Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche/Kapitel XIX
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Die Bedeutung der Doppellinie erläutert Veckenstedt im Vorwort auf Seite V folgendermaßen: „Die Sagen und Märchen der deutschredenden Wenden finden sich in jedem Abschnitte nach dem Zeichen, welches zwei parallele Striche bilden.“ Ferner führt er auf Seite X den Grund der Kennzeichnung an: „Nicht unwillkommen wird, hoffe ich, der Forschung die Art sein, wie ich die reine Sorbentradition von derjenigen Ueberlieferung geschieden habe, welche zwar auf wendischer Grundlage ruht, aber eben weil sie einem Geschlecht deutschredender Menschen entnommen ist, vielleicht eine oder die andere Modification erlitten hat.“ |
Nix und Nixe.
Wenn kleine Kinder in den Brunnen sehen, so singt und zirpt ihnen der Nix etwas vor, wobei er seinen grossen Kopf aus dem Wasser emporhebt. Die Kinder werden durch den Gesang so bezaubert, dass sie anfangen, mitzusingen. Dabei schlafen sie bald ein; dann zieht sie der Nix in die Tiefe, woselbst er ein schönes Schloss hat.
Der Nix ist ein kleines schwarzes Männchen, mit einer rothen Jacke bekleidet. Er hält sich mit Vorliebe in tiefen Feldbrunnen auf, verschmäht aber auch einen gewöhnlichen Hofbrunnen nicht. In geringer Tiefe unter der Oberfläche des Wassers lauert er auf kleine Kinder; sobald sich diese an dem Brunnen oder gar über der Umfriedigung des Brunnens blicken lassen, fährt er mit Blitzesschnelle aus dem Wasser hervor, packt sie bei den Haaren und zieht sie so schnell in den Brunnen hinab, dass sie nicht einmal schreien können.
In dem Rohrteich bei Gross-Döbern hielt sich ein Nix auf, welcher oft in Gestalt eines Kindes sich zu den Knaben gesellte, die in der Nähe des Teiches das Vieh hüteten. Wenn die Jungen sahen, dass dem fremden Kinde Wassertropfen vom Aermel herabfielen, so liefen sie eiligst davon, denn dann wussten sie, dass das Kind Niemand anders als der Nix war, welcher darnach trachtete, sie an das Ufer zu locken und dann in das Wasser hinabzuziehen.
Einstmals wollten aus Dissen Bauern ihren Verwandten in Straupitz einen Besuch abstatten. Als sie auf den Knüppeldamm kamen, welcher den Koblosee entlang führt, kam ihnen ein Junge von neun bis zehn Jahren athemlos entgegen gelaufen, welcher von einem Männchen verfolgt wurde. Das Männchen hatte Beine so dünn, wie eine Mohrrübe, auf dem Kopfe trug es ein rothes Mützchen. Als das Männchen die Bauern erblickte, sprang es flugs in den See und war verschwunden. Die Bauern hatten den Knaben gerade noch zur rechten Zeit von der Verfolgung des Nix befreit.
Unfern von Laasow ist ein Sumpf, in welchen ein Graben einmündet. In diesem Sumpfe und Graben hält sich ein Nix auf. Einmal ist ein Junge dem Sumpf zu nahe gekommen: alsobald ist der Nix dagewesen und hat ihn zu sich hinabziehen wollen. Ein Bauer hat das glücklicher Weise gesehen, ist herzugelaufen und hat den Knaben festgehalten. Da haben Bauer und Nix den Knaben hin- und hergezogen, bis es dem Bauer, weil er stärker war, gelungen ist, den Knaben zu retten. Er hat denselben glücklich nach Hause gebracht, aber der Knabe ist unmittelbar darauf gestorben.
Die Nixe, welche sich in dem See bei Steinitz aufhielten, wurden nie den Kindern der Wenden gefährlich, sondern sie zogen nur die Kinder der Deutschen in den See hinab.
Die Nixen sitzen am Wasser und singen; sie werden kleinen Kindern nicht gefährlich, nähert sich ihnen aber ein Erwachsener, so fragen sie ihn: „Was hast Du zu bezahlen?“ Antwortet er nicht sogleich und reicht er ihnen kein Geld hin, so ziehen sie ihn in das Wasser hinunter.
Der Wassermann ist von kleiner Gestalt; er hält sich besonders in Ziehbrunnen und Teichen auf. Seine Kleidung ist roth, sein Bart reicht fast bis auf die Erde.
Die Nixen aus den Teichen von Kolkwitz trugen ungefähr um die Mitte der Wade ein rothes Band: Alles unterhalb dieses Bandes war nass, oberhalb aber trocken.
Die Linnengürtel und die Kleidung, welche die Nixen trugen, waren roth.
Bei Döbberick ist ein grosser Pfuhl, in welchem sich ein Nix aufgehalten hat. Viele Leute haben ihn gesehen, wie er, mit einer rothen Mütze auf dem Kopfe, in der Mitte des Pfuhles sass und Zeug flickte.
In der Nähe von Wintdorf ist ein Teich, in welchem ein Nix sich aufzuhalten pflegte. Der Nix ist oft von den Leuten gesehen worden, wie er seine Schuhe ausgebessert hat.
Das Getreide wurde von den Nixen nicht abgemäht und ausgedroschen, sondern sie kamen mit einem Sieb, unter welchen ein Tuchbeutel angebunden war, auf das Feld. Dann schlugen sie mit dem Siebe gegen die Aehren, so dass die Spreu im Siebe blieb, die Körner aber in das Tuch hinein fielen.
