Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt in Zentralkleinasien
Band VII A,2 (1943–1948) S. 18001802
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Tyraion (Tyriaion). 1) Stadt in Zentralkleinasien, Xen. an. I 2, 14. Artemidor bei Strab. XIV 663. Plin. n. h. V 95 (Tyrienses). Acta conc. oecum. ed. Ed. Schwartz, Tom. II Vol. VI 31. 103 (Index). Hierokl. 672, 10. Not. episc. I 418 (bei Gelzer Georg. Cypr.) ὁ Τυραΐνου (Τυραΐου) II 435 (bei Gelzer Abh. Akad. Münch. philos-philol. Kl. XXI [1901] 556, II) ὁ Τυραῑοῦ. III 371 ὁ Τυραίου. VII 382 (bei Gelzer Abh. 541 I) τὸν Ῥαίου. VIII 472 ὁ Τυραίου. IX 381 ὁ Τυραίων. X 484 ὁ Τυραείου. XIII 334 ὁ Τυραείου. Nea Taktika 1537 (bei Gelzer Georg. Cypr.) ὁ Τυραΐου. Not. de Boor Ztschr. f. Kirchengesch. XII 528, 473 ὁ Τυραίου. Nach Müller zu Ptolem. V 4. 8 (S. 856) haben bei Xenophon die besten Hss. Τυραῖον die übrigen Τυράῑον (Gemoll ed. maior 1890 schreibt im Text Τυριάειον, im appar. crit. steht nur τυραῖον, was nach praef. VIII die Lesart des cod. Paris 1640 ist), bei Strabon 29 Hss. Τυράιον (daneben Τυρίκιον). Dagegen gibt Kramer an, daß bei Strabon alle Hss. mit Ausnahme von ω, wo τυρίκιον steht, Τυριάϊον [1801] haben. Bei Hierokles, in den Not. episc. und in den Acta conc. oecumen. folgt überall auf das ρ ein α, ebenso in Τετράδιον (und Varianten) bei Ptolem. V 4, 8, das wohl = T. anzusehen ist, s. o. Bd. V A S. 1070, 51f. Auch in den zahlreichen Variationen des Namens in byzantinischer Zeit (s. Ramsay Class. Rev. XLVI [1932] 154) fehlt das ι vor dem α, nur in der Variante Τυρίκιον (Schreibfehler für Τυριαῖον?) bei Strabon folgt ein ι auf das ρ. So spricht die größere Wahrscheinlichkeit für Τυραῖον oder Τυράϊον , aber unerklärlich bleibt die Angabe bei Kramer; es kann sich da auch nicht um einen Schreibfehler handeln, denn Τυριαῖον steht bei ihm auch im Text.

Zur Ableitung des Namens s. Sayce Class. Rev. XLIV [1932] 11 und Ramsay ebd. S. 154, ferner Benveniste bei L. Robert Bull. hell. LIX [1935] 455.

T. lag an der großen West-Ost-Straße, daher kam Kyros mit den Zehntausend durch die πόλις οἰκουμένη. Artemidor nennt sie ebenfalls bei der Beschreibung dieser Straße. Sie wechselte im Laufe der Zeiten in Folge der Veränderung der Grenzen ihre politische Zugehörigkeit, bei Xenophon und Artemidor wird sie zu Phrygien gerechnet, bei Ptolemaios zu den Proseilemmenitai, die zu Galatien gehören (vgl. Mon. As. Min. Ant. IV p. XXVII), die Tyrienses des Plinius wohnen in Lykaonien. Bei Hierokles und in den kirchlichen Quellen ist T. pisidisch.

