Gesetzestext
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Titel: Zolltarifgesetz.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1902, Nr. 52, Seite 303 - 441
Fassung vom: 25. Dezember 1902
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 31. Dezember 1902
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[303]

(Nr. 2917.) Zolltarifgesetz. Vom 25. Dezember 1902.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Bei der Einfuhr von Waaren in das deutsche Zollgebiet werden, soweit nicht für die Einfuhr aus bestimmten Ländern andere Vorschriften gelten, Zölle nach Maßgabe der dem Reichstag am 6. Oktober 1902 vorgelegten endgültigen Beschlüsse der XVI. Kommission über den Zolltarif erhoben. Jedoch werden in Abweichung von diesen Beschlüssen die Zollsätze der Nr. 808 auf 4,50 Mark, der Nr. 809 auf 7,50 Mark, der Nr. 810 auf 12 Mark, der Nr. 816 auf 8 und 12 Mark, der Nr. 825 auf 8 Mark, der Nr. 905 auf 4 Mark und der Nr. 906 auf 15, 12, 10, 9, 7, 5,50, 4,50 und 3 Mark festgesetzt.
Die Zollsätze sollen durch vertragsmäßige Abmachungen
bei Roggen nicht unter 5 Mark für einen Doppelzentner
bei Weizen und Spelz nicht unter 5,50 Mark
bei Malzgerste nicht unter 4 Mark
bei Hafer nicht unter 5 Mark
herabgesetzt werden.
Auf die Erzeugnisse der deutschen Zollausschlüsse finden die vertragsmäßigen Zollbefreiungen und Zollermäßigungen Anwendung, soweit nicht der Bundesrath Ausnahmen vorschreibt. Die getroffenen Anordnungen sind dem Reichstage sofort oder, wenn er nicht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritte mitzutheilen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag die Zustimmung nicht ertheilt. Den Erzeugnissen der deutschen Kolonien und Schutzgebiete können die vertragsmäßigen Zollbefreiungen und Zollermäßigungen durch Beschluß des Bundesraths eingeräumt werden. [304]
In jedem Steuerdirektionsbezirk ist eine Behörde zu errichten, die auf Verlangen über die Zolltarifsätze Auskunft zu geben hat, zu welchen bestimmte Waaren oder Gegenstände im deutschen Zollgebiete zugelassen werden.
Die Gewichtszölle werden von dem Rohgewicht erhoben:
a) wenn der Tarif dies ausdrücklich vorschreibt,
b) bei Waaren, für die der Zoll 6 Mark für den Doppelzentner nicht übersteigt.
Im Uebrigen wird den Gewichtszöllen das Reingewicht zu Grunde gelegt.
Bei der Ermittelung des Reingewichts von Flüssigkeiten wird das Gewicht der unmittelbaren Umschließungen (Fässer, Flaschen, Kruken und dergleichen) nicht in Abzug gebracht.
Der Bundesrath bestimmt den Antheil des Rohgewichts, der zur Berechnung des Reingewichts als Tara in Abzug gebracht werden kann.
Beim Eingange von Waaren in den freien Verkehr bleiben handelsübliche Umschließungen zollfrei. Nach Bestimmung des Bundesraths kann bei der Verzollung von Waaren, die nach dem Rohgewichte zollpflichtig sind, sofern sie unverpackt oder in nicht handelsüblichen Umschließungen eingehen, dem Reingewichte der Waaren und bei der Verzollung von Flüssigkeiten, sofern sie in nicht handelsüblichen unmittelbaren Umschließungen eingehen, dem Eigengewichte der Flüssigkeiten das Gewicht der handelsüblichen Umschließungen hinzugerechnet werden.
Der Bundesrath ist ermächtigt vorzuschreiben, daß Waaren, deren zollamtliche Untersuchung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, nur bei bestimmten Zollstellen abgefertigt werden dürfen, sofern die Betheiligten nicht bereit sind, den Zoll nach dem höchsten in Frage kommenden Satze des Tarifs zu entrichten oder die Kosten für die Uebersendung der Waaren oder der davon zu entnehmenden Proben an eine mit der erforderlichen Abfertigungsbefugniß versehene Zollstelle zu tragen.