Einst fuhr ein Bauer seine Kartoffeln in die Stadt, um sie daselbst zu verkaufen. Auf dem Markte gesellte sich ein Nix zu ihm, fragte nach dem Preise und ward endlich mit dem Bauer, welcher ihn nicht kannte, Handels einig [188] unter der Bedingung, dass derselbe die Kartoffeln nach seinem Hause fahre. Darauf ging der Bauer ein. Nun ging der Nix voran, der Bauer folgte ihm mit seinem Gespann. Der Bauer fuhr immer zu, bis es Abend wurde. Da kamen sie an den Koblosee; der Nix ging immer weiter, der Bauer folgte mit seinem Wagen und merkte auch in der Dunkelheit nichts davon, dass er in den See hineinfuhr. Endlich gelangten Bauer und Nix an einen grossen, schönen Palast. Da befahl der Nix dem Bauer, er solle die Kartoffeln abladen. Als dieser mit der Arbeit fertig war, entliess ihn der Nix, gebot ihm aber, er solle beim Wegfahren weder sprechen noch sich umsehen, sonst werde es ihm nicht gut gehen. Der Bauer, welcher endlich merkte, dass hier nicht Alles richtig sei, versprach das auch. Er fuhr jedoch ruhig ab. Schon hatte er mit den Pferden und dem Vordertheil des Wagens glücklich das Ufer erreicht, als er seine Neugier nicht mehr bezähmen konnte und sich umsah. Alsobald brach der Wagen mitten durch, das Hintertheil desselben verschwand im Wasser. Da merkte der Bauer, welcher Gefahr er dadurch, dass er sich nicht früher umgesehen hatte, entgangen war; hätte er es gethan, so wäre er seiner Neugier zum Opfer gefallen.
Der Nix, welcher sich im Teiche bei Bagenz aufhielt, hat einmal einen Schäfer in das Wasser gelockt: er verwandelte sich nämlich in ein Schaf und lief vor dem Schäfer her. Der Schäfer wollte das Thier fangen, lief ihm nach und gerieth so in den Teich.
Früher haben sich in den Lachen bei Branitz, als dieselben noch unergründlich tief waren, Nixen aufgehalten. Diese wussten die Menschen zu verlocken, dass sie sich dem Wasser näherten. Wer nämlich in der Nähe der Lache war, der sah auf dem Wasser schöne Blumen oder ein rothes Band schwimmen. Bückte sich Jemand darnach, so war er verloren, denn dann bekamen die Nixen Gewalt über ihn und zogen ihn in das Wasser hinab.
Die Nixen, welche sich in den Branitzer Lachen aufzuhalten pflegten, suchten die Menschen zu verlocken, dass sich dieselben dem Wasser näherten; sie wussten nämlich den Menschen allerlei Blendwerk vorzumachen. Das haben auch einige Pferdehirten erfahren. Eines Tages nämlich sprang ein Hase vor ihnen auf: die Hirten machten sich daran, ihn zu fangen, denn es schien ihnen, als könne der Hase nicht recht fort, da er mit dem einen Beine lahmte. Allein immer, wenn sie sich ihm genähert hatten, so dass sie glaubten, sie könnten ihn schon fassen, entsprang der Hase wieder, näherte sich dabei aber der Lache immer mehr. Endlich merkten die Hirten, dass es mit dem Hasen nicht seine Richtigkeit haben könne und standen von der Verfolgung ab. Da erhob sich in der Lache ein gewaltiges Prusten und Schnaufen, als wären Pferde hineingefallen und dem Ertrinken nahe. Die Hirten merkten aber jetzt, dass die Nixen sie nur versuchen wollten, und gingen deshalb nicht an das Wasser. Als sie wieder zu ihrer Heerde kamen, ergab sich denn auch, dass sie recht gehabt hatten, denn es fehlte keins von ihren Pferden, mithin konnte das Prusten und Schnauben in der Lache nur von den Nixen hergerührt haben.
In einer grundlosen Lache nicht weit von Buckow fischten einst zwei Bauern. Man hatte immer schon erzählt, dass in dieser Lache der Nix wohne. Das sollten auch die Bauern erfahren. Sie erblickten nämlich nach kurzer Zeit, nachdem sie an ihre Arbeit gegangen waren, denselben in Gestalt eines kleinen Männchens, welches auf einem krummen Baumstamm sass. Als der Nix die Bauern sah, bat er dieselben, sie möchten ihm einige Lappen zum Flicken seiner zerrissenen Hosen geben. Der eine von den Bauern verweigerte ihm das, der andere aber versprach, er werde ihm am folgenden Tage solche mitbringen. Der Bauer hielt auch sein Versprechen[WS 1]. Fortan bewirkte der Nix, dass dessen Netz, so oft er es auswarf, voll der schönsten Fische war. [190] Schlecht aber erging es dem Bauer, welcher sich geweigert hatte, die Bitte des Nix zu erfüllen. Fische fing er fortan nicht mehr, dafür aber brachte er einmal zwei Wasserratten heim, ja eines Tages hat ihm der Nix die Augen so verblendet, dass er auf dem Felde sein Netz auswarf in dem Glauben, er fische in der Lache. Ein Bekannter, der das sah, rief ihn beim Namen: da merkte der Bauer plötzlich, dass er auf einem Sandfelde Fische fangen wollte.
