Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Chlamys, Mantel, Gewandstück der männl. Tracht
Band III,2 (1899) S. 23422346
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Χλαμύς – das Wort gehört ebenso, wie χλαῖνα, χλανίς mit χλιαίνω wärmen zusammen (thessalisch-aiolische Form mit labialem Nasal gebildet); vgl. Studniczka Beiträge zur Geschichte der altgr. Tracht 73 – ist ein Bestandteil der männlichen Tracht (Poll. VII 46), und zwar ergiebt sich aus dem Zusammenhang, in dem sie bei Poll. a. a. O. [2343] (neben χλαῖνα entgegengesetzt dem dann folgenden χιτών) und X 124 (neben ἱμάτιον, χλαῖνα, χλανίς) erwähnt wird, und aus der Art, wie ihr Umlegen beschrieben wird (Athen. V 215 c περιβεβλημένος gegenüber ἐνδεδυκώς. Herodian. VII 5, 3 περιβάλλουσι. V 3, 12 περιβαλόντες), ferner daraus, dass bei Herodian IV 7, 3 eine Ch. mit einem περίβλημα vertauscht wird, diese bei Xen. anab. VII 4, 4 mit der ζειρά der Thraker und bei Ammonius Diff. voc. 147 mit der χλαῖνα verglichen wird, dass sie zu dem Typus der περιβλήματα, der Mäntel gehörte (dagegen bedeutet die Erklärung des Hesych. πορφύρα ἢ χιτών nichts). Über ihre specielle Form giebt uns eben jene Stelle des Ammonius (vgl. die Anmerkung 23 von Valckenaer in seiner Ausgabe; dort aus Ptolem. Ascalonita § 90 ἔχει κυκλοτερῆ τὰ κάτω und aus einem unedierten Lexikon von Cyrill der Name κυκλομάντιον), ferner Plut. Alex. 26 und Plin. n. h. V 10 Aufschluss; danach muss sie an einer Seite rund zugeschnitten gewesen sein und zwei ziemlich lange Zipfel gehabt haben, zwei γωνίαι, nach deren Ähnlichkeit mit Flügeln diese Mantel Θετταλικαὶ πτερύγες (Suidas s. v.) oder Θετταλικὰ πτερά (Poll. VII 46. Hesych. Phot. s. v. Eustath. ad Il. II 732) genannt wurden. Ferner ist zu beachten, dass in guter Zeit niemals von einer Doppelung der Ch. die Rede ist (erst im Edict. Dioclet. CIL III Suppl. p. 1943, 57 und 1944, 16 lesen wir χ. διπλῆ). Thessalisch hiess sie wegen ihrer Herkunft (Poll. X 124. Philostrat. her. 674); ἐνθετταλίζεσθαι war gleichbedeutend mit χλαμυδοφορεῖν (Poll. VII 46); Sophokles frg. 704 Nauck bezeichnet einen Mantel als θεσσαλῆ ἁπληγίς, womit nur χ. umschrieben ist. Bei den Thessalern wurde sie als Siegespreis in den Agonen erteilt (Eustath. a. a. O.), wie die χλαῖνα in Pellene (s. o. S. 2337). Dass die Ch. auch von anderen Völkern Nordgriechenlands als charakteristische Tracht getragen wurde, bezeugen Ammonius a. a. O. und Plin. n. h. V 10, die sie den Makedonen zuteilen, und Strab. VII 327, der sie den Illyrern zuschreibt, dem Volk, von dem Thessaler und Makedonen abstammen. Als speciellen Namen der thessalischen Ch. lernen wir ἄλλιξ kennen (die Stellen darüber gesammelt und behandelt bei Stephani Compte rendu 1875, 106 Anm.). Als ältestes litterarisches Zeugnis für ihre weitere Verbreitung, im Gegensatz zu dem häufigen Vorkommen der χλαῖνα bei Homer, wird bei Poll. VII 124 (vgl. Ammon. a. a. O.) ein Vers der Sappho angeführt, in dem sie den Eros beschreibt, wie er mit purpurner Ch. vom Himmel kommt (vgl. Ant. Pal. XII 78).

