Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn des Joseph
Band IX,1 (1914) S. 527533
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3) Hyrkanos, der Sohn des Joseph, der Tobiade[1]. Die Überlieferung über ihn bei Josephus ant. Iud. XII trägt einen zwiespältigen Charakter (dies ist schon des öfteren hervorgehoben worden, wenn auch noch nicht alle nötigen [528] Folgerungen gezogen worden sind; s. etwa Wellhausen 242f. Willrich 94. 103. Büchler 91ff. Holleaux 161, 5). Wir haben zunächst in den §§ 160–222 eine novellenartige Erzählung über die Schicksale des jüdischen Steuerpächters von Koilesyrien, Joseph, des Sohnes des Tobias, und seines Sohnes H. Darnach ist Joseph zur Zeit des Ptolemaios Epiphanes (diese Zeit hat Josephus geboten; der dritte Ptolemaios ist in § 158 und 163 interpoliert, vgl. auch Holleaux 162, 3) 22 Jahre lang ägyptischer Steuerpächter von Koilesyrien gewesen und ist dabei in engste Beziehungen zum ägyptischen Hofe getreten. Unter seinen Söhnen zeichnet sich sein jüngster, H., in jeder Weise aus, und wird daher von dem Vater den Brüdern vorgezogen, die H. darum hassen. Die besondere Gewandtheit des Jünglings bestimmt auch den Vater, ihn und nicht einen seiner Brüder zu einer Gratulationscour, die aus Anlaß der Geburt eines Thronfolgers in Alexandrien stattfindet, als seinen Vertreter zu entsenden. Hier versteht es H., sich durch seine Schlauheit und durch rücksichtslose Verwendung der reichen väterlichen Geldmittel die Gunst des ptolemäischen Königs zu gewinnen; er verscherzt sich aber durch seine Verschwendung die Gunst des Vaters. Dieser hat daher nichts dagegen, als die H. feindlichen Brüder diesem bei seiner Rückkehr aus Ägypten entgegenziehen, um ihn noch unterwegs umzubringen. H. aber erwehrt sich des Angriffs der Brüder und tötet sogar zwei von ihnen. Als er nach Jerusalem kommt, wird er jedoch hier allenthalben zurückgewiesen, und so entschließt er sich, sich in die Gegend jenseits des Jordans zurückzuziehen, wo er in der Folgezeit auch bleibt. Dieses Geschichtchen, dessen chronologische Grundlage unmöglich ist – Koilesyrien war unter Epiphanes ja bereits ganz seleukidisch, Holleaux 163 – ist nun mit so vielen einzelnen undenkbaren Zügen ausgeputzt, daß man gut daran tut es vorerst ganz beiseite zu lassen, wenn man das Leben des H. festzulegen versucht (der Versuch Büchlers 95ff., die Geschichte als im wesentlichen glaubwürdig zu erweisen, überzeugt nicht; man lese sich auch die Paraphrase dieser Erzählung bei Grätz Gesch. der Juden II 2² 243–276, um zu sehen, was bei ihrer Annahme herauskommt).

An die ‚Novelle‘ schließt sich von § 223–236 ein Bericht an über Joseph und H., über den Tod Josephs, den Kampf des H. mit seinen Brüdern und seinen Aufenthalt im Ostjordanlande, der in seiner Nüchternheit einen ganz anderen Eindruck hervorruft, und in dem die historische Situation – Koilesyrien gehört den Seleukiden, es spielt sich alles unter Seleukos IV. ab – ganz richtig gezeichnet ist, so daß keine prinzipiellen Bedenken gegen seine historische Verwertung bestehen (die unorganische Einlage, § 225–227, die mit der eigentlichen Erzählung nichts zu tun hat, ist natürlich fallen zu lassen. Ein Teil des Berichtes ist zudem durch monumentale Funde bestätigt worden [s. u.]). Diese zweite Erzählung steht nun mit der Novelle in keiner organischen Verbindung; denn die Anknüpfung durch ‚κατ’ ἐκεῖνον τὸν καιρόν‘ ist eine jener chronologischen Verlegenheitsanknüpfungen, wie sie Josephus so häufig angewandt hat (s. den Art. Herodes Nr. 14 o. [529] Suppl.-Heft II S. 77 Anm. 98 u. ö., sowie Herodes Antipas Nr. 24 o. Suppl.