Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gr. Hohlmaß für Trockenes
Band VII,2 (1912) S. 28032806
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Ἑκτεύς seltener ἕκτον (vgl. Hultsch Metrol. Script. Ind.), griechisches Hohlmaß für Trockenes, im Volumen jeweils das Sechstel des Medimnos gleichen Systems (ἑκτεὺς … μέτρον, ἕκτον ἐκείνο μεδίμνου οὖ δηλαδὴ ἥμισυ τὸ ἡμίεκτον, Eustath. Od. p. 1854, 13). Das Hauptteilmaß ist neben dem Hemihekton die Choinix. a) Im attischen System wird der ἕ. gemeinhin zu 8 Choiniken angesetzt (Stellennachweis bei Hultsch a. a. O.). 1. Vor Solon galt in Athen das pheidonische Maß, das nach Aristoteles (Ἀθ. πολ. c. 10) kleiner [2804] war als das von Solon eingeführte, eine Nachricht, die von Lehmann-Haupt (Hermes XXVII 1892, 534ff. u. ebd. XXXV 1900, 646f.) und von v. Wilamowitz (Arist. u. Athen I 42f.) zu Unrecht bekämpft wird. Das pheidonische Maß nun ist, wie wir die Überlieferung zu verstehen haben, gleichzusetzen mit dem unten zu berührenden äginäischen Maß (vgl. Marm. Par. v. 45; im übrigen Stellen- und Literaturnachweis bei Hultsch Metrologie² 2 521 mit Anm. 1 u. 2; zur Sache Hultsch Die Gewichte d. Altertums, Leipz. 1898, 60, 8. Verschiedenheit des äginäischen und pheidonischen Systems suchen Koehler Athen. Mitt. VII 1882, 5 und Lehmann-Haupt a. a. O. zu erweisen). Doch handelt es sich bei der Gleichsetzung der beiden Systeme nicht um eine absolute Gleichheit aller beiderseitigen (gleichnamigen) Gewichte und Maße in ihren Beträgen, sondern vielmehr um eine Gleichheit der Norm. Brandis hat bekanntlich (Münz-, Maß- u. Gew.-Wesen in Vorderasien 45ff.; vgl. zuletzt J. Haeberlin Berl. Ztschr. f. Num. XXVII 1909, 4) an Gewichten aus Babylon erwiesen, daß das metrologische System der Babylonier, das Muttersystem aller antiken Systeme, insofern gewissermaßen ein Doppelsystem war, als jedes einzelne Nominal desselben bei gleicher Benennung in doppelter Form, nämlich zugleich als Ganzes und als Hälfte existiert; und gemäß dieser Erscheinung pflegt man von der großen (im Gewicht auch schweren) und der kleinen (oder leichten) Einheit des babylonischen Systems zu sprechen. Kein anderer Unterschied besteht zwischen dem pheidonisch-äginäischen und dem pheidonisch-attischen System; denn die erwähnte Aristotelesstelle beweist gegenüber dem Befund der äginäischen Münzen mit Evidenz, daß das vorsolonische Gewicht genau die kleine Einheit des äginäischen darstellt. Somit ist der attisch-pheidonische Medimnos gleich 1/2 pheidon.-ägin. Medimnos, d. i. (s. u.) = 27,23 l, der H. also 4,56 l und die Choinix 0,57 l.

2. Der Medimnos Solons hat gemäß dem (babylonisch-)großpersisch-euböischen Maß, dem er nachgebildet ist (vgl. die auf die Zeit des Kyros bezügliche Gleichsetzung der medischen Artabe mit dem attischen Medimnos bei Polyaen. IV 3, 32), 35,0208 l, der H. mithin 5,837 l, die Choinix als Achtel 0,729 l Ansätze, zu denen das attische System noch nachweisbar ist aus Herodot (I 192).

