Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
skythisch-maiotischer Stamm
Band VII,2 (1912) S. 22302232
Bildergalerie im Original
Register VII,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VII,2|2230|2232|Hali|[[REAutor]]|RE:Hali}}        

Hali, skythisch-maiotischer Stamm auf dem asiatischen Ufer der Maiotis. Plin. n. h. VI 19. Die hsl. Lesart a Cimmerio accolunt Maeotici hali sernis Serrei usw. wurde von Hermolaus Barbarus (1492) nach Ptolem. V 8, 13 korrigiert in Vali Serbi. Die Korrektur billigte Müllenhoff Deutsche Altertumskunde III 49 und ganz neuerdings auch Mayhoff in seiner vorzüglichen Recensio der geographischen Bücher der nat. hist., obwohl sie geographisch ganz unwahrscheinlich ist, da jene Völkerschaften der Ptolemaioskarte am Kaspischen Meer sitzen. Detlefsen verbindet in seiner letzten Ausgabe wie die meisten älteren Herausgeber Haliserni. Da aber die Tab. Peut. auf der Sindischen Halbinsel die Ortschaft oder Regio Hale verzeichnet, auf die K. Müller (zu Ptolem. p. 919) mit Recht [2231] aufmerksam gemacht hat, so ist die Unterscheidung eines skythischen Stammes der H. geographisch durchaus gerechtfertigt, auch wenn die benachbarten Serni noch nicht entdeckt oder ,wiederhergestellt‘ sind (sollte Serdi zu lesen sein, so daß sich darin die Sardetae verbergen würden, welche die Tab. über Hale ansetzt und welche von Plin. n. h. IV 83 Sardi genannt werden? Der letztere kennt sie freilich im Westen der Maiotis, aber vereint mit den Siraci, die auf der Ptolemaioskarte noch im Osten des Sees wohnen; also eine westwärts gerichtete Wanderung der beiden Stämme. Derselbe Wechsel des Stammvokals bei dem thrakischen Volk der Sardi oder Serdi).

Hale liegt auf der Tab. Peut. an einer Route der Sindischen Halbinsel auf der Ostseite des Kimmerischen Bosporus, die sich wiederherstellen läßt, obwohl auf der Karte im Norden des Schwarzen Meeres alle Linien und Zahlen der Itinerare ausgefallen sind. Sie beginnt in Chimerium (Plin. n. h. VI 18 ultimoque in ostio Cimmerium quod antea Chimerion vocabatur; so richtigere Lesart bei Mayhoff für Cerberion Detlefsens), also in der Nordwestecke der Halbinsel. Darauf folgen Bruani (Abitrani des Geogr. Rav.), Amyrni, beides wohl Stammesnamen, Macara, Hale, Chritionis, Sopatos. Über Macara und Hale findet sich Monim., das ist das Denkmal der bosporanischen Königin Komosarye, den Göttern Anerges und Astara errichtet. Zwischen Sopatos und dem nach Osten folgenden Phamacorium (Phanagoreia) ist auf der Tab. ein sehr großer Zwischenraum freigelassen und beweist, daß die beiden Orte nicht durch eine Routelinie verbunden werden dürfen. Wie das in sich zusammenhängende, das Kubanliman im Norden umgehende Itinerar Phanagoreia–Stratoclis–Cepos–Hermonassa–Sindecae mit dem westlicher gezeichneten Chimerium–Sopatos zu verknüpfen sei, lernen wir aus Geogr. Rav. p. 172, 5–8 und 368, 8–16. Beide Male wird entweder ganz oder wenigstens mit seinen ersten Stationen das letztgenannte Itinerar an Hermonassa angeschlossen, unter Einfügung einer oder zweier, auf der Tab. nicht erwähnter Zwischenstationen (das eine Mal Eteobrocon, das auch Stammesname sein kann, und das andere Mal Eteobrocon und Latirita). Also müßten die Routen in der graphischen Darstellung eigentlich übereinander anstatt nebeneinander stehen; nur die Schmalheit des verfügbaren Kartenraums hat dem Zeichner der Tab. diese Anordnung unmöglich gemacht und eine Zeichnung aufgenötigt, durch welche die graphische Verbindung der beiden Itinerare aufgegeben werden mußte. Hermonassa lag am Ostufer des Kubanlimans (Korokondamitis λίμνη). Deutlich lief von hieraus die eine Straße wie die ältere russische Poststraße über die schmale Landenge zwischen dem Liman und dem Aftanissee (lacus Salinarum) westwärts nach der Ingressionsbucht von Phanagoreia; die andere wandte sich erst nach Norden gegen Temrjuk (Tyrambe), um dann gleichfalls westlich umbiegend und die nördliche Landenge zwischen dem Aftanissee und der Maiotis überschreitend Kimmerion am nördlichen Ausgang des Bosporus zu erreichen.

Die erste Station nach Chimerium, Bruani, [2232] heißt beim Geogr. Rav. Britani und Abritani; das ist der Gau oder Clan der Abrinatai (bei Steph. Byz. ἔθνος Ποντικόν), dem danach der Landstrich im nordwestlichen Winkel der Sindischen Halbinsel zugeteilt werden muß, vielleicht in Gemeinschaft mit einem Clan der Amyrni, die auf der Tab. nach Bruani folgen. Auf der sich anschließenden Landenge, zwischen den beiden Ausflüssen des Aftanissees in die Maiotis, dem Tathis und Antikeites, wohnten nach Ausweis der Inschriften die Thatai. Damit rückt Hale, der Gau der H., in die sumpfige Niederung am Unterlauf des Kuban, sei es nach Norden oder nach Süden vom Fluß; ihre südlichen Nachbarn waren die Sinder. Die im Südwesten mit den H. beginnende Reihe der maiotischen Stämme bei Plinius erweist sich zuverlässig.