] sich in der Zeit nach Wien zur Verhandlung mit Kaiser Friedrich abordnen ließ, wo Podiebrad sich durch einen Handstreich Prags bemächtigte, im October 1448. Ganz Böhmen spaltete sich jetzt in eine podiebradische und eine rosenbergische Partei, vertreten durch den Prager und den Strakonitzer Bund. Auch jetzt wirkt Ulrich immer nur lavirend und hinhaltend; es lag einmal nicht in seiner Natur Alles an einen Sieg zu setzen und schweres persönliches Risico für des Landes Bestes auf sich zu nehmen. 1449 wurde ein Waffenstillstand geschlossen und Obmänner gewählt, 1450 desgleichen. Immer mehr weicht Ulrich zurück. Sein Gegner wußte ihm auch bei Kaiser Friedrich den Rang abzulaufen. Während Ulrich mit dem letzteren bisher immer im Einverständniß dahin gewesen war, den noch nicht erwachsenen Kronerben Ladislaw, Friedrich’s Mündel, nicht nach Böhmen auszuliefern, betrieb er jetzt die Sendung des Prinzen nach Böhmen, um ihn gegen Podiebrad auszuspielen. Das bewog diesen sich mit dem Kaiser zu verständigen, letzterer behielt den Prinzen, ersterer wurde Landesverweser, 1451–1452. Damit war der Rosenberger ganz in den Hintergrund gedrängt, und er war klug genug einzusehen, daß es für ihn fernerhin unmöglich sein würde, eine der Macht seines Hauses entsprechende Rolle zu spielen; er zog sich ganz vom politischen Leben zurück und übertrug sogar am 13. November 1451 die Regierung des Hauses R. seinem ältesten Sohn Heinrich; lebensmüde, obwohl noch in den besten Jahren, suchte er die Einsamkeit auf, theils in Krumau, theils auf Burg Maidstein. Noch erlebte er 1457 den Tod seines ältesten Sohnes Heinrich, worauf die Leitung des Hauses an den jüngsten, Johann, überging, da der mittlere, Jost, geistlich war (siehe Jost, Bischof von Breslau). Seine Tochter Perchta, die unter dem Namen der weißen Frau fortlebt, hatte er schon im October 1449 mit Herrn Johann von Lichtenstein auf Nikolsburg vermählt. Nach manchen Mißhelligkeiten mit seinem Sohne Johann starb er selbst in Krumau am 28. April 1462.

Palacky, Geschichte von Böhmen, IV, 1. – Mark, Herr Ulrich II. von Rosenberg, Programm des Gymnasiums in Krumau. 1874.