Paul Buchner, ein Dresdner Baumeister der Renaissance

Verfassung des Hauptzeughauses in Dresden zu Anfang des 18. Jahrhunderts Paul Buchner, ein Dresdner Baumeister der Renaissance (1900) von Cornelius Gurlitt
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Kavaliertour eines jungen Dresdners im 17. Jahrhundert.
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Paul Buchner,
ein Dresdner Baumeister der Renaissance[1].
Von Cornelius Gurlitt.

Das Ende des 15. Jahrhunderts zeigt in Deutschland eine unermüdliche Wanderlust, ein stetes Kommen und Gehen. Die fahrenden Schüler wechselten die Lehrstätte, wenn der neu eingetroffene Bursche die Tugenden eines fernen Magisters pries, die thatendurstigen Bürgersöhne suchten in fernen Landen Gefahr und Ehre als Landsknechte; am Tisch der rüstigen Herbergswirthin trafen sie zusammen mit dem Handwerksgesellen, der von Nürnberg oder Straßburg kam und neue Gedanken und neue Kunstfertigkeit seiner Heimath zutrug. Unter den Handwerkern der vornehmsten einer war der Steinmetz. Denn wie seine Kunst über alle anderen herrschte, wie die von seinen Gotteshäusern entlehnten Formen für Holz und Eisen, für den Schmuck und die Nothwendigkeit des Hauses das Vorbild gaben, so gehörte er auch einem Handwerk an, das, unabhängig von den kleinen Staaten und Städten, über ganz Deutschland einen auf geistiger Gemeinschaft beruhenden Bund bildete. Er stand über dem Maurer und Zimmermann, über allen jenen Bauhandwerkern, die seinem Werke und mithin ihm selbst dienstbar waren, wie der moderne Architekt über seinen Gewerken steht. Und diese Höhe verdankte er der überlieferten Schulung und dem sicheren Können der an den mächtigen Dombauten sich selbst zu hoher Bedeutung steigernden Hütten.

Aber plötzlich kam über die Alpen ein neuer Geist. Einzelne Künstler hatten staunend gesehen, wie mächtig dort noch die Bauten der alten Römer die wechselnden Zeiten überdauerten und wie in den volkreichen Städten Italiens glänzende Künstler den Werken der Alten nachstrebten. Die neu erwachte Kunde von der Größe und geistigen Bedeutung der alten Kaiserstadt, die von gelehrtem Munde auf den Lehrstühlen der jungen Universitäten verbreitet worden war, erfüllte auch das deutsche Volk. Und mit jenen Künstlern kamen allerhand Zeichnungen in das Land. Aufnahmen von wohl durchdachtem, reichem Ornament, eine Fülle namentlich der Pflanzenformen, die ebenso von der immer trockener gewordenen Knaggen- und Maßwerk-Architektur der Hütten, wie von dem blühenden Naturalismus der Bildhauer abstach. Die Maler begannen, dem erwachenden Streben nach Wahrheit und geschichtlicher Treue folgend, römische Einzelheiten in die heilige Geschichte aufzunehmen, suchten wohl selbst im eigenen Lande nach Römerbauten, um deren Formen zu verwerthen. Und da fast jede Stadt, selbst des Ostens, zum mindesten von Drusus, wenn nicht unmittelbar von Troja abzustammen glaubte, da der Bau jeder alten Kirche auf einige Jahrhunderte vor ihre wirkliche Entstehung durch übereifrige Stadtgeschichtsschreiber zurückverlegt wurde, ist es nicht zu verwundern, daß die neue Ornamentalkunst eine reichliche fülle auch romanischer Einzelheiten zeigt.

[250] Nur die Steinmetzen wehrten sich. Wo ihre Hütten herrschten, erhielt sich meist die Gothik noch lange in unveränderter Form. Während in Sachsen schon 1518 Anklänge der italienischen Schaffensweise in den Werken des Bildhauers Franz von Magdeburg sich zeigten, entstand nach 1550 die rein gothische Kirche zu Marienberg.

Die neue Zeit stellte der Baukunst neue Aufgaben. Das 15. Jahrhundert hatte mit fieberhafter Hast Kirchen errichtet. Die erwachende religiöse Bewegung, der Wohlstand der Städte und ihre sich mehrende Volkszahl waren die Ursache dieser Leidenschaft. Aber die Bewegung hob in ihrer Folge die Klöster auf und öffnete ihre Kirchen. Man verjagte die Priester vom fast ununterbrochen andauernden Dienst an den zahlreich gespendeten Messen, um Sonntags der Predigt zu lauschen. Krieg und gesellschaftlicher Umschwung brachen die Macht der Städte und entvölkerten das Land; seltener wurden die großen Stiftungen, seit ihre Verdienstlichkeit minder unangefochten und das Geld knapper geworden war.

Dagegen stieg die Macht der Landesfürsten und mit ihr die des Rechtes. Die Straßen wurden sicher, die Fehden verschwanden, von den festen Burgen auf einsamer Höhe zogen die Landesherren in die Städte herab, um behäbige, prächtige, offene Paläste zu errichten. Der Profanbau wurde selbständig, es begann für ihn eine neue Künstlerschaar sich auszubilden, die mit Begeisterung der italienischen Kunstart sich hingab, der alten Hüttenregeln spottete und aus italienischen Lehrbüchern, ja unmittelbar aus dem schwer verständlichen Römer Vitruvius, sich Aufschluß über die richtige Formgebung und Anregung zu verfeinerter Lösung der Bauaufgaben holte.

Die Renaissance ist im Profanbau groß geworden. In diesem hat sie ihren vollendetsten Ausdruck, zumal in den Stammlanden der gothischen Kirchenarchitektur, in Frankreich und Deutschland, gefunden.

Während an den Kirchenbauten der Steinmetz herrschte, kamen nun neue Männer am Schloßbau zur Geltung. Noch wirkte am Georgenschlosse zu Dresden Hans Schickentanz, der Hüttenmeister der Kreuzkirche, aber Kurfürst Moritz übergab seinen Neubau schon einem am Festungswesen herangebildeten Manne, dem Kaspar Voigt von Wierandt. Die Steinmetzen, die Voigt berief, sind außer der Hütte stehende, theils Deutsche, theils Italiener aus der Po-Ebene. Andere Italiener, geübte Maler, schmücken die Außenwände des Schlosses mit sgraffitirten Gestalten, die Säle mit Fresken, während noch vor einem halben Jahrhundert zu den Kirchen von Mailand, von Assisi, von Florenz deutsche Meister zu Rath und That herbeigezogen wurden. Die deutschen Steinmetzen standen grollend, ihrer alten Bedeutung beraubt, bei Seite.