Die Wasserleute standen im regsten Verkehr mit den Menschen; besonders verkehrten sie gern in den Spinnstuben. Wenn die Spinnte begann und von den Nixen keiner sich einstellte, so kam es oft vor, dass eine oder die andere von den Spinnerinnen sprach: „Heute ist noch kein Nix gekommen.“ Sogleich hörte man ein zweimaliges Stossen gegen die Thür und der Vermisste trat ein. Die Begrüssung war stets eine eigenthümliche: eins von den Mädchen streckte nämlich dem Nix einen Spinnrocken entgegen und der Nix legte dann seine Hand darauf. Bis elf blieb er gemüthlich bei den Mädchen, sobald aber diese Stunde schlug, rief er laut: „Eilet, eilet, es geht zu Ende.“ Darauf ist er jedes Mal verschwunden.
Die Nixen, welche sich früher in den Teichen bei Kolkwitz aufhielten, kamen zu den Bauern in die Spinnstuben und trieben mit den Mädchen ihren Scherz.
Die Nixe stellen den Mädchen nach, wenn dieselben aus den Spinnstuben kommen; diejenigen Mädchen, welche sie gesehen, erzählen, dass sie ganz roth sind, einen Fuchsschwanz haben und an den Vorderfüssen Hufe.
Die Nixen genossen, wenn sie die Gesellschaft der Menschen besuchten, nur Flüssigkeiten, nie aber assen sie einen Bissen. [191] Stark waren sie nur in dem Wasser, auf dem Lande vermochten sie Niemand etwas anzuhaben.
Die Nixen waren ausgezeichnet durch ungewöhnliche Kraft und Ausdauer. Wenn sie mit den Bauern in einen Streit geriethen, so sahen sie danach hin, dass der Streit in der Nähe eines Flusses oder eines Fasses mit Wasser stattfand. Die Nixen netzten nämlich dann ihre Linnengürtel wiederholt mit Wasser; sie waren, so lange diese nass blieben, unüberwindlich.
Die jungen Burschen tanzten einst mit ihren Mädchen in der Nähe des Wassers: da stiegen Nixen aus demselben heraus und begannen mit den jungen Wenden zu kämpfen. Anfangs und zwar so lange der Streit in der Nähe des Wassers stattfand, waren die Nixen siegreich, als derselbe aber sich vom Wasser fortzog, wurden sie von den Wenden besiegt.
Die Bauern aus Drehnow gingen des Sonntags oft nach Döbberick zum Tanze; der Tanz fand auf einem Berge dicht beim Dorfe statt. Dort gesellten sich oft die Nixe zu ihnen, welche rothe Kleidung trugen, die an den Säumen nass war. Die Nixe sahen zu, wo sie ein Glas Branntwein bekamen; das tranken sie aus. Wurden nun die Bauern darüber böse und schlugen nach ihnen, so traf der Schlag nur in die Luft. War dann der Tanz zu Ende, so liessen die Drehnower sich von einem Musikanten heim begleiten, welcher lustig aufgeigen musste, wenn sie die Malxe überschritten. Sobald nämlich die Musik erscholl, mussten die Nixe tanzen; dann konnten sie den Bauern aus Drehnow nichts anhaben.
Ein Nix verliebte sich in die Tochter eines Bauers aus Striesow und hielt auch um ihre Hand an. Der Bauer gab ihm aber die Tochter nicht. Darüber wurde der Nix sehr [192] zornig und suchte dem Bauer Schaden zuzufügen: so ersäufte er ihm einst das schönste Pferd.
Dicht bei Schorbus ist ein Teich, welcher Schmorbok heisst. Der Teich soll in alten Zeiten sehr gross und sehr tief gewesen sein; in diesem Teiche hat sich früher ein Nix aufgehalten, welcher oft in das Dorf gekommen ist. Er hat nämlich im Dorfe eine Braut gehabt, welche er oft in der Spinnstube aufgesucht hat. Das Mädchen hat ihn dann, wenn er des Abends heimgegangen ist, begleitet. Oftmals ist er auch gesehen worden, wie er, in Gestalt eines jungen Mannes, auf dem Haupte eine rothe Kappe, unfern des Teiches auf einem Stein gesessen und seine Kleider geflickt hat.
Die Hütejungen haben ihn einmal geärgert: da ist der Nix böse geworden und hat denselben einen Streich gespielt, so dass sie sich fortan vor ihm in Acht genommen haben.
Es war einmal ein Nix, der hatte mehrere Kinder, einige Söhne und drei schöne Töchter. Die Töchter gingen an den Sommerabenden bis zum nächsten Dorfe spazieren, oder sie sassen am Ufer des Teiches und hörten, wie die Nachtigallen sangen. Die eine von den Töchtern hatte sich in den Sohn eines Bauers aus dem Dorfe verliebt; dieser war von ihr bezaubert worden, so dass er jeden Abend zu ihr kam. Da sagte der junge Bauer eines Tages: „Ihr sollt dort unten so schön wohnen, kann ich Euer Haus nicht einmal sehen?“ Seine Geliebte erwiederte: „Das kann geschehen, wenn unser Vater fern ist; ist er daheim, so würde er Dich umbringen.“ Der junge Bauer wiederholte fortan jeden Abend seinen Wunsch. Eines Abends sprach die Tochter des Nix zu ihm: „Heute wandert mein Vater auf lange Zeit fort, da kannst Du bei mir bleiben.“ Darauf nahm sie eine Erlenruthe und hieb damit in den Teich. Sogleich theilte sich das Wasser; die Nixe und ihr Geliebter gingen Arm in Arm in den Teich. Sie waren noch nicht weit gegangen, so kamen sie an einen schönen Palast, in welchen sie eintraten. In dem Palast war Alles von Krystall und gar [193] herrlich anzusehen. Nur in einem Winkel des Schlosses stand eine grosse Tonne, aus der roch es sehr nach Fischen. Da fragte der junge Bauer, was da drinnen sei. „Fische,“ antwortete das Mädchen, „die wir essen, denn das ist die einzige Speise, welche wir hier bekommen.“ Der junge Bauer schüttelte sich, blieb aber doch einige Tage unten. Endlich sprach das Mädchen zu ihm: „Jetzt musst Du gehen, heute kommt der Vater; findet er Dich, so könnte es schlimm werden. Komm nur Abends wieder an den Teich.“ Der junge Bauer ging fort, das Mädchen begleitete ihn bis an das Ufer.
