Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ahenobarbus, Cn. cos. 96 v. Chr.
Band V,1 (1903) S. 13241327
Gnaeus Domitius Ahenobarbus (Konsul 96 v. Chr.) in der Wikipedia
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21) Cn. Domitius Ahenobarbus, als Cn. f. Cn. n. [1325] (Fasti Cap.) Sohn des Vorigen, mit dem ihn Suet. Nero 1 verwechselt. Sein Name erscheint auf zwei Serien von Münzen aus der Zeit zwischen 640 = 114 und 650 = 104; auf denen der einen ist es einfach der Name des Münzmeisters (Mommsen-Blacas Monnaie romaine II 359 nr. 167. Bahrfeldt Ztschr. f. Numism. XIX 58–60. 68, vgl. Wiener numismatische Ztschr. XXVIII 108), auf denen der andern ist mit ihm verbunden der des L. Licinius Crassus, und folgt je einer von fünf anderen Männern. Nach neueren Funden können diese Denare nicht, wie man früher annahm, in der gemeinsam geführten Censur des D. und des Crassus 662 = 92 geschlagen worden sein, sondern nur in dem halben Jahrzehnt 645 = 109 bis 650 = 104; die beiden späteren Censoren sind damals ausserordentlicher Weise mit der Münzprägung beauftragt worden, und die fünf jüngeren Mitglieder der Commission haben unter ihnen fungiert (Mommsen-Blacas a. O. II 362 nr. 170. Bahrfeldt a. 0. 60–63, vgl. Mommsen St.-R. II 640, 2). Zuerst trat D. während seines Volkstribunates bedeutender hervor; dieses setzt Vell. II 12, 3 in das dritte Consulat des Marius 651–103, Ascon. Cornel. p. 71 fünf Jahre nach dem Consulat des M. Iunius Silanus von 645 = 109 und ebd. p. 72 C. Mario II C. Fimbria coss., also an beiden Stellen schon 650 = 104. Mommsen (St.-R. II 29, 5) hebt den Widerspruch auf und verbindet die Angaben dahin, dass Asconius den Amtsantritt des Tribunen 10. December 650 = 104, Velleius das eigentliche Amtsjahr im Auge hatte; Bardt (Die Priester der vier grossen Collegien 7f.) erhebt dagegen Bedenken und giebt, wie die meisten Neueren, der Notiz des Asconius den Vorzug. Angeblich aus persönlichen Motiven, weil die Pontifices ihn nicht an Stelle seines Vaters in ihr Collegium aufgenommen hatten (Suet. Nero 2), entzog er durch ein von ihm durchgebrachtes Gesetz den vier grossen Collegien das Recht der freien Cooptation; sie behielten nur noch die Nomination der Candidaten, die Wahl aber sollte durch die kleinere Hälfte der Tribus, also in einer Versammlung von 17 ausgelosten Tribus erfolgen (Cic. leg. agr. II 18f. Cornel. frg. II 6 bei Ascon. Vell. Suet. Dio XXXVII 37, 1, vgl. Mommsen St.-R. II 29f. Lengle Untersuch. über die sullanische Verfassung [Freiburg i. B. 1899] 3ff., nach dem auch für die drei grossen Flamines und den Opferkönig dieselbe Bestimmung getroffen wurde; dagegen Wissowa Religion und Kultus der Römer 418, 9). Während seines Tribunats klagte D. ferner den M. Aemilius Scaurus wegen Vernachlässigung des Cultes der Penaten in Lavinium vor dem Volke an und belegte ihn mit einer Geldbusse; doch wurde Scaurus freigesprochen (Cic. Scaur. frg. 3. Ascon. z. d. St. p. 18). Als eigentlichen Beweggrund des D. giebt Asconius an, er habe dem Scaurus gezürnt, quod eum in augurum collegium non cooptaverat; wahrscheinlich handelt es sich um dieselbe Niederlage bei der Bewerbung um eine Priesterstelle, die nach Sueton den D. zur Einbringung seines Gesetzes veranlasst haben soll, nicht um zwei verschiedene, so dass an einer Stelle die Notiz über das Priestertum ungenau ist. Die ganze Nachricht verrät eine gewisse Gehässigkeit gegen D. und steht im [1326] Widerspruch mit seinem Verhalten, als er einem sich zum Zeugnis gegen seinen Herrn erbietenden Sclaven des Scaurus kein Gehör schenkte, sondern ihn jenem überlieferte (Cic. Deiot. 