Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schiff“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 454460
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Wiktionary: Schiff
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Schiff. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 454–460. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schiff (Version vom 06.12.2024)

[454] Schiff, im allgemeinen jedes gefäßartig geformte Transportmittel zu Wasser, mit vorwaltender Längenausdehnung, welches mit Vorrichtungen zur eignen Bewegung versehen ist; im engern Sinn ein großes Bark- oder voll getakeltes S. zum Unterschied von den kleinern, die als Fahrzeuge bezeichnet werden. Zu den letztern gehören Briggs, Schoner, Galjassen, Kutter, Boote etc. Nach der Art der Fortbewegung unterscheidet man Ruder-, Segel- und Dampfschiffe, nach dem Zweck ihrer Verwendung Kriegs- und Handelsschiffe, endlich nach den Gewässern, welche sie befahren, Fluß-, Küsten- und Seeschiffe. Jede der genannten Arten hat eine Menge Unterabteilungen, auch sind fast alle denkbaren Kombinationen ausgeführt worden, so daß die Mannigfaltigkeit der Schiffe eine sehr bedeutende ist. Ruderschiffe gehören vornehmlich der Vergangenheit an (s. Galeere); nur Boote sind noch auf die Ruder als Bewegungsmittel angewiesen, häufig aber auch mit Takelage versehen, d. h. zum Segeln eingerichtet (s. Boot). Von Segelschiffen unterscheidet man in Deutschland nach Betakelung, Bauart und Größe als wichtigste Schiffstypen: Fregatt- oder Vollschiff, Bark, Schonerbark, Dreimastschoner, Brigg, Vollschoner, Gaffelschoner, Galjaß, Galjot, Kuff, Ewer, Jacht, Schute, Kutter etc., außerdem Klipper, große, scharf gebaute Schiffe mit großer Takelage, die reichlich mit Mannschaft versehen und überhaupt gut ausgerüstet sind und schnelle Reisen über die Ozeane machen. Viele Schiffe sind sowohl zum Segeln als auch zum Dampfen eingerichtet. Im allgemeinen nennt man solche immer Dampfschiffe; eine Ausnahme bilden einige große Schiffe, bei denen das Segelvermögen weit überwiegt, die aber eine kleine Hilfsmaschine haben, um ihnen bei ihren Reisen durch die Kalmen zu helfen. Dampfschiffe (s. d.) haben, um nicht ganz hilflos zu sein, wenn die Maschine versagt, sofern sie zu den Seeschiffen gehören, stets auch Takelage, meist allerdings [455] eine verhältnismäßig kleine. Kriegsschiffe führen Geschütze, sind sehr stark gebaut und auf große Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit oder beides zusammen berechnet. Indes tragen auch manche Handelsschiffe Geschütze, manche Kriegsschiffe aber, wie z. B. Avisos, nicht. Flußschiffe sind meistens mit ganz flachem Boden, also sehr einfach gebaut im Gegensatz zu den Seeschiffen, die mit einem Kiel (s. d.) versehen sind und dann die eigentümliche Form Textfig. 1 haben, während erstere im Querschnitt rechtwinkelig

Fig. 1. Fig. 2.

(Fig. 2) erscheinen (Kähne); sie erfordern, da weder an ihre Geschwindigkeit noch ihre Festigkeit besondere Anforderungen gestellt werden, auch keine schwierigen Konstruktionen ihrer unter Wasser gelegenen Teile. Flußschiffe, die nicht Dampfer sind, haben meistens nur den Zweck, große Lasten überhaupt ohne Rücksicht auf Geschwindigkeit zu transportieren; an ihrem Bau ist daher höchstens bemerkenswert, daß der Boden nach vorn und hinten leicht ansteigt, oder daß das S. nach beiden Enden spitz zuläuft, um der Vorwärtsbewegung einen geringern Widerstand entgegenzusetzen. Die Flußdampfer sind oft, wie z. B. die auf den Strömen Nordamerikas gebräuchlichen, von bedeutender Größe. Äußerlich riesigen Palästen von zwei und drei Etagen gleich, in einer Gesamthöhe von 10–15 m bei 100 m Länge und mit starken Maschinen, haben sie es bis zu einer Fahrt von 20 Knoten gebracht und tauchen dabei doch nicht tiefer als etwa 2 m, um über die zahlreichen Untiefen hinwegzukommen. Zu den Flußdampfern gehören auch die Kettenschleppschiffe (s. Tauerei). Küstenschiffe halten zwischen den vorigen und den Seeschiffen die Mitte; sie sind noch flach, resp. klein genug, um seichte Gewässer befahren zu können, aber doch von genügender Stabilität, um gegen das Kentern (s. d.) gesichert zu sein. Zu dieser Klasse gehören die norddeutschen Ewer, Galjoten, Galjassen und die holländischen Tjalken, Smacken und Kuffen, welch letztere sogar bis zu den afrikanischen Kolonien fahren. Unsre Küstenschiffe haben, um besser kreuzen (s. Lavieren) zu können, ein sogen. Schwert an jeder Seite. Dieses, ein Brettgefüge in Form eines Flügels, wird parallel dem Kiel ins Wasser gelassen und verhindert dann das Seitwärtstreiben des Fahrzeugs. Das Schwert vertritt somit den bei den Seeschiffen tief hinabreichenden Kiel. An die Seeschiffe werden bei weitem die höchsten Anforderungen gestellt. Speziell wieder sind große Kriegsschiffe, welche den Dienst in fernen Meeren versehen, sogen. Kreuzer (Panzerschiffe sind oft abnorm), mit allen den Seedienst betreffenden Einrichtungen auf das sorgfältigste ausgerüstet.

Der Schiffbau.
(Hierzu die Tafeln „Schiff I und II“, mit Erklärungsblatt.)

