Bononia. 1) Bononia (Βονωνία; Einwohner Bononiensis), bedeutende Stadt in Oberitalien am Flusse Rhenus und der Via Aemilia, jetzt Bologna. Die Gründung wird dem Etrusker Aucnus oder Ocnus zugeschrieben, dessen Bruder Aulestes Perusia gegründet haben soll (Plin. III 119. Serv. [702] Aen. X 198. Sil. Ital. VIII 600), ihr ursprünglicher Name war Felsina (s. d.). Später kam die Stadt in die Hand der boischen Gallier, denen sie die Römer im J. 196 v. Chr. abnahmen (Liv. XXXIII 37, 4); sieben Jahre später wurde eine Colonie von 3000 Bürgern dorthin gelegt, und der Ortsname in B. verändert (Liv. XXXVII 57, 7. Vellei. I 15). Im J. 187 baute der Consul Flaminius die Strasse über den Apennin a Bononia Arretium (Liv. XXXIX 2, 6, uncorrect Strab. V 217), gleichzeitig sein College Aemilius die Via Aemilia von Placentia über B. nach Ariminum, wodurch B. der Mittelpunkt des norditalischen Strassennetzes wurde. Trotzdem wird die Stadt in republicanischer Zeit selten erwähnt (zum J. 135 bei Oros. V 6), sie scheint nach dem Bundesgenossenkriege aus einer Colonia iuris latini in ein Municipium verwandelt zu sein (Fest. 127); ihre Tribus war die Lemonia (Kubitschek Imperium rom. tributim discriptum 95). Häufig erwähnt wird sie in den Bürgerkriegen 43 v. Chr. (Cic. ad fam. XII 5, 2. Cass. Dio XLVI 36. Appian. b. c. III 69. D. Brutus in Cic. ad fam. XI 18), ganz besonders wegen des auf einer kleinen Insel des Rhenus abgeschlossenen zweiten Triumvirats (Cass. Dio XLVI 54. 55. Plut. Cic. 46; Anton. 19. Appian. b. c. IV 2. Florus IV 6. Suet. Aug. 96). Antonius, dessen Familie von altersher Patronat über B. gehabt hatte (Suet. Aug. 17), deducierte Colonisten dahin (Cass. Dio L 6), deren Zahl Octavian vermehrte (daher divus Augustus parens coloniae auf der Inschrift CIL XI 720; vgl. auch die Anekdote bei Plin. XXXIII 83). Im J. 53 n. Chr. durch einen Brand zerstört, wurde sie durch Claudius wiederhergestellt (Tacit. ann. XII 58. Suet. Nero 7). Trotzdem die Stadt blühend und volkreich geblieben sein muss (zahlreiche Soldaten aus B., s. Bohn Eph. epigr. V p. 252), wird sie doch verhältnismässig selten genannt; ihrer gedenken die Geographen (Strab. V 216. Mela II 60. Plin. III 116 VI 218. VII 159. 163. XVI 161. XXXVI 161. Ptol. III 1, 46) und Itinerarien (It. Ant. 99. 127. 281. 282. 283. 287; Hierosolym. 616. Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 p. 272 P.); gelegentlich noch Tacit. hist. II 53. 67. 71. Martial. III 54. Phlegon macrob. 1. 2. 4. Im 4. Jhdt. nennt Ambrosius (epist. II 8) die Stadt halbverfallen: doch hielt sie im J. 410 dem Angriffe Alarichs stand (Zosim. VI 10) und wird von Paulus Diac. hist. Lang. II 18 unter den wohlhabenderen Orten Norditaliens aufgezählt; erwähnt noch bei Procop. b. Goth. III 11. Paulus hist. Lang. VI 49. 54. Die Ruinen des römischen Bologna sind wenig bedeutend; erwähnenswert die grosse (unterirdische) römische Wasserleitung, welche neuerdings wieder hergestellt ist (Gοzzadini Intorno all’ acquedotto ed alle terme di B. 1864; Notizie degli scavi 1881, 162. CIL XI 793). Inschriftlich bezeugt sind Thermen (CIL XI 720. Brizio Not. d. scavi 1896, 260) und ein Isistempel (CIL XI 695). Griechische Inschriften aus B. Kaibel IGI 2282–2286, lateinische CIL XI 693–815. Vgl. Gozzadini Studii archeologico-topografici sulla città di Bologna (in den Atti della deputazione di storia patria d. Romagna 1868). Notizie degli scavi 1877, 240. 1878, 81. 1885, 216. 1890, 204. 1891, 19. 367. 1892, 255–260. 1894, 269. 1896, 125–160. 258–260.