Topographia Franconiae: Wonsidel

Topographia Germaniae
Wonsidel (heute: Wunsiedel)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1648, S. 108–110.
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Wonsidel.

Diß ist ein Marggräffisch Brandenburgische nach Culmbach / oder Bayreut gehörige Stadt / weyland Doctoris Matthiae Anomaei, gewesen Rectoris der Adelichen Landschafft Schul zu Lintz / sel. Vaterland. Gasper Bruschius nennts Wunsidel und schreibet / vom Vichtelberg / von diesem Ort pag. 49. seqq. also: Wunsidel ist ein Städtlein an der Reßlau / einem fast Fischreichen Fluß 3. Meil vom Vichtelberg / 3. Meil von Eger / und 3. vom Hoff gelegen. Man nennet es die Stadt mit den Marbelsteinen Mauren / und Thürnen; darumb daß die Stein / so allda gebrochen werden / dem Marbel nicht fast unähnlich seyn / so sie gepoliert werden. Das Schloß zu Wunsidel (ehe das Städtlein zu bauen angefangen worden) stunde den Edelleuten von Bockspurg / oder / wie etliche wollen / von Vogtsberg / zu. Dieweil aber diß nicht gute Haußhalter waren / oder das Gut sonst hingieng / wie es war hergangen (denn auch diß ein Raubschloß vorzeiten gewest ist) musten das Schloß (welcher ihr einiger Sitz war) Armuth halben verkauffen. Es kauffts aber umb 70. alte Böheimische Schock Burggraff Friederich zu Nürnberg / von Eberharten / Henrichen / und Ludwigen / Gebrüdern von Bocksperg / als man zehlt / Anno Domini 1321. Die Bocksperger seyn hernach so arm worden / daß sie sich haben ihrer Reuterey / und wie man sagt / auß dem Stegreiff nehren müssen. Daher ist das Ländlein umb Wunsidel in der Beckler Art genannt worden. Das Städtlein Wunsidel ist von Zinbergwercks wegen (so sich dazumal reichlich da erzeigt / aber doch bald wiederumb fiele) von Burggraff Friederichen zu bauen angefangen worden im Jahr nach Christi Geburt 1328. Privilegia, und Freyheit / gab Käyser Ludwig der Beyer darzu. Dieses Städlein ist Anno Domini 1462. von den Hussern (die sich schier halb Teutschland dazumal unterstanden zu pochen) hefftig belägert worden / gleich an S. Georgen Tag. Aber die Burger wehreten sich unter ihrem Hauptmann Jost Schirnlinger genannt / einem stattlichen Edelmann / so mannlich und tapffer / daß die Hussern mit Schanden vor dem Städtlein (welches dennoch mit zimlichen Mauren / und Graben / bewahrt ist) musten abziehen. Eben in diesem Jahr ist das schöne Kirchlein auff S. Catharinen Berg / (dabey es grosse Stein / wie zimliche Hütten / die rund wie ein Apffel sind / darauß ein so gutes Wasser fleust / daß sich etliche Krancken / wie einer schreibt / gesund daran trincken) so gegen dem Städtlein über ligt / in S. Catharinen Ehr gebauet worden; als welche die Burger in obgedachter Belägerung umb Hülff angeruffen / und geglaubt / daß sie ihnen auch geholffen hätte. In diesem Kirchlein ist auff dem hohen Altar die Historia der H. Jungfrauen Catharinen auffs schönste und künstlichste gemahlet / dieser Tafeln hab ich mich nie genug sehen können / so schöne / liebliche / holdselige / und lebendige Bild hat sie: wird zu Wunsidel von einem Ersamen Rath bewahret. Das Städtlein hat nicht von sonderlichem Gebäu / denn ein herrlich und reich Spital / welches gestifft / und gebauet / Anno Domini 1467. von einem der Stadt Burger / Sigmund Wann genannt. Dieser hat ein Weib / Barbara genannt / war ein Venedigerin / der Alchimey hoch erfahren / kont das Silber und Gold vom Zinn scheiden; überkam damit unzehliche grosse Reichthumb. Als er das Spital gestifftet / ist er ein Burger zu Eger gewest / daher er / seytemal er kein Kind hätte / die Herren von Eger zu Schutzherren übern Spital machte / gab denen ein grosse Summa Gelds / davon geben die von Eger alle Jahr ins Spital gen Wunsidel 400. und 10. Goltgülden / zu Unterhaltung zwölff ehrlicher armer alten / und unvermöglichen Männer / und dreyer Priester. Bey gemeldtem Spital ist ein fast schönes Kirchlein / hat gemeldter Wann auch gebauet / darinn hangt noch heutiges Tags ein Täffelein / darauff beyde deß Stiffters / [109] und Stiffterin / Abconterfeyung gesehen / etc. werden / etc. Und dieses auß dem gedachten Bruschio. Siehe aber auch von obgedachtem Verkauff Limnaeum de Jure publico lib. 5. cap. 7. num. 121. Anno 1632. ward Wonsidel / sampt Hochberg / von den Bayrischen / im Sommer außgeplündert; hernach im Herbst-Monat / sampt Rübnitz / von dem Frieländisch- und Gallassischem Volck / in brannt gesteckt. Anno 1640. hat der Oberste Rosen viel Proviant-Fuhren / und darbey zwey tausend Crabaten / bey Wonsidel angetroffen / sie in die Enge getrieben / und gar viel davon niedergemacht.

