Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Liebling Hadrians
Band I,2 (1894) S. 2439 (IA)–2441 (IA)
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5) Liebling Hadrians, geboren in der Stadt Bithynium (= Claudiopolis Dio LXIX 11, 2) in Bithynien (Paus. VIII 9, 7. Eckhel VI 532), am 27. November(CIL XIV 2112 I 5. II 11); gestorben im Nil eines rätselhaften Todes (Dio LXIX 11, 2–3. Hist. Aug. Hadr. 14, 5) im J. 130 (Eckhel VI 537ff.), vielleicht am 30. October (auf welchen Tag von dem Chron. Pasch. z. J. 122, S. 223 Mommsen, die Gründung der Stadt Antinoupolis verlegt wird, vgl. Dürr Die Reisen des Kaisers Hadrian 1881, 64). Hadrian selbst schreibt, er sei in den Nil gefallen; Dio dagegen betrachtet es als Wahrheit, dass er sich freiwillig für das Wohl seines Herrn geopfert habe (LXIX 11, 2–3; vgl. Hist. Aug. Hadr. 14, 6. Vict. Caes. 14, 7). Hadrian gründete an der Stelle, wo er gestorben, die nach ihm benannte Stadt Antinoupolis [2440] (Dio LXIX 11, 3. Paus. VIII 9, 7. Amm. Marc. XXII 16, 2. Vict. Caes. 14, 6. Hegesippus bei Euseb. bist. eccl. IV 8. Chron. Pasch. z. J. 122. Hieron. z. J. 129), liess ihm fast in der ganzen Welt Bildsäulen setzen (Dio LXIX 11, 4; vgl. Paus. VIII 9, 7f.; über den Antinoustypus vgl. z. B. Gregorovius Der Kaiser Hadrian 463–467), benannte nach ihm einen Stern, der aus seiner Seele entstanden sein sollte (Dio LXIX 11, 4), erbaute ihm in Mantineia einen Tempel (Paus. VIII 9, 7) und liess ihn überhaupt göttlich verehren (vgl. Hist. Aug. Hadr. 14, 7). So wurde denn A. förmlich unter die Götter erhoben (Euseb. chron. z. J. 127. Hieron. z. J. 129. Tertullian. apolog. 13; ad nationes II 10; adv. Marcion. I 18; de corona 13; Θεός auf Münzen von Nikopolis in Epirus, Eckhel VI 534) als σύνθρονος τῶν ἐν Αἰγύπτῳ θεῶν (Kaibel IGI 960. 961 = CIG 6007) oder als νέος θεὸς Ἑρμάων (Kaibel IGI add. 978 a) verehrt, Tempel ihm errichtet (so in Lanuvium im J. 136, CIL XIV 2112, vgl. 3535. Hegesipp. bei Euseb. hist. eccl. IV 8) und zahlreiche (aber nur griechische, vgl. Cohen II 267f.) Münzen ihm zu Ehren geprägt (zusammengestellt bei Eckhel VI 528–539 über die alexandrinischen mit den Jahren ΙΗ bis ΚΑ Hadrians = 134–137 n. Chr. Mionnet VI 205f. nr. 1362–1373, vgl. v. Sallet Die Daten der alexandr. Kaisermünzen 1870, 34). Gedichte auf A. verfassten Pankrates (Athen. XV 677 d), Mesomedes (ἔπαινον, Suidas) und Numenios (παραμυθητικόν, Suidas).

In der Kunst ‚bezeichnet die Bildung des A. den letzten und nicht erfolglosen Versuch, die Formen eines Porträts nicht blos typisch zu fixieren, sondern zu eigentlich idealer Bildung zu verklären‘ (Brunn). Die Vergötterung des A. legte es nahe, ihn mit den Attributen verschiedener, jugendlich schöner Götter darzustellen und deren allgemein gültigem Idealtypus anzunähern; doch wurden die porträthaften Züge stets mehr oder weniger hervorgehoben und fehlen niemals ganz. Einer Zeit, die dem Porträt so lebhaftes Interesse entgegenbrachte und in der Porträtkunst solche Erfolge errang, wie die ältere römische Kaiserzeit, musste die Erscheinung des A. eines der interessantesten Probleme darbieten. Der Gegensatz der düsteren, von dichten Brauen beschatteten Schwärmeraugen zu dem vollen Untergesicht und dem sinnlichen Mund, die niedrige, von dichtem lockigem Haar umgebene Stirn, die voll und doch nicht kraftvoll gewölbte Brust, die Vereinigung blühender Schönheit mit träumerisch weichlichem Gemütsleben und einem Mangel an geistiger Reife musste den Künstler zur Darstellung reizen. Die Darstellungen sind gesammelt von Levezow Über den A., Berlin 1808. Dietrichson Antinoos, Christiania 1884 (vgl. dazu Michaelis DLZ 1884, 1337). Die verschiedenartige Beurteilung des A.-Ideals macht zur Grundlage einer ästhetischen Erörterung F. Laban Der Gemütsausdruck des A., Berlin 1891. Vgl. auch Overbeck Plastik³ II 444f.

