Topographia Sueviae: Bregentz

Topographia Germaniae
Bregentz (heute: Bregenz)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643, S. 44–47.
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Bregentz.

Antoninus nennets Brigantiam, die Tabula Brigantionem. Jst ein gar alte Statt / mit einem herrlichen alten Schloß / ob der Statt auff einer Höhe gelegen. Ligt am obern Bodensee / der daher von den Alten Lacus Brigantinus genannt worden. Die Vorstatt / so sich an den See zeucht / ist von Häusern völliger / vnd an der Zahl grösser / dann die Statt. Hat am Wasser hinumb vil Hütten / vnnd Werckstätte / da man allerley von Holtz machet. Es hat von diser Statt die Graffschafft den Namen / so die vnterst in alten Rhaetien / auff der Germanier Seiten / so gegen dem Nidergang den BodenSee / gegen Mitnacht die Vindelicier / oder Lintzgower / berühret. Dann die Rhaetier jhre Landmarchen mit der Zeit gegen Germanien vnd Gallien erweitert / vnd sich mit Macht auß dem Gebürg dem Rhein hinunter gelassen / vnd daselbsten alles von jren Grentzen an / biß an den BodenSee vnter sich gebracht / vnnd erobert haben. Doch achtet man nit / daß ab dem Bodensee die Rheingöwer, oder Rheinthaler / so Rugusci, oder Riguscae, von den Alten genandt wurden / vnd von den Sarunetibus auff Gallischer Seiten Rheins / biß an seinen Einfluß in den Bodensee gelangten / deßgleichen die Bregentzer / so vorüber / von den Estionibus dannen / biß an besagten See sich erstreckten / gäntzlichen wären vertriben / vnd das Land allein mit Rhaetischen Jnwohnern besetzt worden seyn; sondern die alten Landsässen Teutscher Zungen / haben allda stäts verharret / vnd ist auch jhr Sprach niemaln durchauß in die Rhätisch verändert worden. Derowegen dann diese Rheinthaler nicht von den Rhätiern abkommen; aber wol von jnen vberwunden / zu jhren Vnterthanen gemacht / vnd folgends von jhnen beherrschet worden seynd. Es gibt zwar auch Rhätische

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[45] Nahmen allda / als Montfort / Embs / Bregentz / etc. so sonders zweiffels / von Rhätischen Herren / die sich dahin gesetzt / vnd sonderlich den Landvögten der Rhätier / jren Vrsprung haben werden. Dieser Graffschafft Bregentz Thalgelände zeucht sich von dem Bodensee hinder der Statt Bregentz hinauff gegen Mittag / vnd ein wenig gegen Auffgang / auf drey grosser MeilWegs in das Rhätigowisch Gebürg / gegen dem Arliberg / vnnd Klosterthal / vnd wird das Bregentzerthal / oder der Bregentzer Wald / genant. Es laufft dardurch die Bregentz / welches Wasser allhie bey der Statt in den Bodensee rinnet. Es hat auch dieses Thal viel Dörffer vnd Flecken. Nach Abgang der alten Graffen von Chur vnd Bregentz / ist diese Grafschafft an Hunfrieden / einen Herrn in Histrien / vnd Churer Rhätien kommen / der das freye Frawen-Kloster zu Schenis in Gastern gestifftet hat / darüber Schwytz vnnd Glarus da die Kastenvogtey noch der Zeit haben. Mit der Zeit hat gelebt Graff Vlrich in Rhätien / vnnd zu Bregentz / so Anno 1098. die Mehreraw bey dem Außfluß der Bregentz in den BodenSee / an einem sehr lieblichen schönen Orth / auffs new gestifftet / so hernach Anno 1102. gantz reichlichen begabet worden / von Graff Rudolphen von Pfullendorff / so obgedachten Graff Vlriches von Bregentz / auß seiner Tochter Elßbethen Enckel war / vnd mit dieser seiner Mutter die Grafschafft Bregentz Erbsweise empfangen hat. Die Graffen von Montfort / so nach Abgang der vorigen Grafen / Bregentz bekommen / haben bey diser Abtey auch viel gethan / deren Begräbnuß daselbsten in vnser Frawen Capellen haben. Sie seyn zun Zeiten Käysers Rudolphi I. Grafen zu Bregentz genant worden / vnd auch folgends biß solche Graffschafft vnter Käyser Ferdinando I. an das