Von der Verzollung befreit sind:
a) die mit der Post eingehenden Waarensendungen von 250 Gramm Rohgewicht oder weniger,
b) die der Gewichtsverzollung unterliegenden Waaren in Mengen unter 50 Gramm.
Inwieweit im Uebrigen bei der Gewichtsermittelung Bruchtheile eines Kilogramm unberücksichtigt bleiben dürfen, bestimmt der Bundesrath. [305]
Zollbeträge von weniger als fünf Pfennig werden überhaupt nicht, höhere Zollbeträge nur, soweit sie durch fünf theilbar sind, unter Weglassung der überschießenden Pfennige erhoben.
Der Bundesrath ist befugt, im Falle des Mißbrauchs für einzelne Waarengattungen oder für einzelne Grenzstrecken Beschränkungen anzuordnen.
Die folgenden Gegenstände bleiben vom Zolle befreit:
1. Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht von denjenigen außerhalb der Zollgrenze gelegenen Grundstücken, welche von innerhalb der Zollgrenze befindlichen Wohn- und Wirthschaftsgebäuden aus bewirthschaftet werden; ferner Erzeugnisse der Waldwirthschaft, wenn die außerhalb der Zollgrenze gelegenen Grundstücke mindestens seit dem 15. Juli 1879 eine Zubehör des inländischen Grundstücks bilden.
2. Von deutschen Fischern und von Mannschaften deutscher Schiffe gefangene Fische, Robben, Wal- und andere Seethiere sowie die davon gewonnenen Erzeugnisse. Von der Zollfreiheit ausgeschlossen sind die in fremdländischen Küstengewässern gefangenen Schal- und Krustenthiere. Die erforderlichen Ueberwachungsvorschriften erläßt der Bundesrath.
3. Gebrauchte Kleidungsstücke und Wäsche, die nicht zum Verkauf oder zur gewerblichen Verwendung eingehen.
4. Gebrauchte Gegenstände von Anziehenden zur eigenen Benutzung, gebrauchte Maschinen zur Benutzung im Gewerbe- und Landwirthschaftsbetriebe jedoch nur ausnahmsweise auf besondere Erlaubniß.
Auf besondere Erlaubniß auch als Ausstattungsgegenstände, Braut- oder Hochzeitsgeschenke eingehende neue Sachen, sofern sie für Ausländer oder länger als zwei Jahre im Auslande wohnhaft gewesene Inländer bestimmt sind, die aus Anlaß der Verheirathung mit einer im Inlande wohnhaften Person ihren Wohnsitz nach dem Inlande verlegen. Von der Zollfreiheit ausgeschlossen sind Nahrungs- und Genußmittel, unverarbeitete Gespinnste und Gespinnstwaaren sowie sonstige zur weiteren Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse, Rohstoffe aller Art und Thiere.
Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß für die Angehörigen eines Staates, der Gegenseitigkeit nicht gewährt, die im Abs. 1 und 2 vorgesehenen Begünstigungen ganz oder theilweise außer Anwendung bleiben sollen.
5. Gebrauchte Sachen, die erweislich als Erbschaftsgut eingehen, auf besondere Erlaubniß.
6. Gebrauchsgegenstände aller Art, auch neue, welche Reisende einschließlich der Fuhrleute, Schiffer und Schiffsmannschaften zum persönlichen Gebrauch oder zur Ausübung ihres Berufs auf der Reise mit sich [306] führen, oder die ihnen zu diesem Zwecke vorausgeschickt oder nachgesendet werden; ebenso lebende Thiere, die von reisenden Künstlern bei Ausübung ihres Berufs oder zur Schaustellung benutzt werden.