Soll ein hölzernes S. erbaut werden, so wird zunächst (Fig. 4–6, S. 456) der „Kiel gestreckt“, welcher das Rückgrat des Schiffsgerippes bildet und aus längsschiffs zusammengefügten Balken von rechteckigem Querschnitt besteht. An denselben schließt sich nach vorn der Vorsteven an, erst wenig, dann steiler ansteigend, also nach vorn konvex. Am Hinterende des Kiels steht senkrecht zu ihm der gerade Hintersteven. Schraubendampfer haben noch einen Rudersteven, der, ersterm ähnlich, in einem Abstand, welcher zur Anbringung der Schraube genügt, hinter demselben ebenfalls senkrecht von einer Verlängerung des Kiels aufsteigt. Die Spanten, gewissermaßen die Rippen des Schiffs, sind rechtwinkelig auf den Kiel aufgebolzt und bestehen jedes aus zwei Lagen gekrümmter Hölzer, jede Lage wieder aus mehreren Stücken, von denen das unterste, quer über den Kiel gelegte und mit ihm verbolzte Bodenwrange heißt; darauf folgen nach oben die Kimmstücke, zu oberst die Auflanger, sämtliche Teile untereinander durch eiserne Bolzen verbunden. Den vordern und hintern Teil des Schiffsgerippes bilden die Kantspanten, halbe Spanten, die je nach der Form des Schiffs einen mehr oder minder spitzen Winkel mit dem Kiel bilden. Das Heck (s. d.) des Schiffs wird durch die Heckstützen hergestellt, Krummhölzer, deren untere Enden mit dem Hintersteven verbunden sind. Zur Befestigung der Schiffsplanken oberhalb des Oberdecks dienen die Regelingstützen, welche meist als Fortsetzung des obersten Auflangers der Spanten anzusehen sind. Zur Verstärkung des Schiffs in der Längsrichtung liegt über dem Kiel auf den Bodenwrangen ein dem Kiel ganz ähnlicher Balken, das sogen. Kielschwein. Durch letzteres, die Spanten und den Kiel gehen Bolzen, so daß das Ganze ein festes Gefüge erhält. Die Verstrebung der Seitenwände und den hauptsächlichsten Querverband bilden die Deckbalken, welche durch hölzerne oder eiserne Kniee mit den Spanten verbunden werden. Sie gehen von Spant zu Spant quer über das S. und ruhen mit ihren Enden auf den Balkwegern, starken Balken, die von vorn bis hinten reichen, und von denen mehrere übereinander (Fig. 5 k) an der Innenseite der Spanten befestigt sind. Ganz ähnliche Hölzer sind die Wassergänge, nur liegen diese auf den Deckbalken und gegen die Spanthölzer gebolzt. Sind die bisher erwähnten Teile angebracht, so ist das Gerippe des Schiffs fertig und damit seine Form gegeben. Auf der Außen- und Innenseite der Spanten wird jetzt eine Haut von Bohlen, sogen. Planken, angebracht, die, von oben anfangend, außen die Namen: Farbegangs-, Bergholz-, Kimmungs-, Boden- und Kielplanken, innen die Namen: Setzbord-, Wegerungs-, Kimmwegerungs- und Sandstaakplanken führen. Dieselben stehen stumpf auf- und nebeneinander, werden durch Bolzen an den Spanten etc. befestigt und enden im Kiel, Vor- und Hintersteven, welche für die feste Lagerung derselben mit einer Rinne (Sponung) versehen sind. Den Abschluß des innern Schiffsraums nach oben bildet das Deck, welches aus den horizontalen Deckplanken besteht, die auf den Deckbalken, wie die Planken an den Spanten, angebracht sind. Große Schiffe, namentlich Kriegsschiffe, haben mehrere Decks übereinander, die das S. in mehrere Etagen einteilen. Man erbaut hölzerne Schiffe zuweilen nach einer andern Methode, indem man schwächere Spanten nicht so hoch wie nach der erstbeschriebenen Methode reichen, sondern nur aus Bodenwrange und einem Auflanger bestehen läßt. Die Außenhaut besteht dann aus 2–3 übereinander liegenden Plankenlagen, von denen die eine, bez. die beiden innern (im letztern Fall sich kreuzend) in einem Winkel von 45° gegen den Horizont geneigt sind. Die äußere Plankenlage ist horizontal. Schiffe dieser Art nennt man diagonal gebaut. Sie haben vor Schiffen der gewöhnlichen Bauart den Vorteil größerer Leichtigkeit und Festigkeit, aber auch einige Nachteile. Um den Schiffskörper wasserdicht zu machen, werden sämtliche Nähte, d. h. die Fugen zwischen zwei Planken, abgedichtet,

[Beilage]

[Ξ]

Schiff I.
Dampfer ‚Frisia‘ der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Aktiengesellschaft. Länge 110 Meter.
Deplacement 3500 Tonnen; Maschine 3200 Pferdekräfte. Eingerichtet für 100 Passagiere erster und 140 Passagiere zweiter Kajütte und 580 Zwischendeckpassagiere.
A Rumpf
B Heck
C Bug
D Ruder
E Schraube
F Back
G Fockmast
H Kommandobrücke
J Schornstein
K Boote
L Großmast
M Steuerhaus
N Gangspill
O Deckfenster
P Pavillon
Q Niedergänge
R Ventilatoren
S Dampfwinde
T Seitenfenster
U Klüsen
V Reling
a Erste Kajütte, Salon
b Erste Kajütte, Kammern
c Zweite Kajütte, Salon
d Zweite Kajütte, Kammern
e Kammern der Schiffsoffiziere
f Wohnraum der Mannschaft
g Zwischendeck
h Ladungsraum
i Luken und Schächte zum Hinabschaffen der Ladung
k Kohlen
l Kessel (im Heizraum)
m Maschine
n Schraubenwelle
o Schraubentunnel
p Küche
q Achtersteven
r Rudersteven
s Ruderpinne
t Kiel
u Spanten (im Querschnitt)
v Vorsteven
w Kielschwein

[Ξ]

Schiff II.
Chinesisches Panzerschiff ‚Ting-Yuen‘. Erbaut auf der Werfte der Maschinenbau-Aktiengesellschaft ‚Vulkan‘ zu Bredow bei Stettin. Länge 91 Meter.
Deplacement 7430 Tonnen, Maschine 6000 Pferdekräfte.
a Ruder
b Schraube
c Beiboote
d Achter-Panzerdeck
e Schraubenwelle
f Panzerquerschott
g Maschine
h Ventilator
i Dampfkessel
k Schornsteine
l Pulverkammer
m Granatkammer
n Vorderes Panzerdeck
o Gangspill
p Geschützturm im Bug
q Geschützturm im Heck
r Sporn
s Maschine zum Drehen der Geschützdrehscheiben
t Torpedoboote
u Kommandobrücke

[Ξ]
Erklärung der Tafeln ‚Schiff I und II‘.
Tafel I: Dampfer Frisia.