Hauß Oesterreich völlig kommen ist. Es findet sich dise Statt auch in den Reichs-Registern / daß sie von Käysern Confirmation jhrer Regalien: vnd Freyheiten / sonderlich Anno 1521. von Käyser Carolo V. erlangt haben solle: Folgends aber ist sie nicht mehr in der Matricula begriffen / hat auch einigen Reichs-Anschlag nicht. Sie ist mit hohen Bergen vmbzogen / vnd / ehe sie durch die Alemannier verhergt worden / vorhin grösser gewesen. Man findet da noch vil alte Müntzen; vnd predigte Anno 631. S. Gallus allhie dz Evangelium / vnd thäte die Abgötterey ab. Anno 1581. war allda ein schädliche Brunst. Jn disem Teutschen Kriegswesen hat sie / als wol gelegen / vor andern Stätten / Ruhe vnd Friede gehabt. Jn der Gegne hat sie einen schönen Weinwachs. Jn dem obgedachten Bregentzer Wald / ist ein gar wilder vnd ewiger Holtzwachs / von dannen viel Holtz / sonderlich auf dem rauhen Fluß / die Sawbursch genandt / verführet wirdt. Anno 948. hat Hertzog Hermann in Schwaben / das Bregentzer Schloß / mit Hülff Käysers Othonis, mit Gewalt eyngenommen. Anno 1079. hat der Abt zu S. Gallen Ulricus III. diese Statt gewunnen / vnd verbrandt / auch allda Graff Marquarden von Bregentz / den Alleredelsten vnter allen Schwaben / gefangen. Stumpfius in Chron. Helvet. Munsterus in Cosmogr. & Joh. Gulerus in Rhaetiae descriptione. Es ligt ein NonnenKloster / Hirschthal genant / so DominicanerOrdens / ob der Statt Bregentz / zu Anfang deß Bregentzer Walds / bey dem Dorff Kendelbach / am Wasser Bregentz. Zu diser Beschreibung ist noch dises beyzufügen / daß der H. Gall ein Zeitlang vnder dem Schloß Bregentz / bey einem Felsen / S. Gallenstein genant / gewohnt / dessen Anzeigungen noch im selbigen Felsen gesehen werden; daselbst ein alte Capell gestanden / so Anno 1610. erweitert / vnd zu einer schönen Kirchen vffgebawen worden. Es hat die Herrschafft Bregentz ein gantz lustig Geländ / so reich von allerley Wildprät / Vögel / vnnd Fischen / auß dem Bodensee / vnd erstreckt sich biß ins Algöw hinauß / alles ein auffsteigender Bühel. Die Bregentzer Claus ist zunächst am See / ein gemaurete Claus / vnnd Paß / wie auch Landstraß ins Algöw / Schwaben / nach Lindaw / vnd an selbiger seiten deß See hinunder. Das Schloß ligt auf einem hohen Felsen / hat ein schönes außsehen / vber den gantzen Bodensee hinab / biß gen Hohenwiel / so erst im 1608. Jar / mit newen Pasteyen / Porten / vnd Wasserbrunnen / gemehrt worden; darauff der Oesterreichische Vogt allda seine Wohnung. Die Statt ist Anno 1408. vom Käyser Ruprechten befreyet worden / Offen [46] Aechter zu halten: Jn jhrem Bezirck ist sie der niedern Gericht befreyet. Sie hat auch die Freyheit / Füchs / Hasen / Vögel / vnd dergleichen zu fangen. Zwischen der Statt vnd Pfarrkirchen / so vor der Statt ligt / ist ein Clösterlein / darinnen Schwestern S. Clarae Ordens / das Thalbach genant / sich auffhalten. Ausser der Vor-Statt / am See / ligt ein Clösterlein Franciscaner Ordens / so erst Anno 1605. von newem auffgebawen worden. Nicht weit davon / dem See nach hinumb / ligt nächst am See / bey einem schönen lustigen Tannwald / das Closter Bregentz / die Mererau / oder Augia Major, genant / S. Benedicten Ordens / ein Stifftung der alten Grafen von Montfort / Herren zu Bregentz / ein ziemlich reich Closter / so auch den KirchenSatz der Statt Bregentz hat. Ob dem Closter ligt das Dorff / vnd Schlößlein Rieden / vnnd vber der Bregentz / (darauff man viel Holtz / auß dem Bregentzer Wald / führet) zu vndrist am Bodensee / vnd der Bregentz / das Dorff Hard / allda Anno 1499. nach dem die Schweitzer Vadutz / erobert / Trysen / vnd Benderen / verbrant hatten / die Käyserischen mit jhnen schlugen / aber das Feld / vnnd damit wol 5000. Mann verluhren. Ob