Es zeigte sich aber bald, namentlich auch in Sachsen, daß die Lücke, die das Zurücktreten der Baumeister des Mittelalters gelassen, nicht so leicht zu füllen war. Besonders Kurfürst August empfand dieselbe. Seinem regen Bausinne fehlte es an einem geistreichen Fachmann, der seine Pläne künstlerisch zu verwirklichen vermocht hätte. Kurfürst Ernst hatte seinen Arnold von Westfalen, Herzog Georg seinen Konrad Pfluger, Peter von Pirna und Jacob von Schweinfurt, August suchte fast bei jedem Bau nach neuen Leuten. Keinem vertraute er ganz. So lange Kaspar Voigt noch in voller Thatkraft war, war dieser wohl sein nächster Berather. Dann wendete er sich an Hans Irmisch, den Erbauer des Kanzleihauses zu Dresden. Der Leipziger Bürgermeister Hieronymus Lotter erhielt den Auftrag zur Errichtung der Augustusburg. Beiden aber fehlt der künstlerische Schwung, der Eine ist nur Handwerker, der Andere gar Dilettant. Dann kam der hochgebildete „welsche Graf“, Rochus Quirin von Lynar, der wiederum vorwiegend Soldat und Festungsingenieur war. – Keinem aber blieb die Gunst des Fürsten dauernd erhalten. Das hat seinen guten Grund. Unter Kurfürst August gab es ja auch keinen bedeutenden Maler am Hofe. Der Fürst hatte keinen Sinn für die hohe Kunst und blieb, als ächtes Kind seiner Zeit, bei seinen künstlerischen Bestrebungen im Gewerbe stecken. Unermüdlich sorgte er für die Ausbildung der Kleinkünste; hier war er bereit, für reichere Arbeit erhöhte Kosten zu tragen. Aber als er Gemälde in Rom bestellen wollte, fand er, daß der „Mahllohn“ dort zu groß sei. Wahrhaft bedeutende Künstler blieben daher seinem Hofe völlig fern. Er wußte ihnen auch keine Aufgaben zu stellen. Denn das Bild war ihm nur um des dargestellten Gegenstandes willen von Werth. Wenn August bei Lucas Cranach dem jüngeren, seinem Lieblinge, ein Gemälde bestellte, so war es ein Bildniß, ganze Ahnengallerien oder ein Begebniß aus seinem Leben oder die Darstellung eines besonders mächtigen Stückes Wild, das er erlegt hatte.

Die hohe Kunst konnte unter solchen Umständen nicht gedeihen. Man fand nicht einmal für die großen Bauten eine wirklich monumentale Form. Jeder versuchte sich, die üblichen Schmuckformen zu steigern, die Zahl der Giebel zu vermehren, die Einzelbildungen reicher auszustatten, aber keiner offenbarte ein starkes künstlerisches Ich, das den Kurfürsten eingenommen und mit fortgerissen hätte.

Es sollte ein Tischler und Schraubenmacher sein, der sie schließlich alle, die Großen wie die Kleinen, ausstach, dem es vorbehalten blieb, der Hauptstadt Dresden zum Schluß des 16. Jahrhunderts die Formen seiner Kunst aufzuprägen: Paul Buchner.

Als im Herbst 1558 der damals 27 jährige Paul Buchner in Dresden anlangte, ein vielgewanderter junger [251] Mann, war die etwa 6000 bis 7000 Einwohner zählende Hauptstadt der sächsischen Kurfürsten erst im Werden. Zwar war das Schloß vollendet, zwar hatte die Pflasterung der Straßen und der durch eine Stadterweiterung und durch die veränderte Belagerungsweise bedingte Umbau der Festungswerke begonnen; aber aller Orten zeigten sich noch Lücken, kleinstädtische Unfertigkeiten. Noch fehlte es an den nöthigsten Monumentalbauten. Neben dem Schloß war nur die gothische Kreuzkirche von Bedeutung. Jenseits der Festungslinie am Ostrande der Frauenvorstadt war man im Begriff, den Grund zum Zeughaus auszuheben. Dort, wo jetzt die Brühl’sche Terrasse steht, war der Ring der neueren Werke noch nicht geschlossen. Die mittelalterlichen Mauern bildeten einen die Frauenvorstadt abtrennenden Abschnitt quer durch die Stadt, wie denn noch heute sich die, jetzt mit den bekannten Sgraffiten gezierte Zwingermauer an der Augustusstraße als letzter Rest der ältesten Befestigung erhielt. Damals lehnten sich außen an diese kleine Werkstätten, eine Handwerkergemeinde, die von Jahr zu Jahr wuchs und auch jenen Streifen Boden zwischen den beiden alten Umfassungsmauern der Stadt erfüllte, der heute den Stallhof bildet und den man damals den Zwinger nannte. Weiterhin, an der Moritzstraße, wurde das durch Abbruch der mittelalterlichen Stadtmauern frei werdende Gelände mehr und mehr die Beute Baulustiger, die der Kurfürst auf ihr Gesuch dort mit Land beschenkte; man nannte die Straße bis in das vorige Jahrhundert höhnisch die Bettelgasse.

Gleich unfertig waren die äußeren Grenzen der Altstadt überall da, wo die neue Befestigung vor den alten doppelten Mauerkranz hinausgeschoben worden war. Selbst die Einfahrt zur Stadt von Norden, das Thor über der Elbbrücke, war soeben erst errichtet worden.

Ueber diese Unfertigkeiten nun erhob sich, eine würdige Umgebung heischend, das kurz vorher vollendete kurfürstliche Schloß in seiner malerischen Größe. Giebel drängte sich an Giebel, Sgraffiten dehnten sich von der höchsten Spitze des Thurmes herab bis zum quadrirten Erdgeschoß, während die Bildwerke des anstoßenden etwas älteren Georgenbaues in alter Farbenlust und Farbenpracht leuchteten.

So weit Buchner auch gereist war, das Dresdner Schloß mußte ihm doch ins Auge fallen durch seine sonderbare Erscheinung, durch die heitere Lebendigkeit seiner Umrißlinie und durch den von der schweren Behandlung des weiß auf schwarzem Grunde gezeichneten Sgraffito, dem dadurch erzeugten Ernst seines Gesammttones. Hier also, in der jungen Hauptstadt der Kur Sachsen, suchte Buchner eine bleibende Stätte des Wirkens. Er hatte bei seinem Vetter, dem Schraubenmacher Leonhard Danner in Nürnberg, dessen Handwerk erlernt. Seine Jugend fiel mitten in das großartige Kunstleben der rührigen Frankenstadt. Sein Vetter gehört mit unter jene ausgezeichneten Männer der kunstreichen Arbeit, die den Stolz ihrer Vaterstadt bildeten und die der Schreibmeister Neudörffer in seinem kleinen Büchlein über diese seine Zeitgenossen so anschaulich schildert.

Es waren berühmte Männer, denen der Knabe auf den engen Straßen der Vaterstadt begegnete. Zwar die Größten hatten bereits das Zeitliche gesegnet. Dürer war drei Jahre, Peter Vischer zwei Jahre vor seiner Geburt gestorben, Veit Stoßens vom Henker gebrandmarktes Antlitz hatte er nur als zweijähriger Knabe sehen können. Aber noch wirkten die glänzenden Vertreter der Kleinkunst, die in Deutschland, ja über seine Grenzen hinaus, die Mode durch die Erzeugnisse ihres Geistes bestimmten; noch lebte in Nürnberg der wissenschaftliche Geist, der zu allerhand Erfindungen hindrängte; und wenn auch die Wirren der Reformation vielen Schaden gebracht hatten, so wirkte doch noch die große Ueberlieferung aus der Glanzzeit der Reichsstadt mächtig nach.