Die Tafel stellt eins der größern Schraubenschiffe der Handelsmarine, den transatlantischen Dampfer Frisia, in äußerer Ansicht, im Längsschnitt durch die Symmetrieebene und einem Horizontalschnitt dar. Aus dem Längsschnitt ist zunächst ersichtlich, daß sich die zehn Kessel zu zwei Feuerungen, von denen fünf in der dargestellten Backbordhälfte des Schiffs sichtbar sind, ungefähr in der Mitte der Länge des Schiffs befinden. Vor und hinter dem Kesselraum sowie seitlich neben demselben sind mittels eiserner, wasserdicht gearbeiteter Wände die Vorratsräume für die Kohlen abgeteilt, welche Kohlenbunker genannt werden und den Kesselraum vollständig umschließen. Die Lage der Kessel und Kohlenräume in der Mitte der Länge wird deswegen getroffen, damit das Schiff nach Beendigung seiner Reise, nachdem es um das Gewicht der verbrannten Kohlen erleichtert ist, um gleichviel an den Enden aus dem Wasser auftaucht. – Hinter dem hintern Querkohlenbunker ist im Längsschnitt der Maschinenraum erkennbar, in welchem die Hauptteile der 3200 Pferdekräfte entwickelnden Maschine mit dargestellt sind. Letztere ist eine zweicylindrige Expansionsmaschine mit Kondensation und vertikaler Anordnung der Cylinder. An die im untern Teil des Maschinenraums gelagerte Kurbelwelle schließt sich die im Wellentunnel liegende Schraubenwelle an, deren hinteres Ende aus dem Schiff hervorragt und unmittelbar vor dem Ruder die Schiffsschraube trägt. Im Längsschnitt ist ferner zu ersehen der Schornstein und die mit drehbaren, stets dem Wind entgegengerichteten Köpfen versehenen Ventilatoren, welche den Kesselfeuern das benötigte Quantum Luft zuführen. Die äußere Ansicht zeigt die vom Schiff mitgeführten Rettungsboote, die so konstruiert sind, daß sie nicht sinken können; ferner die Takelage. Letztere erscheint im Verhältnis zur Größe des Schiffs nur klein, und die Segel sind relativ weit nach vorn und hinten angeordnet. Daraus ergibt sich, daß man von dem Druck des Windes auf die Segel nur einen geringen Beitrag zur Vergrößerung der Geschwindigkeit des Schiffs erwartet, die Segel vielmehr dazu benutzt, um dem Schiff eine stetige Lage mit Bezug auf die Richtung des Seegangs zu geben und seine schaukelnden Bewegungen um die Längsachse zu mäßigen. In der äußern Ansicht sind ferner die runden, kleinen Seitenfenster für die Erleuchtung und Lüftung der Kabinen dargestellt; dieselben sind selbstverständlich wasserdicht verschließbar und werden Ochsenaugen genannt. Die hellere Schraffur des untern Teils der Figur deutet an, daß dieser Teil der permanent unter Wasser befindliche ist; er wird mit roter Ölfarbe, deren Hauptbestandteil Bleimennige ist, gestrichen, um den Schiffsboden vor dem Verrosten zu schützen. Der obere Teil des Schiffs erhält einen schwarzen Ölfarbenanstrich.

Die im Längsschnitt ersichtlichen Decks teilen den innern Schiffsraum in vier sich längsschiffs erstreckende Räume, die in der Mitte allerdings durch die Maschinen- und Kesselräume zum Teil unterbrochen werden. Alle vier Längsräume werden durch eine Anzahl wasserdichter eiserner Querwände in Unterabteilungen zerlegt, die in den untern Räumen des Schiffs und nach den Enden hin zahlreicher und daher kleiner sind als in der Mitte des Schiffs und weiter oben. Soweit sie übereinander liegen, stehen die auf diese Weise gebildeten Räume durch wasserdicht verschließbare Luken miteinander und dem Oberdeck in Verbindung; soweit sie nebeneinander liegen, wenn erforderlich, durch eiserne, wasserdichte Thüren. Der Zweck dieser Anordnung besteht darin, daß beim Leckwerden des Schiffs immer nur diejenige Abteilung desselben voll Wasser laufen kann, in deren äußerer Begrenzung die Leckstelle liegt.

Was die Benutzung der einzelnen Räume des Schiffs betrifft, so zeigt der Horizontalschnitt, in welcher Weise die Kabinen für die Passagiere und die Offiziere des Schiffs an den Bordwänden entlang verlaufend angeordnet sind, während sich in der Mitte der Breite des Schiffs Gesellschaftsräume, Speisesäle etc. befinden; in der Umgebung des Schornsteins ist die Küche angedeutet; ganz vorn sind die Wohnräume der Mannschaft. In dem zweiten Raum von oben im Vorschiff befinden sich die Schlafstellen der Zwischendeckspassagiere. Der dritte Raum von oben und der unterste Raum dienen zur Unterbringung von Waren.

Tafel II: Chinesisches Panzerschiff Ting-Yuen.

Das auf der Tafel dargestellte Panzerschiff Ting-Yuen („Ewiger Friede“) ist eins der Panzerschiffe, welche auf der Werfte der Maschinenbau-Aktiengesellschaft „Vulkan“ zu Bredow bei Stettin für die chinesische Regierung gebaut worden sind; es lief am 28. Dez. 1881, das Schwesterschiff Chen-Yuen („Wacht in der Ferne“) ein Jahr später vom Stapel, hat eine Länge von 91, eine Breite von 18,3 und einen Tiefgang bei voller Ausrüstung von 6,1 m; sein Deplacement beträgt 7430 Ton., die Maschinen, welche 6000 Pferdekräfte indizieren, geben dem Schiff eine Fahrgeschwindigkeit von 15 Knoten. Der Schiffskörper ist aus Stahl nach dem Zellensystem gebaut. Ein vom Kiel bis zum Zwischendeck reichendes Längsschott, welches vom Vordersteven bis zum Heck durch das ganze Schiff geht, sowie eine große Anzahl Querschotten (Querwände) teilen den Raum unter dem Zwischendeck in etwa 200 wasserdichte Abteilungen, von denen eine Anzahl vor und hinter der Panzercitadelle in Höhe der Wasserlinie mit Kork gefüllt sind. Da die Seitenwände des Schiffs hier nicht gepanzert sind, so soll, wenn ein Geschoß durch eine der Korkzellen hindurchgegangen, der Kork von dem einströmenden Wasser aufquellen und so das Leck schließen. Die innerhalb des doppelten Schiffsbodens liegenden Zellen haben eine sorgfältige Drainage, um das hier eingedrungene Wasser mittels der Dampfpumpen wieder über Bord schaffen zu können. Mittschiffs ist eine gepanzerte Citadelle (Kasematte) von 42 m Länge, welche bis 1,5 m unter Wasser reicht, und deren Oberkante 2,336 m über Wasser liegt, aufgebaut. Die in der Dillinger Hütte gefertigten Stahleisen- (Compound-) Panzerplatten haben bis 0,6 m unter der Wasserlinie eine Dicke von 355 mm, von da ab nach unten im Durchschnitt 250 mm Stärke; sie liegen auf einer Teakholzhinterlage von gleicher Dicke. Von der Kasematte geht nach vorn und achter ein 75 mm dicker gewölbter Deckpanzer, der mittschiffs 0,6, an der Schiffswand 1,5 m unter Wasser liegt und bis zur Unterkante des Kasemattpanzers reicht. Nach [Ξ] vorn setzt sich der Deckpanzer fort bis in den 3 m vor den Vordersteven vorspringenden Sporn. Die Panzerkasematte soll die von ihr umschlossene Maschine mit den Schornsteinen sowie die Munitionskammern gegen feindliche Artilleriegeschosse schützen, während unter dem Panzerdeck die Kohlen und Vorräte liegen, welche zum Betrieb der Maschine und zur Erhaltung des Schiffs notwendig sind. Im vordern Teil der Citadelle stehen diagonal zur Schiffsmittellinie zwei feste Panzertürme und in jedem derselben 2–35 Kaliber lange 30,5 cm Kruppsche Kanonen auf einer Drehscheibe parallel nebeneinander. Die Rahmen der Lafetten sind fest mit der Drehscheibe verbaut, so daß diese gedreht werden muß, um den Geschützen die Seitenrichtung zu geben; das Drehen geschieht mittels besonderer Dampfmaschine, das Bremsen hydraulisch. Die Panzerplatten der Geschütztürme sind 304 mm dick, die des Kommandoturms, welcher zwischen beiden Türmen mittschiffs sich erhebt, 203 mm dick. Außerdem steht im Bug und Heck auf Decksaufbauten noch je eine 35 Kaliber lange 15 cm Kanone auf Drehscheibe. Sämtliche Geschütze sind zum Schutz der Bedienungsmannschaften gegen Gewehrfeuer u. Feuer aus Revolverkanonen mit Stahlglocken bedeckt. Diese Geschütze können den ganzen Horizont bestreichen.

