Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 6, 3)

Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Miscellaneen
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aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 372–381
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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XIII.
Miscellaneen.


1.
Herr Johann Georg Heil, aus Berkach im Grabfelde gebürtig, seither Pfarrer zu Walchenfeld und Birkenfeld, wo er geschätzt von seiner gnädigen Herrschafft und geliebt von seiner Gemeinde lebte, ist vom Herrn Baron von Truchseß zu Wetzhausen zum Pfarrer nach Wetzhausen und Meyles beruffen worden. Sein Herr Vorfahrer im Amte war Johann Gottfried Schöner, aus der Reichsstadt Schweinfurt, ein Mann, der von Seiten seines Herzens und seiner Kentnisse gleichverehrungswürdig war, und besonders die Achtung und das Vertrauen seines ehemaligen Herrn, des Freyherrn von Truchseß, besaß, der durch seine Religiosität, durch seine Toleranz, durch seine Einfachheit in Kleidern und durch die Wohlthätigkeit gegen die Armuth bekannter ist, als durch seine Übersetzung des katholischen Asceten Thomas von Kempis und durch die Umschmelzung desselbigen zum Besten seiner protestantischen Glaubensgenossen. Der gerade einfache Mann, zu der Zeit, wo beym Fränkischen Adel noch alles nach dem Französischen Zuschnitte gemodelt seyn mußte, verdiente allerdings eine genauere Lebensbeschreibung in einem Fränkischen Journale, bis wir dieselbige zu erhalten das Glück haben, geben wir| unsern Lesern einige Bruchstücke aus dem Leben seines Pfarrers und fast täglichen Gesellschafters.

 Der Geburtsort des Herrn Schöners war, wie schon gesagt ist, die Reichsstadt Schweinfurt, wo er den 28. April 1718. auf dem Schauplatz der Welt auftrat. In seinem 12ten Jahre wurde er in das dasige Alumneum aufgenommen und verblieb daselbst, bis er im Jahr 1738 die hohe Schule zu Altdorf besuchen konnte. Er studirte auch einige Jahre zu Jena. Im Jahr 1741 wurde er nach Sommerhausen gerufen, dem dasigen alten gräfl. Limpurgisch. Oberpfarrer, Herrn M. Johann Volpert Eber, in seinen Amtsverrichtungen beyzustehen. Da blieb er, bis er durch die Brüder Christian Gottlob und Ferdinand Dietrich Freyherren Truchseß von und zu Wetzhausen auf Bundorf den Ruf als Schloßprediger nach Bundorf bekam. Von seinem Aufenthalte in Bundorf schrieb der liebenswürdige Greis in seinem Tagebuche:

