Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Grenzfluß Mediens
Band II,1 (1895) S. 402403
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Araxes, Name mehrerer Flüsse. 1) Bei Herodotos, der an zwei Stellen (I 202 ‚der A. strömt von den Matianoi her, wie auch der Gyndes‘ und IV 40 ‚der A. fliesst gegen Sonnenaufgang‘) unstreitig den ostwärts zum kaspischen Meer abfliessenden Grenzfluss Mediens meint, da die Matianoi rings um den heutigen Urumiasee wohnten und der Gyndes dem nahen Zagros entspringt; mit dieser richtigen Vorstellung verknüpft er aber die von den Medern ausgegangene Sage vom Feldzug des Kyros gegen Tomyris und die nordischen Massagetai, welche nach I 204. 201 das weite Flachland östlich vom kaspischen Meere und jenseits des A., gegenüber von den Issedones, bewohnten; die Issedones haben wir als Tibeter und Bewohner des Tarymbeckens anzusehen; die Sage hat hier offenbar das Zweistromland des Oxus und Iaxartes vor Augen; in der Vorstellung der Orientalen haben sich diese zwei Ströme zu einem [403] grossen Flusslauf geeint. Auf die aralische Region, der auch die mythische Rañgha des Avestâ (npers. Arang, skr. Rasâ) angehört, passt einzig und allein die weitere Schilderung des A. I 202: er bricht in 40 Mündungen aus, die insgesamt in Sümpfen und Seen ausgehen, eine einzige ausgenommen, welche rein in das kaspische Binnenbecken einmündet; es giebt dort viele Inseln, deren Bewohner sich von Wurzeln und Baumfrüchten nähren und sich überdies mit dem Dunst der ins Feuer geworfenen Kräuter (zd. bañga) berauschen (wie dies noch jetzt in Khîwa geschieht); sie kleiden sich in Seehundsfelle (vgl. zd. bawraini vastrão; Robben gehören zur Relictenfauna des kaspischen Meeres) und nähren sich von Fischen (vgl. maçyaka, npers. mâhîk ‚Fischervolk‘ = Μασσαγέται?). Diese Angaben wiederholt, mit mehrfachen Zusätzen, noch Apollodoros, Strab. XI 512. 513. 531; zufolge der Vorstellung der Makedonen sollen sich jedoch die 40 Araxesarme ins nördliche Meer ergiessen, und nur ein Arm in den hyrkanischen Meerbusen. Wenn Herodot IV 11 die von den Massagetai aus dem Lande gedrängten Skolotoi über den A. ins kimmerische Land einrücken lässt, so hat diese Sage in das verwickelte Stromsystem auch noch den Unterlauf der Wolga einbezogen, oder es hat Herodot einfach nach seiner erdkundlichen Vorstellung den Namen A. eingesetzt. Nach Eustathios zu Dion. per. 739 soll auch Aischylos den A. als Fluss bei den Massagetai erwähnt haben; nach Diodoros II 43 sollen die ältesten Sitze der Skythai am A. gewesen sein. Über den A. des Hekataios (Steph. Byz.) s. unter Mykoi. Aristoteles met. I 13 lässt den A., wie den Choaspes und Baktros und wie den Riesenstrom Indos, vom Parnasos oder Paropanisos herabfliessen und zugleich mit dem Tanais sich verbinden; hier finden wir bereits den Iaxartes mit dem Tanais verwechselt, der A. aber kann nur den Oxus bedeuten oder die mythische Rañgha.