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eine Pflicht, die Gräfin als ein Beispiel der ehelichen und mütterlichen Tugenden Ihnen anzupreisen.“ – Käme es darauf an, aus dem Briefwechsel Beiträge zur Sittengeschichte damaliger Zeit zu bringen, so müßte an erster Stelle der 162. Brief angezogen werden, wo die Demoiselle in launiger Weise die Feier ihres Geburtstages schildert. Wir ersehen daraus, daß die jungen Damen schon damals ganze Teller von Gratulationskarten erhielten, „goldpapierne Glückwünsche mit Zeichnungen und Sinnbildern“, dazu eine große Menge Verse, „Chronostichons, Akrostichons, Knittelverse, Hexameter“ u. a., so daß es dem Geburtstagskinde bei dem Gedanken, dies alles mit gleicher Münze erwiedern zu müssen, angst und bange ward.

Genug. Der Briefwechsel ist für die Geschichte Dresdens von nicht zu unterschätzender Bedeutung, „er giebt uns“, wie Ebert richtig sagt, „ein treues und lebendiges Bild des bürgerlichen Still- und Familienlebens und des Konversationstons der damaligen Zeit, wie er in Sachsen und namentlich in Dresden war.“ Und so soll das Andenken der edlen Frau, die uns dies geschichtliche Denkmal hinterlassen hat, im Kreise der Geschichtsfreunde ihrer Vaterstadt, in deren Erde sie ruht, unvergessen sein.


Werke Dresdner Künstler des 18. Jahrhunderts.

Inspektor Gustav Müller hat in seinem verdienstvollen Buche[1] die Aufmerksamkeit der Gegenwart auf so manche mit Unrecht nahezu vergessene Künstler des vorigen Jahrhunderts gelenkt. Das beigegebene Namenregister erleichtert wesentlich die Benutzbarkeit des Werkes. Da aber ein Verzeichniß der Oertlichkeiten fehlt, wo sich die noch erhaltenen Werke der behandelten Künstler befinden, so wollen wir dies hier, so weit es die Hauptsachen betrifft, nachholen, und zwar nicht in der starren alphabetischen Form, sondern nach dem örtlichen Zusammenhange, wodurch das Bild anschaulich wird und manchen anregen mag, seine Aufmerksamkeit den Werken der Vergangenheit zu widmen, die ihn noch immer umgeben.

Beginnen wir in Dresden mit der Altstadt und zwar mit dem Schlosse, so finden wir dort auf dem Balkon über dem Thor zwischen dem großen und dem kleinen Schloßhofe die Gestalten des Herkules und der Minerva, die an die Weise des 1672 verstorbenen Bildhauers Melchior Barthel erinnern, wenn sie auch erst nach dessen Tode ausgeführt sein können. Im Innern werden die beiden Bilder Silvestres erwähnt, die sich auf die Reise des späteren Königs August III. nach Frankreich beziehen und wonach Mercier seine ersten, von 1716 und 1719 datirten, noch jetzt im Schlosse bewahrten Tapeten in Dresden fertigte; weiterhin die Tapeten nach Pluvinels Reitschule, die Nermot, Merciers Nachfolger, in den Jahren 1739 bis 1741 herstellte. Permosers und Barthels Elfenbeinschnitzereien im Grünen Gewölbe endlich sind bekannt genug. – An dem Prinzenpalais stammen die beiden Eckbrunnen in dem zunächst dem Zwinger gelegenen Vorhofe von Gottfried Knöffler (1715-1779), ebenso wie die Putten auf den Schäften des Gitters; während die Figuren des nach dem Taschenberg zu gelegenen Vorhofes von Beyer, einem Schüler Rietschels, ausgeführt sind. Das ovale, von einer Vase bekrönte Dachfenster, welches Knöffler einst für das dritte Obergeschoß dieses Hofes gefertigt hatte, befindet sich jetzt in dem nach der Sophienkirche zu gelegenen Hofe. – Am Brühlschen Palais werden die beiden Brunnen im Hofe für Benjamin Thomä (1682–1751) in Anspruch genommen; das Deckenbild Silvestres im großen Ballsaale, den Sieg Bellerophons über die Chimära darstellend, das 1855 restaurirt wurde, wird in die Zeit um 1742 versetzt. – In der katholischen Hofkirche stammt die 1748 aus dem als Kapelle dienenden Ballhause übertragene Kanzel von Permoser († 1732); der Schalldeckel ist jedoch nicht mehr der ursprünglich dazu gehörende, der eine riesige Königskrone zeigte, sondern wurde bei Gelegenheit der Ueberführung durch Joseph Hackl, von dem auch die vier Beichtstühle des Mittelschiffes, das Orgelgehäuse und der bildhauerische Schmuck der vom Tischlermeister Küffner nach Chiaveris Zeichnungen ausgeführten Thüren stammt, hergestellt. – Das Relief des Mars im Giebelfelde der Rückseite der Hauptwache ist von Franz Seraph Pettrich, dem sein Schwiegersohn Neuhäuser dabei half. – Am Zwinger stammt der die Himmelskugel tragende Herkules auf dem Wallpavillon von Permoser (1650–1732) her, dessen Zeichen B. P. er trägt; demselben Künstler gehören auch die vier Nischenfiguren am Thore nach der Ostra-Allee an, sowie die von vier Delphinen getragene Brunnenschale oberhalb des Nymphenbades, die ursprünglich in der Mittelnische des jetzt zum Mineralogischen Museum gehörenden Eckpavillons stand. Vier der wahrscheinlich von ihm stammenden Satyrn au den Rundbogengalerien der Hofseite, vom Wallpavillon aus links der dritte bis sechste, wurden bei der in den Jahren 1787/88 vorgenommenen Reparatur des Zwingers durch T. J. Wiskotschill durch neue ersetzt. In den vorhergehenden Jahren, seit 1785, hatte sich namentlich Jos. Bapt.


  1. Vergessene und halbvergessene Dresdner Künstler des vorigen Jahrhunderts. Von Gustav Otto Müller. Dresden, Wilh. Hoffmann, 1895.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/267&oldid=- (Version vom 13.5.2024)