Unterdessen war der alte Nix nach Hause gekommen. Kaum befand er sich im Palast, so roch er, dass ein Mensch in seinem Hause gewesen war. Er fragte den jüngsten Sohn, ob er nicht wisse, wer dagewesen sei, aber derselbe sagte, er dürfe nichts verrathen. Da ward der Nix zornig, der Kleine bekam Angst und sagte: „Die jüngste Schwester hat ihren Liebsten hier gehabt.“ Indem trat diese in die Stube, aber der Vater sagte kein Wort von dem, was er erfahren hatte; er sagte nur, dass er wieder verreisen müsse.
Als die untergehende Sonne ihre letzten Strahlen in das krystallene Haus sandte, setzte der Vater sein rothes Käppchen auf und ging fort. Sogleich machte sich auch seine Tochter auf den Weg. Kaum war dies geschehen, so kehrte der alte Nix zurück und versteckte sich in die Tonne. Am Ufer sass der junge Bauer und wartete auf sein Mädchen: da theilte sich plötzlich das Wasser und die Tochter des Nix sprang an das Ufer. Die Nixe und ihr Geliebter sassen lange Arm in Arm, endlich aber sprach der junge Bauer: „Die Wächter pfeifen, ich muss gehen.“ Aber die Tochter des Nix sagte: „Mein Vater ist fort, komm wieder mit mir.“ Da sprach der junge Bauer: „Wenn Dein Vater fort ist, so komme ich die Nacht zu Dir und bleibe bis zum Morgen“. Alsbald schlug seine Geliebte mit einer Erlenruthe in den Teich; das Wasser theilte sich, wie das erste Mal. Darauf gingen beide in das Krystallhaus und freuten sich ihrer Liebe. Endlich gingen sie schlafen. Als der alte Nix merkte, dass der junge Bauer fest schlief, ging er leise in die Kammer, betrachtete ihn genau und sprach: „Schön bist Du, Menschenkind, aber [194] bevor meine jüngste Tochter unglücklich wird, magst Du sterben, denn unser Geschlecht kann nimmer mit Euch Menschen zusammen leben; wir sind von Ewigkeit und Ihr müsst vergehen.“ Darauf sprang er auf ihn zu und biss ihn in die Kehle. Der junge Bauer schrie auf, aber der Nix biss noch einmal zu, da war der junge Bauer todt. Als die Tochter des Nix sah, was ihr Vater gethan hatte, jammerte sie laut auf, aber ihr Vater sagte: „Hinaus mit ihm.“ Da trug sie die Leiche ihres Geliebten an das Ufer und weinte sehr. Am andern Morgen fanden Leute die Leiche des jungen Bauern am Teich; sie sagten, er sei ertrunken und trugen ihn in das Dorf. Die Tochter des Nix ist noch oft am Ufer gesehen worden. Da, wo sie sich gezeigt hat, sind stets die schönsten Lilien gewachsen.
In Döbberick ist einmal ein Mädchen gewesen, welches zu Tanze gegangen ist, trotzdem seine Mutter eben erst gestorben war. Es hat sich aber nicht lange an Musik und Tanz freuen können, denn plötzlich ist aus dem Pfuhl bei dem Dorfe der Nix gekommen und hat das Mädchen geholt. Kaum war der Nix mit dem Mädchen verschwunden, so hat man auf der Schwelle des Wirthshauses, in welchem getanzt wurde, Blut gesehen.
Wenn die Nixen die Hülfe einer Hebamme gebraucht hatten, so wurde dieser als Lohn eine Mulde mit Geld gefüllt dargereicht.
Die Hebamme durfte aber nicht mehr als fünfzehn Silbergroschen von dem Gelde nehmen, sonst erging es ihr übel, sie wurde nämlich alsdann in das Wasser gezogen.
Von der Markgrafenmühle bis zur Stadt Cottbus herrscht der Nix in der Spree. Darum muss dort alljährlich ein Mensch ertrinken, sonst hat der Nix keine Ruhe im Wasser.
Die Nixen haben früher oft in den Wassermühlen die Mühlsteine aufgehalten: sobald der Müller ihr Vorhaben merkte, und das geschah, wenn die Steine anfingen zu quitschen, warf er eine Ente, ein Huhn oder ein Brod zwischen die Steine, um die Nixen zu beruhigen; ein Brod aber nur dann, wenn nichts Lebendes bei der Hand war. War das geschehen, so liessen die Nixen die Mühle wieder eine Zeit lang in Ruhe.