Nachdem er seine Lehrzeit als Tischler vollendet hatte und nach siebenjähriger Arbeitszeit in Danners Werkstätte war Buchner auf Reisen gegangen. Der Kaiser Karl V., wie auch Kurfürst August von Sachsen hatten in der Werkstatt seines Lehrherrn von ihm gefertigte Schraubenwerke gesehen, die zum Mauernbrechen bei Belagerungen dienen sollten. Kaiser Karl ertheilte dem jungen Handwerker den Auftrag, gleiche Stücke nach den Niederlanden zu bringen, wohin er sich gramgebeugt und krank zurückgezogen hatte. So kam Buchner an den Hof des Herzogs Philibert Emanuel von Savoyen, des damaligen Statthalters. Als er seine Arbeit abgegeben und aufgestellt hatte, ging er mit guter Abfertigung nach Nürnberg zurück. Bald trieb es ihn wieder in die Fremde. Zunächst nach England, wo er 15 Monate unter der blutigen Marie bedienstet war und gern gehalten worden wäre. Er erhielt sogar einen Ruf nach Spanien durch Vermittelung eines der großen Nürnberger Bankmänner, Martin Pfintzing, und nahm denselben an. Zunächst zog er mit einem deutschen Schlosser Simon Seiller und 13 Zentner Zeug wieder nach Brüssel, wo er bei Herzog Philibert Emanuel wieder Anstellung und 200 fl. Jahreslohn in eigener Behausung erhielt. Der König Philipp II. und der Herzog besuchten ihn täglich, um den Fortgang seiner Arbeit zu betrachten. Er folgte dann, seit dem 13. Januar 1557 aus des Herzogs Dienst in Gnaden entlassen, dem spanischen Heere in die Stellungen vor St. Quentin (1557), ohne daß sein Schraubenwerk bei der Einnahme der Stadt verwendet wurde und so eine Probe bestehen konnte. Aber für das Zeughaus fertigte er zwei Pressen, mit denen der König seine Siegel druckte. Philipp II. [252] wollte ihn nun auch nach Spanien mitnehmen. Selbst als Buchner nach der Schlacht bei Gravelines „mit Glimpf“ dies Anerbieten abschlug, gab dieser ihm noch sechs Monate Bedenkzeit bis zum Neujahr 1559.

Reich ausgestattet mit Erfahrung, kehrte Buchner aus dem Wirkungskreise der Egmont, Wilhelm von Oranien, aber auch der Alba und seiner Ketzererlasse nach Nürnberg zurück und sah sich von dort, ob er gleich nicht üble Lust hatte nach Brüssel zurückzukehren, nach einer Stellung in Deutschland um. Denn in der Heimath war ihm nicht wohl, weil man ihm „mit dem Heirathen zu sehr zusetze“. Durch Danner, der damals wegen verschiedener Aufträge in lebhafter Korrespondenz mit Kurfürst August stand, bot er Sachsen seine Dienste an. Er scheute das fremde Land mit den den seinigen entgegenstehenden religiösen Ansichten, den in England wie in Spanien damals mit erhöhter Schärfe auftretenden Verfolgungseifer der Katholischen und zog das stillere Sachsen vor. Denn auch August wollte ein Schraubenwerk besitzen und hatte es bereits bei Danner bestellt. Dieser schlug statt seiner den Vetter zur Anfertigung des Gewünschten vor und nach kurzem Besinnen ging der Fürst auf die nicht unbedeutenden Forderungen des jungen Mannes ein und stellte ihn in seinen Diensten an. Hundert Thaler zur Profession, freien Tisch und Herberge, Essen zu Hof oder in der Werkstatt, darin er arbeiten soll, auch die Hofkleidung, wie’s der Brauch ist, und Bezahlung für jede Arbeit, sowie das Recht, für andere Herren zu arbeiten, machte Buchner sich aus; und alle seine Forderungen wurden ihm bewilligt (9. November 1559).

Alsbald begann Buchner seine Arbeit. Es sind nicht gerade bedeutende Aufträge, von denen zunächst die Akten erzählen. Aus seiner Werkstätte im neuen Zeughause gingen zwar eine Menge Arbeiten hervor, doch keine von dauerndem Werth. Große Wagen für das Zeughaus, Druckerpressen für Kupfer- und Landkartendruck, Werkzeug für die Drehstube des Kurfürsten, Vogelhütten und Gartenzäune, Druckwerke mit Schrauben und Pressen, Schnellwaagen, Mühlwerke, eine Sänfte für Fürst Wolff von Anhalt u. s. w. werden genannt. Aber schon beginnt Buchner als der geschickte Vertreter und Unterhändler seines Herrn sich verdient zu machen. Bald schaffte er ihm genaue Pläne der Befestigung von Nürnberg, bald kaufte er Rüstungen von den dortigen Plattnern für das Zeughaus oder verhandelte mit dem großen Goldschmied Wenzel Jamnitzer über bestellte Arbeit. Dabei wußte er sich durch kleine Weihnachtsgeschenke beim Herrscher in Erinnerung zu bringen und ihn daran zu gewöhnen, gewisse Wünsche durch ihn befriedigt zu sehen. Er ist es, der dem Fürsten einen Ring ums Haupt machte, um die Brille daran zu hängen, damit diese nicht mehr die Nase quetsche (1573). So kam er bald zu Gunst, wenn auch der Kurfürst seinen Diensteifer in der Erfindung neuer Dinge manchmal dämpfen mußte, weil zum „Kunstiren“ ein schwerer Beutel nöthig sei. Am 1. November 1566 bedankt Buchner sich schon für ein Gnadengeschenk von 1000 Thalern, die er „zeit seines Lebens in seinem Beruf zu verschulden und zu verdienen“ verspricht. Er gelobt dankbaren Gemüthes, mit seinem Haus, Weib und Kind sich in schuldigem Gehorsam und Fleiß zu erhalten und das Geschenk so anzulegen, daß es dem Kurfürsten zur Ehre und zum Lobe gereiche. Im Jahre 1568 konnte er bereits daran denken, sich ein eigenes Haus hinter dem Zeughaus, wohl an Stelle des jetzigen Kurländer Palais, zu bauen, zu dem ihm der Kurfürst Holz, Kalk und 30 000 Ziegel schenkte. 1580 vermiethete er sein Haus für 30 fl. an den Kurfürsten, um dessen Musikinstrumentenmacher Jacobus Lasius dort unterzubringen. Auch Buchners Kindern kam die fürstliche Gunst zu Gute, denn der Kurfürst sagte, er könne dem Vater es nicht verdenken, daß er seinem Sohne eine Nahrung schaffen möge, und ging willig auf dessen Vorschläge für Bau eines neuen Pürschwagens ein, wenn er gleich manches daran auszusetzen hatte (5. Dezember 1582). Bald darauf lieh der Kurfürst seinem Beamten, obgleich dessen Jahresgehalt jetzt schon 557 fl. 3 Pf. betrug, zu seiner Nothdurft und Beförderung seiner vorhabenden Nahrung 2000 fl. auf sein Haus (14. Mai 1583), eine Wohlthat, die ihn nicht abhielt, als Buchner bat, ihm die Verwaltung der Eisen- und Blechhämmer abzunehmen, dies als „Unbeständigkeit und Leichtfertigkeit“ zu bezeichnen, „der er von ihm sich nicht versehen habe“. „Weil aber mit verdrossenen und unwilligen Leuten geringer Nutzen geschaffen wird“, genehmigte der Herr doch eine Aenderung der Amtstheilung (27. Juni 1583).