„Dieses liebe Bundorf habe ich für meine 3te Universität zu halten. Man überschüttete mich mit vieler thätigen Gnade und Wohlthaten und bemühete sich, mich zu einem bessern und nützlichern Werkzeuge der göttlichen Gnade in seiner Kirche zu machen und zuzubereiten.“
 1747 erhielt Herr Schöner von dem hochlöbl. Ritter-Ortsvorstand an der Baunach den Ruf zu der durch den Tod des Herrn Pfarrer Scherleins erledigten Stelle zu Rügheim und Kleinmünster.| Hier stand er in die 17 Jahre, und hat manchfaches Gute in Kirchen und Schulen gestiftet. 1764 berief ihn der obenerwähnte biedre Ritter Freyherr Christian Gottlob Truchseß zur Pfarre nach Wetzhausen und Meyles, welches Amt er bis zu seinem den 31 März 1791 erfolgten Tode mit vielem Segen begleitete. Er hatte ungemein reife Einsichten in die Geschichte der Bibel und der christl. Religion, verbunden mit einer Kenntniß der bibl. Sprachen, wie sie in seinem Zeitalter auf dem Lande äusserst selten zu seyn pflegte. Die Fortschritte seiner Erkenntniß, als Gottesgelehrter und Menschenkenner, die er auch in seinem 70sten Lebensjahre mit täglicher Anstrengung zu thun suchte, erwiederten und bevestigten sich vorzüglich durch das ununterbrochene Studium der allgem. teutsch. Bibliothek, die er vom Anfange an für sich allein hielt und bis zu seinem erfolgten Ende allein für sich fortsetzte. Eine Ausgabe, die für ein einziges Buch von 1764. bis 1791. über 120 Rthl. schwer Geld betrug. Dabey wird freylich mancher seiner Herren Amtsbruder die Achseln zucken, der ohne Bücher und neuere Zeitschriften predigen und sein Amt versehen kann. Herr Schöner konnte und durfte nicht fremd in der neuesten Litteratur aller Art seyn: sonst hätte er sich in der Gunst seines gnädigen Herrn nicht erhalten können, der selbst ein großer Liebhaber der Lectüre war und Gelehrte aller Art immer bey sich zu haben und sich mit ihnen| zu unterhalten wünschte. Bey diesen gelehrten Unterhaltungen war er stolz auf die Einsichten seines Pfarrers; er mußte immer zugegen seyn. Herr von Truchseß selbst schaffte viele Bücher, um seinen Pfarrer immer in der Verfassung zu erhalten, daß er zur gelehrten Unterhaltung über die neuesten und ältesten Gegenstände der Litteratur zu brauchen war. Vorzüglich kaufte er viele Werke, die ins Fach der Erziehungs-Wissenschaft und der schönen Wissenschaften einschlugen. Wetzhausen war daher der Ort, wo schon längst die Verbesserung der Teutschen Schule im physischen und moralischen Verstande anhob, ehe man anderwärts in Franken daran dachte; wo die Toleranz allgemein geltend gemacht war, so gar in Vertheilung der herrschaftl. Almosen an Sonntagen, als man noch dafür das Kreuz schlug, treulich im Kreise von Mönchen aller Gattung und Farben eine Mittags-Suppe oder ein Abendmahl zu verzehren, wo eigentlich Religionsgefühle und Achtung für Protestantismus mit aller Bescheidenheit gegen anders Denkende sichtbar wurden, ohne in den jetzt so gewöhnlichen Indifferentismus zu verfallen. Der Freyherr von Truchseß besuchte jährlich das Bad zu Kißingen. Da war es nun dem religiösen Manne eine besondere Herzensangelegenheit, wie er sich unter Römischkatholischen einen gemeinschaftlichen und lautern Gottesdienst mit seinem Gefolge und seiner Dienerschaft verschaffen möchte. Er rechnete auf die Erlaubniß der Wirzburgischen geistl. Regierung| und hatte sich unter dieser vorausgesetzten Rechnung schon eine Orgel angeschafft. Allein jene blieb aus und er mußte in einem stillen Bethause mit den Seinigen der Andacht pflegen. Den Gottesdienst hielt da gewöhnlich sein Pfarrer von Wezhausen, unser Herr Schöner, bisweilen auch ein und der andere Geistliche von Schweinfurt, worunter sein Liebling, der nachmahlige Herr Oberpfarrer M. Metz, mit dem er bis zu seinem Tode in dem vertrautesten Briefwechsel stand. Vom Herrn Schöner sind auch 12 Lieder vorhanden, unter dem Titel: Spuren der göttlichen Liebe bey der Brunnenkur betrachtet 1769. Sie sind zum Gebrauch beym Gottesdienst zu Kißingen gemacht worden. Sonst sind von ihm etliche Predigten gedruckt und ein Aufsatz vom Verhalten der Geistlichen beym Schulbesuche auf dem Lande.

