RE:Collatio lustralis
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Steuer für den Handelsstand | |||
Band IV,1 (1900) S. 370–376 | |||
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Collatio lustralis, vollständiger lustralis auri argentive collatio (Cod. Theod. I 5, 14) oder lustralis auri collatio (Cod. Theod. XIII 1, 20), auch auraria functio (Cod. Theod. XIII 1, 11. 13. 18. 19. XII 6, 29), auraria pensio (Cod. Theod. VII 21, 3. XVI 2, 36), aurum negotiatorium (Hist. Aug. Alex. 32, 5), griechisch εἰσφορὰ χρυσοῦ καὶ ἀργύρου (Zosim. II 38, 2. Liban. or. II 477), πραγματευτικὸν χρυσίον (Basil. epist. 88 = Migne Gr. 32, 469), später kurzweg χρυσάργυρον genannt. (Zosim. II 38, 3. Zonar. XIV 3 p. 54 B. Euagr. III 39. Georg. Cedren. 627 = Migne G. 86, 2677. 121, 681), war eine Steuer, welcher der Handelsstand als solcher unterlag (Cod. Theod. XIII 1, 1–21. 4, 4. XII 1, 72. XVI 2, 10. 15. Liban. or. II 477). Doch dehnte man im fiscalischen Interesse den Begriff desselben so weit aus, dass nicht nur die Geschäfte des Gastwirts und Bordellhalters (Liban. a. O. Nov. Theod. 18 pr.), sondern selbst der einzeln lebenden Dirne und des Lustknaben (Zosim. II 38, 2. Zonar. XIV 3 p. 54 C. Euagr. III 39. Georg. Cedren. 627 = Migne G. 86, 2677. 121, 681. Hist. Aug. Alex. 24, 3), also fast jede Leistung, für die man gewohnheitsmässig Geld empfing, mit darunter fielen. Valentinian I. befreite die ländlichen Handwerker (Cod. Theod. XIII 1, 10) und die freigeborenen Maler, soweit sie nur die Werke ihres eigenen Pinsels verkauften (Cod. Theod. XIII 4, 4); sonst blieben in den Städten selbst die Flickschuster nicht verschont (Liban. or. II 478). Auch die Bettler soll man zu der C. l. herangezogen haben (Zonar. a. O. Euagr. a. O. Georg. Cedren. a. O.); doch dürften damit wohl jene dürftigen Hausierer gemeint sein, wie wir sie noch heute kennen, die sich kaum weniger durch Bettel, als durch den Verkauf ihrer elenden Waren ernähren. Für den Zweck der Steuererhebung waren alle, die als Handeltreibende galten, in eine besondere Liste, die negotiatorum matricula, eingetragen (Cod. Theod. XVI 2, 15 § 1. XI 5, 1. XIII 1, 3), die Anastasius bei der Aufhebung der Steuer verbrennen liess (Euagr. a. O. Zonar. a. O. Georg. Cedren. a. O.).
Über ihre Verteilung giebt nur folgende Stelle (Cod. Theod. XII 1, 72) Aufschluss: pecunia, quam habent in conversatione, mercatoribus indictum aurum argentumque agnoscit. Danach erscheint das Geld als der eigentliche Steuerträger, d. h. die Höhe der Leistung wurde nach dem im Handel angelegten Capital bemessen. Wer nichts oder sehr wenig besass, wie die ärmsten Handwerker, Dirnen, Lustknaben und bettelhafte Hausierer, musste im 5. Jhdt. ein Silberstück entrichten. Auch für ein Pferd, ein Maultier oder ein Rind war dasselbe Silberstück zu bezahlen, [371] für einen Esel oder einen Hund 6 Folles. Man scheint danach die Tiere als einen Teil des Handelskapitals betrachtet zu haben, wahrscheinlich weil sie zum Transport der Waren benutzt wurden (Georg. Cedren. a. O. Zonar. a. O.). Jene Silbermünze war jedenfalls die Siliqua (= 53 Pfennig) , da diese gerade den doppelten Wert von 6 Folles hatte (Mommsen Die Follarmünzen bei Pinder und Friedländer Beiträge zur antiken Münzkunde 128).