Nach alledem sieht man, daß es Buchner nicht gelang, sich ein Vermögen zu erwerben. Dies bezeugt ein 1568 eingereichtes Bittgesuch, das ein klares Bild des Lebens eines Kunsthandwerkers jener Zeit giebt. Der Bittsteller erhielt jetzt 300 fl. jährlich, Kost und Kleidung für sich, seinen Vetter Ammon, der in seiner Werkstatt als Geselle arbeitete, und einen Jünger, „welches“, wie Buchner sagt, „sehr wenig ist“. Nun ist Ammon fortgezogen, fremde Länder zu sehen, hat Buchners Thätigkeit auf den kurfürstlichen Bauten ihn seiner Werkstätte und Arbeit entfremdet, sind Weib und Kinder übel versorgt. Er schuldet für sein Haus noch 700 fl. So kommt Buchner der Wunsch, sein Anwesen wieder zu verkaufen und weiter zu ziehen, wenn ihm der Kurfürst nicht helfe. Er bat um 600 fl. Vorschuß und scheint sie erhalten zu haben, denn er blieb im Dienst.

Vor allem aber zeigte Buchner bald Geschick und Kenntnisse für das Bauwesen. Er schnitzte Modelle [253] und wußte durch diese lehrreiche Darlegung seiner Pläne den Fürsten für sich einzunehmen. Noch heute finden sich solche Arbeiten im Dresdner Grünen Gewölbe, Zeugnisse sowohl der Sachkenntniß und der feinen Hand ihres Meisters, als auch für die Gestaltung Dresdens, für die Stadt, der er seine beste Kraft widmete. Zunächst war es daher auch der Festungsbau, an dem er sich bethätigte, seit er bei der Schleifung des nach den Grumbach’schen Händeln eroberten Gothaer Schlosses Grimmenstein trotz der ausbrechenden Pest sich verdient gemacht und die Kraft seiner Schraubenwerke bewiesen hatte (1567).

Der Graf Lynar, jener höchst merkwürdige Mann, der gleichzeitig das Kriegsbauwesen der Kurfürsten von der Pfalz, von Brandenburg und Sachsen, sowie des Fürsten von Anhalt leitete, war, nachdem er 1569 als oberster Artillerie- und Zeugmeister bestellt worden war, etwa seit 1573 und namentlich seit 1577 mit Kurfürst August zerfallen. Er hatte den Bau der großen Bastion in Dresden begonnen, deren Reste im heutigen Zwingerwall zu erkennen sind. Unter ihm war Buchner mehr und mehr zu Anerkennung und Einfluß gelangt; nicht immer auf dem geradesten Wege, denn der mißtrauische Kurfürst ließ sich hinter Lynars Rücken von dessen Unterbeamten über das Treiben in Dresden berichten. Bald sollte Lynar Dresden in wehrlosen Zustand versetzt, bald brauchbare Zeughausbeamte zur Auswanderung nach Savoyen veranlaßt, bald Erfindungen verrathen haben. Bald werden ihm seine Rosse vorenthalten, bald werden seine Diener nicht ins Zeughaus gelassen. Dann wurde hinter seinem Rücken Buchner das „Hauszeugmeister-Amt“ übertragen (Januar 1576): nun macht er seinem Vorgesetzten Schwierigkeiten, als dieser französischen Gästen die Kriegsschätze des Kurfürsten zeigen will. So war es dem Nürnberger Tischler gelungen, von Stellung zu Stellung seinen vornehmen Gegner zu verdrängen. Schließlich blieb diesem nur noch der Rang eines obersten Baumeisters. Der Kurfürst, nicht gewohnt, auf dem Dienstwege mit seinen Beamten zu verkehren, sondern hausväterisch überall da selbst eingreifend, wo es ihm passend erschien, vernachlässigte den „welschen Grafen“ gänzlich, ließ ihn gar nicht mehr zur Audienz vor, bis dieser grollend nach Berlin und Spandau übersiedelte. Nun hatte Buchner ganz freies Feld. Auf dem mit Macht, oft mit 600 Arbeitern betriebenen Bau der neuen Festungswerke um Dresden, auf den Befestigungen von Pirna und Zwickau, im Dresdner Zeughause, in dem mit diesem in Verbindung stehenden Gießhause, wo die Hillger damals große und schmuckreiche Geschütze gossen, unter den zahlreichen mit diesen Dienststellen in Verbindung stehenden Handwerkern, im ganzen übrigen Bauwesen war er der erste Berather und Vollstrecker des fürstlichen Willens. Schon sorgte der Kurfürst, daß ihm (23. Januar 1576) jemand zugeordnet werde, dem er „seiner Mühe halber etwas von den Hauptbauten übertragen könne“. Denn oft gab es Aerger genug: als sich z. B. 1576 zeigte, daß der Fußboden im Zeughause verfault sei, schreibt August, er habe genugsame Ursache und guten Fug, „wenn er Baumeister, Bauschreiber, Maurermeister und Zimmermann, die so viel Geld verbauen, aber ihre Werke so schändlich und übel verwahren, an die Bäume henken ließe“. Buchner aber wußte seine Stellung zu befestigen, indem er sich mit ihm zuverlässig ergebenen Leuten umgab. In seiner Werkstatt und später selbständig im Zeughause waltete Erhard Ammon, sein Vetter; sein Bruder Bernhard Buchner und sein Schwager, der Kannegießer Ambrosius Reichenbach, wurden Zeugwarte in Dresden, Bernhard Buchner (seit 1582) Zeugwart in Wittenberg. Einen seiner Söhne, Georg, machte Buchner 1586 – ob er gleich dem Trunk ergeben war – zu seinem Stellvertreter im Zeughause, 1595 zum Zeugmeister, während der andere, Paul, im Bauwesen Verwendung fand. Sein Neffe, Hans Buchner, wurde 1597 seines Vaters Bernhard Nachfolger in Wittenberg.

Zunächst scheint allerdings August nur zur handwerklichen Begabung des Meisters Zutrauen gehabt zu haben. Zu allen Bauten, namentlich zu allen maschinellen Unternehmen, – und solche waren ja des Kurfürsten besondere Freude – wurde er hinzugezogen, aber nicht eigentlich als Vollstrecker, sondern als Beaufsichtigender, zum Begutachten. So nahm er Einfluß auf den Bergbau und seine Hebe- und Wasserwerke, auf die Mühlen und Hämmer, aber auch auf den Bau der Schlösser Augustusburg und Annaburg, Moritzburg und Pleißenburg, der Annenkirche in Dresden und der Stadtkirche in Stolpen, der Festungswerke des ganzen Landes. Er machte den Plan für den Umbau der Dresdner Bollwerke und baute das bis in unser Jahrhundert sich erhaltende Wilsdruffer Thor, er beaufsichtigte die von Lynar ins Leben gerufene Befestigung des Königsteins, ohne bei dieser vielseitigen Thätigkeit die Muße zu verlieren, selbst Druckwerke und Pressen auszuführen, in die Verwaltung der Steinbrüche von Pirna, der Hüttenwerke des Erzgebirges, der Ziegeleien des ganzen Landes und des Dresdner Gießhauses anordnend, neue Leute bestallend, beaufsichtigend einzugreifen und endlich als Leiter des Artilleriewesens Schießübungen abzuhalten, Pulver zu proben, dem Waffenhandwerke zu dienen. Bald treffen wir ihn im Auftrag seines Herrn in Nürnberg, bald auf zahlreichen Reisen im Lande selbst, immer ist er bereit, mit praktischem Sinn und in einfach klarer Form Gutachten zu ertheilen, zu prüfen, zu erwägen und dabei unbemerkt sich unentbehrlich zu machen.