Vervollständigt wird diese Armierung zur Bekämpfung von Torpedobooten wie für den Nahkampf überhaupt durch acht Stück 3,7 cm Hotchkiß-Revolverkanonen, von denen sechs auf dem Aufbaudeck und zwei in den beiden Marsen (das Schiff hat nur zwei Masten) aufgestellt sind. Die Torpedoarmierung besteht zunächst aus zwei in Kugelgelenken beweglichen Torpedokanonen, welche vor der Citadelle im Zwischendeck in die Schiffswand, Steuer- und Backbord, eingebaut sind. Außerdem führt der Ting-Yuen an Bord über dem Aufbaudeck zwei Torpedoboote von 19,7 m Länge und 14 Ton. Deplacement, welche durch eine zweicylindrige Compoundmaschine von 200 Pferdekräften eine Fahrgeschwindigkeit von 15 Knoten erhalten; jedes dieser Boote führt zwei Bugtorpedokanonen. Die Boote sind ganz aus verzinktem Stahl gebaut und durch fünf Querschotten in sechs wasserdichte Abteilungen geteilt, welche vom Deck durch wasserdicht verschließbare Luken zugänglich sind. Bei eintretendem Bedarf können die Boote mittels Dampfmaschinen sofort über Bord gesetzt werden, während die andern Beiboote mittels Ladebaums am Mast oder hydraulischer Maschinen zu Wasser kommen. Überhaupt ist von hydraulischen Maschinen ein reicher Gebrauch an Bord gemacht; auch die Steuerung des Schiffs kann durch solche Maschinen, die sich unter dem hintern Panzerdeck in den Wellentunnels befinden, bewirkt werden, wenn die auf dem hintern Aufbau befindliche Handsteuerung nicht benutzt werden soll.

Das Schiff selbst erhält seine Fortbewegung durch zwei vollständig voneinander getrennte dreicylindrige Compoundmaschinen, deren jede eine vierflügelige Bronzeschraube treibt. Den Dampf erhält jede dieser Maschinen aus vier Kesseln, von denen immer je zwei in einer wasserdichten Abteilung mit der Feuerung nach der Bordwand zu liegen, da auch die Kohlen in Räumen an den Schiffsseiten gelagert sind und so deren Zubringung erleichtert ist; das Schiff hat Raum für 1000 Ton. Kohlen. Die vier Kessel einer Maschine haben einen besondern Schornstein. Beide Maschinen indizieren 6000 Pferdekräfte. Besondere Aufmerksamkeit erregte seiner Zeit die Einrichtung für die elektrische Beleuchtung aller Innenräume des Schiffs wie seines Vorfeldes zur Abwehr nächtlicher Angriffe von Torpedobooten; zu letzterm Zweck sind in den beiden Marsen je zwei große Scheinwerfer aufstellbar. Die Innenräume dagegen werden durch 240 Glühlampen erleuchtet, welche von drei elektrodynamischen Maschinen gespeist werden. Diese Einrichtung bezeichnete einen außerordentlichen Fortschritt, durch den die verhängnisvolle Feuersgefahr für die Kriegsschiffe, auf denen so viele Räume sind, in welche kein Tageslicht fallen kann, z. B. die Munitionskammern, beseitigt wird. Bei der Überführung nach China, für welche das Schiff Schonertakelage mit drei Raaen am Fockmast erhalten hatte, hat sich das Schiff vortrefflich bewährt.

Die Kampfkraft des Schiffs ist eine ganz bedeutende, sowohl in defensiver als offensiver Beziehung. Die Panzerplatten aus Stahleisen besitzen die Widerstandsfähigkeit einer Schmiedeeisenplatte von etwa 38 cm Dicke und werden daher von 26 cm Kanonen auf mittlere Entfernungen nicht mehr durchschossen; das Schiff würde daher mit der Mehrzahl der Panzerschiffe aller Marinen einen Kampf nicht zu scheuen brauchen; sein Panzerdeck gibt hinreichenden Schutz auch gegen schwerere Geschosse aus Kanonen. Bedeutender ist die Kampfkraft seiner Geschütze. Die 30,5 cm Kanonen erreichen mit 162 kg Ladung braunen Pulvers und 455 kg schweren Stahlgranaten eine Stoßkraft von 7400 Metertonnen, welche hinreichen würde, in nächster Nähe schmiedeeiserne Panzerplatten von 75 cm Dicke zu durchschlagen; auf 2000 m Entfernung würde die Granate bei senkrechtem Auftreffen noch durch 62 cm Eisen hindurchgehen und daher auch die schwersten Panzerschiffe der Gegenwart mit Erfolg beschießen können, namentlich dann, wenn alle 4–30,5 cm Kanonen konzentrierte Lagen abgeben; bei einer solchen werden 1820 kg Geschosse mit etwa 29,000 Metertonnen lebendiger Kraft gegen einen Punkt geschleudert. Solchem Anprall würden auch die stärksten italienischen Panzerschiffe nicht Widerstand leisten können. Auch die im Bug aufgestellten 15 cm Kanonen von 35 Kaliber Länge sind bei Verfolgungen und dem Rückzug von großem Wert durch die große Tragweite und Durchschlagskraft der Geschosse. Jedes der genannten sechs Geschütze ist mit 50 Schuß ausgerüstet. Die Fahrgeschwindigkeit des Schiffs bleibt allerdings hinter den neuesten Anforderungen an Panzerschlachtschiffe zurück, teilt diesen Nachteil aber mit der überwiegenden Mehrzahl der Schlachtschiffe aller Marinen.