In classischer Zeit hatte die Ch. in Hellas allgemeine Verbreitung gefunden; ja in Athen gehörte sie zur stehenden Tracht der Epheben (Poll. X 124. Kock CAF II 410, 2 [Antidotes] ἐγγραφῆναι καὶ λαβεῖν τὸ χλαμύδιον. Plut. de virtut. mul. 262 χλαμύδας ἐφηβικάς. Anth. Pal. XII 78). Für Sparta s. Arist. Lys. 987 (kaum hiefür zu verwerten ist Iuven. VIII 101 spartana chlamys).

Viele Aussagen sind uns erhalten von der reichen farbigen Ausstattung der Ch. Poll. VII 46 giebt als verschiedene Arten an: ὁλόλευκος oder παρυφίς, παραπόρφυρος, εὐπάρυφος(über die Bedeutung dieser Worte vgl. Poll. VII 53 und oben unter Χιτών S. 2324). Derselbe schreibt VII [2344] 48: πορφυρομιγὴς δὲ – χλαμὺς οὐχ ᾗ συνύφαντο ἡ πορφύρα, ἀλλ’ ᾗ ἐξ ἐρίου φαιοῦ οὔσῃ κατ’ ἀρχὰς μέμικτο. Vielfach ist von χλαμύδες πορφυραῖ die Rede, Athen. V 198 a (die Silene in der Pompa des Ptolemaios). Plut. Lucull. 39 (Chor). Herodian. VII 5, 3. V 3, 12 (römische Kaiser). Philostr. her. 674 ἁλουργὶς δὲ ἡ χλαμύς (vgl. über ἁλουργίς S. 2324). Hierher ist auch zu ziehen (s. u.) Poll. IV 116 ἐφαπτὶς συστρεμμάτιον τι πορφυροῦν ἢ φοινικοῦν, ὃ περὶ τὴν χεῖρα εἶχον οἱ πολεμοῦντες ἢ θηρῶντες., und zwar ist das Bühnentracht; über die Farbe, die die Ch. der Jäger im Leben hatte, s. Poll. V 17 οὐ λευκὴ οὐδὲ κατ’ ἄλλην εὔχροιαν προλάμπουσα. Athen. XII 535 f berichtet von Demetrios Poliorketes: αἱ δὲ χλαμύδες αὐτοῦ ἦσαν ὄρφνινον ἔχουσαι τὸ φέγγος τῆς χρόας, τὸ δὲ πᾶν ὁ πόλος ἐνύφαντο χρυσοῦς ἀστέρας ἔχων καὶ τὰ δώδεκα ζῴδια. (ὄρφνινος bezeichnet eine dunkle Purpurfarbe). Die Schauspieler der Tragoedie trugen nach Poll. IV 116 eine χ. διάχρυσος. Caracalla wurde häufig gesehen ἐν χλαμύσιν ἀργύρῳ πεποικιλμέναις, einer Tracht der Germanen (Herodian. IV 7, 3). Plutarch spricht Philop. 9 von χ. διηνθισμέναι, Sert. 14 von χ. ἀνθιναῖ. Allgemeine Ausdrücke sind λαμπρά (Athen. V 212 d) und πολυτελής (ebd. 215 c). Als Stoff der Ch. wird Poll. VII 48 Wolle angegeben, wofür auch Lukian. Tim. 38 (μαλακῆς χ.) und vor allen Dingen ihre Herkunft aus den rauhen Ländern Nordgriechenlands spricht.