Was obgedachtem Fichtelberg anbelangt / und welches überauß hohes Gebürg von den Fichtenbäumen / so hin und wieder darauff wachsen / den Namen; So haben denselben Munsterus, in seiner Weltbeschreibung lib. 5. cap. 463. Matthaeus Quade in Teutscher Nation Herrlichkeit / cap. 62. pag. 109. Georgius Loysius in pervig. Mercur. seu, de Peregrinat. Observat. 176. und insonderheit obgedachter Bruschius, in einem eigenen Büchlein davon Anno 1542. gemacht / und E. E. Rath der Stadt Eger dedicirt / beschrieben; auß welchem letzten / weilen solcher Tractat nicht in jedermans Handen / wir nachfolgendes / Extractsweise / wie das Obere / hierher bringen wollen. Es sagt aber Brusch / unter anderm / also: Der Fichtelberg ligt in der alten Nariscen Land / oder im Norckau / welches Land zwischen der Thonau / Elb und Mäyn / gelegen / und an Bamberg / Nürnberg / Coburg / gräntzen thut / und jetzt das Voitland / die Ober-Pfaltz / das Egel-Ländlein / das Gebürg / und in der Peckler Art / etc. getheilet wird. Es stosst dieser Berg gegen Aufgang der Sonnen an Böhmen / gegen Niedergang an Francken / gegen Mittag an die Ober-Pfaltz und Bayern / gegen Mitternacht an Voitland und Thüringen: Strecket etliche Stuck / als Hörner / oder Aest / auch biß an den Böhmer-Wald hinan. Daher er auch von etlichen nit unrecht ein Marckstein / oder Grentz Teutschlandes gegen Böhmen ist genennet worden. Kein Römischer / oder alter Scribent / gedenckt dieses Bergs / dieweil die Römer mit ihren Kriegs-Waffen in dieses Land nicht kommen seyn. Conradus Celtes, und ich mit ihme / halten darfür / daß er sey ein Theil deß Schwartzenwalds. Umb Weissenstatt ist die Gegend am höchsten / darumb auch da gesunde Art gantzen Teutschlandes ist. Es hat aber offtgenannter Berg so viel Stück / Hörner / Seyten / und gleichsam Glieder / die sich in mancherley Land außtheilen / daß man diß kaum kan / oder mag erzehlen / unter denen sind doch diese Nachfolgende die fürnembste: Die Loßburg / oder Luchsburg / einer unüberwindlichen / wunderbarlichen und erschrecklichen Höhe / bey Wonsidel. 2. Die Cossein / darauß ein Flüßlein / auch die Cossein genannt / entspringet / welches bey Rebitz / dem Egrischen Marckt / sich in diese Trebnitz ergeust. 3. Der Schwartzberg / mit mancherley Metall fast berühmbt / nahend bey Kemmet einem Ober-Pfältzischen Städtlein. 4. Der Oelberg. 5. Die Flötz. 6. Der Berg zum Rotenfurt. 7. Der Geiersberg / umb welchen die warm- und kalte Steinach fliessen. 8. Sanct Conradsberg / bey Wonsidel. 9. Die hohe Metz / der Kümenberg / der Schifferstein / der Plattenberg / die Farenleuten / der Nußhart / der Schneberg / oder Schloßberg / welcher so hoch ist / daß man auch über das gantze Jahr Schnee droben findet. Bey obgenannten Bergen ligt auch die Heyd / ein Berg / darauß die Eser entspringt. 