Ἐπίνητρον oder ὄνος, ein bei der Herstellung des Wollfadens gebrauchtes Gerät (Poll. VII 32. X 125. Hesych. s. v. und ὄνος, vgl. Aristot. top. I 15 p. 107 a. 18), welches auf die Kniee gelegt wurde (Etym. M. 362, 20). Dasselbe Gerät, wenn auch scherzweise als Trinkgefäß gebraucht, ist von Aristophanes (vesp. 616, unverstanden vom Schol.) mit ὄνος gemeint (C. Robert Ἐφημ. ἀρχ. 1892, 251ff.). Fälschlich faßte man das Wort als synonym mit ἄτρακτος = Spindel auf, bis C. Robert (ebd. 247) den ὄνος als eine Art Knieschiene, auf welcher die Wolle gerieben sei, richtig erklärt hat. Es sind nämlich in verschiedenen Gegenden Griechenlands mit Malereien und häufig auch dem Reliefkopf der Aphrodite geschmückte tönerne Gegenstände aus der Zeit von der Mitte des 6. Jhdts. bis Ende des 5. gefunden. Sie haben die Gestalt eines Fingerhutes, von dem etwa ein Drittel durch einen der Längsachse parallelen Schnitt wegfallend zu denken ist. Der dieser Schnittfläche gegenüber [183] liegende oder obere Teil ist geschuppt, während sich die Malereien an den Seitenflächen und der gemalte oder erhabene Kopf der Aphrodite vorn an dem geschlossenen Teile dieses Zweidrittelhohlcylinders befinden. Die Malereien sind teils schwarzfigurig teils rotfigurig. Mythologische Darstellungen begegnen bis jetzt nur auf den schwarzfigurigen, auf den andern sind Scenen des häuslichen Frauenlebens abgebildet. Man hielt früher diese Gegenstände für Firstdeckziegel eines kleinen Grabgebäudes (Fr. Studniczka Arch. Jahrb. 1887, 69ff. m. Abb. Dumont-Chaplain Les céramiques de la Grèce propre I 1881–1888, 381ff. mit Taf. 19 und 20). Nun aber hat Robert (a. a. O. 249ff. mit Taf. 13, 2) an einem solchen Gegenstande aus der Zeit des peloponnesischen Krieges ein Bild entdeckt, in welchem, wie auch in den Bildern der meisten andern Gegenstände dieser Art, die Herrin des Hauses sitzend mit ihren Dienerinnen Wolle verarbeitend und dabei, was sich sonst nicht dargestellt findet, eben einen solchen Gegenstand wie eine Schiene auf den unteren Teil des Oberschenkels so gelegt hat, daß er mit seinem geschlossenen Ende das Knie umhüllt. Die Herrin heftet die Augen auf das Gerät, die Rechte führt sie auf die Oberfläche desselben. Da die vor ihr stehende Dienerin ihr eine leere Spindel vorhält, glaubt Robert (ebd. 253), daß die von der Herrin auf der schuppigen Oberfläche des Geräts geriebene Wolle auf die Spindel gelangte, um hiermit gesponnen zu werden. Da jedoch von einem Wollfaden die Rede ist, welcher auf dem ὄνος bearbeitet wurde (Hesych. und Etym. M.), so kann, wie H. Lechat (Rev. des études gr. 1898, 222) meint, die Herrin die bereits gesponnene Wolle mit einem angefeuchteten Finger der rechten Hand gerollt und egalisiert haben, während sie mit der linken den Faden allmählich wegzog. Jedenfalls glaubt P. Hartwig (Ἐφημ. ἀρχ. 1897, 142) wohl mit Recht, daß in Wirklichkeit nicht diese tönernen Geräte in Gebrauch waren, sondern solche von haltbarerem Stoff, z. B. von Holz, dagegen die tönernen zu Brautgeschenken dienten; als solche seien sie in großer Zahl auf der Akropolis Athens niedergelegt oder hätten die Frauen ins Grab begleitet. Derselbe bespricht auch (ebd. 129ff. mit Taf. 9 u. 10 und 1899, 551) ein im J. 1891 einem Grabe in Eretria entnommenes Gerät, welches, zwischen 440 und 430 angefertigt, durch seinen Schmuck in ästhetischer und technischer Hinsicht alle bisherigen derartigen Kunstwerke übertrifft und in allen seinen Darstellungen den Eros und seine Macht zum Gegenstand hat.