Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Rhetor, röm. Ritter
Band III,1 (1897) S. 557 (IA)–558 (IA)
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2) Rhetor, römischer Ritter, der erste freigeborene Römer, der Rhetorik zu Rom lehrte (Sen. contr. II praef. 5), Zeitgenosse des Pompeius Silo (contr. I 7, 13), Porcius Latro (contr. I 7, 10. II 5, 14), Buteo (contr. II 5, 15), Passienus (contr. II 5, 17). Da von den drei letztgenannten Declamatoren, die zu einer divisio des B. Stellung nehmen, der eine, Passienus, i. J. 9 v. Chr. gestorben [558] ist, so hat sich B. mit der fraglichen Controverse vor diesem Jahre, wahrscheinlich viel früher (vgl. Buteo) beschäftigt. In die nämliche Zeit weist uns die Notiz bei Sen. contr. II praef. 5, dass Papirius Fabianus die Schule des B. besucht hat. Fabianus muss, wenn Senecas Geburt spätestens 54 v. Chr. angesetzt wird, nach derselben Stelle um 35 v. Chr. geboren sein; admodum adulescens genoss er grossen Ruf als Declamator (a. O. 1), also etwa um 15; bald wandte er sich der Philosophie zu (a. O. 2) und, cum iam transfugisset, studuit apud Blandum (a. O. 5). Wie lange vorher, wie lange nachher B. declamiert hat, lässt sich aus Seneca nicht ermitteln. Die Bemerkung contr. X 4, 20, dass B. eine Sentenz des Asianers Adaios nachgeahmt hat, beweist für eine genauere chronologische Fixierung nichts. Chronologisch unanstössig ist die von Nipperdey, H. Müller, Teuffel-Schwabe R. L.-G.⁵ 638 u. a. gebilligte Vermutung Borghesis Opusc. IV 486 zu Tac. ann. VI 27; danach gehörte unser B. der gens Rubellia an, war in Tibur geboren und Grossvater des 33 n. Chr. durch Heirat mit der Iulia, der Tochter des Drusus, Schwiegerenkel des Tiberius gewordenen (C.) Rubellius B. (Tac. ann. VI 45; über die Familie Nipperdey zu ann. VI 27). Im J. 33 plerique meminerant des Grossvaters B., der demnach damals schon lange tot war. Ob unser B. auch identisch ist mit dem Geschichtschreiber Rubellius Blandus, dessen Servius Georg. I 103 gedenkt, ist fraglich (Teuffel-Schwabe a. O.); s. unter Rubellius. Daraus, dass Fabianus sich später in seiner Ausdrucksweise von dem Einflusse seines früheren Lehrers, des Asianers Arellius Fuscus, loszumachen bemühte (Sen. contr. II praef. 1) und bei B. länger studierte als bei Arellius (a. O. 5), und zwar zu einer Zeit, wo er der Declamation bereits den Rücken gekehrt hat und die Beredsamkeit nicht als Selbstzweck, sondern nur als Mittel zum Zwecke, zum Disputieren, übte, lässt sich schliessen, dass in der Schule des B. eine gesündere Manier und mehr Geist herrschte als in der des Arellius. Diese Annahme wird in gewissem Grade durch die Proben bei Seneca bestätigt, wenn auch der Einfluss der damals vorherrschenden asianischen Geschmacksrichtung in der häufigen Anwendung von Antithesen (oft noch in Verbindung mit Parisosen und Homoioteleuta), von Anaphern und besonders Exclamationen unverkennbar ist. Manche Sentenzen des B. wurden allgemein gefeiert (contr. VII 5, 14), in andern verfällt er ins Gesuchte, ja Kindische, weswegen er von Latro verlacht wird (contr. I 7, 10). Besonders erwähnt wird, dass er eine Sentenz des Pompeius Silo in ironiam vertit (contr. I 7, 13) und sich der Figur der simulatio zu einem color bediente (contr. II 6, 6). In Divisionen und Descriptionen scheint eine besondere Stärke des B. gelegen zu haben. Erhalten sind uns durch Seneca zahlreiche, meist kürzere Proben seiner Schulberedsamkeit, s. die Indices bei Kiessling 533 (wo statt suas. 1, 8 zu lesen ist 2, 8, statt contr. VII 5, 13 contr. VII 5, 14) und Müller 619; verhältnismässig die umfangreichsten suas. 2, 8; contr. I 8, 10. II 5, 13. VII 1, 6. In contr. I 7, 11 vermutet Gertz den Ausfall des Namens Blandus, Haase den des Latro.