-Heft II S. 173 Anm.). Schon der ganze Charakter dieses zweiten Berichtes weist uns darauf hin, daß hier bei Josephus eine andere Quelle vorliegt, als die, der die ‚Novelle‘ entnommen ist. Hierfür spricht ferner auch gleich zu Beginn (§ 224) die Form der Erwähnung des Todes Josephs, vornehmlich der ihm gewidmete Nachruf, der zu dem vorher Berichteten nicht so recht paßt und nur Tatsachen bringt, die man schon kennt, und zwar in einer Form, als handele es sich um Neuheiten (vgl. hierzu z. B. auch § 228, wo ausdrücklich, als wenn es noch nicht bemerkt wäre, hervorgehoben wird, H. sei der jüngste der Brüder gewesen). Vor allem aber erhalten wir durch den zweiten Bericht eine Dublette, wie auch sonst manchmal bei Josephus (s. den Art. Herodes Nr. 14 o. Suppl.-Heft II S. 5, 8** u. ö.). Das Geschick des H. vor seiner Auswanderung in das Land jenseits des Jordans, diese Auswanderung und die Begründung der Vorherrschaft in der neuen Heimat wird uns zum zweitenmal erzählt (§ 228ff.), jedoch mit einigen Abweichungen. Denn während sich H. nach dem ersten Bericht (§ 222) aus Jerusalem nach dem Ostjordanland zurückzieht, da er ohne Anhang ist und sich daher vor seinen Brüdern fürchtet, befindet sich H. nach dem zweiten außerhalb Jerusalems. Es kommt zum Kampf zwischen H. und den Brüdern, bei dem der größere Teil des jüdischen Volkes auf Seiten der Brüder steht. H. kann sich daher nicht halten; er versucht erst gar nicht nach Jerusalem zurückzukehren, sondern zieht sich sofort ins Land jenseits des Jordans zurück (es ist falsch, wie dies immer wieder geschieht, die Dublette dadurch auszugleichen, daß man H. schon vor dem in § 228f. beschriebenen Kampf mit den Brüdern im Ostjordanlande sich aufhalten und von dort infolge der für ihn ungünstigen politischen Lage nach Jerusalem nicht zurückkehren läßt, denn § 229 zeigt deutlich, daß für den Erzähler des Kampfes zwischen H. und den Brüdern nach dem Tode des Vaters H. sich vor dem Kampfe noch garnicht im Ostjordanlande festgesetzt, sondern daß er dies erst nachher getan hat).

Die Quellenanalyse ergibt also, daß man die beiden Berichte des Josephus nicht ohne weiteres vereinen darf, sondern daß man von dem zweiten ausgehen muß und vorerst nur diesen verwerten darf. Darnach heißt der Vater des H. Joseph und ist 22 Jahre lang Steuerpächter von Koilesyrien gewesen. Ein Anlaß, diese ganz nüchterne Angabe über den Vater des H. zu bezweifeln, wie dies z. B. Willrich 94, 102f., 104 und Niese 226, 3 tun, liegt nicht vor (Büchler 101ff. hat auch bereits die These von Willrich [S. 96ff.], daß die Joseph-Hyrkanos-Erzählung einfach die legendarische Umdeutung der Schicksale der damaligen Hohenpriester Menelaos und Iason sei, widerlegt). Wenn in II. Makk. 3, 11 ein H., Sohn des Tobias begegnet, für dessen Gleichsetzung mit dem H. des Josephus sehr viel spricht (nur Schürer I³ 195, 28 macht ihn unwahrscheinlicherweise zu einem Neffen unseres H.), so kann dies eine Ungenauigkeit oder, wie schon Wellhausen 243 bemerkt hat, eine Abkürzung für H., Sohn des Josephus, des Tobiassohnes, sein, wie [530] sie uns ähnlich in der Genealogie der Hasmonäer begegnet (s. den Art. Hasmon o. Bd. VII S. 2489f. und s. u.); die Angabe des zweiten Makkabäerbuches kann uns somit sogar dazu dienen, die Angabe der ‚Novelle‘ über die Filiation des Joseph als historisch zu erweisen. H. hat also zu den von Joseph. bell. Iud. I 31; ant. Iud. XII 239 genannten οἱ Τωβίου παῖδες gehört (diese mit οἱ ἀπ’ Ἀσαμωναίου παῖδες ganz auf eine Stufe zu stellende Bezeichnung kann übrigens sehr wohl die unkorrekte Ausdrucksweise des zweiten Makkabäerbuches veranlaßt haben). Die Tobiaden stellen nun, worüber wohl allgemeine Übereinstimmung herrscht, die Führer derjenigen Partei im jüdischen Volke dar, die zu den