Die Ch. war die specielle Manteltracht der Reiter, Soldaten und Jäger. Für die Tracht der Reiter s. Poll. X 124 οἱ Ἀττικοὶ – τὸ ἱππικὸν χλαμύδα; vgl. Xen. anab. VII 4, 4; für die der Soldaten s. Plut. Philop. 9. 11 στρατιωτικαὶ χ.; vgl. Themist. orat. 292 d; für die der Jäger Poll. V 17 (vgl. IV 116). Für einen Mantel solcher Verwendung ist es im Grunde vorauszusetzen, dass er für gewöhnlich genestelt getragen wurde, um das Herabgleiten oder -fliegen von den Schultern zu vermeiden. Dasselbe lehren uns denn auch die Monumente, auf denen wir die Ch. mit Sicherheit erkennen dürfen und zwar nach der Bestimmung der Ch. als specieller Ephebentracht neben dem Petasos (Poll. X 164). Danach können wir die Ch. auf vielen Vasenbildern und Reliefs, besonders dem Parthenonfriese, in einem einfach getragenen, auf einer Schulter oder vor der Brust geknöpften Mantel erkennen, dessen Hauptmasse ungefähr bis zu den Hälften reicht, während die längeren Zipfel, die πτερά, bis zu den Knien herabhängen (s. einige Beispiele bei Daremberg et Saglio Dictionnaire des antiquités I 1115f. [Saglio]; ebd. Fig. 1419 giebt einen Begriff davon, wie sich die Ch. bei lebhafter Bewegung verschieben konnte. Wichtig für unsern Zweck sind natürlich auch die Statuen des Hermes, des göttlichen Epheben, der typisch in Petasos und Ch., oder wenigstens in letzterer erscheint, die er entweder, wie üblich um die Schultern trägt (z. B. Helbig Führer 331. 61) oder zusammengerafft mit dem geknöpften Teil auf einer Schulter ruhen lässt, während das andere Ende um den Arm geschlungen wird (z. B. Athen. Mitt. 1878 Tf. V. Furtwängler Meisterw. 573); auch sieht man die Ch. vom Arme herabgleiten, wie beim Hermes Ludovisi (Helbig Führer 865) oder dem Hermes auf dem Säulenrelief von Ephesos [2345] (Roscher Myth. Lex. I 2416); endlich ruht sie manchmal neben dem Gott auf einem Baumstamm, wie in dem wundervollen Beispiel des praxitelischen Hermes in Olympia (Olympia III T. 49ff. = Brunn-Bruckmann Denkm. 466 = Baumeister Denkm. Abb. 1291 u. s.). Selten ist die Ch. bei Apollon; zwar sahen wir, dass auf den Vasenbildern nicht immer zu entscheiden ist, ob dieser Gott in der Chlaina oder in der Ch. dargestellt sei (s. u. Χλαῖνα S. 2338); aber von Statuen ist ausser dem bekannten Apoll vom Belvedere besonders eine zu nennen (Overbeck Kunstmythologie Tf. XXI 33 S. 184f.), bei der die Ch. wohl mit Absicht eine ganz ungewöhnliche Länge hat, wie sie sich bei Hermes nur bei einem in kleinen Bronzen erhaltenen Typus findet (S. Reinach Répertoire de la statuaire II 1 p. 164, 4. 6. 10. 165, 2–4. 6. 166, 4). Auf der Jagd wurde die Ch. beim Verfolgen der Tiere, damit sie durch ihr Zurückflattern nicht behindern oder sich an den Zweigen der Äste verfangen konnte, und bei dem Kampf mit den Tieren als Schutzmittel um den linken Arm und die Hand geschlungen (Poll. V 18. Xen. Cyneg. VI 17; vgl. Plut. Alc. 39 und Pacuv. trag. frg. 99. 186 Ribb. Val. Flacc. III 119). Um den linken Arm geschlungen sehen wir sie z. B. auf Darstellungen der Meleagerjagd (Baumeister Denkm. Abb. 990. 992); ebenso bei Hermes in heftiger Bewegung (Kavvadias Kentrikon 246. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen 134). Die linke Hand ist umwickelt bei Meleager (Ann. d. Inst. 1868 tav. d’agg. LM = Roscher Myth. Lex. II 2615) und Adonis (Robert Sarkophagreliefs III Taf. II 4 = Roscher Myth. Lex. I 75); über Poseidon mit umwickelter Linken und geschwungenem Dreizack auf Münzen s. Saglio a. a. O. Auch vgl. man den Gigantensarkophag des Vatican, Helbig Führer 213. Von weiblichen Wesen trägt nur die Iris ausnahmsweise die Ch. (z. B. Gerhard A. V. 83). Einige Monumente geben uns auch ausser Terracotten und Wandgemälden über die farbige Ausstattung der Ch. Aufschluss, vor allem die Reliefs des sog. Alexandersarkophags (Hamdi Bey et Th. Reinach Une nécropole r. de Sidon XXXIV–XXXVII). Eine vereinzelte Notiz über den Preis einer, wie man schliessen kann, ziemlich kostbaren Sorte von Ch. enthält Poll. VI 165: τριστάτηρος χλαμύς.

