RE:Abdera 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Stadt in Thrakien zwischen der Mündung des Nestos und dem See Bistonis | |||
Band I,1 (1893) S. 22 (IA)–23 (IA) | |||
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Abdera (Ἄβδηρα, -ων), 1) Stadt in Thrakien zwischen der Mündung des Nestos und dem See Bistonis, nach der Sage von Herakles an der Stelle erbaut, wo dessen Liebling Abderos von den Rossen des Diomedes zerrissen worden war (Apd. II 5, 8. Skymn. 666. Strab. VII 331. Steph. Byz.; bei Mela II 29 nach einer Schwester des Diomedes benannt); nach der Geschichte eine Gründung des Klazomeniers Timesios (Herod. I 168 vgl. Solin. 10. 10) ums J. 656 v. Chr., bald darauf von den Thrakern zerstört, später (543 v. Chr.) von den ausgewanderten Teiern neu erbaut, eine Zeit lang den Persern unterthan, und schon damals (Herod. VII 109) wie später in ihrer Unabhängigkeit nach den Perserkriegen, blühend und mächtig (Diod. XIII 72. XV 36. Strab. XIV 644), so dass sie als Mitglied des Delisch-Attischen Bundes von Ol. 81, 3 an zuerst 15, vom J. 88, 2 an 10 Talente beisteuern konnte (CIA I 226ff.). Nach einer von den Triballern im J. 376 erlittenen gänzlichen Niederlage scheint die politische Bedeutung der Stadt erloschen zu sein (vgl. Liv. XLIII 4) und nach ihrem Aufgehen in das makedonische Reich um 350 hört auch die von 500 an verfolgbare Münzung auf, welche übrigens der Teischen noch verwandt ist und [23] sich durch künstlerische Schönheit auszeichnet. Head HN 218. Als Freistadt wird sie dann noch von Plinius IV 42 erwähnt; auch Amm. Marc. XXII 8, 3 nennt sie, und noch bis ins Mittelalter erscheint sie bei den Byzantinern. Sie hatte einen von Parmenio erbauten Tempel des Iason (Strab. XI 531). A. war die Vaterstadt ausgezeichneter Männer, der Philosophen Leukippos (?), Demokritos, Protagoras, Anaxarchos, des Dichters Nikainetos, u. aa. Gleichwol standen ihre Bewohner im Rufe der Beschränktheit und des Stumpfsinnes, und „Abderite“ war in dieser Beziehung sprichwörtlich (Cic. ad. Att. IV 16. VII 7. Martial X 25); die Veranlassung ist unbekannt, doch spricht Hippokrates von häufigen Krankheiten in Abdera, welche die Denkkraft zerrütteten (de morb. vulg. 3. Vgl. Lukian de conscr. hist. 1) und Iuvenal (X 50) erwähnt die dortige dicke Luft. Übrigens vgl. Skyl. 27. Thuk. II 97. Strab. XII 549. Skymn. 666. Ptol. III 11, 1. Die Ruinen sind neuerdings am heutigen Karagatsch-Buse auf dem Cap Bulustra in sicherer und bequeme Lager[WS 1] aufgefunden worden; das nördlich landeinwärts gelegene Dorf Bulustra oder Polystylon ist zum Teil aus den Trümmern erbaut. Athen. Mitt. XII 161. Im Übrigen s. Mém. de l’Acad. des Inscr. XXXIX 211ff. und K. F. Hermann Gesamm. Abh. 90–111. 370f.
Nachträge und Berichtigungen
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Band S III (1918) S. 13–14 | |||
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- S. 22, 41 zum Art. Abdera:
Wahrscheinlich war A. zuerst eine phoinikische Faktorei, wie aus dem Namen zu erschließen ist, denn die iberische A. (Nr. 2) ist eine altphoinikische Gründung; vgl. Fick Vorgr. Ortsnamen 125. Die ältesten Münzen scheinen nach einem phoinikischen Maße geprägt zu sein, Head HN² 253 (wie Beloch aber behauptet, nach dem Vorbilde thrakischer Völkerschaften, Gr. Gesch.² I 2, 340). Nachdem die Phoinikier ausgetrieben waren, ist die Stadt in der ersten Periode der Kolonisation schon längst vor der ionischen Ansiedlung von den Äolern (s. o. Bd. V S. 817), speziell den Lokrern (v. Wilamowitz Herakles² I 20, 40. Jurenka Philol. LXXI 175ff.) neu begründet, wie aus der Sage von Abderos hervorgeht. Daß diese Lokrer aus Thronion stammten, lehrt Pindar Paean II 1ff., wo der Oikist Abderos Sohn der Thronie genannt wird, wozu die Angabe der Tab. Farnes, (s. den Art. Abderos) stimmt. Wenn v. Wilamowitz sie Opuntier nennt, so folgt er der sekundären Version, wonach diese wie andere ostlokrische Sagen unter dem Namen der in der späteren Zeit bedeutendeten Stadt des Stammes zusammengefaßt wurden. Dagegen schweben die weitausgreifenden Kombinationen P. Friedländers, der an Rhodos denkt, völlig in der Luft (Philol. Untersuch. XIX 3ff. 18. 28). Auf Grund einer genauen Auslegung des Paeans und mit Hilfe der Scholien erschließt Jurenka a. a. O. 175ff. etwa folgendes für die ältere Geschichte der Stadt. Die lokrischen Kolonisten wurden ausgetrieben und dann später die Klazomenier; die Teier wurden auch vorläufig verjagt, kehrten dann aber zurück und besiegten die Thraker definitiv am Berge Melamphyllon; später scheinen die Abderiten Anteil an der Aufbildung Athens nach 479 genommen zu haben; zu jener Zeit, als Pindar schrieb, war ihre Lage wohl glücklich, aber sie erforderte doch beständig [14] achtsame Kriegsbereitschaft. In die Einzelheiten einzugehen, würde zu weit führen. Ich bemerke noch, daß v. Wilamowitz seine Ansicht neulich verändert hat, ohne irgend einen Grund zu geben. Jetzt soll ,der Abderos von Thronion keine Lokrer‘ beweisen, Sappho u. Simonides 254. Eine kurzgefaßte Skizze der Geschichte der Stadt bei Max L. Strack Die antiken Münzen von Thrakien I 1 (1912); dazu gegen die Angriffe von v. Wilamowitz a. a. O. 246ff., Rh. Mus. LXVIII 448ff. Gegen phoinikischen Ursprung polemisiert noch Beloch Gr. Gesch.² I 2, 68. 74.
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Band R (1980) S. 5 | |||
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Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vermutlich: in sicherer und bequemer Lage