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Der Erbauer dieses altmerkwürdigen Schlosses ist leider nicht zu ermitteln. Wahrscheinlich rührt seine erste Entstehung nach Vertreibung der alten Sorbenwenden her. Denn dass Heinrich der Städteerbauer auch dieses Schloss angelegt habe, ist blosse Vermuthung.

Es war Anfangs der Sitz einer Herrschaft, welche später mit der Grafschaft Wolkenstein combinirt wurde, und also den Herren von Waldenberg, dann denen von Motzen (d. i. Motzin, Mutzschon) zuletzt wieder denen von Waldenberg (d. i. Waldenburg) gehörte. Im Jahre 1480 kam diese Herrschaft an die Landesherrschaft, und wurde später zum Augustusburger Amte gezogen.

Das Schloss wurde später der Sitz eines Amtes und einer Forstmeisterei; längere Zeit wurde es auch als Jagdschloss benutzt. Bis 1560 hiessen die hiesigen Beamten nur Jägermeister. Das Jagdschloss steht auf dem letzten Vorsprung des Stadtberges, wo es gegen die Zschopau ganz steil abfällt und die Mauern sind zum Theil in Felsen gehauen. Mit der Stadt sind die Gebäude durch eine Allee verbunden, aber auch durch einen Graben früher davon getrennt gewesen. Das Schloss beruht, ausser einigen Nebengebäuden, einem langen, 2mal gebrochenen, 3 Etagen hohen, mit vielen Dach-Erkern und einem Thürmchen gezierten Flügel, und ausserdem als Rest der uralten Burg Czopowe einen sehr weiten, gegen 45 Ellen hohen, runden Thurm, dessen Dach später aufgesetzt ist, und welcher ungemein dicke Mauern hat.

Wahrscheinlich ist es dieser Thurm, in welchen der arretirte Bischof von Posen am 12. Novbr. 1104 als Gefangener geschafft wurde. Das Schloss erhielt schon 1180 eine Reparatur, seine spätere Gestalt aber 1545. Die Oberforstmeisterei wurde Ende des 18. Jahrhunderts nach Oberreinsberg verlegt und nur bis 1485 war ein Amt im Schlosse. Seit dem 29. Decbr. 1819 ist zur Ausübung der Gerichtsbarkeit wieder ein Königl. Justitiar eingesetzt gewesen‚ welcher mit Umänderung der Gerichts-Verfassung zu einem Gerichtamtmann erhoben wurde.

An der Westseite des Letzteren, von hohen Mauern umgeben, befindet sich der ehemalige Thier- oder Bärengarten, weshalb dieser Garten noch heutigen Tages der Bärengarten genannt wird.

Die Stadt Zschopau, – auch Zobau, Scopau, wohl auch Zschobe, Czsachpe, Czschachpe, auch die Schop oder die Zsöp genannt, welcher Name von Zzop, der Stöpsel, abgeleitet wird, weil die Stadt gleichsam das Zschopauthal verstöpselt – ist Sorben’schen Ursprungs und liegt in einer ungemein interessanten Gegend 10 Meilen von Leipzig, 8 Meilen von Dresden, 3½ Stunde südöstlich von Chemnitz, 2 Stunden südlich von Augustusburg – an der früheren Hauptstrasse von Leipzig über Commotau nach Prag.

Auf dem symmetrischen Marktplatze stehen ausser 2 Privathäusern, auch das Commun-Brauhaus und das gethürmte Rathhaus mit dem Rechte des Bier- und Weinschankes. Ausserdem befindet sich am Markte der Gasthof zum weissen Rosse, die Postexpedition und das Edelhaus. Letzteres ist ein Privathaus, welches der Landjägermeister Cornel von Rüxleben 1565 als Besitzer des nahe gelegenen Ritterguts Crumhermersdorf statt eines dortigen Schlosses bauete, und nach Art eines Schlosses anlegen liess. Es gehört zu den schönsten Gebäuden der Stadt.

Dieser Herr von Rüxleben ist später durch einen Forstbedienten verläumdet worden, als habe er den Kurfürsten gelästert, und dadurch in Ungnade gefallen, welche ein trauriges Ende für ihn herbeigeführt haben soll.

Dieser von Rüxleben legte auch 1569 eine Brücke über die Zschopau auf eigene Kosten an, die aber Kurfürst August, ohne dessen Vorbewusst der Bau erfolgt war, 1578 wieder abreissen und weiter hinunterlegen liess. Diese Brücke, welche von Holz und bedeckt war, wurde 1740 gänzlich weggerissen und hernachmals wieder hergestellt.

Die jetzige Brücke stammt vom Jahre 1811 und ist schön und zweckmässig gebaut. Sie ist durchaus von Bruchsteinen in 2 hohen Bogen mit sehr hoch anlaufenden Rampen gebaut und mit eisernem Geländer versehen. Auf den halben Rondeln über dem Mittelpfeiler findet man steinerne Bänke angebracht. Die Aussicht von dieser Brücke ist eine prächtige.

Die eigentliche Brücke ist zwar nur 70 Ellen lang, die weiten Rampen aber erweitern diese Länge auf mehr als 150 Ellen.

Unter die wichtigeren Erwerbsquellen der Stadt gehört noch immer die Brauerei, obschon es gegen früher kein Verhältniss mehr sein soll.

Zu des Kurfürsten August’s Zeiten‚ welcher das hiesige Bier als einen „köstlichen Labetrunk“ sogar an den Kopenhagener Hof schickte, und es zum Tafelbier am Dresdner Hofe machte, wo es sich bis 1732 erhalten hat, brauchte man jährlich 5 bis 6000 Scheffel Malz.

Ein Erwerbszweig, welcher ungefähr mit dem 18. Jahrhundert zugleich erstarb, der aber leicht wieder emporblühen könnte, war das Stricken der wollenen Strümpfe für die Armee insbesondere. Friedrich August I. nämlich verlieh den hiesigen Tuchmachern, als diese die Forderung erfüllten, welche die Baretmacher im Lande nicht vollziehen konnten, nämlich binnen 2 Monaten für die ganze Armee wollene Strümpfe zu liefern, das Recht dergleichen Strümpfe zu stricken und überall auf Märkten feil zu halten – ein Recht, auf welches später die Tuchmacher

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/267&oldid=- (Version vom 17.8.2017)