Früher wurde T. allgemein in der Gegend von Ilgin, 38° 19’ N, 31° 55’ E angesetzt, z. B. von Hamilton Reisen in Kleinasien übers. von Schomburgk, II 195. Kiepert bei Franz Fünf Inschriften und fünf Städte in Kleinasien 35; FOA VIII Text l2 b Z. G3. Ramsay Journ. hell. stud. VIII [1887] 491 nr. L; Asia Minor 140. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Kl. CXXIV [1891] 87. Der Grund war, daß Ilgin die Strecke Midas-Quelle (Ulupunar Derbent, s. o. Bd. XV S. 1524, 29f.) - Ikonion ungefähr in dem Verhältnis von 1 : 2 teilt, wie es nach Xenophon (10 gegen 20 Parasangen) sein muß. Nun hat Calder 1932 in Ilgin eine Inschrift mit der Ortsbestimmung ἐν Λαγείνοις gefunden und hat daraus wegen des Namensanklanges geschlossen, daß die alte Siedlung bei Ilgin ‚Lageina‘ geheißen hat, s. o. Bd. XX S. 839, 59f. Das von dort vertriebene T. glaubt Ramsay, der später von seiner ersten Meinung abgekommen war, Journ. hell. stud. XL [1920] 105, nunmehr, ebenfalls des Namensanklangs wegen, in Duraghan (Turaghán) ansetzen zu können (s. o. Bd. XX S. 858. 35f), das nach der Kartenskizze in den Mon. As. Min. Ant. IV entweder = Durnar (s. o. Bd. XX S. 858, 36f.) ungefähr 25 km Ostsüdost von Ilgin sein oder ganz in der Nähe gelegen haben muß. Das ist allgemein angenommen worden, vgl. Honigmann Le Synekdèmos d’ Hiéroklès 26. Die Vermutung ist bestechend, aber zwei schwere Bedenken stehen entgegen. Einmal ist es nicht sehr wahrscheinlich. daß die große West-Ost-Straße so tief in das südliche Bergland hineingeführt hat, anstatt wie die heutige große Straße und die Eisenbahn ungefähr dem Nordrand der Berge zu folgen. Um nach Ikonion zu kommen, hätte sie sowieso das Bergland [1802] wieder verlassen müssen. Auch erscheint es nach der Karte schwierig, bei Durnar τὸ πεδίον zu finden, wo Kyros die Parade über sein Heer abhielt. Und dazu kommt, daß das Verhältnis der Strecken Midas-Quelle-T.-Ikonion gar nicht mehr zu Xenophons Angaben paßt. Die erste Strecke ist ungefähr 90 km lang, die zweite, deren Trace nur ungefähr angegeben werden kann, ungefähr 80-90 km, sie verhalten sich also ungefähr wie 1 : 1. Somit erscheint es mir doch richtiger, die Gleichung T. = Duraghán aufzugeben, T. hat wohl weiter westlich gelegen.

Von den Schicksalen der Stadt erfahren wir so gut wie nichts, vgl. die kurzen Bemerkungen von Ramsay Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie eégypt. et assyr. XIV [1893] 83 und die ausgezeichnete Zusammenstellung bei L. Robert Villes d’Asie Min. 124, 6. Ihnen ist noch anzufügen, daß Θεότεκνος Τυρα(ε)ίου am Concil von Kalchedon im J. 451 teilnahm, Acta conc. oecum. a. O. Le Quien Oriens christ. I 1047f. sieht Theotecnus fälschlich als Bischof von Tyros in Pisidien an. Den Brief an Papst Leo hat auch Theoctistus episc. Tyrai (Theoctistos Tyreu) unterschrieben, Acta conc. oecum‚ Tom. II Vol. III Pars II 100 [359] nr. 38. Vol. II Pars II 75 [167] nr. 291. Am Anfang des Briefes der pisidischen Bischöfe an Kaiser Leo vom J. 458 steht auch Theopemptus Tyraei, aber in den Unterschriften fehlt er, Acta conc. oecum. Tom. II Vol. V 51, 5 und Vol. VI 103 (Index).

Ob der auf einer Inschrift aus Burdur südlich von Apameia Kibotos genannte Σόλων Σόλωνος Τηράσιος, Annuario VI/VII 1923/24 [1926] 449 = Suppl. epigr. Gr. VI nr. 603 (wo an die Lesung Γεράσιος gedacht wird) etwas mit T. zu tun hat, und ob Τυ?]ρέων δήμου auf einer Inschrift aus der Umgebung von Sizma, 38° 10’ N, 32° 29’ E, Class. Rev. XIX [1905] 370 = Am. Journ. Arch. XXXI [1927] 49, vgl. Journ. hell. stud. XLIX [1929] 209 nr. 532 richtig ergänzt ist und sich auf T. bezieht, ist ganz unsicher.