10. Der Mittelberg / nahend bey Kemmat gelegen. Dagegen stossen der Lutzelmäyn / die Kaltebuch / der Zweiffelstein / der Einsidel / der Peielstein und viel andere grosse Rucken und Glieder mehr. Diese Berge seynd alle mit Holtz auffs dickest bewachsen. Die Leuth hierumb seyn fromm / getreu / freundlich / aber doch fast grob / bäurisch / hart und starck Volck / das Hitz und Frost / ja alle Mühe und Arbeit wol leyden und ertragen mag. Oben auff dem Fichtelberg ist (wie man sagt) ein Fischreicher / und unglaublich tieffer See / zu dem man auch / sonderlich aber im Sommer / von Sumpfs wegen nicht kommen kan. Dieser See ist eine Grentz zwischen der Obern-Pfaltz und dem Marggräfischen Land / zwischen welcher Fürsten / Anno 1535. der Grentz halben ein Vergleich getroffen worden. Mit Gold / Silber / Eisen / und in Summa allerley der besten Metallen / mit Schweffel und Quecksilber / auch Perlen / ist dieser unser Berg / und gantz herumb ligende Gegend und Landschaft / allen andern Ländern und Gegenden / Teutschen Landes weit fürzuziehen / welches auch den weit von uns gelegenen Völckern / als Wahlen / Venedigern / Spaniern / unserer Land Kundschaffter / gantz wißlich und kundig ist; die sich etwann auch vernehmen lassen / daß man am / und umb den Fichtelberg / offt eine Kuh werffe mit einem Stein / der besser seye / dann die Kuhe. Es hat dieses [110] Gebürg auch so viel schöner Brunnen / Quellbächlein / helle / lautere und Fischreiche / ja auch Goldfindige Flüß / daß sie auch von den Einwohnern nicht mögen / oder können gezehlet werden. Die fürnembsten aber / und berümbsten seyn diese vier / die Eger / der Mäyn / die Nab und die Saal. Diese / als Hauptleuthe der andern vielfältigen / die auch die andern in sich trincken / entspringen durch wunderbarliche Gottes / und der Natur Schickung / zum theil auß dem See / von dem ich auch droben gesagt / der in der Höhe deß Fichtelbergs ist: Zum theil aber auß deß genannten Gebürgs Armen / Aesten / oder Gliedern. Und nachdem sie gemach die Eger herab steigen / und fallen / kommen sie für viel schöne Städt / Städtlein / Märckt / Schlösser / Clöster und Dörffer / durch schöne fruchtbare Felder und Thal / lauffen endlich gegen den vier Winckeln der Welt / mit unzehlichen Flüssen / zuvor gemehret / ja auch gar Schifreich gemacht. Die Eger laufft gegen Aufgang der Sonnen ins Land zu Böhmen. Der Mäyn laufft gegen Nidergang / durchs Land zu Francken / etc. Die Nab fleusset gegen Mittag / durch die Ober-Pfaltz in das Land zu Bayern: Fällt oberhalb Regenspurg bey einem Closter / Prifenning genannt / in die Thonau. Die Saal wandert gegen Mitternacht / durchs Voitland / Thüringen und Sachsen / ergeust sich bey Gottes-Gnad / einem mächtigen Closter / drey Meil von Magdenburg gelegen / in die Elb / etc. Biß hieher Bruschius. Andere thun darzu / daß die obgedachte Hörner / die / so herumb wohnen / Wurtzel deß Fichtelbergs nennen. Und solche Wurtzel seyen auch alle Berge bey Culmbach / und der jenige darauff die Vestung Blassenburg stehe. Unten am Fichtelberg / zu Reichenbach / in einem Dorff / seye die Gräntz zwischen dem Marggrafthumb und der Obern-Pfaltz / allda der Marckstein mitten in eines Webers Hauß stehe / dessen Stube auff Chur-Pfaltz Grund; die kammer aber auff deß Marggrafen von Brandenburg / zu Culmbach / Boden; so fern anders der jetzige Teutsche Krieg solches Hauß übrig gelassen hat.

Von den Käysern Ludovico IV. und Carolo IV. haben die Burggraffen zu Nürnberg die Macht erlangt / eine veste Stadt zu Wonsiedel / Bergel / Rostal / Katzendorff / Muschem / Item zwischen die zwo Vesten / Rauhen-Culm / und Schlechten-Culm zu erbauen.