[456]

Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9.
Eisernes Schiff. Konstruktion.
a Kiel, b Kielschwein, c Hintersteven, d Vorsteven, e Querspanten, f Seitenkielschwein, g äußere Beplattung, h Deckbalken, i Oberdeckplanken, k Zwischendeckplanken, l Regeling, m Ruder.
Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6.
Hölzernes Schiff. Konstruktion.
a Kiel
b Vorsteven
c Achtersteven
d Bodenwrangen
e Kimmstücke
f Auflanger
g Kielschwein
h Loskiel
i Deckbalken
k Balkweger
l Wassergänge
m äußere, n innere Beplankung
o Oberdecksbeplankung
p Regeling
q Heck
r Galjon.

[457] indem man mit Meißel und Hammer Werg hineinschlägt und sie schließlich mit Pech oder Harz füllt. Zur Konservierung des Holzes wird das ganze S. mit Teer oder Öl gestrichen, der unter Wasser gelegene Teil zum Schutz vor dem Bewachsen mit Seepflanzen und Seetieren, welche die Geschwindigkeit verringern würden, und vor dem Bohrwurm mit einem Bodenbeschlag versehen, d. h. der Boden wird mit Kupfer- oder Bronze-, auch wohl mit billigern Zinkplatten benagelt. Kiel, Kielschwein, Spanten, Deckbalken, Außenhaut- und Wegerungsplanken werden meist aus Eichenholz, die Deckplanken aus Kiefernholz gefertigt. Statt des teuern Eichenholzes hat man in neuerer Zeit auch vielfach fremde Hölzer verwendet; so zu Kielstücken, Steven, Wegerungs- und Außenhautplanken Teakholz, zu Deckbalken Mahagoniholz, zu Deckplanken amerikanische Nadelhölzer (Pitchpine, Yellowpine und Whitepine). In Amerika werden minderwertige Schiffe fast ausschließlich aus Nadelholz hergestellt. Handelsschiffe erhalten häufig Kiele aus Buchenholz, welches sich vermöge seiner großen Länge, Haltbarkeit im Seewasser und Billigkeit zu diesem Zweck eignet. Beim Bau eiserner Schiffe (Fig. 7–9) wird als Grundlage ebenfalls der Kiel gelegt, welcher entweder ein voller Eisenbalken oder hohl und kastenförmig ist, oder aus mehreren vertikal nebeneinander stehenden Platten besteht. Große Schiffe haben zuweilen gar keinen außen sichtbaren Kiel, dann aber gewöhnlich 2 Seitenkiele, die nur äußerlich angebracht sind und das Schlingern des Schiffs (s. unten) vermindern sollen. Der Vorsteven ist meist massiv und an den Kiel angenietet; Hinter- und Rudersteven sind ebenfalls massiv, der erstere bei Schraubenschiffen mit einer Anschwellung versehen, durch welche die Schraubenwelle geht. Beide bilden zusammen einen Rahmen, der, wenn aus Bronze oder Gußstahl gefertigt (Kriegsschiffe), aus Einem Stück gegossen ist, sonst aber aus mehreren, gewöhnlich drei, Stücken zusammengeschweißt wird. Die Spanten oder Rippen eines eisernen Schiffs werden aus L- oder Z-Eisen gebogen; sie erhalten oberhalb des Kiels Verstärkungen aus eisernen Platten, welche die Bodenwrangen hölzerner Schiffe vertreten, weiter nach oben Verstärkungen

Fig. 3.

aus Winkeleisen, so daß der Querschnitt der Fig. 3 entsteht. Das Kielschwein ist entweder eine einfache Vertikalplatte oder ein nach unten offener Kasten. Bei neuern, namentlich Panzerschiffen bestehen Kiel und Kielschwein zusammen aus einer bis 1 m hohen vertikalen Platte, an welche unten eine Horizontalplatte und darauf die Außenhaut, oben die Innenhaut fest angenietet ist. Von beiden Seiten stoßen gegen diesen Kiel diejenigen quer gerichteten Platten, welche die Spanten bilden. Die Außenhaut besteht aus Eisen- oder Stahlplatten, die neben- oder übereinander liegend an den Spanten etc. durch Nietung befestigt sind und nach außen eine glatte Fläche bilden. Große eiserne, namentlich Panzerschiffe erhalten außer der Außenhaut noch eine vollständige Beplattung an der Innenseite der Spanten; auch haben solche Schiffe zu ihrer Verstärkung in der Längsrichtung noch Seitenkielschweine oder Längsspanten, d. h. Plattenreihen, welche ungefähr dem Kiel parallel von vorn nach hinten laufen und vertikal zur Schiffswand stehen, so daß das oberste derselben, der sogen. Panzerträger, horizontal liegt. Durch die Beplattung an der Innen- und Außenseite der Spanten entsteht ein Hohlraum (der sogen. doppelte Boden), welcher durch Kiel, Spanten und Längsspanten in viele einzelne Zellen geteilt wird. Nicht alle Spant-, resp. Seitenkielschweinplatten sind voll, sondern, um an Material und Gewicht zu sparen, durchbrochen; sofern sie das nicht sind, begrenzen sie eine wasserdichte Zelle. Auch das ganze große Innere des Schiffs ist vermittelst eiserner Wände, die von vorn nach hinten, resp. von einer Schiffswand zur andern reichen (Längs- und Querschotte), in mehrere wasserdichte Abteilungen getrennt. Sie dienen zur Verstärkung des Verbandes, hauptsächlich aber zur Lokalisierung eines durch einen Rammstoß, einen Torpedo oder auf andre Weise entstandenen Lecks. Als Befestigungsmittel der einzelnen Teile untereinander dienen Niete oder Schrauben, welche in mehreren Reihen nebeneinander durch vorher in die Platten etc. gebohrte Löcher gesteckt und dann verklinkt werden. Behufs des Abdichtens werden die Nähte nur verstemmt, sie werden durch die Bildung von Rost ohne weiteres sehr gut wasserdicht. Zur Konservierung werden eiserne Schiffe mit einem Mennige- oder Ölfarbenanstrich versehen; sie können aber nicht gekupfert werden, da sich zwischen Eisen, Kupfer und Seewasser ein galvanischer Strom bildet, welcher das Eisen in kürzester Zeit zerstören würde. Daraus entsteht der Nachteil, daß sich allerlei Seegewächse und Seetiere (Balaniden) an das S. ansetzen, und es ist bis jetzt nicht gelungen, einen Ersatz für das Kupfer zu finden. Durch das Bewachsen büßen aber die Schiffe an Geschwindigkeit bedeutend ein, und sie müssen daher häufig, mindestens alle Jahre, gedockt und mit neuem Anstrich versehen werden. Hierin liegt der Hauptnachteil der eisernen Schiffe gegenüber den hölzernen, während sie sonst große Vorteile bieten. Man kann nur aus Eisen lange, scharfe und dabei starke Schiffe bauen; auch sind eiserne Schiffe bedeutend dauerhafter als hölzerne. Man hat versucht, die Vorteile eiserner und hölzerner Schiffe zu vereinigen, und aus diesen Bemühungen entstanden die Kompositschiffe oder Schiffe gemischten Systems, bei welchen die Spanten immer, sehr häufig auch Kielschwein, Deckbalken und andre wichtige innere Teile aus Eisen, die Außenhaut dagegen stets aus Holz bestehen, so daß man nun die Kupferplatten anbringen kann.