In einem Dorfe bei Vetschau war ein Müller, der hatte alle Nächte den Nix in seiner Mühle und hätte ihn doch gern daraus vertrieben, denn derselbe richtete viel Unfug in den Mehlgängen an. Der Müller konnte aber anfangen, was er wollte, ihn zu vertreiben, Alles war vergebens, ja allnächtlich kochte sich der Nix auf dem Kamin eine grosse Menge Fische. Durch sein Thun und Treiben vertrieb er schliesslich die Leinölschläger aus der Mühle.
Eines Tages kam ein Bärenführer mit einem grossen Bären nach dem Dorfe, welches dicht bei der Mühle lag. Niemand im Dorfe wollte ihn und seinen Bären beherbergen. Der Bärenführer kam bis zur Mühle und fragte den Müller, ob er ihn und seinen Bären auf eine Nacht aufnehmen wolle. Der Müller sagte: „Ja, ja, Ihr könnt hier bleiben, aber den Bären wollen wir in der Mühle anbinden.“ Und so geschah es. In der Nacht kam der Nix wieder und kochte seine Fische, der Bär aber roch dieselben, ging hinzu, langte mit seiner Pfote in den Kessel, und nahm sich einen Fisch aus demselben. Der Nix schlug den Bären derb auf die Pfote. Der Bär aber kehrte sich nicht daran, sondern langte nach kurzer Zeit zum zweiten Male nach einem Fisch. Der Nix schlug wieder nach ihm. Da wurde der Bär ärgerlich, sprang auf ihn zu und zerkratzte ihn tüchtig. Darauf lief der Nix davon und sprang in die Mühlgrube. Den andern Morgen ging der Bärenführer mit dem Bären fort; der Nix kam gleich darauf zum Müller und sagte: „Was habt Ihr für eine grosse Katze?“ „Ja,“ antwortete der Müller, „die habe ich mir angeschafft; [196] sie hat in der Nacht neun Junge bekommen.“ „So,“ sagte der Nix, „da bleibe ich nicht hier.“ Seit der Zeit verschwand er für immer aus der Mühle.
Die Nixe konnten die Hunde nicht leiden; wenn sie ein Gehöft betreten wollten, so musste der Bauer die Hunde anbinden.
Die Nixe sind verschwunden, sobald das Läuten der Glocken erscholl.
Die Nixe haben bei Kolkwitz einen grossen Begräbnissplatz gehabt, welchen man aufgedeckt hat. Auf dem Begräbnissplatz hat man viele Urnen gefunden.
Einst ging ein Mann aus Straupitz mit seinem Sohne, welcher in dem Alter von acht oder neun Jahren stand, an den Koblosee, um zu angeln. Dem Vater wurde die Zeit lang; er sagte deshalb seinem Sohne, derselbe möchte ruhig weiter angeln, er wolle ein wenig nach Lasow in die Schenke gehen. Kaum war der Vater fort, so wurde der See, welcher vorher ganz ruhig und[WS 2] klar dagelegen hatte, unruhig und stürmisch; bald wogten die Wellen wild auf und nieder. Plötzlich sah der Knabe, wie eine riesige Welle auf ihn zukam, auf der Welle aber sass ein Männchen mit einer kleinen rothen Mütze auf dem Haupte, die Beine desselben waren dünn wie die Mohrrüben. Da erfasste den Knaben eine furchtbare Angst, er liess die Angel und das übrige Geräth im Stich und lief entsetzt nach Haus. Hier verfiel er sogleich in eine schwere Krankheit und es hat viele Monate gedauert, bis er genesen ist.
Wer sich am Johannistag am Ufer des Koblosees niederlegt, um zu schlafen, der liegt, wenn er aufwacht, ganz wo [197] anders. Der Kobold des Sees nimmt nämlich den Schlafenden und trägt ihn an eine andere Stelle.
Der Kobold aus dem Koblosee erscheint bald in Gestalt einer Taube, bald in der eines Wassernixes.
Die Nixen, welche ganz roth gekleidet sind, haben die Gestalt von Kindern in einem Alter von drei Jahren.
Der Wassermann hat ein rothes Mäntelchen um und ein rothes Mützchen auf; er ist halb Mensch, halb Frosch.
An einem heissen Sommertage hüteten mehrere Bauern ihr Vieh in der Nähe des Koblosees: unter ihnen befand sich auch ein ganz junger Bursch, welcher Neigung verspürte, in dem See zu baden. Als er seine Absicht laut werden liess, suchten ihn die andern Bauern von seinem Vorhaben abzubringen, allein da er gut schwimmen und tauchen konnte, so blieb er bei seinem Entschlusse. Er entkleidete sich, sprang in den See und schwamm wohlgemuth darin umher. Plötzlich verschwand er unter dem Wasser; er blieb so lange in der Tiefe, dass die Bauern eine grosse Angst erfasste, denn sie meinten, er sei ertrunken. Allein der Bursch kam nach einiger Zeit wieder zum Vorschein, aber in einem schrecklichen Zustande. Er war nämlich braun und blau geschlagen, überall wie mit Ruthen zerpeitscht: von dem ganzen Körper troff das Blut. Der Bursch konnte zwar nicht angeben wie das gekommen war, aber die Bauern wussten wohl, dass die Züchtigung die Rache des Kobolds war, welcher in dem See sein Wesen treibt, dafür, dass der Bauer in dem See zu baden gewagt hat.