[254] Die Beziehungen zum Auslande wurden nicht ganz aufgegeben. Am 3. August 1573 bat Buchner den Kurfürsten um Vorschuß zu seiner Arbeit für Herzog Philibert Emanuel, der einen eigenen Gesandten mit Geschenken nach Dresden senden wolle. Der Kurfürst dachte dann, Buchners Werke zum Gegengeschenk zu benutzen. Am 29. April 1574 erhielt er den Befehl, mit seinen Instrumenten sich reisebereit zu halten; da er aber selbst theils krank, theils schwer entbehrlich war, wurde sein Vetter Eberhard Ammon und als Dolmetsch der Musiker Angelus Scandellus nach Italien abgefertigt. Ihr Paß lautet vom 4. Juni 1574. Vierhundert Gulden gab ihnen der Kurfürst mit auf die Reise. Es waren nicht Kunstgegenstände, die sie überbrachten, sondern Brechschrauben, Geschützwinden, Waagen, Pressen und dergleichen. Nur ein Rüstzeug war darunter, das Wenzel Jamnitzer von Nürnberg für 105 Thaler gefertigt hatte. Das Ganze war 1785 Thaler werth. Die Reise fiel nicht glücklich aus. Denn der Herzog gab Ammon 153 Kronen für sich und 347 Kronen für Buchner mit, die dieser dem Kaufmann Niklas Medersath aus St. Gallen gegen einen bei Leonhard Danner in Nürnberg zahlbaren Wechsel anvertraute. Medersath floh aber und der Kurfürst August ersuchte den Rath von St. Gallen, wie es scheint vergeblich, die Summe für seine Unterthanen einzutreiben. So scheint unser Meister um seinen Verdienst in empfindlicher Weise geprellt worden zu sein.

Zu einer eigentlich künstlerischen Thätigkeit kam es aber unter dem Drang der vielseitigen Geschäfte zunächst nicht.

Der Kurfürst August legte sich am 11. Februar 1586 zum Sterben, sein Sohn Christian, ein junger, unternehmungsfroher Herrscher, trat an seine Stelle: nun erst begann Buchners großartige Thätigkeit.

Es ist erstaunlich, mit welcher Fülle umfangreicher Pläne für seine Hauptstadt Kurfürst Christian I. alsbald nach seinem Regierungsantritt hervortrat. Und Buchner sollte deren Vollstrecker sein. Es scheint, als ob der Zustand der Unfertigkeit, in dem die Frauenvorstadt noch lag, dem jungen prachtliebenden Herrn wie eine Schmach auf der Seele gebrannt habe. Mit einem Male sollte die Stadt vollendet werden.

So begann denn für Dresden eine Bauthätigkeit, die nur mit der unter König August dem Starken zu vergleichen ist. Der alte Zwingertheil zwischen Georgenschloß und Neumarkt wurde zum kurfürstlichen Stallhof, der alte Wehrgang längs der Außenmauer zur Arkadenhalle und Gewehrgalerie. Den Abschluß bildete der „Stall“, das heutige Johanneum. Es entstand hiermit der für ritterliche Spiele bestimmte malerische Hof, der uns bis heute erhalten blieb. Der düstere Name „Zwinger“ bezeichnete ursprünglich jenen Zwischenraum zwischen der äußeren und inneren Stadtmauer, von dem der spätere „Stallhof“ ein Theil ist. So benannte man auch noch unter König August dem Starken jene leichten Festbauten, die für Ringelstechen und Turniere abgesteckte Bahnen umgaben. Man übertrug diesen Namen sogar auf das glänzende Monumentalwerk, das später an Stelle jener, für den Augenblick berechneten Anlagen trat. Gegen Süden erfuhr das Schloß eine stattliche Erweiterung, das Portal an der Schloßstraße, der kleine Hof wurden errichtet. Auf dem Neumarkte entstand das 1760 zerstörte Kaufhaus. Die Jungfernbastei, die heutige Brühl’sche Terrasse, mit dem Lusthaus an der äußersten Spitze wurde ins Werk gesetzt und gleichzeitig auch das stattliche Pirnaische Thor. An der Sophienkirche erhob sich eine ansehnliche Flucht neuer Bauten, darunter das kurfürstliche Bad, die von Lynar begonnene Bastei. Kurz, aller Orten regten sich Schaufel und Hacke, Kelle und Winkelmaaß, und Buchner war es, der den nach Tausenden zählenden Arbeitern die leitenden Gedanken gab. Aber auch über Dresden hinaus ging Buchners Einfluß. Er befestigte den Königstein, baute die Schlösser Zabeltitz und Colditz, er besuchte auf zahlreichen Reisen Nürnberg und die thüringischen Herzöge, Braunschweig und Leipzig, überall wegen seines klugen Rathes und als einflußreicher Diener seines Herrn ein gern gesehener Gast.

Glänzend bewährt sich hierbei seine Begabung, anzuordnen und zu leiten. Schon in der neuen Anstellungsurkunde, die Buchner am 18. November 1586 erhielt, wurde sein Wirkungskreis festgestellt. Er sollte alle „Hauptgebäude“ in Befehl haben, Anschläge machen, den Bau beaufsichtigen. Zu seinem Gehalt werden ihm noch 300 fl. „Vortheilgeld“ zugesagt – doch nur „so lange es dem Kurfürsten gefällig“. Während unter Kurfürst August die Beschaffung der Frohngespanne, der Bausteine u. s. w. bei der peinlichen Sparsamkeit des Fürsten die größten Schwierigkeiten bereitete, wußte Buchner den gewaltigen Ansprüchen, die auf ihn eindrangen, überall gerecht zu werden, die Bauern und ihre Fuhrwerke herbeizuschaffen und, ob sie gleich blos mit einem Groschen und einem Käse verlohnt wurden, bei gutem Willen zu erhalten, Zucht und Ordnung auf den Bauten einzuführen und das Rechnungswesen in geeignete Verfassung zu bringen, von dessen Umfang sorgfältig geschriebene „Summarische Extrakte“ noch heute ein klares Bild geben.

So entwickelte sich seine Amtsthätigkeit in steigendem Umfang. Kurfürst Christian vertraute ihm rücksichtslos und sparte den von seinem Vater zusammengebrachten Schatz nicht. Vergebens forderten die alten Beamten Augusts Sparsamkeit und klaren Einblick in die Ausgaben. Es fand sich keine Zeit im Drange der Geschäfte,

[254a]

[255] die Lieferung jedes Ziegels zu belegen, und Christian bestätigte seinem Baumeister selbst, „es bedürfe keines Scheines, er solle unbesorgt und seiner späteren Zusage gewiß sein“. Wenn nur der Bau seinen Fortgang hatte, wenn der Fürst nur bei seinen zahlreichen Besuchen auf den Werkplätzen seine Gedanken schnell verwirklicht sah.

Der Stallhof
nach einem Gemälde in der Königlichen Gewehrgalerie.