Seleukiden gehalten hat. Hiermit vereint es sich aufs beste, daß Joseph, der Vater des H., der noch vor 182 v. Chr. gestorben sein muß[2], nach der Angabe in dem historisch zu nehmenden Bericht über die 22jährige Dauer seiner Pacht (§ 224) vom Beginn der seleukidischen Herrschaft an in Koilesyrien der Generalsteuerpächter gewesen sein muß, nachdem er allerdings zunächst diese Stellung noch unter den Ptolemäern ausgeübt hatte; er war eben offenbar sogleich zu den Seleukiden übergegangen, als diese das Land annektierten[3]. Wenn wir nun in der nüchternen Erzählung hören, daß H. mit seinen Brüdern in Streit gerät, der sich sogar zu einem Volksaufstand auswächst, bei dem die Juden zwischen den beiden Parteien geteilt sind, so läßt sich dies wirklich befriedigend nur dadurch erklären, daß H. nicht dieselbe politische Überzeugung wie seine Brüder gehabt hat, sondern [531] daß er zu der ägyptischen Partei unter den Juden zur Zeit Seleukos’ IV. gehört hat, welche die frühere ptolemäische Herrschaft zurückersehnte; er ist wohl deren Führer gewesen. Fassen wir H. als Ägypterfreund par excellence, dann wird es auch verständlich, daß er in der ‚Novelle‘ in so enge Verbindung mit dem ägyptischen Hofe gebracht wird (aus dieser Ägypterfreundschaft und daraus, daß sein Vater Joseph eine Zeitlang der ägyptische Vertrauensmann für Koilesyrien gewesen ist, hat sich offenbar der spätere Roman über sie entwickelt. Willrichs 103 Zweifel an dieser Verwertung der ‚Novelle‘ durch Schlatter 150f. erscheinen mir unberechtigt). Auch H.s späterer, durch die Seleukiden veranlaßter Untergang (s. u.) scheint mir für die obige Vermutung zu sprechen.

Über das Leben des H. zu Lebzeiten des Vaters Joseph können wir nichts Näheres ermitteln. Ob wir aus der Schilderung des Aufenthaltes des H. am ägyptischen Hofe, die wir in der ‚Novelle‘ finden, ein tatsächliches längeres Verweilen desselben in Ägypten entnehmen dürfen, wage ich nicht zu entscheiden. Man darf wohl aber annehmen, daß die väterliche Autorität, solange Joseph noch lebte, es verhindert hat, daß es innerhalb seiner Familie trotz der verschiedenen politischen Überzeugung zum offenen Kampfe gekommen ist; erst als der Vater wohl im J. 182 v. Chr. gestorben war, sind die älteren Brüder gegen den jüngsten, und zwar anscheinend sofort eingeschritten (Wellhausen 243. Niese 226 haben jedenfalls nicht die Überlieferung für sich, wenn sie den Kampf von H. ausgehen lassen). Sie haben seine Beseitigung erstrebt, und so ist es zu Kämpfen gekommen, in denen sie die Oberhand erhielten, da sowohl der größere Teil des Volkes, als auch der amtierende Hohepriester Simon, der mit ihnen verwandt war, auf ihrer Seite standen: dies alles ein Zeichen, daß in jener Zeit die seleukidische Herrschaft bei den Juden noch nicht verhaßt war (die Angabe in § 228, Simon habe sich διὰ τὴν συγγένειαν den älteren Brüdern angeschlossen, ist nicht ganz verständlich, da nach § 160 Simon als Sohn des früheren Hohenpriesters Onias auch in gleicher Weise mit H. verwandt gewesen sein müßte. Sollte hier in der ‚Novelle‘ vielleicht eine falsche Verwandtschaft angegeben sein, und sollte man etwa ferner zur Erklärung jener Bemerkung die innerhalb der ‚Novelle‘ eine große Rolle spielende Erzählung von der Geburt des H., wonach dieser der Stiefbruder der ältesten Kinder des Joseph war, heranziehen dürfen?). H. hat seine Sache bei den Juden verloren gegeben und hat sich in das südliche Ostjordanland zurückgezogen, vielleicht in ein Gebiet, wo seine Familie bereits Besitzungen hatte (so Schlatter 644. Willrich 100; wenn auch Büchler 99f. gegen diese Vermutung nichts Zwingendes angeführt hat, so erscheint mir der Beweis nicht ganz sicher).