31. Val. Max. VI 5, 5. Dio frg. 90, 1; irrtümlich mit Rollentausch des D. und Scaurus Plut. inim. util. 9). Ähnlich parteiisch gegen D. hebt Cic. div. in Caec. 67; Verr. II 118 die Veranlassung der Klage hervor, die der Tribun gegen M. Iunius Silanus erhob, nämlich die persönliche Kränkung des Kelten Aegritomarus, der zu ihm von dem Allobrogerfeldzuge seines Vaters her in freundschaftlichen Beziehungen stand; der Process des Silanus, der allerdings mit seiner Freisprechung endete, ist nur einer von den verschiedenen, die damals gegen die von den Kimbern geschlagenen Generale angestrengt wurden (Ascon. Cornel. 71). Zum Dank für sein Gesetz über die Priesterwahlen wurde D. selbst, anscheinend im J. 651 = 108. an Stelle des L. Metellus Delmaticus (o. Bd. III S. 1212 Nr. 91) zum Pontifex maximus gewählt (Cic. Deiot. 31. Liv. ep. LXVII. Val. Max. VI 5, 5). Im J. 654 = 100 nahm er in den Reihen der Optimaten zusammen mit seinem Bruder L. (Nr. 26) an dem Kampfe gegen L. Appuleius Saturninus und seinen Anhang teil; dass er damals Praetor war, lässt sich aus Cic. Rab. perd. 21 jedoch nicht mit Sicherheit entnehmen. Er war befreundet mit dem in demselben Jahre verbannten Vorkämpfer der Nobilität Q. Metellus Numidicus, der aus dem Exil ein Schreiben an die Brüder Cn. und L. Domitii richtete (Gell. XV 13, 6. XVII 2, 7), und verschwägert mit dem anderen Rivalen des Marius, Q. Catulus (vgl. Nr. 90). Zum Consulat gelangte D. im J. 658 = 96 mit C. Cassius Longinus (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Cic. Deiot. 31. Val. Max. VI 5, 5. Ascon. Scaur. p. 18. Cassiod. Obseq. 49. Älteste Gladiatorentessera Herm. XXI 273, 1. 320) I und zur Censur 662 = 92 mit dem berühmten Redner L. Licinius Crassus (Fasti Cap. Cic. a. O. Val. Max. a. O.). Die beiden Censoren erliessen ein bekanntes, von Suet. gramm. 25 und Gell. XV 11, 2 im Wortlaut (doch vgl. die Bedenken gegen dessen Echtheit bei Marx Proleg. der Ausgabe des Auct. ad Her. 144) erhaltenes Edict gegen die neu aufgekommenen Schulen der lateinischen Rhetoren (vgl. Cic. de or. III 93. Quintil. inst. or. II 4. 42. Tac. dial. 35). Im übrigen kamen sie aber in heftigen Streit mit einander, wobei D. trotz seines würde- und geistvollen Wesens doch dem redegewandten und schlagfertigen Crassus gegenüber den Kürzeren zog. Die Veranlassung des Conflicts war vielleicht, dass D. den Collegen wegen seiner Prunkliebe und Verschwendung mit einer censorischen Rüge belegte; dieser suchte sich vor der Bürgerschaft in einer Rede zu rechtfertigen, und es kam dabei zu einer förmlichen Altercatio zwischen beiden (Cic. Brut. 164. 165; de or. II 45. 227. 242. Val. Max. IX 1, 4. Plin. n. h. XVII 1ff. Suet. Nero 2. Macrob. sat. III 15, 3–5. Plut. de inim. util. 5; praec. reip. ger. 14, 24; solert. anim. 23, 7. Aelian. hist. an. VIII 4). Die daraus überlieferten auf D. bezüglichen Äusserungen richten sich namentlich gegen seine übertriebene Strenge (vgl. Cic. de or. II 230), so die, dass er drei Frauen, ohne eine Thräne zu vergiessen, begraben habe (Plut. Aelian.), und [1327] die, non esse mirandum, quod aeneam barbam haberet, cui os ferreum, cor plumbeum esset (Säet.). Gegen Ende 663 = 91 scheint die Erzählung Diodors XXXVII 13, 1f. zu spielen, dass Pompaedius Silo mit 10 000 Italikern nach Rom aufgebrochen sei, um die Forderungen der Italiker durchzusetzen oder sich durch einen Handstreich der Stadt zu bemächtigen, und dass nur der besonnene Zuspruch eines ihm begegnenden Römers ihn zur Umkehr bewogen habe. Dieser Römer wird Γάιος Δομίτιος genannt, und es ist wohl möglich, dass das Praenomen vielmehr Γναῖος zu lesen und der hochangesehene Censor des vorhergehenden Jahres hier zu verstehen ist (vgl. Strehl M. Livius Drusus [Marburg 1887] 41f. 58). Aber die Erzählung bleibt dennoch höchst befremdend, und der ganze Zusammenhang, in den sie gehört, ist unsicher und unklar. Den Bundesgenossenkrieg hat D., gewiss noch erlebt, aber kaum überlebt, da um 665 = 89 Q. Mucius Scaevola als Oberpontifex an seine Stelle getreten zu sein scheint.