Ferner aus dem Auslande zurückkommende gebrauchte Koffer, Reisetaschen und sonstiges Reisegeräth, wenn darin Gebrauchsgegenstände von Reisenden in das Ausland verbracht worden sind.
7. Die von Reisenden einschließlich der Fuhrleute zum eigenen Verbrauche während der Reise mitgeführten Verzehrungsgegenstände; ebenso der Bedarf der Schiffer und Schiffsmannschaften, für diese jedoch höchstens in einer auf zwei Tage berechneten Menge.
8. Fahrzeuge aller Art einschließlich der zugehörigen Ausrüstungsgegenstände, die bei dem Eingang über die Zollgrenze zur Beförderung von Personen oder Waaren dienen und nur aus dieser Veranlassung eingeführt werden, oder die aus dem Auslande zurückkommen, nachdem sie beim Ausgange diesem Zwecke gedient haben; auch Fahrzeuge, wenn sie dazu bestimmt sind, Personen oder Waaren in das Ausland zu verbringen.
Pferde und andere Thiere einschließlich der zugehörigen Geschirre und Decken, wenn sie als Reitthiere, zur Fortbewegung von Fahrzeugen aller Art oder zum Waarentragen dienen und nur aus dieser Veranlassung die Grenze überschreiten, oder wenn sie aus dem Auslande zurückkommen, nachdem sie beim Ausgang in der angegebenen Weise verwendet worden sind; auch Pferde und andere Thiere, wenn sie dazu bestimmt sind, Personen, Fahrzeuge oder Waaren in das Ausland zu verbringen.
Fahrzeuge aller Art sowie Pferde und andere Thiere von Reisenden auch in dem Falle, wenn sie zur Zeit der Einfuhr nicht als Beförderungsmittel dienen, sofern sie erweislich sich schon seither im Gebrauch ihrer Besitzer befunden haben und zu deren weiterem Gebrauche bestimmt sind.
Verbleiben in den bezeichneten Fällen Fahrzeuge oder Thiere dauernd im Inlande, so tritt die Zollpflicht ein.
Futter, das zum Reiseverbrauche der in Abs. 2 und 3 bezeichneten Thiere mitgeführt wird, in einer der Zahl der Thiere und der voraussichtlichen Reisedauer, höchstens jedoch einem Zeitraume von zwei Tagen entsprechenden Menge.
Ueber die Zollbehandlung der Eisenbahnfahrzeuge, welche dem durchgehenden Personenverkehre dienen, sind vom Bundesrathe besondere Bestimmungen zu erlassen.
9. Umschließungen sowie Schutzdecken und andere Verpackungsmittel, auch Webebäume, Holz- und Papprollen und dergleichen, die zum Zwecke der Ausfuhr von Waaren eingeführt, oder, nachdem sie nachweislich dazu gedient haben, aus dem Auslande wieder zurückgebracht werden. [307] Im ersteren Falle ist der Nachweis der Wiederausfuhr binnen einer angemessenen Frist und, nach Befinden, Sicherstellung des Zolles zu fordern; es kann hiervon abgesehen werden, wenn die Umschließungen und so weiter gebraucht sind und kein Zweifel darüber besteht, daß sie zur Ausfuhr von Waaren bestimmt sind.
10. Musterkarten und Muster in Abschnitten oder Proben, die nur zum Gebrauch als solche geeignet sind, jedoch mit Ausschluß der Proben von Nahrungs- und Genußmitteln, indessen einschließlich der mit der Post eingehenden Proben und Muster von Kaffee, Kakao, Zucker, Rohtabak und getrockneten Früchten im Gewichte bis zu 350 Gramm.
11. Kunstsachen, welche zu Kunstausstellungen oder für öffentliche Kunstanstalten oder öffentliche Sammlungen, sowie andere Gegenstände, die für öffentliche Anstalten oder öffentliche Sammlungen zu Lehr- oder Anschauungszwecken eingehen.
