4) Euphrates von Tyrus, popularphilosophischer Prediger stoischer Richtung, Zeitgenosse des Dion von Prusa und des Apollonios von Tyana. Als Tyrier bezeichnet ihn Philostratos vit. soph. I 7, 2. 25, 5, während er nach Steph. Byz. s. Ἐπιφάνεια aus Epiphania in Syrien stammte, nach Eunap. p. 3 ed. Boissonade ein Ägyptier war. Als ihn der jüngere Plinius, der seine Persönlichkeit ep. I 10 mit begeisterten Lobeserhebungen schildert, im J. 97 in Rom hörte, war er bereits ein bejahrter Mann, von stattlicher Erscheinung, mit langem grauem Bart- und Haupthaar. Er starb aber nach Cass. Dio LXIX 8 erst im J. 118, indem er der Altersschwäche und Krankheit durch Gift zuvorkam. Man wird darnach seine Geburt gegen Ende der 30er Jahre anzusetzen haben. Er wirkte zuerst in seiner Heimat Syrien, wo er die Tochter eines der angesehensten Männer, des Pompeius Iulianus, heiratete. Aus dieser Ehe hatte er zwei Söhne und eine Tochter, Plin. a. a. O. Später lebte er in Rom. Daß er sich besonders als eindrucksvoller Prediger auszeichnete, zeigt nicht allein die Schilderung des Plinius, sondern auch die Erwähnung bei Epiktet dissert. III 15, 8 καίτοι τίς οὕτω δύναται εἰπεῖν ὡς ἐκεῖνος, der IV 8, 17ff. die einzige erhaltene Probe seiner Vorträge mitteilt, eine Schilderung seines Bemühens, so lange wie möglich seine Beschäftigung mit der Philosophie vor der Welt zu verbergen, und der Vorteile dieses Verfahrens. Die Neigung zur Schönrednerei soll ihm wie dem Dion von Prusa sein Feind Apollonios von Tyana zum Vorwurf gemacht haben. Die Erwähnung eines E. bei Marc Aurel X 31 (s. Nr. 3) ist unklar. Ein Schüler von ihm war nach Philostrat. vit. soph. I 25, 5 der Philosoph Timokrates von Herakleia, den der Sophist Polemon als seinen Lehrer verehrte. Natürlich waren die Vorträge des E. vorwiegend ethischen Inhalts (insectatur vitia Plin. a. a. O.); dem Plinius, der sich bei ihm beklagte, dass er mit Amtsgeschäften überlastet sei, hielt er eine Predigt über das Thema: ὅτι πολιτεύσεται ὁ σοφός. Plinius rühmt auch seinen Charakter, während er von Philostratos, als Feind des Apollonios, mit den schwärzesten Farben gemalt wird. Die Feindschaft der beiden Philosophen ist gewiss historisch, und die von Philostr. Apoll. I 13 p. 8 erwähnte Schmähschrift des E. gegen Apollonios, in der er ihm geschlechtliche Exzesse vorwarf, hat gewiss existiert. Im übrigen ist auf Philostratos Bericht über die heimtückischen Intriguen des E. gegen Apollonios nicht viel zu geben. Zeller Philos. d. Griechen IV3 690.