Werke Dresdner Künstler des 18. Jahrhunderts

Demoiselle Lucius, Gellerts Dresdner Freundin Werke Dresdner Künstler des 18. Jahrhunderts (1896) von Woldemar von Seidlitz
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896)
Die Anfänge der Dresdner Lokalgeschichtschreibung
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Werke Dresdner Künstler des 18. Jahrhunderts.

Inspektor Gustav Müller hat in seinem verdienstvollen Buche[1] die Aufmerksamkeit der Gegenwart auf so manche mit Unrecht nahezu vergessene Künstler des vorigen Jahrhunderts gelenkt. Das beigegebene Namenregister erleichtert wesentlich die Benutzbarkeit des Werkes. Da aber ein Verzeichniß der Oertlichkeiten fehlt, wo sich die noch erhaltenen Werke der behandelten Künstler befinden, so wollen wir dies hier, so weit es die Hauptsachen betrifft, nachholen, und zwar nicht in der starren alphabetischen Form, sondern nach dem örtlichen Zusammenhange, wodurch das Bild anschaulich wird und manchen anregen mag, seine Aufmerksamkeit den Werken der Vergangenheit zu widmen, die ihn noch immer umgeben.

Beginnen wir in Dresden mit der Altstadt und zwar mit dem Schlosse, so finden wir dort auf dem Balkon über dem Thor zwischen dem großen und dem kleinen Schloßhofe die Gestalten des Herkules und der Minerva, die an die Weise des 1672 verstorbenen Bildhauers Melchior Barthel erinnern, wenn sie auch erst nach dessen Tode ausgeführt sein können. Im Innern werden die beiden Bilder Silvestres erwähnt, die sich auf die Reise des späteren Königs August III. nach Frankreich beziehen und wonach Mercier seine ersten, von 1716 und 1719 datirten, noch jetzt im Schlosse bewahrten Tapeten in Dresden fertigte; weiterhin die Tapeten nach Pluvinels Reitschule, die Nermot, Merciers Nachfolger, in den Jahren 1739 bis 1741 herstellte. Permosers und Barthels Elfenbeinschnitzereien im Grünen Gewölbe endlich sind bekannt genug. – An dem Prinzenpalais stammen die beiden Eckbrunnen in dem zunächst dem Zwinger gelegenen Vorhofe von Gottfried Knöffler (1715-1779), ebenso wie die Putten auf den Schäften des Gitters; während die Figuren des nach dem Taschenberg zu gelegenen Vorhofes von Beyer, einem Schüler Rietschels, ausgeführt sind. Das ovale, von einer Vase bekrönte Dachfenster, welches Knöffler einst für das dritte Obergeschoß dieses Hofes gefertigt hatte, befindet sich jetzt in dem nach der Sophienkirche zu gelegenen Hofe. – Am Brühlschen Palais werden die beiden Brunnen im Hofe für Benjamin Thomä (1682–1751) in Anspruch genommen; das Deckenbild Silvestres im großen Ballsaale, den Sieg Bellerophons über die Chimära darstellend, das 1855 restaurirt wurde, wird in die Zeit um 1742 versetzt. – In der katholischen Hofkirche stammt die 1748 aus dem als Kapelle dienenden Ballhause übertragene Kanzel von Permoser († 1732); der Schalldeckel ist jedoch nicht mehr der ursprünglich dazu gehörende, der eine riesige Königskrone zeigte, sondern wurde bei Gelegenheit der Ueberführung durch Joseph Hackl, von dem auch die vier Beichtstühle des Mittelschiffes, das Orgelgehäuse und der bildhauerische Schmuck der vom Tischlermeister Küffner nach Chiaveris Zeichnungen ausgeführten Thüren stammt, hergestellt. – Das Relief des Mars im Giebelfelde der Rückseite der Hauptwache ist von Franz Seraph Pettrich, dem sein Schwiegersohn Neuhäuser dabei half. – Am Zwinger stammt der die Himmelskugel tragende Herkules auf dem Wallpavillon von Permoser (1650–1732) her, dessen Zeichen B. P. er trägt; demselben Künstler gehören auch die vier Nischenfiguren am Thore nach der Ostra-Allee an, sowie die von vier Delphinen getragene Brunnenschale oberhalb des Nymphenbades, die ursprünglich in der Mittelnische des jetzt zum Mineralogischen Museum gehörenden Eckpavillons stand. Vier der wahrscheinlich von ihm stammenden Satyrn au den Rundbogengalerien der Hofseite, vom Wallpavillon aus links der dritte bis sechste, wurden bei der in den Jahren 1787/88 vorgenommenen Reparatur des Zwingers durch T. J. Wiskotschill durch neue ersetzt. In den vorhergehenden Jahren, seit 1785, hatte sich namentlich Jos. Bapt. [257] Dorsch durch Wiederherstellungsarbeiten verdient gemacht, da es galt, die vielen durch den siebenjährigen Krieg herbeigeführten Schäden auszubessern und die noch nicht vollendeten Theile des Baues, wie z. B. den Pavillon nach dem Prinzenpalais zu, der noch Bossen statt der ausgeführten Skulpturen zeigte, zu Ende zu führen. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Theil der noch erhaltenen Figuren von den Ballustraden der Zwingergalerien zur Ausschmückung des Gartens des Prinz Max–Palais verwendet, bei dessen Verkauf sie verstreut wurden.[2] Die Deckengemälde Silvestres von 1717–1723 im mathematischen Salon, für die er 4000 Thaler erhielt, sind bekannt genug. – Am Reithause in den königlichen Ställen endlich macht Müller noch ein Werk Pettrichs (1770–1844) namhaft, das Fronton mit dem Zweigespann.