Die Größe eines Schiffs kann dadurch angegeben werden, daß man die Anzahl der Tonnen à 1000 kg nennt, welche das von dem schwimmenden S. verdrängte Wasser wiegt. Dies ist das Deplacement eines Schiffs. Der Tonnengehalt ist dagegen die Ladefähigkeit eines Schiffs, also ungefähr das Deplacement minus Eigengewicht. Nach der deutschen Schiffsvermessungsordnung dagegen wird zur Ermittelung der Ladungsfähigkeit eines Schiffs der Raumgehalt durch Vermessung nach dem Metermaß festgestellt (s. Schiffsvermessung). Bei einem fertigen S. (Kriegsschiffe nennt man in diesem Fall „in Dienst“, im Gegensatz von „außer Dienst“, wo sie abgetakelt und ungebraucht sind) unterscheiden sich äußerlich scharf der Rumpf und die Takelage (s. d.). Vom Rumpf sieht man den über Wasser befindlichen Teil der Schiffswand, welch letztere nach oben in flach konkaver und schlank verlaufender Linie endigt; nach vorn begrenzt der gewöhnlich vorn übergeneigte Vorsteven, nach hinten das Heck das Bild. Ganz vorn, über dem Vorsteven und unter dem Bugspriet, befindet sich die Galjonsfigur, eine hölzerne Statue, die Bezug auf den Namen des Schiffs hat; Heck und Bug sind außerdem nicht selten verziert. Der Rumpf ist entweder einfarbig, meistens schwarz [458] oder durch einen weißen Gang, in dem sich wirkliche oder gemalte Stückpforten befinden, und welcher in der halben Höhe des Oberschiffs verläuft, unterbrochen. Eine Vertikalebene durch den Kiel und beide Steven trennt das S. in eine Steuerbord- und Backbordseite (s. Bord), die symmetrisch sind; erstere liegt, wenn man von hinten nach vorn sieht, zur Rechten. Geht man „an Bord“, d. h. auf das S., so gelangt man mittels des Fallreeps, einer Treppe oder nur an der Seite des Schiffs angebrachter Stufen, zunächst auf das Oberdeck (s. Deck). Es liegt ca. 1,5 m niedriger als die von außen sichtbare Oberkante der Bordwand, die Regeling; beim Fallreep ist ein thürartiger Einschnitt in derselben. Das Oberdeck ist der Platz zur Bedienung der Takelage; um die Masten herum und an der Innenseite der Regeling sind dazu Poller und Nagelbänke angebracht mit Rollen und Pflöcken, über die zahlreiche Taue laufen, resp. befestigt werden, welche zum Setzen oder Bergen der Segel notwendig sind. Meistens in der Kuhl, d. h. zwischen Groß- und Fockmast, stehen die großen Boote (s. Boot, S. 203) in der Mitte auf dem Deck; die kleinern hängen an Kränen (Davits) zum sofortigen Gebrauch über die Schiffseite hinaus; nur große Passagierdampfer haben sämtliche Boote in solchen Davits hängen. Auf dem Oberdeck befinden sich ferner die Ankerwinde, das sogen. Spill, hinten das Steuerrad mit einem oder zwei Kompassen, ferner der erhöhte Peilkompaß, ein Schrank mit Signalflaggen und manches andre. Der Vorderteil des Oberdecks, wenn überbaut, die Back genannt, ist als der minder vornehme Platz für die Mannschaft bestimmt, während der Teil hinter dem Großmast (veraltet Schanze) für den Kapitän und die Offiziere reserviert bleibt; speziell ist hier (auf dem Achterdeck) wieder die Steuerbordseite die vornehmste. Ist der hinterste Teil des Oberdecks noch überbaut, so heißt das Kampanje. Kauffahrteischiffe haben häufig einen oder mehrere Pavillons an Deck stehen, in denen die Besatzung wohnt. Der Pavillon für die Mannschaft heißt Roof oder Logis. Für den Kapitän oder den, der die Leitung des Schiffs hat, wenn es in See ist, befindet sich über dem Oberdeck, hoch gelegen, die Kommandobrücke (veraltet Kuhbrücke), welche mit Kompaß, Sprachrohren und Telegraphen nach der Maschine, dem Steuerruder, wenn dasselbe nicht in unmittelbarer Nähe, den Batterien, den Pulverkammern etc. versehen ist.

Das Oberdeck steht mit dem nächst tiefer gelegenen Deck durch eine Anzahl Luken in Verbindung; einige derselben haben Treppen, andre Fenster, einige nur Deckel zum Schließen bei schlechtem Wetter; letztere dienen zum Hinunterschaffen der Ladung, der Wasserkasten, der Geschütze etc. Das zunächst unter dem Oberdeck gelegene Deck ist bei Kriegsschiffen die Batterie, ein niedriger, langer Saal, der außer durch die Luken noch durch die seitlich eingeschnittenen Pforten, in deren jeder ein Geschütz steht, Licht erhält. In der Mittellinie der Batterie stehen, von vorn an gezählt, zunächst das Widerlager für das Bugspriet (s. Takelage), hierauf die Küche (Kombüse), dahinter die Beting, zwei vertikale Pfosten mit starkem, eisenbeschlagenem Querriegel, um den die Ankerketten laufen, resp. festgehalten werden, dann die Schornsteinmäntel, für jeden der von dem Heizraum nach oben führenden Schornsteine einer, ferner Vorratskasten und Viehställe, denn auf längern Reisen wird auch lebendes Vieh mitgenommen, u. a. Beide Seiten der Batterie sind dagegen frei für die Bedienung der Geschütze; nur die Handwaffen der betreffenden Mannschaften sind an der Unterseite des Oberdecks aufgehängt. Ganz hinten in der Batterie befinden sich die Wohnräume des Kommandanten, gewöhnlich in eine Vor- und Achterkajütte getrennt. Bei Panzerschiffen (s. d.) gestaltet sich dies anders. Kasemattschiffe z. B. haben in der Kasematte nur die Geschütze und die Schornsteine, denn auch diese dürfen nicht zerschossen werden, da hierdurch der Zug der Feuer in den Dampfkesseln geschwächt wird. Der Rest der Batterie heißt vorn Vorbatterie und ist Wohnraum der Mannschaft, hinten Achterbatterie und enthält die Messe, d. h. allgemeines Wohn- und Speisezimmer, sowie die einzelnen Kammern der Offiziere. Große Passagierdampfer haben in diesem Deck hinten die erste, vorn die zweite Kajütte, gewöhnliche Handelsschiffe nur hinten eventuell Wohnung für die Schiffsoffiziere und Proviantraum. Wo das Oberdeck das einzige Deck ist, folgt unter demselben direkt der Ladungsraum (Raum, Last), welcher bis auf den Kiel hinunterreicht. Unter der Batterie, und mit ihr wiederum durch Luken verbunden, befindet sich das Zwischendeck, auf Kriegsschiffen der Wohnraum der Mannschaft. Die Matrosen schlafen in Hängematten aus Segeltuch, die an eisernen Haken im Zwischendeck aufgehängt, am Tag aber zusammengebunden und an Deck in einem auf der Regeling entlang laufenden Kasten untergebracht werden. Die Matrosen essen, ebenfalls im Zwischendeck, an Hängetischen (Backen), die, wie die Bänke, in der Arbeitszeit zwischen je zwei Deckbalken untergefangen sind. Auf Passagierschiffen ist das Zwischendeck Unterkunftsraum für die am wenigsten zahlenden Passagiere, und es pflegen hier die Bettstellen zu zwei oder drei übereinander fest angebracht zu sein.