Hier hat er sich im Kampfe mit den Nabatäern eine Herrschaft zu gründen verstanden. Bei Esbon, eine Tagereise östlich von Jericho, hat er sich eine mächtige Burg[4], Tyros genannt, auf [532] einer künstlichen Insel erbaut, die er zugleich als Bauwerk künstlerisch ausgestaltete. Selbst einen großen Tierfries hat er hier anbringen lassen; dieses Übertreten des jüdischen Bilderverbots ist ein deutliches Zeichen, daß der Erbauer sehr laxen jüdischen Anschauungen huldigte, und wohl des weiteren sogar vielleicht ein Kennzeichen für die allgemeine jüdische Gesinnung jener Zeit. Nahe der Burg hat H. außer αὐλαί und großen Parkanlagen noch künstliche Hallen in den Felsen angelegt, die ihm zu Festen, als Wohnräume wohl für seine Leute und außerdem zum Schutz bei plötzlichen Überfällen dienen sollten. Von diesen Bauten sind uns noch heutigen Tags bei ʿAraḳ il-Emîr beträchtliche Reste erhalten, die uns die Mischung von griechischem und orientalischem Stil bei diesem Bauwerke – auch dies ist für H., für seine Stellung zur damaligen Weltkultur, zum Hellenismus, charakteristisch – deutlich erkennen lassen (die älteren Publikationen und Arbeiten über ʿAraḳ il-Emîr von de Vogüé Le temple de Jérusalem 37ff. [pl. XXXIV/V]. de Saulcy Voyage en Terre Sainte 211ff. K. Lange Haus und Halle 149ff. Conder The survey of East. Palest. 65ff. sind jetzt überholt durch die sehr gute und eingehende Behandlung der Ruinen durch Butler in den Public. of the Princeton univers. archaeol. exped. to Syria, Divis. II A. I 1ff.; Butlers Unsicherheit über die Bestimmung des Baues erscheint mir zu weitgehend). Mit der Heimat hat H. übrigens nicht alle Verbindungen abgebrochen; denn in II. Makk. 3, 11 dürfte doch wohl, wie schon bemerkt, er gemeint sein. Er hat darnach im Tempel zu Jerusalem größere Geldsummen deponiert gehabt; der inzwischen ans Ruder gekommene Hohepriester Onias scheint ihm nämlich anders wie sein Vorgänger freundlich gegenüber gestanden zu haben. Infolge der Anzeige des damaligen προστάτης τοῦ ἱεροῦ Simon, d. h. des Vertreters der königlichen Oberaufsicht über das Heiligtum[5], bei der seleukidischen Regierung, es lägen im Tempel ungeheure Summen ungenutzt da, hat anscheinend jedoch einige Zeit Gefahr bestanden, daß von der Regierung auch das Depositum des H. konfisziert wurde; der syrische Reichskanzler Heliodoros scheint aber schließlich doch hiervon Abstand genommen zu haben, vielleicht infolge Bestechung durch die an den Tempelgeldern Interessierten (s. den Art. Heliodoros Nr. 6 o. Bd. VIII S. 13f.). Sollte der oben genannte Simon, der Bruder des späteren Hohenpriesters Menelaos (II. Makk. 4, 23), auch ein Bruder des [533] H., also wirklich ein Tobiade gewesen sein, was ganz wahrscheinlich, aber nicht sicher ist[6], so könnte man in seinem Vorgehen auch zugleich einen Versuch sehen, sich an dem feindlichen Bruder zu rächen. Es ist für den Zustand des Syrerreiches unter Seleukos IV. sehr charakteristisch, daß sich H., der doch nichts anderes als ein Freibeuter großen Stils, wie es deren in den syrischen Grenzgebieten immer wieder gegeben hat, und zudem seleukidenfeindlich gesinnt war, sieben Jahre lang bis zum Regierungsantritt des Antiochos V. (IV.) Epiphanes in seinem Herrschaftsgebiet hat halten können. Es ist aber auch für Antiochos Epiphanes recht kennzeichnend, daß unter ihm die Herrschaft des H. sofort zusammengebrochen ist. Jener mag eben sogleich Anstalten zur Beseitigung des feindlichen Freibeuters getroffen haben. Hilfe von anderen, etwa aus Ägypten, für das H. sich eingesetzt hatte, und von dem er wohl auch in seiner Herrschaft unterstützt worden sein wird, hatte dieser gerade damals ebensowenig zu erwarten, wie von dem eigenen Volke, wo in dieser Zeit in Jason ein durchaus seleukidisch gesinnter Hoherpriester ans Regiment gekommen war. So hat H. an seiner Sache verzweifelt und sich selbst den Tod gegeben. Seinen Besitz zog der Syrerkönig ein.