In der Friedrichstadt werden am Stadtkrankenhause, dem ehemaligen Marcolinischen Palais, als Arbeiten von Joh. Bapt. Dorsch (1744–1789) erwähnt die Löwen vor dem Gebäude, das große Allianzwappen, die beiden kleineren weiblichen Hermen als Laternenträgerinnen, neben den vier von Wiskotschill gefertigten. Von letzterem Künstler im Garten die Statuen der Tomyris und des Themistokles. – Auf dem katholischen Kirchhofe finden die folgenden Denkmäler Erwähnung: das von Balth. Permoser, von ihm selbst gefertigt, 1888 wiederhergestellt; das des Chevalier de Saxe († 1774) von Dorsch, nach einem Entwurf J. A. Giesels; endlich drei Arbeiten Pettrichs: das Denkmal des Akademieprofessors Casanova, dasjenige, das Pettrich seinen beiden Frauen widmete, und das des Bischofs J. A. Schneider, von 1819. – Auch das Fronton des Vitzthumschen Gymnasiums stammt von Pettrich her.

In der inneren Stadt ist der Goldene Engel über der Thür des Gasthofes gleichen Namens ein Werk von Pettrichs 1843 verstorbenem Schwiegersohne Neuhäuser; der goldene Löwe über der Löwenapotheke aber geht auf Jos. Ferdinand Feige (1733-1783) zurück, das jüngste Glied einer noch mehrfach zu erwähnenden Künstlerfamilie. Die Geschichte der Herstellung dieses Löwen ist auf S. 80 ganz ergötzlich zu lesen. Der plastische Schmuck des 1740–1744 erbauten Rathhauses, dessen eine Hälfte mit dem Portraitmedaillon der Königin Maria Josepha bis 1861 sich in Privatbesitz befand (von Döring’sches Haus), rührt von Benj. Thomae († 1751) her. – Die Kreuzkirche bietet Gelegenheit, sich des im Jahre 1792 für 400 Thaler fertig gestellten und genau nach hundert Jahren von seinem Platz entfernten Altarbildes von Schenau († 1806) zu erinnern. Gehen wir von dort zur Bürgerwiese, so treffen wir vier Statuen von Wiskotschill (1753-1795) an, die bis zum Ende der fünfziger Jahre im Garten des Marcolinischen Palais gestanden hatten: den Mucius Scävola, eine Amazone, den Alcibiades und Perikles, wie vermuthet wird. – Am Palais des Prinzen Georg auf der Zinzendorfstraße stammt der Schmuck der Einfahrt von Knöffler (1715–1779) her. Im Hofe des Hauses Nr. 12 der Johannesstraße ein vom ehemaligen Johanniskirchhof stammender Grabstein mit der Figur des 1672 verstorbenen Bildhauers Melchior Barthel. Die beiden Brunnen in dem 1781 angelegten Hofe des Landhauses von Christian Feige (1720 bis 1788); das Gitter daselbst von Gotthelf Richter und Andreas Lund; im Gebäude selbst die Thürbekrönungen des obersten Korridors sowie wahrscheinlich auch die Verzierung des Frontons von Joh. Christian Beck. – Im Hofe des Harmoniegebäudes (1766 durch Krubsacius wieder hergestellt) der hübsche Brunnen von Knöffler. Die acht Medaillons am Palais de Saxe in der Moritzstraße wohl von Thomae († 1751), und das Relief über der Thür des 1749 erbauten Hauses Nr. 14 in der Frauenstraße, sowie der Schmuck des Erkers daselbst wahrscheinlich von Knöffler wiederum.