 Unter manchfachen Wohlthaten, die Gott dem Herrn Pfarrer Schöner während seines 73 jährigen Lebens zu genießen gab, gedenkt er auch manchfaltiger Anfechtungen und Leiden. Unter andern erwähnt er eines Umstandes, den ich mit seinen eigenen Worten wieder erzählen will:

 „An Anfechtungen innerlich und äusserlich fehlte es zwar nicht, aber auch nicht an unermeßlichen göttlichen Wohlthaten, die ich in Rügheim genoßen habe. Am meisten gebühret dem Herrn meines Lebens Dank, Ruhm und Ehre für den Segen, den er in meiner Amtsführung auf die Anweisung der Jugend gelegt hat, die zum Theil mit Lust und Liebe| zur Bibel, als zur Quelle des Lichts und Lebens sich hat leiten und führen lassen. Das und kein Menschen-Wort ist es doch, das uns richten wird am jüngsten Tage, und das diejenigen, die daran glauben, selig machet. Indessen habe ich unter die grösten Anfechtungen zu rechnen, einen harten Zufall, der mir zum ersten Ostertage 1758 auf der Kanzel begegnete, wodurch mich mein Gott sehr demüthigte, so daß ich aller menschliche Hülfe beraubt zu ihm allein fliehen mußte. Das war mein Pfahl in das Fleisch, den ich auch bis daher getragen habe. Ich kam in Jammer und in Noth: aber ich rief an den Nahmen des Herrn, und er hat zu mir gesagt: laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist auch im Schwachen mächtig.“

 Der heftige Anfall auf der Rügheimer Kanzel, schreibt mir einer seiner Herren Tochtermänner, war bey seiner starken Hypochondrie, ein Krampf im Halse, der ihn nöthigte einige Minuten ganz stille zu schweigen. So oft er nachher öffentlich auftreten mußte, besorgte er, dieser Zufall mochte wieder kommen und fühlte Herzensangst.

 Herr Pfarrer Schöner war seit dem 20 Oct. 1744. verheyrathet mit der 2ten Tochter Herrn Joh. Jacob Zieglers[1] bestverdienten Pfarrers zu Wetzhausen| und Meyles, und wurde Vater von 8 Kindern, nemlich von 3 Söhnen und 5 Töchtern. Eine dieser letztern starb in der Blüthe ihrer Jahre. Eine starb als Gattin Herrn Pfarrers, Peter Friedrich Weisens zu Schwebheim im Canton Steigerwald, nun zu Steinach bey Rothenburg. Eine ist Gattin Herrn Pfarrer Maschens zu Holzhausen im Amte Königsberg, eine andere Gattin Herrn Pfarrer| Graners zu Rügheim; die dritte ist noch unverheyrathet. Die Söhne sind: Herr Johann Gottfried Schöner, Diakon. bey S. Lorenz zu Nürnberg, bekannt durch mehrere Erbauungs-Schriften und als ein von seiner Gemeinde besonders geliebter Redner. – Herr Johann Friedrich Schöner Pfarrer zu Friesenhausen, einem freyherrl. von Dahlbergischen Gute im Canton Baunach. Der 3te ist Herr Johann Heinrich Schöner, Conditor und Specereyhändler in der Reichsstadt Schweinfurt.


2.
Aus dem Teutschherrischen. 
 Die Frage ist längst entschieden: woher Aufklärung in Religions-Sachen, im edlern Sinne des Worts, kommen müsse, wenn sie gedeihlich seyn soll. Hier einen kleinen Beleg dazu aus der neuesten Zeit. Bekanntlich haben unsere einsichtsvollen Bischöffe dieses Jahr die Fasten, auch so gar für die Mönchs-Klöster, aufgethan, und die Klöster machen von dieser bischöfflichen Erlaubniß Gebrauch, so wie man es auch von allen Layen erwartet hat. Letzteres fand ich auf einer Reise, die ich im vorigen und diesem Monat durch das Bisthum Wirzburg und die Teutschherrischen Lande machen mußte, ganz anders. Ich rede, wie natürlich, nicht von einem und dem andern Fall; denn wer kann es allen recht machen, sondern von vielen, besonders aus dem Mittelstande und den niedern Classen. Sie enthalten sich nicht nur des Fleisches, was man natürlicher Weise jedem gar| wohl lassen kann, sondern sie verargen es den Mönchen, besonders in Bettel-Klöstern, recht laut, und höchlich, daß sie sich der weisen bischöfflichen Verordnung auf eine so vernünftige Weise bedienen. „Sie sollen es gewiß beym Terminiren fühlen“ das hörte ich an gar vielen Orten.


3.

