Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
von Thasos, Parode
Band VII,2 (1912) S. 25952596
Bildergalerie im Original
Register VII,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VII,2|2595|2596|Hegemon 3|[[REAutor]]|RE:Hegemon 3}}        

3) Hegemon von Thasos, Parode, den manche auch als Dichter der alten Komödie zählten (Athen. I 5b). Er selbst gebraucht von sich mehrfach den Spitznamen Φακῆ (Athen. IX 406 f. 407 a. XV 699 a). Bei Aristoteles, der ihn zuerst erwähnt (Poet. 2, 1448a 12), heißt er ὁ τὰς παρῳδίας ποιήσας πρώτος, und das wird richtig sein, obwohl Polemon bei Athen. XV 698 b Hipponax den Erfinder der Parodie nennt und auch Epicharm und Kratinos dem H. voranstellt. Das Parodieren des Epos war nichts Neues, wohl aber die Ausbildung dieser Dichtungsform zu einem selbständigen γένος, das seinen besonderen Platz unter den musischen Agonen erhielt. Wir sind über H. vornehmlich durch einen längeren Passus aus Chamaileons sechstem Buch περὶ τῆς ἀρχαίας κωμῳδίας bei Athen. IX 406 e–407 c und durch ein größeres Zitat aus Polemons zwölftem Buch τῶν πρὸς Τίμαιον bei Athen. XV 698 c–699 a unterrichtet. Chamaileon mischt wie gewöhnlich Wertvolles mit Klatsch, Polemon gibt vortreffliches Material und teilt vor allem 21 Verse des Dichters mit, die v. Wilamowitz Herm. XL 173ff. eindringend behandelt hat. Die Zeit des H. ergibt sich aus den beiden von Chamaileon erzählten Anekdoten, Alkibiades habe eine gegen ihn zur Zeit des attischen Reiches in Athen angestrengte Klage eigenmächtig im Metroon gelöscht (Athen. IX 407 b), und die Athener hätten sich im Theater von dem Vortrag seiner Gigantomachie nicht losreißen können, obwohl gerade die Nachricht von der sizilischen Katastrophe eingetroffen sei (Athen. IX 407 a). Die zweite dieser Anekdoten ist sicher erfunden, denn das sizilische Unglück muß in Athen spätestens Ende September 413 bekannt geworden sein, zu einer Zeit, wo es keine musischen Agone gab (Schrader Rh. Mus. XX 186). Daß der parodische [2596] Agon auf den rhapsodischen folgte, liegt in der Natur der Sache; sein natürlicher Platz in Athen sind also die Panathenaeen (vgl. Hegemon bei Athen. XV 698 e). Daß H. mit der Gigantomachie und andern Parodien in Athen siegte, bezeugt Polemon (Athen. XV 699 a). Die von Polemon mitgeteilten Verse wissen noch nichts von Siegen, sondern zeigen, daß H., den der Wunsch, Geld zu verdienen, in die Welt trieb, in Athen damals nicht den ersten Preis von 100, sondern den zweiten von 50 Drachmen erhalten hatte. Inschriftlich ist ein Agon παρῳδῶν nur für die 340 gestifteten Artemisien in Eretria (Ἐφημ. ἀρχ. 1902, 98 und 1904, 97) bezeugt; die Preise betragen hier 50 und 10 Drachmen. Daß H. seinen Hexametern auch, nach Art des Margites, Trimeter einmischte, ergibt sich aus Paroem. Gr. I 406. Nach Polemon schrieb H. auch eine Komödie Philine, εἰς τὸν ἀρχαῖον τρόπον, aus der Athenaios III 108 c zwei Trimeter anführt; ob und wo sie aufgeführt ist, wissen wir nicht. Eine kurze Notiz über diese Komödie bei Suidas s. Ἡγὴμων ist vom Interpolator aus Athenaios eingefügt (Wagner Symbol. ad com. Graec. hist. crit. cap. quatt. 45). Das Material über H. ist gesammelt von Brandt Parod. epic. Graec. rell. 37ff. vgl. Meineke I 214, Kock I 700.