Abgesehen von jenen 6 Folles, die nur in Kupfergeld gezahlt werden konnten, wurde die Steuer immer in Gold und Silber erhoben (Cod. Theod. V 14, 4. VII 20, 9. XII 1, 72. XIII 1, 1. 4. 6. 8. CIL X 3732. 5349. Zosim. II 38, 2. Liban. or. II 477), woher sie auch den Namen χρυσάργυρον erhielt. Wenn in vielen Gesetzen das Gold allein genannt wird (Cod. Theod. XIII 1, 9. 11. 15. 17. 20. 21) und danach der Name auraria functio oder pensio sogar zur technischen Bezeichnung der Steuer wurde, so liegt dies vielleicht daran, dass alle Beträge, die nicht zu klein waren, um sich in Goldmünze ausdrücken zu lassen, in diesem Metall entrichtet werden mussten. Daher erfinden auch die Fälscher der Historia Augusta, dass Alexander Severus bei jeder Herabsetzung der Steuer die Goldstücke habe leichter ausmünzen lassen (39, 6. 7).
Der Name zeigt, dass die C. l. nicht jährlich erhoben wurde, sondern an die Lustra anknüpfte (Liban. or. II 477: ὁ ἀφόρητος φόρος, ἄργυρος καὶ χρυσός, φρίττειν προσιούσας ποιῶν τὰς δεινὰς πεντετηρίδας). Trotzdem ist es nicht ganz unrichtig, wenn andere Quellen die Steuer vierjährig nennen (Zosim. II 38, 2. Euagr. a. O. Georg. Cedr. a. O.; wenn Zonaras XIV 3 p. 54 C von einem τέλος ἐτήσιον spricht, kann dies nur Missverständnis sein, da er aus derselben Quelle geschöpft hat, wie die beiden vorgenannten). Denn diese Lustra traten nicht selten schon nach vier Jahren ein, da bei ihrer Bestimmung eine grosse Willkür herrschte. Es sind nämlich die Feste des Regierungsantritts und die ihnen entsprechenden quinquennalia, decennalia, quindecennalia u. s. w. gemeint, die man oft mit dem Namen der lustra bezeichnet (Symm. rel. 13, 2; or. I 16. Eumen. paneg. VIII 13. Apoll. Sid. carm. XIII 28. Cod. Theod. XVI 2, 5). Dies ergiebt sich aus den folgenden Nachrichten über die Jahre, in denen die C. l. erhoben wurde:
Constantius feierte am 9. September 357 seine Vicennalien als Augustus (Mommsen Chron. min. I 239; vgl. 235), und am 2. December 356 wird eine eilige (protinus) Erhebung der C. l. verfügt (Cod. Theod. XIII 1, 1).
Iulianus wurde am 6. November 355 zum Caesar erhoben (Mommsen I 238. Amm. XV 8, 17). Danach ist wahrscheinlich, dass er seine Quinquennalien am gleichen Datum 360 gefeiert hat. In einem Gesetz vom 30. Juni 360 ist die Rede davon, dass die Steuer kürzlich erhoben ist, aber noch Rückstände dazu entrichtet werden müssen (Cod. Theod. XVI 2, 15 § 1; vgl. XIII 1, 2).
Valentinian I. bestieg am 25. Februar 364 den Thron (Mommsen I 240. Amm. XXVI 1, 7) und schrieb schon vor dem 17. April eine C. l. aus (Cod. Theod. XIII 1, 5. 6). Im J. 369 feierte [372] er die Quinquennalien (Seeck Herm. XVIII 150), und am 26. April 368 findet eine neue Indiction statt (Cod. Theod. XIII 1, 8, über die Datierung s. Krüger Commentationes Mommsenianae 77; vgl. XIII 1, 7). Ins J. 374 müssen seine Decennalien gefallen sein, und vom 5. Februar 374 ist ein Gesetz über die C. l. datiert (Cod. Theod. XIII 1, 10).
Gratian wird den 25. August 367 zum Augustus ausgerufen (Mommsen I 241), wonach er wahrscheinlich 372 seine Quinquennalien gefeiert hat. Schon einige Zeit vor dem 30. Juni 372 war eine C. l. ausgeschrieben (Cod. Theod. XIII 1, 9).