In der Nähe von Buchwald bei Senftenberg befindet sich ein Gewässer, in welchem früher der Nix sein Wesen [198] getrieben hat. Der Nix sass eines Tages am Ufer, und besserte seine Hosen aus. Er war eifrig bei der Arbeit und sprach dabei so vor sich hin: „Hier ein Flicken, da ein Flicken, und dort noch ein Flicken.“ Zufällig kamen trunkene Bauern des Weges; Einer von diesen fasste, als er diese Worte hörte, seinen Stock fester und versetzte dem Wassermännchen einen Hieb über den Rücken, indem er dabei sprach: „Da auch noch ein Flicken.“ Das Männchen sprang sofort zornig in das Wasser und rief: „Das sollst Du mir büssen.“ Darauf fuhr es zur Tiefe nieder. Als der Bauer diese Worte hörte, verflog sofort sein Rausch, ängstlich ging er nach Hause und mied fortan jeden See und Teich. Aber der Rache des Nix ist er doch nicht entgangen. Eines Tages nämlich regnete es stark, so dass der Regen überall durch Dach und Fach drang. Der Bauer wollte sehen, ob er das Korn in seiner Scheune vor dem Regen schützen könnte; er wollte zu diesem Zweck über den Hof eilen: vor der Scheune hatte sich eine Pfütze gebildet, die wollte er überspringen, dabei glitt er aus, fiel hinein und ertrank in der Regenpfütze.
In der Nähe des Koblosees werden von den Leuten der Umgegend allerlei Dinge, wie Geld, Kleider, Speisen und dergl. vergraben, damit der Kobold sich ihrer bediene und den Gebern nichts thue. Nun war einmal ein Bauer in einem Dorfe bei Straupitz, welcher an den Kobold und seine Macht nicht glaubte: deshalb vergrub er auch nie etwas am Koblosee. Dafür aber wusste der Kobold sich zu rächen. Einstmals nämlich, als der Bauer den See entlang fuhr, kam der Kobold aus dem Wasser heraus und warf Bauer, Pferd und Wagen in den See, dass von ihnen nie wieder etwas gesehen ist.
In der neuen Elster bei Senftenberg hielt sich früher ein Wassermann auf, welcher sich stets des Mittags zwischen elf und zwölf Uhr sehen liess. So erblickte einmal ein Mann aus Niemitsch, welcher nach Senftenberg ging, als er [199] kurz nach elf Uhr die Brücke betrat, welche über die Elster führt, mitten im Wasser einen Mann, aber zu seinem Schrecken hatte dieser keinen Kopf. Der Mann im Wasser gab ihm mit dem Finger ein Zeichen, er solle sich nicht vom Flecke rühren. Darauf pflückte der Wassermann Schilf, legte es auf eine Bank, welche sich im Wasser befand, setzte sich darauf und liess sich dann gemächlich von der Sonne bescheinen. Der Bauer aus Niemitsch blieb eine Zeit lang ruhig stehen, endlich wurde es ihm aber doch zu lange und er versuchte, seinen Weg weiter fortzusetzen. Kaum aber hatte er einen Fuss vorgesetzt, so fühlte er in demselben einen heftigen Schmerz. Nun merkte er wohl, er werde nicht von der Stelle gehen können: überdiess hob der Wassermann drohend seinen Finger und trat das Wasser zornig mit den Füssen. Endlich schlug es in Senftenberg zwölf: in demselben Augenblicke sprang der Wassermann von der Bank und verschwand in der Tiefe des Wassers. Zu seinem Erstaunen sah jetzt der Bauer, dass sich das Schilf auf der Bank in Gold verwandelt hatte. Dessen bemächtigte er sich, kam damit glücklich nach Senftenberg und wurde so ein reicher Mann.
Einst gingen drei Mädchen von Straupitz nach Lasow. Auf diesem Wege kamen sie an den Koblosee. Als sie die Stelle des Weges erreicht hatten, an welcher ein schmaler Damm den See entlang führt, hüteten sie sich, am Rande des Dammes zu gehen, damit sie nicht in die Gewalt des Kobolds geriethen. Es ereignete sich aber doch, als sie ungefähr die Mitte des Dammes erreicht hatten, dass das eine Mädchen, und zwar gerade das schönste, zufällig am Rande des Dammes ging. Da war es plötzlich verschwunden. Das Mädchen ist nie wieder zum Vorschein gekommen, der Kobold hat es in den See hinabgezogen.
An einem Charfreitage soll man aus einem Querfliesse kein Wasser schöpfen. Das weiss ein Jeder, und doch hatte es [200] ein Mädchen aus Neu-Zauche einmal versehen und war an einem Charfreitage an das Fliess gegangen, um von dort Wasser zu holen. Da erschien der Nix, erfasste seine Hand und wollte es hinab in das Wasser ziehen. Das Mädchen sträubte sich, allein bei dem Ringen hatte der Nix, ohne dass das Mädchen es merkte, ihm einen Ring auf den Finger gesteckt und dadurch Gewalt über dasselbe bekommen. Deshalb musste es dem Nix folgen. Der Nix führte das Mädchen in einen schönen Palast hinab und machte es zu seiner Gemahlin. Hier hatte nun das Mädchen Alles, was es sich wünschte. Aber einsam kam es ihm doch unten in dem Palaste vor, so abgeschnitten von jeder menschlichen Gesellschaft. Deshalb weinte die Frau des Nix viel. Der Nix aber suchte ihre Traurigkeit zu verscheuchen und zauberte ihr deshalb Gespielinnen. Dadurch beruhigte sich die Nixfrau. Endlich aber erfasste doch die Sehnsucht nach der Oberwelt ihr Herz mit solcher Gewalt, dass sie nicht abliess zu bitten, der Nix möge ihr gestatten, dass sie einmal an die Oberwelt gehen und die Kirche besuchen dürfe, um dort ihre Eltern zu sehen. Endlich willigte der Nix ein, stellte aber seiner Gemahlin drei Bedingungen, welche sie erfüllen müsse. Er sagte ihr: „Du magst an die Oberwelt gehen, aber Du darfst Dich auf Deinem Wege nicht umsehen, Du darfst mit Niemand auf der Oberwelt sprechen, Du musst vor dem Segen die Kirche verlassen.“ Seine Frau versprach Alles und hielt auch Alles, so dass sie glücklich wieder in den Palast zurückkehrte.