12. Materialien, die zum Baue, zur Ausbesserung oder zur Ausrüstung von See- oder Flußschiffen verwendet werden, mit Ausnahme des Kajüts- und Küchenguts. Von der Begünstigung sind die zu Luxuszwecken bestimmten Binnensee- und Flußschiffe ausgeschlossen. Die näheren Bestimmungen erläßt der Bundesrath.
13. Wappenschilder, Flaggen und andere Gegenstände, die von fremden Regierungen ihren in Deutschland bestellten Vertretungen zum dienstlichen Gebrauche zugesendet werden, falls die betreffenden Staaten Gegenseitigkeit gewähren.
14. Särge, in denen Leichen eingehen, und Urnen mit Asche verbrannter Leichen, einschließlich der Kränze und ähnlicher zur Verzierung der Särge, Urnen oder Beförderungsmittel dienenden Gegenstände.
Abfälle, welche im Tarife nicht besonders genannt sind, sowie zerbrochene und abgenutzte Gegenstände werden wie die Rohstoffe, von denen sie herstammen, behandelt, wenn sie nur zu denselben Zwecken wie die Rohstoffe verwendet werden können oder die Verwendung zu anderen Zwecken nach Anordnung der Zollbehörde durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen wird. Zollpflichtige Abfälle und verdorbene Waaren, die zu Düngezwecken bestimmt sind, werden zollfrei gelassen, wenn ihre Verwendung zu anderen Zwecken ausgeschlossen erscheint oder nach Anordnung der Zollbehörde durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen wird. Andere verdorbene Waaren bleiben zollfrei, wenn sie unter amtlicher Aufsicht vernichtet werden.
Der Bundesrath wird ermächtigt, in Fällen, in welchen auf Grund staatlicher Abmachungen Eisenbahnverbindungen zwischen dem Deutschen Reiche und einem Nachbarstaate mit einer innerhalb des deutschen Zollgebiets belegenen [308] gemeinschaftlichen Grenz- und Betriebswechselstation hergestellt sind oder künftig hergestellt werden, Zollfreiheit zu gewähren:
1. für die zur Ausführung des Baues und zur Betriebseinrichtung der Wechselstation sowie der zwischen dieser und der Zollgrenze gelegenen Anschlußstrecke erforderlichen Gegenstände, soweit ihre Anschaffung ausländischen Behörden oder ausländischen Bahnunternehmungen obliegt,
2. für die zur Besorgung des von der ausländischen Bahnunternehmung übernommenen Betriebsdienstes, einschließlich der Instandhaltung der Betriebsstation und der Anschlußstrecke, und für alle zu Dienstzwecken der ausländischen Grenzämter erforderlichen Gegenstände,
3. für die Dienstgeräthe und Dienstausrüstungsstücke der innerhalb des deutschen Zollgebiets angestellten Beamten und Bediensteten der ausländischen Eisenbahnverwaltung und der außerdem betheiligten Dienstzweige der Verwaltung des Nachbarstaats.
Bei der zollamtlichen Abfertigung einer Waare, die je nach ihrem Herstellungsland einer unterschiedlichen Zollbehandlung unterliegt, ist von dem Einbringer zu erklären und auf Erfordern nachzuweisen, in welchem Lande die Waare hergestellt worden ist. Die näheren Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Erklärung und über die Erbringung des Nachweises erläßt der Bundesrath.
Kommt der Einbringer seinen vorstehend festgesetzten Verpflichtungen nicht nach, so tritt die für ihn ungünstigste Zollbehandlung ein, unbeschadet der etwa daneben verwirkten Strafen oder sonstigen Rechtsnachtheile.
Zollpflichtige Waaren, die aus Ländern herstammen, in welchen deutsche Schiffe oder deutsche Waaren ungünstiger behandelt werden als diejenigen anderer Länder, können neben dem tarifmäßigen Zollsatz einem Zollzuschlage bis zum doppelten Betrage dieses Satzes oder bis zur Höhe des vollen Werthes unterworfen werden. Tarifmäßig zollfreie Waaren können unter der gleichen Voraussetzung mit einem Zolle in Höhe bis zur Hälfte des Werthes belegt werden.