Den Abschluß des Innern eines Schiffs nach unten bildet die Last, der Aufbewahrungsraum sämtlicher Vorräte. Bei Dampfschiffen kommt dazu ungefähr in der Mitte der Maschinenraum, bestehend aus dem eigentlichen Maschinen- und dem Kesselraum. Die Kessel wenden ihre Fronte, d. h. die Seite, wo die Feuerthüren, die Ventile etc. angebracht sind, alle nach mittschiffs, dort einen größern Platz, den Heizraum, lassend. In seiner Nähe befinden sich auch die Kohlenräume (Bunker), welche namentlich auf Dampfern transatlantischer Routen vielen Platz wegnehmen, den Segelschiffe zur Ladung verwerten können. Alle großen Schiffe haben eventuell in Verbindung mit der Maschine noch einen Destillierapparat, um aus Seewasser trinkbares Wasser zu bereiten. Zu vielen besondern Dienstverrichtungen haben die Schiffe außerdem kleine spezielle Dampfmaschinen, Handelsschiffe zum Einnehmen und Löschen ihrer Ladung, Dampfer zum Ascheheißen, Kriegsschiffe außerdem zu Ankerwinden, zum Geschoßtransport, zum Betrieb der Ventilatoren, ferner ein Dampfruder und eine Dampfsteuerung, d. h. zur Handhabung der eigentlichen Schiffsmaschine wieder eine eigne kleine Maschine; das englische Panzerschiff Alexandra besitzt z. B. nicht weniger als 37 Dampfmaschinen.

Bezüglich der Schönheit der Schiffe weichen die Ansichten der verschiedenen Nationen voneinander ab; im allgemeinen gilt aber ein S. als schön, wenn alle dem Auge sich darstellenden Linien regelmäßig verlaufen; Bug und Heck sind dabei von besonderm Einfluß. Rumpf und Takelage müssen wohlproportioniert sein. Von der Form des Schiffs, soweit es unter Wasser ist, sodann auch von der Stauung, der Stellung und Größe der Takelage sind die Seeeigenschaften eines Schiffs abhängig. Unter letztern sind hauptsächlich zu verstehen die Geschwindigkeit im Segeln oder Dampfen und die Steuerfähigkeit; [459] bei Segelschiffen ist dafür die Anbringung der Takelage, bei Dampfschiffen der Propeller, die Form des Steuers, der Winkel des letztern etc. von hervorragendem Einfluß; für solche Schlachtschiffe, die mit der Ramme kämpfen, also im allgemeinen die Panzerschiffe, ist eine gute Steuerfähigkeit von der größten Bedeutung; in der Regel ist der Durchmesser des Kreises, in welchem das S. sich dreht, gleich der vier- bis fünffachen Länge des Schiffs. Wenn das S. bei einer durch äußere Einwirkung (Windstoß) erhaltenen Neigung mit großer Kraft in die frühere Gleichgewichtslage zurückschnellt, so nennt man es steif, im andern Fall rank. Ein steifes S. macht sehr schnelle und heftige Bewegungen, ist unmaklig; ein rankes S. unterliegt eher der Gefahr des Kenterns. Schwingungen, welche ein S. um eine horizontale Längsachse macht, heißen Schlinger- oder Schlänger-, auch Rollbewegungen; schwingt das S. um eine horizontale Querachse, so sagt man: es stampft.

Geschichtliches.

