Euthymides, attischer Vasenmaler aus dem Ende des 6. und Anfang des 5. Jhdts., Sohn des Pollias. Da Vasenmaler den Namen ihres Vaters nur dann hinzuzufügen pflegen, wenn dieser selbst ein Künstler war, so liegt es nahe, diesen Pollias mit dem attischen Bildhauer zu identifizieren, der durch die Signaturen zweier Statuenbasen von der Akropolis bekannt ist (IG I Suppl. p. 180 nr. 37315 p. 181 nr. 37382. Lolling Κατ. 67. 68), zumal der Dedikant der einen dieser Statuen, Kriton, nach Studniczkas wahrscheinlicher Vermutung mit dem Vasenfabrikanten dieses Namens identisch ist (Arch. Jahrb. II 1887, 143f.). Die Arbeiten des E. zeigen einerseits manche Berührungspunkte mit den jüngsten Vertretern des epiktetischen Kreises, namentlich mit Phintias, anderseits aber und zwar in noch höherem Grade mit Andokides, so daß er von Hoppin und Furtwängler wohl mit Recht als dessen künstlerischer Nachfolger betrachtet wird. Von seiner Rivalität mit Euphronios legt die berühmte Aufschrift der Münchner Hektorvase ὡς οὐδέποτε Εὐφρόνιος Zeugnis ab; ein andermal gibt er seiner Freude über das gelungene Werk durch Beischrift Εὐθυμίδης ἔγραφε ὁ Πολλίου εἶγε ναιχί Ausdruck. Da er stets mit ἔγραψε signiert, scheint er es zum Besitz einer eigenen Fabrik nicht gebracht zu haben; aber auch die Fabriken, in denen er arbeitet, gibt er nicht an. Von Lieblingsnamen erscheint bei ihm nur Megakles, der sich auch bei Phintias findet und von Studniczka Arch. Jahrb. II 1887, 161 wohl mit Recht dem Sohn des Hippokrates und Oheim des Alkibiades gleichgesetzt wird (Klein Lieblingsinschr. 64). Die Werke des E. tragen ein sehr individuelles Gepräge. Ausdrucksvolle Köpfe mit sehr lebendigen Augen, eine sorgfältige Wiedergabe der Muskulatur, kühne und mannigfaltige Stellungen, eine vortreffliche Behandlung der Gewandung zeichnen sie ebenso aus, wie eine scharfe und doch nicht übertriebene Charakteristik der Vorgänge und Situationen. Wir besitzen von E. fünf signierte Gefässe, alle selbstverständlich in rf. Technik, nämlich zwei Amphoren, die von Andokides bevorzugte Form, einen Psykter, eine Hydria und einen Teller. 1) Amphora in München. Hektors Rüstung und Komos: darauf die oben angeführte, auf Euphronios gemünzte Beischrift, Gerhard Ant. Vasenb. 188. Furtwängler und Reichhold Griech. Vasenmalerei Taf. 14 S. 63ff. Hoppin Euthymides 3 E. Klein Meistersign. 195 nr. 2. 2) Amphora in München mit Rüstungsszene und Fünfkämpfern. Hoppin a. O. 2 D. pl. 1. 2. Klein a. O. 194 nr. 3. 3) Psykter in Viterbo, Theseus Kampf mit Kerkyon
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und Palaistriten mit dem Schabeisen, Ann. d. Inst. XLII 1870 tav. d’agg. O. P. Hoppin a. O. 2 B. Klein a. O. 196 nr. 7. 4) Hydria in Bonn, Symposion, Arch. Zeitg. XXXI 1873, Taf. 9. Hoppin a. O. 2 C. Klein Meistersign.2 195 nr. 4; Lieblingsinschr. 64. 5) Teller in Adria, gebückter Krieger, noch ganz in der Art des epiktetischen Kreises. Schöne Mus. Bocchi tav. IV 2. Hoppin a. O. 1 A. Klein Meistersign.2 194 nr. 1. Die beiden andern von Klein noch als nr. 6 und 7 mitgezählten Hydrien hat Hoppin a. O. 16ff. ausgeschieden, da auf ihnen E. nicht Künstlername, sondern Name einer der dargestellten Figuren ist. Das einemal wohnt dieser E. dem Musikunterricht eines Freundes bei, während auf der Schulterfläche eine Hetäre beim Kottabosspiel seiner gedenkt (Philol. XXVI 1867 Taf. 2). Klein Euphron.2 110; Meistersign.2 195 nr. 5. Hoppin a. O. 16ff. und Hartwig Meisterschalen 194 weisen diese Vase mit Recht dem Phintias zu. Während aber hier immer noch der Vasenmaler gemeint sein könnte, ist dies bei der andern Hydria ausgeschlossen, wo der Name E. einem Bewaffneten beigeschrieben ist, Klein a. O. 156 nr. 6. Hoppin a. O. 17 b.