Und in der That, nach wenig Jahren waren die großen Pläne meist zur Wahrheit geworden. Stattlich vor Allem, vielbewundert von der Mit- und Nachwelt, stand der Stallhof. Heute ist freilich seine einstige Wirkung nur in Bruchstücken erhalten. Noch erkennen wir im Grundriß[2] die zweckmäßig klare Anlage. Zwar ist sie nichts weniger als eigenartig, sondern lehnt sich in ihren Formen – Rundbogengewölbe auf kräftigen toskanischen Säulen – eng an Kaspar Voigts Zeughaus an. Je zwei solcher Säulenstellungen theilen den aus drei Flügeln bestehenden, um einen Hof angeordneten Bau in je drei Schiffe, den mittleren Gang und die seitlichen Pferdestände. In den Hofecken erhoben sich zwei zierliche Treppenthürmchen, gegen den Neumarkt an den Ecken zwei flach gedeckte Altane, deren Aufgabe es war, die Flanken des Baues im Fall eines Straßenkampfes zu bestreichen. Die Architektur der Schauseiten war nüchtern, derb und einfach, ihr Schmuck aber auch hier, wie am älteren Schloßbau, eine reiche Fülle von sgraffitirten Zeichnungen, die den ganzen Bau von Giebel bis zum Erdgeschoß, überzog und sich schon damals über die neuerdings auf gleiche Weise geschmückte Wand an der Augustusstraße erstreckte. Die architektonische Gliederung war dagegen mager. Nur die Thore mit schwer gequaderten Halbsäulen-Ordnungen, mit Inschrifttafeln und derbem bildnerischem Schmuck und die Giebel erhoben sich über die nüchternste Zweckdienlichkeit. Aber auch sie sind unmittelbar vom Zeughaus entlehnt, Werke ohne höhere künstlerische Bedeutung. Es muthet uns eben wie Tischlerarbeit an, dieser kastenartig ungegliederte Baukern mit den unorganisch entwickelten hohen Giebeln, der mangelnden architektonischen Gliederung und der schier überreichen Bemalung. Die Hofansicht zeigte eine reichere Gruppirung und malerische Wirkung. Namentlich die Säulenhalle an der Südseite, welche in ihrer Anlage den Wehrgang der alten Festungsmauer nachbildet, aber den Gedanken in künstlerische Formen kleidet, zeigt frischen, unbefangenen Entwurf und wohlgebildete Verhältnisse. Leider sind jetzt die Rundbogen-Arkaden zugestellt, ist der reiche Schmuck der Rückwand gestört. Aber doch freuen wir uns noch heute des traulich stillen Platzes, welchen Buchners Bauten umschließen, wenn im Herbst der wilde Wein mit seinem leuchtenden Roth die alten Festungsmauern überzieht und die Giebel und Thürmchen der verschiedenen Bauten des 16. Jahrhunderts träumerisch auf die Reitbahn herabschauen, welche einst helle [256] Festfreude bei glänzendem Turnier und lustigen Ringelstechen durchwehte.

Berühmt war die Einrichtung des Stallhofes selbst. Zwar was sich an Werken der Bildnerei erhielt, ist wenig geglückt. Die Statuen über dem sogenannten Jagdthore sind zwar im hohen Grade wirkungsvoll aufgebaut, zeigen aber eine Uebertreibung der Bewegungen, daß den Kriegern alle Glieder ausgerenkt erscheinen. Die merkwürdiger Weise mit Haken und Oese aufgehängten steinernen Thierköpfe in den Zwickeln und an den Schlußsteinen sind nichts weniger als naturwahr. Besser entwickelte sich die Kunst des Malers. Nur in der Gewehrgalerie ist sie noch erhalten, wo der Maler Heinrich Göding schaltete. Er stellte das Haus Wettin in zahlreichen Bildnissen dar, die wohl seiner Einbildungskraft entsprossen waren. Maler und Geschichtsschreiber logen wechselseitig zu Ehren des Fürstenhauses, dem sie dienten, eine sonderbare Weltgeschichte zusammen. Darstellungen von Turnieren sind den Bildern der Schlachten und Krönungen beigegeben. Kurfürst Christians Wirken aber ist durch die Abbildung des Stallhofes gekennzeichnet: Buchner war sichtlich stolz auf das Werk seines Herrn! So wenig ernst der geistige Inhalt der Bilder auch ist, so erfreut doch der derbe Farbensinn, die flotte Behandlung des Ornamentes, auch wenn es keine klassische Schönheit ist, die in Bild und Ornament uns entgegentritt, so wenig wie es historische Wahrheit ist, was uns hier als sächsische Fürstengeschichte vorgeführt wird. Wesentlichen Antheil nahm Buchner ohne Zweifel an diesem Schmucke, wie er auch für die Aufstellung der heranwachsenden Kunstkammer im oberen reich geschmückten Stock des Stallhofes sorgte, selbst die „Berge“ angab, die der Leipziger Holzschnitzer Valentin Silbermann ausführte, jene nachgeahmten Felsen zu beiden Seiten des Eingangs in das Historische Museum, deren Aufgabe ist, die emaillirten Gläser zu tragen, während ihr Inneres einen Reiter birgt, der auf einen Druck sein Glas darbietend vorrückt. Ich erwähne diese Sonderbarkeit deshalb, weil sie meines Wissens die einzigen nachweisbaren Reste von Buchners kunstgewerblicher Thätigkeit sind.

Das Kaufhaus auf dem Neumarkt, einen stattlichen Bau, hat die Zeit ganz hinweggeräumt. Doch kennen wir ihn ganz gut aus den Darstellungen auf Canalettos Dresdner Ansichten. Auch dies war nicht ein geistvolles Kunstwerk, sondern entsprach der handwerklichen Tüchtigkeit und nüchternen Erwägung seines Meisters. Ueber zwei Stockwerken erhoben sich die geschweiften, nach dem Vorbilde des Schlosses und Zeughauses an den Ecken sich verkröpfenden Giebel. Buchers eingehender Bericht vom Jahre 1591 belehrt uns über die Raumvertheilung in den verschiedenen Geschossen und erwähnt das Modell, das er selbst geschnitten hatte. Schnell, durch eine Geldunterstützung des Kurfürsten im Betrag von 4000 fl. gefördert, wuchs das Werk empor, ein bequemer Sitz für den städtischen Geschäftsverkehr, der vom Zauber des 16. Jahrhunderts umweht war: selbst minder bedeutende Werke werden uns zum anheimelnden Zeichen der behäbig festlichen Zeit, die wir heute in so vielfacher Beziehung als unser Vorbild ehren.

Dieser Zauber bewährte sich selbst an einem Erzeugniß der Kriegsbaukunst, die doch sonst den Musen fern liegt.

