Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn d. Ibererkönigs Pharasmanes
Band I A,1 (1914) S. 3536
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Radamistus, der Sohn des Ibererkönigs Pharasmanes, bekämpfte, von wildem Ehrgeiz getrieben, mit Einwilligung seines schon im vorgerückten Alter stehenden Vaters dessen Bruder, den König Mithridates von Armenien. Unter dem Vorwande, daß er sich mit seinem Vater und seiner Stiefmutter entzweit habe, begab er sich, scheinbar in friedlicher Absicht, zu Mithridates, um die Verhältnisse auszukundschaften und dort Aufruhr zu erregen (Tac. ann. XII 44). Dann kehrte er, scheinbar mit seinem Vater ausgesöhnt, zu Pharasmanes zurück, der nichtige Gründe erfand, um seinem Bruder den Krieg zu erklären. R., mit der Führung des Krieges betraut, belagerte den Mithridates, dessen Tochter er zur Frau hatte, in dem Kastell Gorneae, wo eine römische Besatzung unter dem Präfekten Caelius Pollio und dem Centurio Casperius stand. Trotz der Einsprache des Casperius, der auch persönlich auf Pharasmanes einwirkte, R. zurückzuberufen, aber von dem alten König hintergangen wurde, ließ sich Caelius Pollio von R. soweit bestechen, daß er den Mithridates verriet, indem er ihn bewog, sich seinem Gegner zu ergeben (Tac. XII 45. 46; vgl. Dio exc. LXI 6, 6). Dieser aber ließ ihn auf heimtückische Weise gefangen nehmen und im Einvernehmen mit seinem Vater samt seiner Frau (der Schwester des R.) und seinen unmündigen Kindern hinrichten (Tac. XII 47). Hierauf nahm R. von Armenien Besitz. Das Eingreifen der Römer in diese Angelegenheit ihres Klientelstaates war schwächlich genug. (C. Ummidius Durmius) Quadratus, der damalige Statthalter von Syrien, verlangte von Pharasmanes, daß sich R. aus Armenien wieder zurückziehe, aber der prokuratorische Statthalter von Kappadokien, Iulius Paelignus, der mit der Provinzialmiliz dieser Forderung mehr Nachdruck verleihen sollte, ließ sich, nachdem sich seine Mannschaft verlaufen hatte, von R. bestechen, dem er dann noch zur Behauptung seiner Herrschaft in Armenien behilflich war. Auch der Legat Helvidius Priscus, den Quadratus nunmehr zur Ordnung der Verhältnisse nach Armenien schickte, trat mit großer Mäßigung auf und wurde bald zurückberufen, um nicht einen Krieg gegen die Parther heraufzubeschwören (Tac. XII 48. 49).

Die Besorgnis der Römer war begründet. Denn der damalige Partherkönig, Volagases (I.), benützte die Gelegenheit, um seinen Bruder Tiridates auf den Thron von Armenien zu erheben. Ohne Widerstand zu finden, vertrieb er die Iberer und besetzte das Land. Kaum hatte er sich jedoch infolge des strengen Winters und des Mangels an Lebensmitteln zurückgezogen, so drang R. von neuem nach Armenien, strafte aber den Abfall der Bewohner so empfindlich, daß eine Empörung ausbrach und er zum zweiten Mal vertrieben wurde. Mit seiner Gemahlin Zenobia, wohl der früher erwähnten Tochter [36] seines Oheims Mithridates, unternahm er eine abenteuerliche Flucht, auf der er die schwangere Frau, nachdem er ihr den Gnadenstoß gegeben und sie den Fluten des Araxes anvertraut zu haben glaubte, zurücklassen mußte; doch wurde Zenobia dann am Ufer des Flusses gerettet, zu Tiridates, der mittlerweile wieder die Regierung in Armenien angetreten hatte, gebracht und dort ihrer königlichen Herkunft entsprechend aufgenommen, Tac. XII 50. 51, zum J. 51 n. Chr. erzählt. Der Beginn dieser Ereignisse dürfte in der Tat in das J. 51 fallen, in welchem Volagases L, wie wir aus Münzen feststellen können, zur Regierung gelangte. Die Nachricht von der zweiten Vertreibung des R. und dem hierauf folgenden Kriegszug des Volagases nach Armenien kam Ende 54 nach Rom (Tac. XIII 6). Somit haben die geschilderten Ereignisse mehrere Jahre, von 51–54 gedauert, was sich auch aus der Erwähnung des strengen Winters (XII 50) ergibt. Die einzelnen Phasen dieser Thronstreitigkeiten zeitlich genauer zu fixieren vermögen wir nicht. Noch vor dem J. 58, in welchem (Cn. Domitius) Corbulo den seit 54 bestehenden Krieg mit den Parthern energischer führte, hatte Pharasmanes seinen Sohn R. als angeblichen Verräter hinrichten lassen, Tac. XIII 37.

R.s stattliche äußere Erscheinung hebt Tac. XII 44 hervor.

Literatur: Egli in Buedingers Unters. zur röm. Kaisergesch. I (1868), 276–281. Lauffenberg, Quaestiones chronologicae de rebus Parthicis Armeniisque. Diss. Bonn. 1875, 30–32. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 325f. Mommsen R. G. V 381f. Gutschmid Gesch. Irans 129. v. Rohden Prosop. Imp. Rom. III 124, 6.

[Stein. ]