Auch können, soweit nicht Vertragsbestimmungen entgegenstehen, ausländische Waaren denselben Zöllen und Zollabfertigungsvorschriften unterworfen werden, die im Ursprungsland auf deutsche Waaren Anwendung finden.
Die hier vorgesehenen Maßnahmen werden nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths durch Kaiserliche Verordnung in Wirksamkeit gesetzt. Die getroffenen Anordnungen sind dem Reichstage sofort oder, wenn er nicht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritte mitzutheilen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag die Zustimmung nicht ertheilt. [309]
1. Bei der Ausfuhr von Roggen, Weizen, Spelz, Gerste, Hafer, Buchweizen, Hülsenfrüchten, Raps und Rübsen aus dem freien Verkehre des Zollgebiets werden, wenn die ausgeführte Menge wenigstens fünf Doppelzentner beträgt, auf Antrag des Waarenführers Bescheinigungen (Einfuhrscheine) ertheilt, die den Inhaber berechtigen, innerhalb einer vom Bundesrath auf längstens sechs Monate zu bemessenden Frist eine dem Zollwerthe der Einfuhrscheine entsprechende Menge einer der vorgenannten Waaren ohne Zollentrichtung einzuführen. Abfertigungen zur Ausfuhr mit dem Anspruch auf Ertheilung von Einfuhrscheinen finden nur bei den von den obersten Landes-Finanzbehörden zu bestimmenden Zollstellen statt.
Für Waaren der vorbezeichneten Art, die ausschließlich zum Absatz in das Zollausland bestimmt sind, werden Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß, in denen die Behandlung und Umpackung der gelagerten Waaren uneingeschränkt und ohne Anmeldung sowie ihre Mischung mit inländischer Waare zulässig ist, mit der Maßgabe bewilligt, daß die zur Ausfuhr abgefertigten Waarenmengen, soweit sie den jeweiligen Lagerbestand an ausländischer Waare nicht überschreiten, von diesem Bestand abzuschreiben, im Uebrigen aber als inländische Waaren zu behandeln sind (Reine Transitlager).
Für Waaren der bezeichneten Art, die theils in das Zollausland, theils in das Zollgebiet abgesetzt werden sollen, können, sofern dafür ein dringendes Bedürfniß anzuerkennen ist, solche Lager mit der ferneren Maßgabe bewilligt werden, daß die aus dem Lager in den freien Verkehr des Zollgebiets abgefertigten Waarenmengen, soweit sie den jeweiligen Lagerbestand an inländischer Waare nicht übersteigen, von diesem Bestände zollfrei abzuschreiben, im Uebrigen aber als ausländische Waaren zu behandeln sind (Gemischte Transitlager). Der Bundesrath bestimmt, an welchen Orten solche Lager bewilligt werden können.
Für die vorstehend nicht erwähnten Getreidearten und zollpflichtigen Oelfrüchte werden, wenn sie ausschließlich zum Absatz in das Zollausland bestimmt sind, Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß, in denen die Behandlung und Umpackung der gelagerten Waaren uneingeschränkt und ohne Anmeldung sowie ihre Mischung mit inländischer Waare zulässig ist, mit der Maßgabe bewilligt, daß bei der Ausfuhr dieser gemischten Waare der in der Mischung enthaltene Antheil von ausländischer Waare als die zollfreie Menge der Durchfuhr anzusehen ist. Für Waaren dieser Art, die theils in das Zollausland, theils in das Zollgebiet abgesetzt werden sollen, können solche Transitlager bewilligt werden.