3. Im J. 401 ist dagegen dieses System insofern geändert, als jetzt, wie durch Xenophon (anab. 1, 5, 6) erwiesen wird, die Choinix auf (den halben Betrag der kleinasiatisch-persischen καπίθη d. i.) 1,094 l erhöht ist. Der H. wird durch ein gleichzeitiges Zeugnis zu 6 Choiniken = 6,564 l angesetzt: ἑκτεὺς δέ ἐστιν ἑξα χοίνικον μέτρον (Fragm. Aristoph. bei Erotian ed. Klein 76. 1; von L. Dindorf bei Steph. thes. l. Gr. und Klein a. a. O. zu Unrecht beanstandet, von Hultsch Metrologie² 500f., o. Bd. III S. 2357 und von Kock Com. frg. I p. 551 irrig interpretiert). Der Medimnos stellt sich hiernach mit 39,39 l auf den Betrag, zu dem der Metretes, das Parallelmaß für Flüssiges, überliefert ist (Hultsch a. a. O. 108).

4. Im 2. Jhd. v. Chr. wird der Medimnos auf 52,52 l d. i. auf den doppelten Betrag der römischen Amphora (s. o.), der H. entsprechend auf 8,754 l, [2805] d. i. auf den Betrag des römischen Modius (Hultsch a. a. O. Tabelle XI S. 704) erhöht. Die Choinix behält das alte Volumen und wird damit wieder Achtel des H. In diesem Aufbau zeigt das attische System der Überblick bei Hultsch a. a. O. 106.

5. Als Atticus in Athen weilt (nach Nepos Attic. 2, 2 im J. 88 v. Chr.), hat der Medimnos sieben römische Modien: (Atticus) universos frumento donavit, ita ut singulis VII modii tritici darentur: qui modus mensurae medimnus Athenis appellatur (a. a. O. 2, 6), wo die Lesart VII der Handschriften gegen Böckhs und Fleckeisens Konjektur (vgl. die Halmsche Ausg.) seni (VI) durch anderwärts zu besprechende monumentale Befunde gestützt wird. Der H. dieses Medimnos, der sich selbst auf 61,278 l stellt, hat 10,213 l. die Choinix 1,276 1. Die Kotyle des Systems, die (wie auch sonst) 1/6 der Choinix beträgt, hat sieben römische Unzen (Ölgewicht) d. i. 0,2128 l und ist in einem von Duchesne (Arch. miss. scient. III 1876, 385, 11) aus cod. Patm. nr. 17 (saec. X) edierten metrologischen Fragment überliefert.

6. Im jüngsten attischen System endlich, das Plinius (n. h. XXXI 34) als internationales System der Ärzte kennt, hat die Choinix, wie aus einer Reihe metrologischer Texte zu entnehmen ist, (3 bezw. 6 Kotylen von je 7,5 Unzen Ölgewicht oder 0,228 l =) 0,684 bezw. 1,368 l, der H. mithin als Sechzehn- oder Achtfaches der Choinix 10,944 l und der Medimnos 65,664 l (vgl. Metrol. Script. I 242, 12–16 mit 235,13-14 und für die Doppelchoinix 233, 9). Ermittelt wurde dieses System zuerst von Pernice (Galeni de pond. et mens, testimonia, Bonn 1888); doch irrte sowohl Pernice wie auch Nissen (Metrologie S.-A. 39 = Iw. Müller Handb. I² 879) in der Berechnung der Systemnorm, da die Kotyle von 71/2 Unzen, nicht auf Wasser – sondern auf Ölgewicht zu beziehen ist und deshalb nicht 0,2046 sondern 0,228 l ergibt.