Valentinian II. wurde am 22. November 375 Augustus und feierte seine Quinquennalien wahrscheinlich im J. 380, die Decennalien 385 (Seeck Herm. XVIII 152). Am 5. Juli 379 (Cod. Theod. XIII 1, 11) und am 13. März 384 (Cod. Theod. XIII 1, 12; Nachträge zu dem Gesetz XIII 1, 13. 14) werden Handelssteuern ausgeschrieben.
Arcadius feierte die Qinquennalien am 16. Januar 387 (Mommsen I 244. II 62), die Vicennalien wahrscheinlich 402. Am 14. April 386 (Cod. Theod. XIII 1, 15) war eine C. l. ausgeschrieben. Ein Gesetz entsprechenden Inhalts (Cod. Theod. XIII 1, 16) ist falsch datiert, aber an den Praefectus urbi Clearchus gerichtet, der dies Amt 401 und 402 bekleidete (Seeck Philol. LII 448).
Honorius war am 23. Januar 393 auf den Thron erhoben (Mommsen I 298). Seine Decennalien dürfte er 402 gefeiert haben; denn die Vicennalien beschleunigte er wieder um ein Jahr, da sie 411 stattfanden (Mommsen II 70). Eine C. l. war von ihm vor dem 31. December 400 ausgeschrieben (Cod. Theod. XIII 1, 18, über die Datierung s. Seeck Symmachus p. CLX; Nachträge dazu Cod. Theod. XII 6, 29. XIII 1, 19. XVI 2, 36).
Theodosios II. beging seine Decennalien am 10. Januar 411 (Mommsen II 70; vgl. I 299). Vom 24. Juni 410 ist ein Gesetz über die C. l. (Cod. Theod. XIII 1, 20). Ein anderes nennt zwar in der Überschrift den 21. August 418 (Cod. Theod. XIII 1, 21), aber da die Kaiserconsulate in den Rechtsbüchern sehr oft verwechselt werden (Krüger Comment. Mommsen. 75. Seeck Ztschr. d. Savigny-Stiftg. f. Rechtsgesch., Rom. Abt. X 31), wird man es wohl auf das J. 415 beziehen dürfen, wozu die Quindecennalien von 416 passen würden.
Die C. l. knüpft also an die fünfjährigen Regierungsjubiläen an, wiederholt sich aber doch viel häufiger, als alle fünf Jahre. Denn erstens ist in der Regel mehr als ein Kaiser zu berücksichtigen, zweitens können die Feiern beschleunigt und ihr Zwischenraum auf vier Jahre herabgesetzt werden (Honorius), drittens kann man nicht nur die Annahme des Purpurs, sondern auch die Erhebung zum Augustus feiern (Constantius). Auf diese Weise müssen in dem Jahrzehnt von 351–360 nicht weniger als fünf C. l. beigetrieben sein: die erste beim Regierungsantritt des Caesar Gallus (351), die zweite bei den Tricennalien des Constantius (353), die dritte beim Regierungsantritt Iulians (355), die vierte bei den Vicennalien der Augustuswürde des Constantius (357), die fünfte bei den Quinquennalien des Iulian (360). [373] Bei dieser Unregelmässigkeit ihrer Erhebung, deren Termine vielfach von Willkür und Geldbedürfnis abhingen, versteht es sich von selbst, dass sie jedesmal indiciert werden musste (CIL X 5349. Cod. Theod. XII 1, 72. XIII 1, 1. 4. 6. 9). Doch scheint mit der Indiction nicht auch eine wechselnde Fixierung ihrer Höhe verbunden gewesen zu sein, sondern diese ein- für allemal festgestanden zu haben. Denn im J. 408 wird einem Bürger von Interamna Lirinas nachgerühmt: populum suum pro sua benivolentia ab indictione auri argentique liberum reddidit (CIL 5349). Dies ist kaum anders möglich, als durch Stiftung eines Capitals, aus dessen Zinsen die Steuer bezahlt wurde (vgl. CIG II 2336, 27–32. CIL II 3664); zu diesem Zwecke aber musste sie, dem festen Zinseinkommen entsprechend, gleichfalls fest sein. Jeder Stadt scheint eine bestimmte Anzahl von Pfunden Gold und Silber aufgelegt gewesen zu sein, die man, falls sie von den pflichtigen Kaufleuten nicht voll einlief, mitunter durch öffentliche Sammlung freiwilliger Gaben auf die vorgeschriebene Höhe brachte (Basil. epist. 88 = Migne G. 32, 469).