Sichersten Anhalt für das Porträt bieten die Münzen, besonders von Alexandreia (Catal. of Coins Brit. Mus., Alexandria, p. 107 nr. 925f.) und vielen kleinasiatischen Orten, z. B. Bithynion, der Vaterstadt des A., Tarsos (Rev. numism. 1892 [2441] pl. V 1) u. s. w. ; im griechischen Mutterlande auf Münzen von Mantineia (Imhoof-Blumer u. Percy Gardner Num. Comm. an Paus., Journ. Hell. Stud. VII 1886, 99) und Delphi (Arch. Ztg. 1869 Taf. 23, 30. Ztschr. f. Num. XIII Taf. IV 3); A. ist hier ohne göttliche Verkleidung als Ἀντίνοος Ἥρως dargestellt. Von Bildwerken, die das einfache Porträt bieten, sind zu nennen: Büsten: zwei im Vatican (Mus. Pio-Clem. VI 47. Dietrichson Taf. II 7), zwei in Florenz (Dietrichson Taf. VI 18. Dütschke III 509), Louvre (Clarac 1072, 3294C), München (Friederichs-Wolters nr. 1664), Beyrut Samml. Pérétié (Bull. hell. III 1879, 259); Statuette Berlin 362.

Sonstige Haupttypen: als νέος Διόνυσος (so am häufigsten): Statuen: A. Braschi im Vatican (Clarac 947, 2428. Levezow Taf. 7. 8. Friederichs-Wolters nr. 1668), Rom Vigna Casali (Matz-Duhn 383. Dietrichson Taf. V 14); Büsten: A. Mondragone im Louvre (Clarac 1072, 3294B. Friederichs-Wolters 1661; schöner Typus, sehr künstliche Haartracht), Berlin 365 (ähnlich im Typus), Brit. Mus. (Anc. Marbl. XI 25), Petersburg (Dietrichson Taf. XVII 52); Münzen, z. B. von Adramyteion (Eckhel VI 530). Als Hermes: Büste in Petersburg (Dietrichson Taf. XVII 50); häufig auf Münzen, z. B. zu Ross mit Caduceus auf dem Revers alexandrinischer Bronzemünzen (s. o.). Als Apollon: Statue aus Eleusis mit Omphalos (Bull. d. Inst. 1860, 179. Dietrichson Taf. XVIII 53, der den Omphalos verkannt hat); Büste Berlin 363; den Greifen reitend auf Münzen von Kalchedon (Head HN 439). Als Aristaios: Statue im Louvre (Clarac 266, 2431); als Vertumnus: Statuen: Lateran (Benndorf-Schöne nr. 79. Helbig Führer 295. Clarac 947, 2430), Marbury Hall (Clarac 946, 2430 A); Relief in Villa Albani (Helbig Führer 769. Friederichs-Wolters 1663. Levezow Taf. 5). Als Agathodaimon: Statue Berlin 361. In ägyptischer Tracht als Osiris: Colossalstatue im Vatican (Mus. Cap. III 75. Levezow Taf. 11. 12); Büste im Louvre (Clarac 1072, 3294); Münze von Alexandreia (Eckhel VI 51). Bildwerke und Gemälde im Tempel des A. zu Mantineia erwähnt ohne nähere Beschreibung Paus. VIII 9, 7.

Angebliche Darstellungen als Ganymedes (Specimens II 52) und Herakles (Clarac 267, 2432) sind erst durch Zusammensetzung eines A.-Kopfes mit einem nicht zugehörigen Torso entstanden. Fälschlich auf A. gedeutet ist der sog. A. vom Belvedere (Friederichs-Wolters 1218), die Gruppe von Ildefonso (Friederichs-Wolters 1665), der Adonis des Capitols (Mus. Cap. III 56, vgl. aber Welcker Alte Denkm. V 90f.) und die Telamonen des Vaticans (Helbig Führer 312f.).