7. Als Kaufpreis für 1 H. Weizen gibt Schol. Aristoph. Eccl. 547 ca. 3 Obolen an: πυρῶν ἑκτέα] τριώβολον ἴσως ἦν; demgemäß Suidas (= Metrol. script. I 337, 9 … ἑκτέα· τουτέστθ τριώβολον. Hultsch konjiziert hier ganz zu Unrecht τρικότυλον; denn wenn nach Letronne Consid. genér. 119 (s. Böckh Staatsh., 3. Aufl. von Fränkel 79) um das J. 400 der Medimnos Getreide zu Athen im Durchschnittspreis 21/2 Drachmen, d. i. 15 Obolen kostet, so stellt sich demnach der H. auf 21/2 Obolen.

b) 1. Für das wie es scheint konstante äginäische System hat Hultsch Jahrb. f. Philol. XCV 531ff. (= Metrologie² 499ff.; vgl. jedoch Die Gewichte des Altertums 60, 8) das Volumen des Metretes aus dem effektiven Münzgewicht annähernd richtig zu 54,52–55,89 l berechnet. Der lakonische Medimnos berechnet sich aus Angaben des Plutarch (Lyc. c. 12) und Dikaiarch (bei Athen. IV 141 e); nach ersterem hatte jeder Spartiat zu den Syssitien 1 (lakon.) Medimnos beizusteuern, ein Betrag, den Dikaiarch zu τρία μάλιστα ἡμιμέδιμνα Ἀττικά angibt. Der attische Medimnos hat zu Dikaiarchs Zeit 39,39 1, sodaß der obere Grenzbetrag für den lakonischen Medimnos (11/2 att. Medimn.) 59,08 l beträgt. Setzt man mm den lakonischen Medimnos mit dem Äginäischen Metretes zu 54,72 l an – dies ist nämlich nach dem Ausweis einer urkundlich bezeugten [2806] ägyptischen Artabe von 40 Choiniken der genaue Betrag – so stellt er sich damit auf 1,389 attischen Medimnos. Zu demselben Betrage ist der äginäische Medimnos anzusetzen, da Hultschs Ansatz desselben zu ca. 72,7 l (a. a. O.) auf der irrigen Annahme beruht, daß der attische Medimnos zur Zeit Dikaiarchs schon 52,52 l gehabt habe. Der H. des äginäisch-lakonischen Medimnos hat 9,12 l.

2. Für den lakonischen Hafenort Gytheion ist ein H. monumental durch einen ebenda gefundenen, im Archäol. Museum zu Athen aufbewahrten Hohlmaßtisch (Literatur: E. Curtius Philol. XXIX 1870, 696ff. Eustratiades Ἀρχ.αιολ. ἐφημ. περίοδ. β’, χευχ. ιδ’ 1870, 378ff. Le Bas Explication II 4, 117f. Dumont Rev. arch. XXIV 1872, 298ff. Hultsch Metrologie² 537ff. Pernice Berl. Ztschr. f. Numism. XX 1897, 222ff. Bourguet Rev. arch. II 1903, 25 ohne Kenntnis von Pernices Arbeit) zu erweisen, von dessen Hohlräumen einer auf seinem Bande die inschriftliche Bezeichnung ΗΜΙΕΚΤΟΝ trägt. Derselbe hat heute ein Volumen von 3,8 l; doch stellt sich sein wirkliches Volumen, da er ursprünglich noch einen kupfernen Einsatz besaß (Pernice a. a. O.), wie sich mit großer Gewißheit aus anderweitigen Parallelen ergibt, auf 7,28 l, der H. mithin auf 17,56 l (vgl. übrigens u. ἡμιμέδιμνος c). Nicht zu erklären und zweifellos korrupt ist Suidas (= Metrol. script. I 337, 7): Ἑ. μέτριβ ἐστὶν ὃ ταὐτὸν εἶναι λέγουσι τῇ χοίνικι, doch scheint die Änderung ἡ χοίνιξι nicht fernliegend.

Vorstehende Ausführungen beruhen auf genauen Einzeluntersuchungen, die zum Teil im Manuskript abgeschlossen, zum Teil dem Abschluß nahe, demnächst (Hermes 1912/13) vorgelegt werden.