 Ich kann Ihnen jetzt wieder die Entdeckung einer neuen Höhle bey Ober-Fellendorf, eine halbe Stunde von Streitberg, bekannt machen, die nicht weniger von Reisenden besucht und bewundert zu werden verdient. Die Tropfsteinmassen derselben sind wesentlich von denen der andern Höhlen verschieden. Es wären also jetzt nicht weniger, als 9 Höhlen, bey Müggendorf und Ober-Fellendorf, die Geilenreither Zoolithenhöhle, die Moterser, und andere in einem Umkreise von einer oder zwey Stunden befindlichen, abgerechnet. Ich habe starke Vermuthungen, daß sich in der Nähe noch mehrere befinden.[2]


4.

 Auf meiner Reise durch Vorchheim fand ich einen Bamberger Kalender vom Jahr 1792, schreibe siebzehenhundert und zwey und neunzig, in welchem noch folgender Artikel steht:

Von Entwehnung der saugenden Kinder.

 Wenn die Mütter ihre Kinder abgewehnen wollen, müssen sie Solches vornehmen nicht mit einem neuen Mondscheine sondern wenn die Sonn und der Mond weit von einander stehen gar nahe gegen den Vollmond, dann je weiter derselbe von einander, je ehender das Kind die Mutter vergißt; darnach mus es nicht geschehen, wenn der Mond im Widder und Waag lauft, sondern der Mond soll im guten Zeichen seyn.


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5.
Coburg.

 Um dem mit Recht allgemein geschätzten Herrn Hofprediger Schwarz zu Coburg einen neuen Beweis landesväterlicher Gnade zu geben, haben unser regierender Herzog demselben die, am 12ten März durch den Tod des, im 73sten Lebensjahre verstorbenen Herrn Adjunctus Frommann zu Meder erledigte so ansehnliche als einträgliche Stelle, aus höchsteigener Entschließung ertheilt. Zu dieser ersten Adjunctur und deren Diöces gehören die Pfarren Walburn, Oettingshausen, Ahlstadt, Gradtstadt, Rottenbach und Wiesenfeld, als welchen dieselbe Adjunctur vorgesetzet ist.



  1. Da dieses Mannes einmahl gedacht ist, so sey es mir erlaubt auch einiges aus seinem Leben hier beyzufügen; denn er verdients. Er war ein geborner Schweinfurter. Er hatte ehrliche, aber minder vermögliche Ältern. Sein Vater könnte ihm von dem Seinigen nichts als einen alten Thaler mit nach Jena geben, über welchen er auch so hielt: daß er ihn wieder von Jena mit zurückbrachte, als er von da aus vom Herrn Obrist Johann Eitel Truchseß zum Hofmeister seiner Kinder nach Wetzhausen beruffen wurde. Im 27ten Jahre seines Lebens (1723.) wurde er daselbst Pfarrer. Sein Herz war so gut als sein Kopf; darum schaffte er aus Dankbarkeit gegen seinen Gott, der ihn so bald und so gut versorgt hatte, aus eigenem Antrieb das Beichtgeld ab. Ohne daß dafür die Herrschaft dem Pfarrer etwas vergütet hätte. Seine Zuhörer liebten ihn aber deswegen gar sehr und beschenkten ihn anfänglich reichlich. Nach und nach wurden die Geschenke seltner und jetzo weiß man von denselbigen gar nichts mehr. Als Herr Schöner 1764 kam; muthete ihm sein damahliger gnädiger Herr zu: er solle von der Kanzel verkündigen: daß von nun an, das Beichtgeld wieder gegeben werde müste. Der brave Schöner aber bliebe, wie leicht zu erachten, auch bey dieser Versuchung brav, und liese es, wie er es gefunden hatte. Die Kranken-Communionen aber, wurden ihm eben so, wie seinem Schwiegervater vom gnädigen Herrn bezahlt. Petri muste er allzeit anzeigen wie viele in ihren Häusern das Jahr über kommunizirt hatten; dann bekam er für jede Person 4 Batzen.
  2. S. Goth. gel. Zeit. 1793. N. 23.