In der Frauenkirche werden die Arbeiten des älteren Johann Christian Feige (1689–1751) in Erinnerung gebracht, der dem Orgelchor als Unterbau dienende Altar von 1739, mit den Figuren des Paulus und Philippus, des Moses und Aaron zu den Seiten, die beiden Posaunen haltenden Engel über dem Orgelgehäuse und die beiden Vasen auf dem Simse des Altarunterbaues; vermuthungsweise wird auf Paul Barthel († 1672) die seit 1893 der Kanzel gegenüber aufgestellte Sandsteinstatue des Dornengekrönten zurückgeführt, die ehemals auf dem Frauenkirchhofe stand. Bei Erwähmung des von Knöffler stammenden reichen Bildschmuckes des 1762–1764 durch Schwarze erbauten ehemaligen Cosell’schen Palais, des jetzigen Polizeigebäudes, wird mit gutem Grunde der Erhaltung dieses eigenartigen und anmuthigen Bauwerkes das Wort geredet. Anzuerkennen ist, daß die beiden Kindergruppen von der Hand desselben Künstlers, die einst über dem alten Dublettensaal standen (die eine mit der Staffelei trägt die Jahrzahl 1747, die andere den Namen), auf dem Simse der Hofseite des neuen Akademiegebäudes Aufstellung gefunden haben. Ebenso gehen auf Knöffler die beiden von 1747 und 1748 datirten Sphinxe beim Belvedere, sowie die Brunnenfigur des Bassins auf der Brühl’schen Terrasse zurück. In der Skulpturensammlung des Albertinums werden erwähnt: Permosers Apoll und Minerva von 1715 und [258] 1716 aus dem Mineralogischen Museum, Paul Heermanns († 1732) Marmorbüste August des Starken, sowie Pierre Coudrays Büste August III.

Auf der kleinen Schießgasse wird im katholischen Schulhause ein Relief Wiskotschills von 1786 aufbewahrt, das wenigstens als Merkwürdigkeit erwähnt wird. Ueber die Gobelinmanufaktur, die 1714 durch Mercier in Berlichs Schänke, an der Stelle, wo jetzt die Serrestraße durchgeführt ist, eingerichtet wurde, ist die S. 156 und die Anmerkung auf S. 145 nachzulesen. Das Relief des Musenreigens über der Thür des Hauses Pillnitzerstraße 26 stammt von Chr. G. Kühn (1780–1828), einem Schüler Pettrichs, her. Auf dem Eliaskirchhofe endlich treffen wir das Grabmal des Bildhauers Joh. Chr. Kirchner und das des Kapellmeisters Naumann, letzteres wahrscheinlich von Pettrich.