Dass die Steuer nicht jährlich war, sondern in ganz unregelmässigen Zwischenräumen, bei Regierungswechseln auch meist unerwartet aufgelegt wurde, dürfte der wichtigste Grund gewesen sein, warum sie drückender erschien, als alle anderen Auflagen. Bei der grossen Härte, mit der sie beigetrieben wurde, soll sie in der Regel dazu geführt haben, dass Eltern ihre Kinder in die Sclaverei verkauften oder ihre Töchter der Prostitution preisgaben, nur um die Steuerforderungen befriedigen zu können (Zosim. II 38, 3. Liban. or. II 478).
Denn während man sonst in dieser Zeit mit Privilegien und Immunitäten sehr freigiebig ist, treten sie bei der C. l. nur äusserst spärlich auf und pflegen bald widerrufen zu werden. Constantin befreite den Handel der Veteranen bis zu einem Capital von 100 000 Folles, was damals nicht ganz 3000 Mark entsprochen haben dürfte (Cod. Theod. VII 20, 3), und dies Privileg bestand auch unter seinen Söhnen fort (Cod. Theod. XIII 1, 2). Valentinian I. gewährte ihnen 366 volle Steuerfreiheit (Cod. Theod. VII 20, 9); aber schon drei Jahre später wurde dieser Vorzug auf diejenigen beschränkt, die es im Dienste bis zum Range eines Protector gebracht hatten, und auch bei diesen nur bis zu einer gewissen Maximalsumme (Cod. Theod. XIII 1, 7). Im J. 385 wurde diese im Occident auf 15 Solidi (= 190 Mark) herabgesetzt (Cod. Theod. XIII 1, 14); im Orient war das Privileg schon 384 ganz aufgehoben (Cod. Theod. XIII 1, 13), und dasselbe geschah 396 im Occident (Cod. Theod. VII 21, 3). Constantius befreite 343 die Kleriker (Cod. Theod. XVI 2, 8. 14. XIII 1, 1), aber er selbst beschränkte dies schon 360 auf diejenigen, welche durch ihren Handel nicht mehr als den dürftigsten Lebensunterhalt gewannen (Cod. Theod. XVI 2, 15 § 1). Selbst diese geringe Bevorzugung wird die heidnische Reaction Iulians nicht überdauert haben, und seine Nachfolger beeilten sich nicht, sie wiederherzustellen (Cod. Theod. XIII 1, 5. 6). Erst 379 wurde der Clerus für ein Capital befreit, das je nach den Diöcesen verschieden bemessen war, aber nirgends [374] die Summe von 15 Solidi überstieg (Cod. Theod. XIII 1, 11); doch hatte dies nur im Occident Bestand (Cod. Theod. XVI 2, 36), im Orient wurde es 399 wieder aufgehoben (Cod. Theod. XIII 1, 16). Auch die Befreiung der Schiffergilde, die 380 und 386 nachweisbar ist (Cod. Theod. XIII 5, 16 § 2. 17), wird kaum gedauert haben.
Nur eine Immunität hat sich dauernd erhalten, die der ländlichen Grundbesitzer, weil diese schon durch die Capitatio schwer genug gedrückt waren. Anfangs wurden auch sie, falls sie ihre Producte nicht an Zwischenhändler verkauften, sondern selbst auf den Markt brachten, mit der Handelssteuer belegt. Iulian nahm die Colonen der Senatoren von dieser Bestimmung aus und erteilte bald die gleiche Begünstigung auch den Decurionen (Cod. Theod. XIII 1. 3. 4 = XII 1, 50). Erst Valentinian dehnte sie auf die gesamte Landbevölkerung, die Dorfhandwerker mit eingeschlossen (Cod. Theod. XIII 1, 10), in dem Sinne aus, dass nur der Verkauf ihrer selbst erzeugten Producte frei bleiben solle, und dies behielten auch die folgenden Kaiser bei (Cod. Theod. XIII 1, 6. 8. 12. 13).