Ihr Besuch auf der Oberwelt machte die Gemahlin des Nix so glücklich, dass dieser ihr am nächsten Sonntag wieder unter den drei Bedingungen die Heimkehr auf die Oberwelt gestattete. Auch diesmal ging Alles glücklich ab. Am dritten Sonntage aber, als sie sich wieder auf der Oberwelt befand und in der Kirche ihr Mütterchen sah, dem alle Haare vor Gram weiss geworden waren, konnte sie sich nicht enthalten, sondern redete mit ihm, blieb aber dabei so lange in der Kirche, bis der Prediger den Segen gesprochen hatte. Als sie merkte, dass sie zu lange in der Kirche gewesen war, stürzte sie eilig hinaus: aber in der Halle der Kirche [201] stand der Nix vor ihr mit ihrem Kinde im Arme. Das zerriss er vor ihren Augen, gab ihr die eine Hälfte, die andere aber behielt er selbst; darauf rief er ihr zu: „Du hast Dich an mein Gebot nicht gekehrt, fortan sind wir geschieden. Aber von nun an wirst Du in allen Gräben, Seen und Flüssen, sowie in jedem Wasser, das Du trinkst, mich in meiner hässlichsten Gestalt sehen.“ Das Mädchen fiel entsetzt zu Boden. Als es von seiner Ohnmacht erwachte, war der Nix verschwunden. Sein Wort hat er gehalten, denn das Mädchen hat seine hässliche Gestalt in jedem Gewässer erblickt, bis es vor Abscheu und Gram gestorben ist.
Der Kobold, welcher im Koblosee wohnt, hatte eine wunderschöne Tochter. Diese kam eines Abends nach Lasow in die Schenke, als dort Tanz war, um sich an dem Vergnügen zu betheiligen. Wo die Tochter des Kobolds ging und stand, da troff das Wasser von ihr nieder. Die Burschen tanzten gern mit ihr, weil sie so schön war: einer der Burschen wollte sie auch nach Hause begleiten, obgleich er gemerkt hatte, dass sie die Tochter des Kobolds sei. Sie bat ihn, davon abzustehen, er aber wollte nicht, ja er sagte, er würde ihr auch in das Wasser folgen. Da nahm das schöne Mädchen die Begleitung an. Als sie an den Koblosee kamen, rieth das Mädchen dem Burschen noch einmal von seinem Vorhaben ab, er aber blieb fest. Darauf gingen sie in den See hinein und kamen hier bald an einen schönen Palast. Dort wies das Mädchen dem Burschen ein besonderes Gemach an, in welchem sich auch ein Bett befand. Der Bursche ging in sein Gemach. Kurze Zeit darauf kehrte der Kobold heim. Sogleich rief er seine Tochter herbei und sagte, er rieche Menschenfleisch, ob sie es nicht auch rieche. Dabei spähte er überall umher. Seine Tochter aber sagte, sie rieche nichts und suchte ihren Vater auf andere Gedanken zu bringen. Sie meinte, es komme ihren Vater der Geruch wohl nur so an, weil sie eben erst mit Menschen verkehrt habe. Das schien dem Kobold glaublich und er gab sich zufrieden. Darauf ging er in sein Gemach. Nun aber kam der Bursch, welcher [202] Alles gehört hatte und in Folge dessen in grosser Angst gewesen war, eilig herbei und bat die Tochter des Nix, sie möge ihn wieder auf die Oberwelt führen, was diese sofort that.
Vor vielen Jahren ist es in der Stadtmühle in Cottbus nicht recht richtig gewesen, in jedem Jahre sind nämlich zwei Gesellen in der Mühle gestorben. Das traf aber jedes Mal dann ein, wenn man das Mühlenrad hatte singen hören. Eines Tages fiel dem Mühlenbesitzer, bei welchem kein Geselle mehr bleiben wollte, etwas Gutes ein. Er befahl nämlich, man solle, sobald man das Mühlenrad wieder würde singen hören, zwei lebende Thiere in das Rad werfen. Das geschah; darauf ist kein Geselle mehr in der Mühle gestorben. Aber ganz richtig war es auch später noch nicht darin. Denn als in einer Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mehrere Arbeiter in der Mühle arbeiteten und einige von ihnen aus einem Hause in der Nähe Kardenstäbe holen wollten, sahen sie bei der Mühle eine grosse, schwarze Gestalt. Die Männer verfolgten diese Gestalt, diese aber sprang vor ihren Augen in das Wasser und verschwand darin.
In der Faltemühle bei Vetschau wohnte ein Nix; derselbe musste jedes Jahr um Michaelis sein Opfer haben. Wenige Tage vor Michaelis sang das Mühlrad ein grausiges Lied; warf der Müller nicht etwas Lebendiges in das Rad, eine Katze oder einen Hund, so ertrank sicherlich ein Mensch. Das ist so lange geschehen, bis die Mühle abgebrannt ist.