2. Ebenso werden reine Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß bewilligt und können gemischte Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß bewilligt werden für nicht gehobeltes Bau- und Nutzholz. Dabei kann von der Umschließung der zur Lagerung bestimmten Räume abgesehen werden; auch ist es zulässig, die Hölzer zeitweise aus dem Lager zu entnehmen und, nachdem sie einer Behandlung unterlegen haben, durch die sie unter den Begriff des mit einem höheren Zolle [310] belegten Bau- und Nutzholzes oder einer groben rohen Holzwaare fallen, in das Lager zurückzuführen. Der Bundesrath bestimmt, an welchen Orten gemischte Transitlager bewilligt werden können.
Für Abfälle, die bei der Bearbeitung von Bau- und Nutzholz in den Transitlagern entstehen, tritt, wenn die Hölzer in das Zollausland ausgeführt werden, an dem zur Last geschriebenen Zolle ein entsprechender Nachlaß ein, dessen Höhe der Bundesrath bestimmt.
3. Den Inhabern von Mühlen oder Mälzereien werden bei der Ausfuhr ihrer Erzeugnisse Einfuhrscheine über eine entsprechende Menge Getreide oder Hülsenfrüchte (Ziffer 1) ertheilt. Ueber das hierbei in Rechnung zu stellende Ausbeuteverhältniß trifft der Bundesrath Bestimmung.
4. Den Inhabern von Oelmühlen wird für die Ausfuhr der von ihnen hergestellten Oele eine Erleichterung dahin gewährt, daß ihnen der Zoll für eine den ausgeführten Erzeugnissen entsprechende Menge der zur Mühle gebrachten zollpflichtigen ausländischen Oelfrüchte nachgelassen wird. Ueber das hierbei in Rechnung zu stellende Ausbeuteverhältniß trifft der Bundesrath Bestimmung. Die zur Mühle zollamtlich abgefertigten ausländischen sowie auch sonstige Oelfrüchte, welche in die der Zollbehörde zur Lagerung der ausländischen Oelfrüchte angemeldeten Räume eingebracht sind, dürfen in unverarbeitetem Zustande nur mit Genehmigung der Zollbehörde veräußert werden. Zuwiderhandlungen hiergegen werden mit einer Geldstrafe bis zu eintausend Mark geahndet.
Die Bestimmungen der Ziffer 3 finden auf die Inhaber von Oelmühlen hinsichtlich der aus Raps oder Rübsen hergestellten Oele sinngemäß Anwendung.
5. Im Sinne der Bestimmungen unter Ziffer 1 bis 4 steht die Aufnahme in eine öffentliche Niederlage oder in ein Privatlager unter amtlichem Mitverschlusse der Ausfuhr gleich.
6. Die näheren Anordnungen, insbesondere in Bezug auf die Form der Einfuhrscheine, auf die Beschaffenheit der mit dem Anspruch auf Ertheilung von Einfuhrscheinen ausgeführten Waaren und auf die an die Lagerinhaber zu stellenden Anforderungen, trifft der Bundesrath.
Dieser wird auch Vorschriften erlassen, durch welche die Verwendung der Einfuhrscheine nach Maßgabe ihres Zollwerths auch zur Begleichung von Zollgefällen für andere als die in Ziffer 1 Abs. 1 genannten Waaren unter den von ihm festzusetzenden Bedingungen gestattet wird.
Die Zölle können auf Antrag gegen Sicherheitsleistung für eine Frist bis zu drei Monaten nach näherer Anordnung des Bundesraths gestundet werden.
Von der Stundung ausgenommen sind die Zölle für Getreide, Hülsenfruchte, Raps und Rübsen sowie für die daraus hergestellten Müllerei- und Mälzereierzeugnisse. Im Falle der Aufnahme dieser Waaren in ein Zolllager (öffentliche Niederlage oder Privatlager mit oder ohne amtlichen Mitverschluß) sind [311] bei der Ueberführung der Waaren in den freien Verkehr die zu entrichtenden Zollgefälle für die Dauer der Lagerung mit vier vom Hundert nach den vom Bundesrathe zu erlassenden Vorschriften zu verzinsen.