In Rom wurde die Ch. in den Zeiten des L. Scipio und Sulla eingeführt (Cic. pro Rabir. Post. 27); bei Plautus wird sie beständig als Soldatenmantel genannt (Mil. gl. 1423; Rud. 315; Pseudul. 735. 1139. 1184). Sie wird gleichgesetzt mit Abolla, Paludamentum und Sagum (vgl. Abolla Bd. I S. 105 und bei Daremberg et Saglio a. a. O. I 9). Häufig ist von ihrer reichen Ausstattung die Rede (Ovid. met. II 733. Verg. Aen. V 250. Waddington Édit de Dioclétien 33, 48f. CIL III Suppl. Ed. Diocl. 1944, 22, 16. 17. 20, wo allerdings nur auf dem Fragment P χλαμύδος, sonst χλανίδος geschrieben ist); die Ch. (oder Paludamentum), in der sich Agrippina die jüngere einst zeigte, war ganz aus Goldfäden gewebt (Cass. Dio LX 33. Plin. n. h. XXXIII 3, 63); vgl. Suet. Calig. 19 (aurea chlamyde). Über die Preise der Ch. in späterer Zeit s. Edictum Diocletiani CIL III Suppl. 1942, 1 a (στρατωτική). 1943, 57 (διπλῆ). 58 (ἁπλῆ) und 1944. Cod. Theodos. VII 6, 4. [2346] Auch die Diminutivform χλαμύδιον war im Gebrauch; s. Stephanus Thesaur. s. v. Ein Umschlagetuch der Frauen, das in der Form der Ch. verwandt gewesen sein muss, war das ἔγκυκλον (s. d.). Vgl. Hermann-Blümner Griech. Privataltert. 177f.

Nachträge und Berichtigungen

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Band S I (1903) S. 294 (EL)–295 (EL)
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S. 2342, 62 zum Art. Χλαμύς:

Zu S. 2344, 25: χλαμύς λαμπρά bei Plut. Lys. 13.

Zu S. 2344, 37: Reiter und Soldaten müssen mit den χλαμυδηφόροι ἄνδρες bei Theocr. XV 6 gemeint sein, nicht etwa vornehme Leute. Dass indes nicht alle Soldaten die χ. trugen, wird bewiesen durch Lucian dial. meretr. I 1, wo ein einzelner durch τὸν ἐν τῇ χλ. bezeichnet wird. [295]

Zu S. 2345, 40: Aristodemos, Tyrann von Kyme, führte indes die Ch. auch in die Frauentracht ein (Plut. mul. virt. 262 A).

Zu S. 2345, 65: Vergil spricht (Aen. IV 137) von der reich verzierten Ch. der Dido. Valerius Flaccus VI 708: chlamys ignea.

Zu S. 2346, 2: Eine tanagraeische Inschrift bietet die Diminutivform χλαμουδίσκα (Revue des ét. gr. XII 75 [Z. 36]. 96).

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Band R (1980) S. 82
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Chlamys

Der Mantel der männl. Tracht. (L) S I.