Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Zschopau

Textdaten
<<< >>>
Autor: M. G.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zschopau
Untertitel:
aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 171–173
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[171]
Zschopau


mit seinem alten Schlosse, die wilde Ecke, Wildeck, jedenfalls von der Unsicherheit so genannt, liegt auf einem nicht allzu hohen Felsen gegen Mittag und gewährt einen nicht uninteressanten Anblick. Früher war es mit dem Wolkensteiner Thore durch eine Mauer verbunden, wovon noch Spuren vorhanden sind. Im Laufe der Zeit hat dieses Schloss viele Veränderungen erlitten und ist jetzt ein Gemisch des alten und neueren Styls. Man erblickt an der äusseren nach der Zschopau zu gelegenen Seite nicht mehr die 3 kleinen Thürmchen, welche noch 1545 gestanden haben sollen. In diesem Jahre nämlich liess Kurfürst Moritz das Schloss[WS 1] repariren.

Im Hofe steht noch ein Zeuge alter Bauart, ein runder dicker Thurm, der vormals höher gewesen und dazu gedient haben soll, um von ihm aus die Ueberfahrt über den Fluss zu decken und mit dem nahe gelegenen Scharfensteiner Schlosse zu correspondiren.

[172] Der Erbauer dieses altmerkwürdigen Schlosses ist leider nicht zu ermitteln. Wahrscheinlich rührt seine erste Entstehung nach Vertreibung der alten Sorbenwenden her. Denn dass Heinrich der Städteerbauer auch dieses Schloss angelegt habe, ist blosse Vermuthung.

Es war Anfangs der Sitz einer Herrschaft, welche später mit der Grafschaft Wolkenstein combinirt wurde, und also den Herren von Waldenberg, dann denen von Motzen (d. i. Motzin, Mutzschon) zuletzt wieder denen von Waldenberg (d. i. Waldenburg) gehörte. Im Jahre 1480 kam diese Herrschaft an die Landesherrschaft, und wurde später zum Augustusburger Amte gezogen.

Das Schloss wurde später der Sitz eines Amtes und einer Forstmeisterei; längere Zeit wurde es auch als Jagdschloss benutzt. Bis 1560 hiessen die hiesigen Beamten nur Jägermeister. Das Jagdschloss steht auf dem letzten Vorsprung des Stadtberges, wo es gegen die Zschopau ganz steil abfällt und die Mauern sind zum Theil in Felsen gehauen. Mit der Stadt sind die Gebäude durch eine Allee verbunden, aber auch durch einen Graben früher davon getrennt gewesen. Das Schloss beruht, ausser einigen Nebengebäuden, einem langen, 2mal gebrochenen, 3 Etagen hohen, mit vielen Dach-Erkern und einem Thürmchen gezierten Flügel, und ausserdem als Rest der uralten Burg Czopowe einen sehr weiten, gegen 45 Ellen hohen, runden Thurm, dessen Dach später aufgesetzt ist, und welcher ungemein dicke Mauern hat.

Wahrscheinlich ist es dieser Thurm, in welchen der arretirte Bischof von Posen am 12. Novbr. 1104 als Gefangener geschafft wurde. Das Schloss erhielt schon 1180 eine Reparatur, seine spätere Gestalt aber 1545. Die Oberforstmeisterei wurde Ende des 18. Jahrhunderts nach Oberreinsberg verlegt und nur bis 1485 war ein Amt im Schlosse. Seit dem 29. Decbr. 1819 ist zur Ausübung der Gerichtsbarkeit wieder ein Königl. Justitiar eingesetzt gewesen‚ welcher mit Umänderung der Gerichts-Verfassung zu einem Gerichtamtmann erhoben wurde.

An der Westseite des Letzteren, von hohen Mauern umgeben, befindet sich der ehemalige Thier- oder Bärengarten, weshalb dieser Garten noch heutigen Tages der Bärengarten genannt wird.