Für Rechnung von Kommunen oder Korporationen dürfen vom 1. April 1910 ab Abgaben auf Getreide, Hülsenfrüchte, Mehl und andere Mühlenfabrikate, desgleichen auf Backwaaren, Vieh, Fleisch, Fleischwaaren und Fett nicht erhoben werden.
Auf die Erhebung von Abgaben von dem zur Bierbereitung bestimmten Malze seitens der Kommunen findet diese Bestimmung keine Anwendung.
Die entgegenstehenden Bestimmungen unter Ziffer I und im §. 7 der Ziffer II des Artikel 5 des Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 81) und des Gesetzes vom 27. Mai 1885, betreffend die Abänderung des Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 (Reichs-Gesetzbl. S. 109), sind aufgehoben.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder gegen die zu seiner Ausführung erlassenen und öffentlich bekannt gemachten Vorschriften werden, sofern nicht nach §. 11 Ziffer 4 Abs. 1 dieses Gesetzes oder nach den §§. 135 ff. des Vereinszollgesetzes eine höhere Strafe verwirkt ist, mit einer Ordnungsstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark geahndet.
Der auf den Kopf der Bevölkerung des Deutschen Reichs entfallende Nettozollertrag der nach den Tarifstellen 1, 2, 102, 103, 105, 107, 107a und 160 des Zolltarifs (§. 1) zu verzollenden Waaren, welcher den nach dem Durchschnitte der Rechnungsjahre 1898 bis 1903 auf den Kopf der Bevölkerung entfallenden Nettozollertrag derselben Waaren übersteigt, ist zur Erleichterung der Durchführung einer Wittwen- und Waisenversorgung zu verwenden.
Ueber diese Versicherung ist durch ein besonderes Gesetz Bestimmung zu treffen. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes sind diese Mehrerträge für Rechnung des Reichs anzusammeln und verzinslich anzulegen.
Tritt dieses Gesetz bis zum 1. Januar 1910 nicht in Kraft, so sind von da ab die Zinsen der angesammelten Mehrerträge sowie die eingehenden Mehrerträge selbst den einzelnen Invaliden-Versicherungsanstalten nach Maßgabe der von ihnen im vorhergehenden Jahre aufgebrachten Versicherungsbeiträge zum Zwecke der Wittwen- und Waisenversorgung der bei ihnen Versicherten zu überweisen.
Die Unterstützung erfolgt auf Grund eines vom Reichs-Versicherungsamte zu genehmigenden Statuts. [312]
Der Zeitpunkt, mit welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, wird durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths bestimmt.
Mit demselben Zeitpunkte treten
das durch die Bekanntmachung vom 24. Mai 1885 (Reichs-Gesetzbl. S. 111) veröffentlichte Zolltarifgesetz nebst zugehörigem Zolltarife,
ferner die Gesetze
vom 18. April 1886 (Reichs-Gesetzbl. S. 123),
vom 21. Dezember 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 533),
vom 14. April 1894 (Reichs-Gesetzbl. S. 335),
vom 18. Mai 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 233),
vom 6. März 1899 (Reichs-Gesetzbl. S. 133),
vom 14. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 298),
betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes und des Zolltarifs,
und §. 80 des durch die Bekanntmachung vom 27. Mai 1896 (Reichs-Gesetzbl. S. 117) veröffentlichten Zuckersteuergesetzes
mit der Maßgabe außer Kraft, daß die bisherigen Vorschriften über die Ueberweisung eines Theiles des Ertrags der Zölle und der Tabaksteuer an die Bundesstaaten (§. 8 des durch die Bekanntmachung vom 24. Mai 1885 veröffentlichten Zolltarifgesetzes), abgesehen von der sich nach §. 15 dieses Gesetzes ergebenden Aenderung, so lange in Wirksamkeit bleiben, bis darüber durch besonderes Gesetz anderweit bestimmt wird.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 25. Dezember 1902.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Bülow.