Die eigentümliche Verbindung, in der die C. l. mit dem Regierungsantritt der Kaiser und dessen fünfjähriger Feier steht, erklärt sich aus den ausserordentlichen Bedürfnissen, die dieser Anlass jedesmal hervorrief. Nicht so sehr die Schauspiele, Tierhetzen und Circusrennen kommen hier in Betracht, obgleich auch diese Kosten genug verursachten, sondern namentlich die grossen Geschenke an das Heer. Iulian, der durchaus kein Soldatenkaiser war, versprach bei seiner Erhebung zum Augustus jedem Manne 5 Solidi und ein Pfund Silber (Amm. XX 4, 18), was zusammen 127 Mark entspricht. Da die Gesamtmasse des römischen Heeres damals gewiss nicht hinter 400 000 zurückblieb, muss ein Donativ dieser Art zwischen 50 und 60 Millionen gekostet haben (vgl. Amm. XX 11, 5). Nun waren die Soldaten zum grossen Teil Barbaren, die von jenseit der Reichsgrenzen gekommen waren, um sich anwerben zu lassen, und nach ihrer Verabschiedung in ihre Heimat zurückkehren wollten. Sie verlangten daher Geld, das auch im Auslande Curs hatte, also nicht die schlechte Weisskupfermünze, sondern Edelmetall. Wie Iulians Donativ zur Hälfte aus Gold, zur Hälfte aus Silber bestand (Mommsen Gesch. d. röm. Münzwesens 834), so wird dies die allgemeine Regel gewesen sein (vgl. Hist. Aug. Alex. 32, 4). Daher musste auch die C. l. in diesen beiden Metallen bezahlt werden.
Diocletian hatte das Finanzwesen des Reiches fast ganz auf eine Naturalsteuer gegründet (s. Capitatio), mit der sich zwar der Unterhalt des Heeres bestreiten liess, die aber für Geldgeschenke dieser Art nichts hergab. Trotzdem fehlten ihm die Mittel dazu nicht ganz; sie ergaben sich namentlich aus folgenden Quellen:
1) Aus den Confiscationen, die Diocletian sehr in diesem Sinne ausnützte (Lact. de mort. pers. 7, 11).
2) Aus Erbschaften, mochten sie nun dem Kaiser hinterlassen oder als vacantes vel caducae eingezogen sein. Bei diesen beiden Einnahmequellen war es üblich, dass, wenn auch die confiscierten [375] Güter an Günstlinge verschleudert wurden, man das Gold und Silber, dessen man am meisten bedurfte, von der Schenkung ausnahm (Cod. Theod. X 9, 2. 10, 21. Hist. Aug. Alex. 46, 4).
3) Aus dem aurum coronarium (s. Bd. II S. 2552), das seit Diocletian in grösserem Umfange als je zuvor gefordert und geleistet wurde. Nicht nur Siege (Cod. Theod. XII 13, 4. Liban. epist. 797 a), sondern auch der Regierungsantritt (Amm. XXV 9, 4. XXVIII 6, 7. Eunap. frg. 15. 29), die Verkündigung eines Steuererlasses (Cod. Theod. XII 13, 4), kurz jedes freudige Ereignis (Hist. Aug. Pius 4, 10) wurde von den Gemeinden benützt, um ihre Ergebenheit durch ein kostbares Geschenk darzuthun. Zog der Herrscher in eine Stadt ein, so wurde ihm ein goldener Kranz entgegengetragen (Zosim. III 12, 2. Mommsen Chron. min. II 73); ging eine Gesandtschaft an ihn ab, um ihm die Bitten einer Stadt oder Provinz vorzutragen, so führte sie sich mit einem Geldgeschenk in Form eines Kranzes oder einer Statuette bei ihm ein (Synes. de regno 3. Cod. Theod. XII 12, 15. 13, 4. Amm. XXVIII 6, 7. Liban. epist. 766). Auch abhängige Fürsten huldigten dem Kaiser mit solchen Gaben (Ammian. XXIII 3, 8. Cod. Theod. XII 13, 6), ja mitunter nahmen diese völlig den Charakter eines Tributes an. So verpflichtete sich der Gothenkönig Theodahad. dem Iustinian einen Kranz von 300 Pfund Gold (= 184 000 Mk.) jährlich darzubringen (Procop. bell. Goth. I 6 p. 321 A). Die Städte des Reiches aber meinten die Huld des allmächtigen Gebieters zu gewinnen, indem sie sich in ihren Geschenken gegenseitig überboten; um die Mitte des 4. Jhdts. waren Kränze von 25 000 Mark Goldwert noch nicht einmal die grössten. Auch als Iulian das Maximalgewicht auf ein Pfund Gold (=913 Mark) herabsetzte (Liban. or. I 586; vgl. Ammian. XXV 4, 15), muss bei der Grösse des Reiches die Gesamtsumme noch sehr bedeutend gewesen sein, da bei Regierungswechseln, grossen Siegen und ähnlichen Gelegenheiten selbst ganz arme Städte sich nicht auszuschliessen wagten (Liban. epist. 766). Das aurum coronarium galt als freiwillige Gabe (Cod. Theod. XII 13, 1. 4) und war dies wohl auch in den meisten Fällen, soweit man eben die Erfüllung der Gebote, welche die Sitte vorschreibt, freiwillig nennen kann. Aber war der Kaiser in Geldverlegenheit und fand sich ein passender Anlass, so wurden die Städte oft genug auch zwangsweise dazu angehalten (Cod. Theod. XII 13, 1–3. 5. 6). Das Geld wurde von den Decurionen zusammengeschossen (Cod. Theod. XII 12, 15. 13, 2–4); doch mitunter zog man auch die übrigen Grundbesitzer der Stadtgebiete, mit einziger Ausnahme der Senatoren, heran (Cod. Theod. XII 13. 2).