Die Stadt Zschopau, – auch Zobau, Scopau, wohl auch Zschobe, Czsachpe, Czschachpe, auch die Schop oder die Zsöp genannt, welcher Name von Zzop, der Stöpsel, abgeleitet wird, weil die Stadt gleichsam das Zschopauthal verstöpselt – ist Sorben’schen Ursprungs und liegt in einer ungemein interessanten Gegend 10 Meilen von Leipzig, 8 Meilen von Dresden, 3½ Stunde südöstlich von Chemnitz, 2 Stunden südlich von Augustusburg – an der früheren Hauptstrasse von Leipzig über Commotau nach Prag.

Auf dem symmetrischen Marktplatze stehen ausser 2 Privathäusern, auch das Commun-Brauhaus und das gethürmte Rathhaus mit dem Rechte des Bier- und Weinschankes. Ausserdem befindet sich am Markte der Gasthof zum weissen Rosse, die Postexpedition und das Edelhaus. Letzteres ist ein Privathaus, welches der Landjägermeister Cornel von Rüxleben 1565 als Besitzer des nahe gelegenen Ritterguts Crumhermersdorf statt eines dortigen Schlosses bauete, und nach Art eines Schlosses anlegen liess. Es gehört zu den schönsten Gebäuden der Stadt.

Dieser Herr von Rüxleben ist später durch einen Forstbedienten verläumdet worden, als habe er den Kurfürsten gelästert, und dadurch in Ungnade gefallen, welche ein trauriges Ende für ihn herbeigeführt haben soll.

Dieser von Rüxleben legte auch 1569 eine Brücke über die Zschopau auf eigene Kosten an, die aber Kurfürst August, ohne dessen Vorbewusst der Bau erfolgt war, 1578 wieder abreissen und weiter hinunterlegen liess. Diese Brücke, welche von Holz und bedeckt war, wurde 1740 gänzlich weggerissen und hernachmals wieder hergestellt.

Die jetzige Brücke stammt vom Jahre 1811 und ist schön und zweckmässig gebaut. Sie ist durchaus von Bruchsteinen in 2 hohen Bogen mit sehr hoch anlaufenden Rampen gebaut und mit eisernem Geländer versehen. Auf den halben Rondeln über dem Mittelpfeiler findet man steinerne Bänke angebracht. Die Aussicht von dieser Brücke ist eine prächtige.

Die eigentliche Brücke ist zwar nur 70 Ellen lang, die weiten Rampen aber erweitern diese Länge auf mehr als 150 Ellen.

Unter die wichtigeren Erwerbsquellen der Stadt gehört noch immer die Brauerei, obschon es gegen früher kein Verhältniss mehr sein soll.

Zu des Kurfürsten August’s Zeiten‚ welcher das hiesige Bier als einen „köstlichen Labetrunk“ sogar an den Kopenhagener Hof schickte, und es zum Tafelbier am Dresdner Hofe machte, wo es sich bis 1732 erhalten hat, brauchte man jährlich 5 bis 6000 Scheffel Malz.

Ein Erwerbszweig, welcher ungefähr mit dem 18. Jahrhundert zugleich erstarb, der aber leicht wieder emporblühen könnte, war das Stricken der wollenen Strümpfe für die Armee insbesondere. Friedrich August I. nämlich verlieh den hiesigen Tuchmachern, als diese die Forderung erfüllten, welche die Baretmacher im Lande nicht vollziehen konnten, nämlich binnen 2 Monaten für die ganze Armee wollene Strümpfe zu liefern, das Recht dergleichen Strümpfe zu stricken und überall auf Märkten feil zu halten – ein Recht, auf welches später die Tuchmacher [173] der ungemein schnell steigenden Wollpreise und der Concurrenz mit Delitzsch wegen freiwillig verzichteten; nur für einzelne Regimenter wurden auch noch in unserm Jahrhundert die Strümpfe geliefert.

Die Oeconomie ist ebenfalls bezüglich der vortrefflichen Wiesen nicht unbedeutend, wichtiger aber ist der Handel mit theils hier gefertigten Fabrikaten, theils mit Getreide, theils mit Flachs und Leinewand, wofür auch 2 Märkte bestehen.