Hard ligt das Lusthäußlein Mittel-Weyrburg; vnnd ob solchem das Dorff Luterach / in einem gantz eben weiten Korn-Feld: Hernach das Dorf Wolfurth am Berg hinzu: allda der Kelnhoff deß Grafen von Embs ist: Darüber ligt das Schlößlein Wolfurth etlichen vom Adel diß Nahmens gehörig: Deme folgen die Dörfflein Rickenbach / vnnd Schwartzach / noch in dem Gericht Hoffsteig; ferners das Gericht Alberschwendi / das Gericht Lingenaw / vnd dann weit im Wilden Gebürg / die zwey Gericht Mittelberg / vnd Tannberg / so an den Bregentzer Wald / vnd die Herrschafft Sonnenberg / gräntzen. Jn dem jetztgedachten Bregentzer Wald / vnd Thal / seyn 9. Pfarren / als Au / Mellau / Schnepffau / Bitzau / Elenbogen / Betznau / Andelspüch / Egck / vnd Schwartzenberg. Es gränzt diese Gegend / so theils auch den hinder Bregentzer Wald nennen / mit der Herrschafft Bregentz / der Graffschafft Embs / vnd dem Gericht Dorenbüren. Der Pfarren Lehenschafft gehört dem Abbt von Bregentz. Gibt viel Viech / vnd Flachs darinn; hat auch viel / schön / vnd starckes Volck / vnd viel nutzliche Alpen. Es erkennet aber solches Thalgelände für seine Obrigkeit / die Oesterreichische Herrschafft Veldkirch; wiewol es sonsten alle hohe / vnd nidere Obrigkeit selbsten; auch alles schwartz / vnd FederWildprät hat: Aber das roth Gewild gehört den Grafen von Embs zu; welchen Wildbann sie vom Römischen Reich erkennen. Vnd gibt es in dieser Wildnuß gewaltige grosse HauptHirschen. Aber wider auff die Statt Bregentz zu kommen / so ist dieselbe Anno 1407. von den Appenzellern vnd S. Gallern / vom 8. Novembris / biß auf den 13. Jenner deß folgenden 1408. Jahrs / vergebens belagert; vnd seyn sie noch darzu von S. Georgen SchildsGesellschafft / darfür / geschlagen worden; vnnd verluhren allda die Appellenzeller / ein mächtig grosses Stück Geschütz / so auff dem Schloß allhie hernach auffbehalten / vnnd die Appenzellerin ist genant worden. Siehe Johann Georgen Schlee / in dem oben bey Blumeneck angezognen Tractat. In dem nächsten Teutschen Krieg / ist Bregentz erhalten worden / biß auffs Jahr 1646. da der Schwedisch Feld-Marschall / Herr Carl Gustaf Wrangel / den 25. Decembris / erstlich sich der Clause / folgends der Schantzen / ferners der Statt selbsten / vnnd deß obgedachten Schlosses / genandt Pfannenberg / bemächtigt / vnnd ein grosses Gut dieser Ortten bekommen hat. In dem fünfften Theil deß Theatri Europaei wird gemeldet / es were er / der Herr FeldMarschall / den 22. Decembr. von Leutkirch außgezogen / selbigen Abend auff Jßny; den 23. biß auff drey Stundt von der Clausen; den 24. biß nach Hoffe ein Vierteil Meil Wegs davon / vnd den 25. an die Clausen kommen; habe die vnderschiedliche Schantzen / vnnd Felsen erobert / vnd vberstiegen; wie auch an gedachtem 25. als am H. Christag alten Calenders / die Statt Bregentz sambt der Clause / vnd dem Bregentzer Schloß selbsten / so auf einem hohen spitzigen Felsen gelegen / einbekommen: Es hatten die Schwedischen Knecht / auff einer Seiten das hohe Alpgebürg / (welches sie / mit grosser Mühe / vnnd [47] Verwunderung / zu den Bawern / erstlich ersteigen / vnd dieselben die Tieffe hinab verfolgen müssen / ) vnd auff der andern / den Bodensee / gehabt: Es seyn aber den Schweden zu Bregentz vnsägliche Beuten / vnd / vnder andern / vornehmer Herren fahrende Haab / zu Theil worden: Vnd hätten sie zugleich den Paß nach Italien / Tyrol / vnd Schweitz eröffnet. Bey dem Abzug / hat der Herr FeldMarschall / den 25. Hornung / Alt. Cal. Anno 47. das Blockhauß / vnd die Schantzen / für Bregentz / geschleifft / vnd verbrant; auch das Schloß meistentheils gesprenget / vnd angezündet; wiewol man hernach / als die Schwedischen hinweg waren / Bregentz wider zu befestigen angefangen hat.