Gehen wir zur Neustadt hinüber, so erinnert uns der Kaiserhof daran, daß an der Ecke des Hauses, das bis 1873 an dessen Stelle gestanden hatte, Permosers Saturn, ein Erinnerungszeichen an die große Feuersbrunst von 1685, angebracht gewesen war, dessen Ueberreste noch unter einem der Brückenbogen aufbewahrt werden (der Kopf ist jedoch in Privatbesitz übergegangen und jetzt verschollen, die Sense befindet sich im Stadtmuseum). Die beiden Brunnengruppen von 1742 am Anfang der Hauptstraße weisen auf Thomaes Werkstatt, insbesondere auf dessen Schüler Knöffler. In dem Hause Nr. 17 der Hauptstraße, dessen Gartenpavillon künstlerischen Schmuck zeigt, lebte Thomä. Von diesem Künstler stammte in der 1732–1740 erbauten Dreikönigskirche der Altar sowie die Giebelfelder der Vorder- und Rückseite des Gebäudes; wahrscheinlich auch das Portraitmedaillon August des Starken an der Schauseite des 1725 erbauten Kadettenhauses. Auf dem Neustädter Kirchhofe rührt das Grabmal einer 1726 verstorbenen Tochter des Kaufmanns Möhler vielleicht von dem älteren Feige her; das des 1804 verstorbenen Generals von Christiani aber ist ein Werk Pettrichs.

Im Großen Garten werden aufgeführt: beim Pavillon H eine Statue August des Starken von Permoser, bis 1839 in Oberlichtenau; bei der Pikardie die beiden Gruppen von Thomae; von demselben wohl auch die vier kolossalen Herkulesstatuen, deren eine noch in der Baumschule ihrer Wiederaufrichtung harrt; zur Seite des vom Teich nach der Pikardie führenden Weges der Milon von Croton, wahrscheinlich ein Werk Knöfflers, ursprünglich im Garten des von Brause’schen Grundstückes auf der jetzigen Maxstraße; endlich die beiden Löwen am Strehlener Thor, von Chr. G. Kühn, die sich bis 1863 am Fuß der Terrassentreppe befanden.

In der Umgebung Dresdens das Moreaudenkmal von demselben Kühn; in den Vorgärten der Dorotheenstraße in Strehlen die Statuen des Jupiter, Mars, der Juno und Venus von Permoser, aus Reichels Garten; in der Kirche zu Leubnitz drei Büsten von 1716, 1726 und 1730 von Paul Heermann; in einem Garten der Emserallee in Blasewitz die beiden Statuen, die einst vor dem Max–Palais und noch früher an der Innenseite des Brückenthores des Zwingers gestanden haben: der Tamburinschläger von Permoser, der Schalmeibläser wohl von Thomae; in Laubegast das 1776 der Neuberin errichtete Denkmal von Joh. Friedr. Feige.

Weiterhin werden Werke erwähnt in Pillnitz (S. 84, 91, 146), Moritzburg (67), Meißen (51), Freiberg (19 fg.), Hubertusburg (13, 37), Joachimstein (33), Alt–Döbern (62), Röhrsdorf (61), Neusorge (61), Lübbenau (65), Leipzig (20, 29 fg, 40); in Wörlitz (66), Braunschweig (21), Wien (12), Venedig (3), London (22).

v. S. 

  1. Vergessene und halbvergessene Dresdner Künstler des vorigen Jahrhunderts. Von Gustav Otto Müller. Dresden, Wilh. Hoffmann, 1895.
  2. Mehrere Figuren aus diesem Garten befinden sich jetzt in einem Villengrundstück in Blasewitz, andere in Niederspaar, eine Merkurstatue in einem Grundstück bei der Pikardie am Ausgange des Großen Gartens.