In der Spree badeten vor einiger Zeit Knaben. Plötzlich tauchte vor ihnen eine Gestalt auf, welche wie ein Mann anzusehen war. Die Gestalt war an dem ganzen Körper rauh und borstig. Der Wassermann erfasste einen der Knaben und wollte ihn unter das Wasser ziehen, der aber schrie laut um Hülfe; zufällig kam in dem Augenblicke ein [203] Kahn die Spree herunter. Als er nahe bei der Stelle, wo dies geschah, war, liess der Wassermann den Knaben los. Da war es denen, welche im Kahn sassen, als lagere eine Wolke über dem Wasser, von dem Wassermann selbst aber sah man nichts mehr. Als dies Alles in Cottbus bekannt wurde, wusste man wohl, dass ein Unglück bevorstehe, nur war man zweifelhaft, ob ein Krieg ausbrechen werde, eine Feuersbrunst oder eine schwere Krankheit.
Früher kam der Kobold, welcher im Koblosee bei Straupitz wohnte, häufig in die Mühle bei Lasow und half dort mahlen. Der Müllerbursche aber wollte auf die Dauer nichts mit ihm zu thun haben, deshalb sann er auf ein Mittel, ihm die Mühle zu verleiden. Als der Kobold wieder kam, fragte er ihn, ob er sich die langen Nägel abschneiden lassen wolle. Der Kobold willigte ein. Da holte der Müllerbursche einen Schraubstock hervor und sagte dem Kobold, er solle doch seine Finger hineinlegen, dann könne er die Nägel besser beschneiden. Der Kobold, welcher einen Schraubstock nicht kannte, that dies. Der Bursche aber zog den Schraubstock darauf so fest an, dass der Kobold vor Schmerz laut aufschrie und bat, der Bursche möge ihn doch loslassen. Das versprach derselbe unter der Bedingung, dass der Kobold nie wieder in die Mühle käme. Als der Kobold dies Versprechen gegeben hatte, liess er ihn frei. Seit der Zeit hat sich der Nix nicht wieder in der Mühle sehen lassen.
In Guben ist bei der Dreikreuzergasse die sogenannte Wormslache, welche früher sehr gross und sehr tief gewesen ist. In dieser Lache haben früher viel Unglücksfälle stattgefunden; das ist daher gekommen, dass zwei Nixe darin gehaust haben. Diese Nixe waren Brüder. Da geschah es einmal, dass sie in einen Streit geriethen, welcher damit endigte, dass der eine der beiden Brüder sich entschloss, ganz und gar seine Wohnung im Wasser zu verlassen. Er kam auf die Oberwelt und verdingte sich bei einem Eigenthümer [204] als Knecht. Unter seinen Händen gedieh Alles vortrefflich; mit ihm war der Segen in das Haus seines Herrn eingezogen, und obgleich er ein Nix war, merkte man dem Knecht nichts an, ausser dass sein Rock stets einen nassen Saum hatte.
Nach einigen Jahren ergriff jedoch den Nix die Sehnsucht nach dem Bruder in der Tiefe, er wollte wieder zu ihm und sich mit ihm aussöhnen. Als dieser Entschluss bei ihm fest war, äusserte er seinem Herrn diese Absicht; er forderte ihn auf, mit noch mehreren seiner Hausbewohner an den Rand der wenige Schritte entfernten Lache zu kommen.
Das geschah. Da nahm der Nix von allen Anwesenden Abschied und sagte: „Ich gehe jetzt zu meinem Bruder, um mich mit ihm zu versöhnen. Kommt die Versöhnung zu Stande, so werden weisse Blasen an die Oberfläche des Wassers steigen, ist das aber nicht der Fall, so werdet Ihr rothe Blasen erblicken.“ Darauf stieg der Nix vor den Augen der Anwesenden in die Tiefe nieder. Nach einiger Zeit erblickte man einige rothe Blasen auf der Lache, ein Zeichen, dass die Versöhnung nicht stattgefunden hatte.
Von der Zeit an hat sich kein Unglücksfall mehr in der Lache zugetragen, wie das sonst jährlich geschehen ist.
In der Gorascha zwischen Boblitz, Leipe und Lehde wohnt eine Wasserfrau, welche jedes Jahr ihr Opfer haben muss. In alter Zeit haben Leute aus Boblitz die Wasserfrau gesehen, wie sie am Ufer sass und sich sonnte. Ihr Haar war nicht schwarz und auch nicht blond, sondern hatte einen glänzend grünlichen Schimmer. Hatte sie sich am Ufer gezeigt, so ertrank Jemand.
Die Wasserfrau lebt im Wasser, sie zeigt sich bald gross, bald klein, endlich verschwindet sie wie ein Nebel im Schilfe. Leute, welche sie gesehen haben, haben deutlich eigenthümliche Töne vernommen, welche die Wasserfrau ausstiess.
Unfern von Teuplitz ist der sogenannte Ziegelteich. Man weiss schon lange, dass es in demselben nicht recht geheuer ist, ja es giebt Leute, welche gesehen haben, dass die Wasserfee des Nachts von zwölf bis ein Uhr Wäsche auf demselben gebleicht hat.
Wer sich in einem Fluss oder in einem See badet, dem kann es wohl geschehen, dass der Jeb kommt und ihm einen solchen Schlag versetzt, dass er lautlos in die Wellen sinkt und todt ist.
Anmerkungen (Wikisource)
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