Dem Kurfürsten Christian I. und Paul Buchner hat Dresden seine „Terrasse“ zu danken. Wenn dieselbe gleich damals noch nicht zu so stattlicher Höhe sich gegen den Strom aufrichtete, wie seit König Augusts des Starken Umbau, so erkannte man doch alsbald, daß die köstliche Lage der Bastion schönheitlichen Werth verleihe, und errichtete auf ihrer Spitze ein der Aussicht über Strom und Gelände gewidmetes Haus, das erste in der Folge von Bauten, die an jenem Punkte sich viermal nach der Zerstörung des vorhergehenden ablösten. Keck baute es sich über die Mauer hinaus, einem Wachthäuschen vergleichbar. Das Dach war einem umgekehrten Schiffsrumpfe nachgebildet. Im Innern entfaltete sich die höchste Pracht. Der damals eben aus seiner Heimath eingetroffene italienische Bildhauer Juan Maria Nosseni schmückte den Saal mit Marmor-Dekorationen, wie er schon im Stallhof seine „Pavimente“ angebracht hatte. Aber auch von dieser Herrlichkeit ist nichts erhalten, als das im städtischen Museum bewahrte Köpfchen eines Marmor-Bildwerkes, das man vor einigen Jahren im Elbgrunde fand. Dorthin mag es eine Pulverexplosion in den Kasematten der Bastion geschleudert haben, die etwa hundert Jahre nach der Errichtung den zierlichen Bau unwiederbringlich zerstörte.

Besser ist es mit dem Schloßanbau gegangen. Noch steht das Portal an der Schloßstraße in seiner etwas unbeholfenen, aber gesunden Kraft, seinen stattlichen Abmessungen und derben Gliederungen da. Leider fehlen ihm aber wichtige Teile seines Schmuckes, die zierliche aus einem offenen Säulenrundtempel und Statuen bestehende Bekrönung über dem Hauptgesims. Das Obergeschoß erhielt beim jüngsten Schloßumbau nicht unwesentliche Aenderungen. Auch im kleinen Schloßhofe mit seinen Arkadenreihen und seiner malerischen Quadrirung hat sich uns ein Bild von Buchners Wollen und Können erhalten, welches immer verständig, maßvoll, doch nie wirklich bedeutend ist, hier aber zu malerisch anheimelnder, einheitlicher Gesammtstimmung sich erhebt.

Die größte künstlerische Aufgabe seines Lebens schien an Buchner heranzutreten, als der Kurfürst beschloß, die Gruft seiner Vorfahren im Chor des Domes zu Freiberg umzugestalten. Nosseni und er erhielten den [257] Auftrag, den Dom zu besichtigen, und trafen am 29. Mai 1589 dort ein. Man war sich bald über das Bauprogramm einig, aber Buchner erlangte nicht die Oberleitung, da ein plötzliches Ereigniß, der Tod des erst 31 jährigen Christian I. (25.  September 1591), den überreichen Plänen ein Ende bereitete. Unter der sparsamen Regierung des Kur-Administrators Herzog Friedrich Wilhelm galt der Grundsatz, das Begonnene zu vollenden, neue Pläne aber dem bei seines Vaters Tod erst achtjährigen Prinzen Christian II. bis zu seiner Volljährigkeit vorzubehalten. Nur das Schloß Colditz wurde, unter Buchners Oberleitung, durch Hans Irmisch und David Uslaub für die Kurfürstin-Wittwe vollendet. Die Grabkapelle aber führte Nosseni mit Hilfe des Florentiner Bildgießers Carlo Cesare im Stile des Giovanni da Bologna durch.

Das Jagdthor am Schloßplatze.

Wenn auch der dem Greisenalter sich nahende. Buchner mit Stolz auf dem Wege von der von Lynar begonnenen Bastion zum kurfürstlichen Bade, durch den kleinen Schloßhof und dann wieder vom Georgenbau über den Neumarkt, die Brühl’sche Terrasse bis zum Pirnaischen Thor entlang an Werken seines Fleißes vorbeischreiten konnte, wenn er sagen durfte, daß er die Kleinstadt Dresden durch seine Mühe erst zum echten Fürstensitz gemacht habe, so brachten ihm die nun folgenden schmalen Jahre doch wenig Erfreuliches: zunächst in Nosseni einen künstlerischen Rivalen, der sich bald in vielen Punkten überlegen zeigte. Wohl nicht ohne Buchners Einfluß war diesem bisher nie ein größerer Auftrag zu Theil geworden, hatte er in Pavimenten und dekorativen Arbeiten ein Genüge finden müssen. Durch den Bau der Gruftkapelle zu Freiberg aber hatte er bewiesen, wie viel tiefer er in das Wesen der italienischen Kunst eingedrungen, wie viel reicher er an Gedanken, sicherer in der Behandlung der Formen war, als der deutsche Meister. Immer mehr trat von nun an in künstlerischen Fragen Nosseni in den Vordergrund. Es entschied sich hier am Schluß des Jahrhunderts in einer der wichtigsten Kunststädte des mittleren Deutschlands der Sieg Italiens. Was in der Mitte des Jahrhunderts der am Schloßbau beschäftigte Meister Juan Maria Padovano begonnen hatte, was die lombardischen Maler [258] Thola und Ricchini, Schüler des Moretto, und dann der aus der Stadt der Medici kommende „welsche Graf“ Lynar fortgeführt hatten, das vollendete Nosseni, indem er der deutschen Kunst die Volksthümlichkeit nahm und sie der italienischen unterordnete. Seine Bildhauerschule hielt sich lange in Sachsen, eine Schule von sehr bedeutendem Können, sicherer Meisterschaft und einer oft überraschenden Formvollendung – aber ohne starkes eigenes Leben, ohne tiefgreifende eigene Beobachtung, außer im Bildniß. Als Architekt aber vermochte Nosseni nicht dauernden Einfluß zu gewinnen. Das deutsche Volk war noch zu umfangen von Kleinstaaterei und klopffechterischem Sektengeist, als daß es sich zu einer Monumentalkunst hätte erheben können. Nur vereinzelte Meister, wie Holl in Augsburg, wußten die italienischen Einflüsse zu nationalem Schaffen zu verarbeiten. Buchner zeigte sich unfähig zu solchem höheren Kunstschaffen.

Schwerer aber als der Mangel an künstlerischer Kraft lastete auf ihm unter der neuen Regierung der Vorwurf, daß bei der nun gewissenhafter betriebenen Abrechnung allerhand Schwierigkeiten entstanden seien. So hatte er z. B. den Ziegelofen in Dresden selbst verwaltet und von Kurfürst Christian die Erlaubniß erhalten, die Ueberschüsse aus dem Betriebe für die Staatsbauten für sich zu behalten. Nun aber forderte man eine bedeutende Summe von dem vielgeplagten Baumeister zurück, die er zu viel in Rechnung gestellt habe. Gleichzeitig wollte man ihm eine Gehaltszulage, die ihm Kurfürst Christian in seiner Freude über den Fortgang seiner Bauten mündlich zugesichert hatte, wieder entziehen. Die Schreibereien hin und her zogen sich in die Länge, so daß endlich Buchner nach 36 jähriger Dienstzeit 1595 bat, ihm den Abschied zu bewilligen oder doch ihm die Bausachen ganz und die Verwaltung des Zeughauses zum Theil abzunehmen. Wieder ertönen die Klagen über theuere Zeiten, über die Kosten der Erziehung seiner Kinder, deren ihm die Gattin elf geschenkt hatte, über seine unsichere Lage, die ihn befürchten lassen müsse, in seinem hohen Alter Elend zu leiden. Und nun wiederholen sich von Jahr zu Jahr die Abschiedsgesuche in immer dringenderer Form, Buchner sah sich nach Ersatz für seine Thätigkeit um, schlug seinen Sohn Paul als geeigneten Nachfolger vor, kurz, begann sein Scheiden von dieser Welt vorzubereiten.