4) Durch das aurum oblaticium, ein Geldgeschenk, das der Senat beim Regierungsantritt (Cod. Theod. VI 2, 20) und bei den Lustralfesten der Kaiser darzubringen pflegte. Über die Höhe beschloss man frei; aber da man fürchtete, den Herrscher zu verletzen, wenn man sich ihm gegenüber minder freigiebig zeigte, als gegen seine Vorgänger, so bewirkte die Kriecherei des hauptstädtischen Adels, dass die Last sich immer steigerte (Symm. rel. 13, 2). Bei den Decennalien [376] Valentinians II. (385) erreichte die Summe, die der Senat von Rom bewilligte, 1600 Pfund Gold (= 1,700,000 Mark). Diese Oblationes waren für die Donative von besonderem Wert, weil sie mit ihnen zeitlich zusammenfielen, also praktisch der C. l. ziemlich gleich standen, Cod. Theod. VI 2, 11. 15. 20. 26, 12. 4, 17. Symmach. rel. 13. 23, 12; or. III 1.
Aus diesen Quellen bezogen die Kaiser Edelmetall genug, um bei so sparsamer Finanzverwaltung, wie Diocletian sie übte, die Habgier ihrer Söldner leidlich befriedigen zu können. Erst die Verschwendung seiner Nachfolger machte die Einführung besonderer Gold- und Silbersteuern nötig. Maxentius gab ihnen die Form freiwilliger Gaben, die aber zwangsweise beigetrieben wurden (Mommsen Chron. min. I 148. Vict. Caes. 40, 24). Galerius liess sie für seine Vicennalien auf die Iuga und Capita umlegen, schrieb sie also in der gewöhnlichen Weise der Indiction aus (Lact. de mort. pers. 31, 2. 5. 6). Den Vorwurf, den man ihm mit Recht machte, dass man von den Bauern, die schon durch die Naturalsteuern gedrückt seien, nicht auch noch bares Geld verlangen dürfe, vermied Constantin, indem er die C. l. schuf und demjenigen Stande auflegte, für den die Beschaffung von Gold und Silber am wenigsten Schwierigkeiten hatte (Zosim. II 38, 2). Das erste Beispiel ist uns durch Dessau 1216 überliefert, wo ein comes domini nostri Constantini maximi Augusti et exactor auri et argenti provinciarum trium genannt wird. Denn da diese Form des Comestitels schon mit dem J. 314 verschwindet (s. Comites unter F), dürfte diese Beitreibung der C. l. für die Decennalien des J. 315 stattgefunden haben (vgl. Cod. Theod. VII 20, 3). Die C. l. ist also gleichzeitig mit der collatio glebalis eingeführt; wie diese das Kupfergeld für die regelmässige Löhnung, so lieferte jene das Gold und Silber für die ausserordentlichen Geschenke an die Soldaten. Erst Anastasius (491–518) schaffte sie wieder ab (Zonar. XIV 3 p. 54 C. Euagr. III 39. Georg. Cedren. 627 = Migne G. 86, 2677. 121, 681. Priscian. paneg. in Anast. 149ff.).