Der Jahrmärkte dagegen sind 3, nämlich Montag nach Reminiscere, nach Maria Heimsuchung und nach Martini.

Am stärksten ist indessen der Erwerb durch Fabrikarbeit.

Früher stand die Tuchmacherei obenan, jetzt ist solche in Folge des Wachsthums und Emporblühens des Chemnitzer Fabrikwesens, in den Hintergrund getreten. An der Zschopau befinden sich Baumwollspinnereien, Cattundruckereien und Bleichen, welche das rege Leben, die Betriebsamkeit der Sächsischen Industrie bethätigen.

Noch ist hier die Töpferei zu nennen, indem besonders die Zschopauer glasirten Kochöfen durch das halbe Erzgebirge gesucht sind und andern derartigen Sorten nichts nachgeben.

Wenden wir uns nun zu Zschopau’s Kirchen, deren zwei hier sind, eine Stadt- und eine Begräbniss-Kirche.

Jene, dem heil. Martin geweiht, liegt am Abhange des sogenannten Pförtchen, vulgo Pförtelberges, und nimmt sich besonders von Westen vortrefflich aus. Sie ist zuerst im Jahre 1494 erbaut und im 30jährigen Kriege abgebrannt. Nach ihrer Wiederaufbauung wurde sie im Jahre 1748 zum zweiten Male von den Flammen eingeäschert. Die jetzige Kirche rührt vom Jahre 1751 her; sie ist einfach, hell und freundlich. Der Altar dieser Kirche stellt den Garten Gethsemane auf der Rückwand plastisch dar: Jesus betend im Vordergrund und ein schwebender Engel hält ihm ein Kreuz entgegen; im Hintergrunde sieht man die Zinnen Jerusalems und die schlafenden Jünger. An dieser Kirche fungiren zwei Geistliche, ein Pfarrer und ein Diakonus, welche beide vom Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts bestimmt werden.

Die zweite Kirche ist die Gottesacker-Kirche. Sie ist 1812, da der neue Brückenbau einen grösseren Raum verlangte, ganz neu, aber nicht in ihrer vorigen Grösse erbaut worden. Früher hatte sie unter dem Namen St. Beatae Virginis Mariae einen eigenen Gottesdienst, zu dessen Besorgung der Rath jedesmal die Geistlichen zu wählen hatte. Sowohl dieser Gottesdienst, als auch das Patronatrecht über diese Kirche ist seit der Reformation weggefallen.

Zu diesem Stifte gehörte das hiesige Vorwerk, wie auch Wiesen und Aecker über dem Wasser. Alles ist jetzt Eigenthum der Commun; daneben befindet sich ein Armenhaus und herum liegt der schöne Gottesacker.

Zum Kirchsprengel von Zschopau werden Witzschdorf, Gornau, Schlösschen Porschendorf, Altenhammer Zschopenthal gezählt.

An der Schule in Zschopau unterrichten 7 Lehrer, an deren Spitze ein Rector steht.

Jeder Reisende, welcher Zschopau besucht, mag nach Besichtigung der Stadt nicht unterlassen die sogenannte Bodemer’sche Kanzel auf den hohen und sogar steilen Ufern der Zschopau, zu besuchen, um von hier aus die liebliche Gegend gehörig würdigen zu können.

Wer sich aber in einer weiter reichenden Fernsicht ergötzen will, der gehe weiter und besteige die Scharfensteiner Kanzel, ein im Wald versteckter, auf steilem Ufer der Zschopau gelegener Vorsprung und er wird von hier aus die Fichtelberge erblicken können.

Zschopau hat, wie schon erwähnt, seit der neuen Gerichtsorganisation sein eigenes Gerichtsamt, zu welchem der Ort mit seinen 573 bewohnten Gebäuden und 7045 Einwohnern, und ausserdem noch 8 Landgemeinden gehören.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schlos