Trost mag ihm bei den mannigfaltigen Widerwärtigkeiten sein wachsender Ruhm in Deutschland gewesen sein. Der Kaiser forderte ihn zu sich nach Prag, wo er mit Martin Hillger, dem ausgezeichneten Freiberger Erzgießer, den Guß von Geschützen leitete; die Stadt Breslau erbat sich seine Hinkunft wegen eines Rathes in ihrem Bauwesen, ebenso der Herzog Wilhelm von Braunschweig; der König von Dänemark rief ihn zu einem Festungsbau nach Holstein – rühmliche Anerbieten wurden ihm von den verschiedensten Seiten.

Aber Buchner blieb in Dresden, stets thätig, ob ihn gleich das Alter und traurige Ereignisse mehr und mehr niederbeugten. Seine Söhne unterstützten ihn. Georg war 1582 als Zeugwart mit 80 fl. Jahresgehalt angestellt, erhielt aber am 20. Juli 1583, damit er Erfahrungen sammele, die Erlaubniß, den Feldzug gegen Köln mitzumachen, wo es den zum Protestantismus übergetretenen Erzbischof Gebhard von Waldburg zu vertreiben galt. Man sieht, er betrieb den Krieg als ein Studium, ohne Rücksicht auf kirchliche Ansichten und politische Ueberzeugungen! Ein anderer Sohn starb vor dem Vater dahin. Es vermochte selbst die Freude über die Verheirathung zweier Töchter den Vater für den herben Verlust nicht zu entschädigen. Seine Stütze blieb Paul, der in seine Stellung nach und nach aufrückte. Wir hören wenig mehr von größeren Bauunternehmungen, doch fiel dem Altmeister wieder die fürstliche Gunst in vollem Maße zu, der vierte Regent, dem er diente, Kurfürst Christian II., der 1601 selbst die Regierung antrat, sorgte durch Begnadigungen reichlich für ihn bis an seinen Tod.

Im Jahre 1607 endete sein arbeitsreiches Leben. Von den 76 Jahren, die ihm geschenkt waren, hat er fast ein halbes Jahrhundert dem Dienste seines zweiten Vaterlandes, Sachsen, gewidmet. Seine Jugendzeit durchzuckten die Nachwehen der reformatorischen Bewegung, in den Tagen seines Alters sammelten sich die Wolken zum furchtbarsten Kriege, der Deutschland je erbeben machte. Wie eine Ahnung geht die Erwartung solcher Ereignisse durch sein Leben. In einer Zeit des Friedens diente er in erster Linie dem Kriege. Bis zur letzten Stunde galten dem Zeughause und dem Festungsbau seine besten Kräfte. Selbst im Kunstbau vergaß er nie die ernste Bedeutung starken Mauerwerkes, selbst inmitten der kurfürstlichen Hauptstadt gab er seinen Werken stets ein wehrhaftes Aussehen.

Er gehörte nicht mehr zu den alten Baumeistern der Kirchen, die ihre Hütte zwischen den Strebepfeilern der Dome sicher und bequem anlegten, denen die Welthändel meist fern standen und die allein in ihrer Kunst Ausdruck ihres Strebens suchten. Buchner lebte inmitten eines großen Staatswesens als mitthatender und mitrathender Beamter. Was ihm an zünftiger Durchbildung für das Baugewerbe fehlte, das besaß er reichlich mehr an Kenntniß der Geschäfte, an Welterfahrung. Frei erhob er die Stellung des Baumeisters zu einer der geachtetsten im Staatswesen, zu bedeutendem Einfluß auf den Gang der Begebenheiten. Er war etwas von einem Kriegsminister und doch wieder ein schlichter Bürger, dessen Werth nicht Geburt [259] noch Vermögen, sondern nur das Verdienst um den Staat bestimmte.

Sein Fleiß, seine Arbeitskraft, seine bürgerliche Tüchtigkeit und endlich auch seine künstlerische Begabung erhoben ihn zu dieser Stellung, trotz seines wohl nicht immer ganz einwandfreien Handelns und Denkens.

Das Portal in der Schloßstraße.

So vollendete Paul Buchner seine Tage. In den Ueberlieferungen der großen Zeit Nürnbergs geboren, fühlte er die Kraft zur Lösung der umfassendsten künstlerischen Aufgaben in sich. Er erhob sich über das erlernte Handwerk, aber er vermochte nicht, dessen Ketten ganz von sich abzustreifen. Dem Schaffen der großen Steinmetzen des 15. Jahrhunderts, ja selbst den Kleinmeistern der beginnenden Renaissance wußte er nicht Gleichwerthiges entgegenzusetzen. Er hatte die Liebe für das Einzelne, die Anmuth der spielenden Schmuckformen, jene so feinen Wirkungen verlassen, wie sie die Früh-Renaissance liebte, und war bestrebt, einheitlich groß zu entwerfen. Er liebte es, seine Kenntnisse hinsichtlich der antiken Säulenordnungen zu zeigen, die „Dußcana“ oder „Dorica“ nicht nur zu verwenden, sondern sich auch ihrer zu rühmen. Nicht umsonst war er Landsmann gewesen des Walter Rivius, dessen Uebersetzung des Vitruv 1548 zu Nürnberg erschien, als Buchner dort, ein 17 jähriger Kunstbeflißner, seine Lehre bestand. Damit ist freilich nicht gesagt, daß er klassischen Formen zugestrebt habe. Weder war seine Einbildungskraft hinreichend lebendig, noch seine Schulung genügend, um wahrhaft Bedeutendes zu schaffen. Die Gedanken sind zusammengetragen und zwar meist aus der nächsten Umgebung seiner Bauten, man erkennt die Hast der Ausführung, die oft zu Mißgriffen im Maßstabe führte. Ein verallgemeinernder Zug tritt hervor, an dem man den Beamten mehr als den Künstler erkennt. Der malerische Schmuck war ohne eigentliche innere Beziehung zum Bau und auch die [260] meist schwachen Bildwerke oft willkürlich vertheilt. Wie in Abneigung gegen die verdrängte Zunft der Steinmetzen wies er diesen einen nur nebensächlichen Einfluß auf den Bau an. Erst seine Schüler fanden wieder die richtige Würdigung des reicheren bildlichen Schmucks. Das beweisen die Bauten zu Torgau, Oschatz, Wermsdorf, Freiberg. Buchners Arbeiten aber sind herber und ernster als sonst seine so formenreiche Zeit es liebte, es liegt schon etwas von dem großsprecherischen Wesen des folgenden Kunstabschnittes in ihnen.

Und doch kann man dem Manne seine Theilnahme nicht vorenthalten, der unermüdet seinem Streben diente, die Hauptstadt Sachsens mit großen Bauten zu schmücken, der ihr bauliches Wesen bestimmte, bis die bessernde Zeit und vernichtender Krieg die Spuren seines Wirkens in einzelne stille, vorm Hauche der Begebenheiten geschütztere Winkel zurückdrängte.



  1. Mit Benutzung der Akten des Königlichen Hauptstaatsarchivs. – Die Clichés zu den Abbildungen sind für den in Vorbereitung befindlichen Band „Dresden“ der „Beschreibenden Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens“ angefertigt und mit Genehmigung des Königlichen Ministeriums des Innern zum Abdruck überlassen worden.
  2. Nebenstehend die verkleinerte Nachbildung des Originalentwurfs.