Literatur. Außer Grätz s. vor allem Schlatter Theol. Stud. u. Kritiken 1891, 642ff. Zeitschr. f. alttest. Wissensch. XIV 145ff. Willrich Juden u. Griech. vor d. makkab. Erheb., vor allem 91ff. Büchler Die Tobiaden und Oniaden im zweiten Makkabäerbuche 38ff. und hierzu die Kritik von Niese G. G. A. 1900, 185ff. Holleaux Rev. ét. juiv. XXXIX 161ff. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I³ 195, 28. II 65f. 99f. Niese Gesch. d. griech. u. maked. Staaten III 91. 97. 226f. Wellhausen Israel. u. jüd. Geschichte⁶ 240ff.


  1. Ich muß mich hier zum Teil mit aphoristischen oder apodiktischen Bemerkungen begnügen, da eine nähere Begründung ein Aufrollen der zahlreichen, noch immer strittigen Fragen der Vorgeschichte der makkabäischen Erhebung und deren Überlieferung zur Folge haben würde und dies den Rahmen dieses Encyklopädieartikels zersprengen würde.
  2. Für die Zeit vgl. man § 223/4 mit 228 und 234; die Herrschaft des H. im Ostjordanlande, die bald nach dem Tode des Joseph errichtet worden ist, hat hiernach sieben Jahre gedauert und hat mit dem Regierungsantritt des Antiochos Epiphanes, d. h. im J. 175 v. Chr. ihr Ende erreicht. Eine Verderbnis der Zahl 7 in § 234 braucht man übrigens wohl nicht anzunehmen, denn die Apposition zu der Jahreszahl ‚πάντα τὸν χρόνον, ὃν Σέλευκος τῆς Συρίας ἐβασίλευσεν‘ ist entweder als Ungenauigkeit oder sogar vielleicht als ungeschickte Ausdrucksweise des Josephus dafür zu fassen, daß Seleukos während der ganzen Zeit der Herrschaft des H. regiert habe.
  3. Man darf sich nicht, wie dies immer wieder geschieht, durch den Bericht der ‚Novelle‘ beirren lassen und Joseph deshalb während der ganzen Dauer seiner Pacht nur als ptolemäischen Steuerpächter fassen. Der historische Bericht bezieht sich vielmehr und mit Recht, wie uns das Todesjahr des Joseph zeigt, gerade vornehmlich auf die Seleukiden. Die Novelle hat erst die fehlerhafte Verbindung allein mit den Ptolemäern aufgebracht, und die Neueren, die dies halten zu müssen glaubten, sind dann gezwungen gewesen, auf Grund der phantastischen gegenüber den nüchternen Angaben die Zeit des Joseph hinaufzurücken (s. hierüber Holleaux 162, 3). Es kommt übrigens auch in der ‚Novelle‘ – an deren Schluß – der Bruch des Joseph mit den Ptolemäern in seiner Mißbilligung des Verhaltens des H. am ägyptischen Hofe und in seiner Abwendung von diesem, dem begeisterten Ägypterfreunde, zum Ausdruck.
  4. Josephus bezeichnet den Bau als βᾶρις; so hieß auch bis auf Herodes I. die Burg von Jerusalem; vgl. den Art. Herodes I. Nr. 14 o. Suppl.-Heft II S. 42.
  5. Wenn auch Büchler 35ff. in vielem über die damalige Tempelverwaltung Unrichtiges vorgebracht hat, so hat er doch mit seiner Charakterisierung des προστάτης und dessen Vergleich mit den ägyptischen ἐπιστάται τῶν ἱερῶν das Richtige getroffen. Wir sehen hier also, daß bereits in vormakkabäischer Zeit der Staat die Aufsicht über das jüdische Heiligtum ausgeübt und dafür einen besonderen Beamten angestellt hat, der sehr wohl den jüdischen priesterlichen Kreisen entnommen worden sein kann; wir haben hier also denselben Zustand vor uns, der uns in der Folgezeit wieder seit Herodes I. begegnet (s. den Art. Herodes Nr. 14 o. Suppl.-Heft II S. 112f. und besonders die Bemerkungen über den στρατηγὸς τοῦ ἱεροῦ).
  6. Wellhausen 247, 2 spricht sich z. B. unbedingt dafür aus, Schürer I³ 194, 28 ebenso unbedingt dagegen. Immerhin scheint mir bell. Iud. I 31 zusammen mit ant. Iud. XII 239 die Wellhausensche Auffassung stark zu stützen; die Angabe bei Joseph. ant. Iud. XII 238 über die Abstammung des Menelaos ist jedenfalls Erfindung.