Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
kleiner Gebirgskanton im Innern Mittelgriechenlands
Band V,2 (1905) S. 15641565
Doris (Griechenland) in der Wikipedia
Doris in Wikidata
Doris bei Pleiades
Bildergalerie im Original
Register V,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|V,2|1564|1565|Doris 1|[[REAutor]]|RE:Doris 1}}        

Doris (Δωρίς). 1) Ein kleiner Gebirgskanton (ca. 185 qkm.) im Innern Mittelgriechenlands im Quellgebiet des Kephissos, zwischen Phokis im Osten, Malis im Norden, den Oitaiern im Westen, dem ozolischen Lokris im Süden. Der Kephissos sammelt seine Gewässer in einer etwa 17 km. langen, 4-8 km. breiten Beckenebene, deren Boden aus einer horizontalen Schuttablagerung besteht, die durch die Bäche in einzelne Terrassenflächen zerschnitten ist (250–300 m. ü. d. M.). Dieses recht fruchtbare Becken ist rings von Gebirgen umwallt; im Norden erhebt sich die hohe Kette des Kallidromos und Pyra, durch welche im Nordwesten des Beckens ein 590 m. hoher Pass nach der Spercheiosebene führt. Im Süden steigen die beiden mächtigen Kalkmassen des Parnassgebirges auf (der eigentliche Parnass und der jetzt Giona genannte Berg), zwischen denen ein enges Nebenthal des Kephissos (jetzt Thal von Gravia) zum Übergang nach Amphissa hinaufführt. Im Westen des Beckens breitet sich ein niedrigeres, schön mit Eichen bewachsenes Schiefergebirge zwischen Giona- und Pyragebirge aus, von zwei Quellbächen des Kephissos (der eine hiess Pindos) zerschnitten, die sich in jenem Becken vereinigen. Die D. bestand aus dem westlichen Teil des beschriebenen Beckens, dessen östlicher zu Phokis gehörte, und den ihm zugewandten Gehängen, besonders dem sanften Schiefergebirge im Westen. Es war also ein durch seine enge Beschränkung zwischen hohen Bergen und seine Abgeschlossenheit vom [1565] Meere machtloser, ärmlicher und von seinen Nachharn wirtschaftlich abhängiger Kanton (Λιμοδωριεῖς ,Hungerdorier‘), der jedoch des fruchtbaren Bodens nicht ganz entbehrte und durch die Beherrschung der Strasse von Thessalien (Malis) nach Amphissa und Delphi (durch die erwähnten Pässe) auch strategische und politische Bedeutung besass (Gegend geschildert bei Philippson Thessalien und Epirus 23ff.; Geologie auch Neumayr Denkschr. Wien. Akad. XL 102).

Die ersten Bewohner des Ländchens, Dryoper, wurden durch die Dorier verdrängt (Herod. I 56. VIII 31. 43. Strab. VIII 427. Skymn. 595), die auf ihrer Wanderung einen Teil ihres Stammes hier zurückliessen. Dieser gründete hier eine Tripolis (später Tetrapolis), nämlich zwei Städte am Südrande des Beckens: Kytinion am Ausgang des Passes von Gravia und Erineos bei Kato-Kasteli, und zwei im Schiefergebirge: Boion bei Ano-Kasteli (wie Lolling bewiesen) und das später erst erwähnte Pindos oder Akyphas bei Kaniani. Ihre Reste sind noch erkennbar. Die peloponnesischen Dorier verteidigten den kleinen Gau, den sie als Metropolis ihres Stammes hoch hielten, mehrfach gegen Phoker und Oitaier (Thuc. I 107. III 92. Strab. 427); über die Mitgliedschaft der dorischen Tetrapolis an der delphischen Amphiktyonie und ihr Verhältnis zu den Aitolern s. Pomtow Jahrb. f. Philol. 1898, 757. Das Land, von den Persern als verbündet geschont, wurde in den Kämpfen zwischen Makedonern und Aitolern verwüstet, so dass die Städte in Bedeutungslosigkeit versanken. Dagegen wurde sein Gebiet, vermutlich nach dem phokischen Krieg, um die phokischen Städte Tithronion, Drymaia und Lilaia und das lokrische Tarphe erweitert (Schol. Pind. Pyth. I 121. Liv. XXVIII 7. Ptolem. III 15, 15). Strab. VIII 417. 425. 427. 476. Konon 27. Skyl. per. 62. Mela II 39. Plin. IV 28. Hesych. s. Λιμοδωριεῖς. Diod. IV 67. XI 79. Ο. Müller Dorier I 38ff. Bursian Geogr. I 152ff. Lolling Athen. Mitt. IX 305f.; Hellen. Landesk. 133f.