Andererseits mußte die stark prononzierte Eigenart des Künstlers dazu einladen, ihm auch nicht signierte Vasen zuzuteilen; das ist von Klein a. O. 196f. und Hoppin a. O. 20ff. geschehen, deren Listen drei Stücke gemeinsam haben, bei denen die Urheberschaft des Meisters allerdings zweifellos ist. Die vierte von Klein eingereihte Vase, die Tityosvase bei Gerhard Ant. Vasenb. 22, schließt Hoppin a. O. 17 nach dem Vorgang von Jones Journ. Hell. Stud. 1891, 370 wohl mit Recht aus, ebenso den von Petersen Arch. Zeit. XXXVII 1879, 9 und Loewy Arch.-epigr. Mitt. IV 220 für E. in Anspruch genommenen stark restaurierten Petersburger Krater, der einst auf der einen Seite die Verwundung des Telephos, auf der andern eine Tat des Theseus, ohne Zweifel den Fang des marathonischen Stieres, zeigte (Mon. d. Inst. VI 34). Dagegen scheinen Hoppins eigene Zuweisungen, soweit sie sich kontrollieren lassen, durchaus wahrscheinlich. Hiernach würde sich die Liste der erhaltenen Arbeiten des E. noch um folgende Nummern vermehren: 1) Amphora in München, Theseus Raub der Helena, Gerhard Ant. Vasenb. 168. Klein a. a. O. 196 nr. 1. Hoppin 20 I. Furtwängler und Reichhold Gr. Vasenmal. Taf. 33 S. 173ff. 2) Amphora in Würzburg, Prüfung der Eingeweide eines Opfertieres und Komos, Gerhard Ant. Vasenb. 267. Hoppin a. O. 21 II. Von Hartwig Meisterschalen 413 dem supponierten jüngeren Amasis zugeschrieben. 3) Amphora im Britischen Museum E 254. Kriegers Auszug und Citherspiel, Hoppin a. O. 21 III, Taf. III. IV. Von Klein Ann. d. Inst. LIII 1881, 81 dem Phintias zugeschrieben; vgl. Hartwig a. O. 168. 4) Amphora ebd. E 255, Dreifußraub und Kriegers Auszug, Hoppin a. O. 21 IV, Taf. V. VI. Gleichfalls von Klein dem Phintias gegeben a. O., vgl. Hartwig a. O. 168. 191. 5) Amphora in Leyden, Kriegers Abschied und Dionysos, Roulez Vas. de Leyde pl. XIII. Hoppin a. O. 22 VI. 6) Amphora im Brit. Mus. E 256, Leto mit ihren Kindern und Fünfkämpfer, Catal. of Vas. in the Brit. Mus. III pl. X. Hoppin
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a. O. 22 V. Nach Klein a. O. von Phintias; vgl. Hartwig a. O. 168. 7) Psykter im Britischen Museum E 767, Komos, Jahn Dichter auf Vasenb. Taf. 5. Klein Meistersign.2 197 nr. 3. Hoppin a. O. 22 VII. 8) Krater in Berlin 2180, Palaistriten, Arch. Zeit. XXXVI 1878 Taf. 4. Klein a. O. 197 nr. 4. Hoppin a. O. 22 VIII. 9) Hydria in Dresden, Speerwerfer, Herrmann Arch. Anz. 1892, 165. Hoppin a. O. 23 IX. 10) Pinax von der Akropolis, Krieger im Ansturm. Es ist dies der berühmte Pinax, dessen Inschrift Μεγακλῆς καλός von späterer unberufener Hand in Γλαύκων καλός geändert wurde. Ἐφημ. ἀρχ. 1887 πίν. 7. Hoppin a. O. 23 X. Wichtigste Literatur: Klein Meistersign.2 193ff. Joseph Cl. Hoppin Euthymides, München 1896. Furtwängler und Reichhold Griech. Vasenmalerei 63ff. Walters History of anc. pottery I 427f.