Prähistorische Funde deuten auf ein sehr hohes Alter der Schiffahrt. Das älteste Fahrzeug war offenbar ein mit primitivsten Steinwerkzeugen, auch wohl mit Hilfe des Feuers, ausgehöhlter Baumstamm, wie deren mehrfach gefunden worden sind. Größere Fahrzeuge von künstlicherm Bau zeigen die allerdings viel jüngern Felsskulpturen von Bohus-Län in Schweden, Inglestrup auf Seeland etc. Eine Grabstele von Pesaro, die der Gruppe der mykenischen Altertümer zuzurechnen ist, zeigt ein großes S. mit vorn zugespitztem Kiel, hoch emporragendem Vorsteven, Steuerruder, Mast und großem Segel. In der Geschichte des Schiffs lassen sich im allgemeinen drei Perioden unterscheiden. Die erste, die Zeit, in welcher das Ruder als Motor dominierte, reicht bis zum Ende des 15. Jahrh. und spielt hauptsächlich im Mittelmeer. Die zweite Periode, die des Segelschiffs, dauert bis zum Beginn des 19. Jahrh., und es erstreckt sich ihr Gebiet auf Westeuropa. Die letzte Periode, die des Dampfschiffs, beginnt mit diesem Jahrhundert. Über die Bauart und Ausrüstung phönikischer Schiffe ist nichts Genaueres bekannt; die griechischen Kriegsschiffe hatten ungefähr schon die Form der heutigen Schiffe, nur waren sie kürzer und mit einem Aufbau vorn und hinten versehen. Zum Angriff hatten sie über oder in der Wasserlinie einen Sporn. Sie besaßen Takelage, doch ist nicht wahrscheinlich, daß sie schon kreuzen konnten. Die Römer haben nur unbedeutende Veränderungen eingeführt; dagegen brachten die Genuesen und Venezianer bei ihren Kriegsschiffen, namentlich in Bezug auf das Verhältnis der Länge zur Breite, Verbesserungen an. Ein berühmtes S. dieser Periode war der Bucentaur (s. d.). In den letzten 700 Jahren dieser Periode wurden auch in England und Dänemark Boote gebaut, die in Bezug auf Eleganz der Linien und Festigkeit der Bauart mit den heutigen sehr gut konkurrieren können. Den Übergang vom Ruder- zum ausschließlichen Segelschiff veranlaßte die Erfindung der Geschützpforten, welche dem Schiffbauer Decharge in Brest zugeschrieben wird. Indem man nämlich Geschütze in mehreren Decks übereinander aufstellte, war es nicht mehr möglich, daneben noch eine genügende Anzahl Ruder anzubringen, und man verlegte sich daher auf die Vervollkommnung der Takelage. Im allgemeinen und im Vergleich mit der letzten Periode waren auch hier die Fortschritte sehr langsam; doch dürfte die Kunst, gegen den Wind zu fahren, in derselben allmählich bekannt geworden sein (s. Gallione). Den Anfang in der Verbesserung der Takelage machten die Genuesen unter Andreas Doria im Anfang des 16. Jahrh.; die Karavellen des Kolumbus waren noch sehr schlechte Segler, sie machten nur 3 Seemeilen in der Stunde. Seit dem 17. Jahrh. beteiligten sich Spanien, Frankreich, England und Holland an der Weiterbildung des Schiffbaues, während der Hansabund trotz seiner ausgedehnten Schiffahrt keine besondern Verdienste sich erwarb. Seit dieser Zeit haben England und Frankreich ununterbrochen zu den ersten Seemächten gezählt, aber in der ganzen Zeit bis auf den heutigen Tag zwei ganz verschiedene Methoden bei der Verbesserung ihrer Schiffe angewendet. Kurz gefaßt, kann man sagen: die Franzosen geben der Theorie, die Engländer der Empirie den Vorzug. In der in Rede stehenden Periode wurden dadurch letztere schnell überflügelt; später gestaltete sich dies anders. Im 17. Jahrh. entstand die noch jetzt gebräuchliche Einteilung in Linienschiffe mit zwei oder mehreren Batterien, Fregatten mit einer, Korvetten oder Sloops (spr. slups), Briggs, Schoner und Kutter mit Geschützen nur auf dem Oberdeck. Davon waren nur die Linienschiffe, höchstens noch die Fregatten, Schlachtschiffe, die andern nur zum Rekognoszier-, Depeschen- und Kreuzerdienst bestimmt. Das nächste Jahrhundert brachte die Anwendung der Kupferbeplattung gegen die zerstörende Wirkung des Bohrwurms und in seiner Mitte das berühmte Werk „All about ships“,[WS 1] in welchem zum erstenmal unter Zugrundelegung wissenschaftlicher Betrachtung allgemeine Regeln für den Bau von Schiffen gegeben wurden, die epochemachend waren. Unter Anwendung von hölzernen und eisernen Diagonalverbänden wurde man in den Stand gesetzt, Schiffe größer und mithin zur Aufnahme größerer Kanonen geeignet zu machen. Mit dem 19. Jahrh. beginnt die dritte Periode. Das wichtigste Ereignis in derselben war die Einführung des Dampfes (s. Dampfschiff) und für Kriegsschiffe die Panzerung (s. Panzerschiff). Die Einführung des Eisens als Schiffbaumaterial wurde dringend nötig bei Dampfschiffen, welche, wenn aus Holz, zu schnell zerstört wurden und ihre größten Vorzüge erst entwickelten, als sie scharf und lang gebaut wurden; bei einer bestimmten geforderten Festigkeit ist aber die Schärfe eines hölzernen Schiffs ziemlich eng begrenzt. In neuester Zeit wendet man auch Stahl an, um die Schiffe (bei gleicher Festigkeit) noch leichter zu machen. Bei den Segelschiffen schritt man auch energisch zu Verbesserungen, als die Konkurrenz der Dampfer ins Leben trat. Die Takelage wurde vergrößert und verbessert, besonders aber die Schiffsform geändert. Das bisherige Verhältnis der Breite zur Länge war 1 : 31/2, wurde aber bald 1 : 4 und 1 : 5 und bei Klippern (s. oben) sogar 1 : 6. Solche scharfe Formen sind, wie erwähnt, in Holz nur schwer und mit vielem Raumverlust auszuführen, daher zur Zeit auch viele Segelschiffe ganz aus Eisen oder Stahl konstruiert sind.

Vgl. Steinhaus, Die Konstruktion und Bemastung der Segelschiffe (Hamb. 1869); Derselbe, Der Eisenschiffbau (2. Aufl., das. 1870); Brix, Der Bau eiserner Kriegs- und Handelsschiffe (Berl. 1876); Werner, Das Buch von der deutschen Flotte (5. Aufl., Leipz. 1889); Rankine, Shipbuilding (Lond. 1866); Reed, Our ironclad ships (das. 1869); Derselbe, Shipbuilding in iron and steel (das. 1868); „The royal navy in a series of illustrations“ (anonym, Portsmouth 1872); Dislère, Les croiseurs et la guerre de course (Par. 1875; deutsch von Dietrich, Pola 1876); Derselbe, La guerre d’escadre et la guerre des côtes (2. Aufl., Par. 1883; deutsch von Pott, Pola 1877); van [460] Hüllen, Leitfaden für den Unterricht im Schiffbau (Kiel 1888); Brommy und Littrow, Die Marine (3. Aufl. von Kronenfels, Wien 1877); Schlick, Handbuch für den Eisenschiffbau (Leipz. 1889 ff.); Klepsch, Der Flußschiffbau (Weim. 1889). S. auch Schiffahrt.

Schiff, in der Baukunst ursprünglich der für die Laien bestimmte mittlere, größere Teil einer christlichen Kirche, welcher sich von den Turmbauten an der Westseite bis zu dem an der Ostseite gelegenen Altar erstreckt und meist die Kanzel nebst der Orgel enthält (Mittelschiff). Danach wurden die Nebenabteilungen Seitenschiffe genannt. Auch unterscheidet man Quer- und Langschiffe; s. Kirchenbaukunst. In der Buchdruckerei heißt S. ein Hilfswerkzeug des Setzers (s. Buchdruckerkunst, S. 558).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 824826
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[824] Schiff. Von Beauchamp-Tower ist eine Vorrichtung angegeben, durch welche auf Schiffen ein von den Schwankungen unabhängiger Standpunkt geschaffen werden soll. Sie besteht in einer Plattform, welche schwingend aufgehängt und mit hydraulischen Cylindern ausgestattet ist, deren Kolben sich gegen feste Punkte des Schiffes stützen. Diese Cylinder sollen nun im Verein stets so wirken, daß sie die Plattform in wagerechter Lage erhalten. Es muß das Betriebswasser je nach der Neigung des Schiffes in die Cylinder auf der einen Seite reichlicher eindringen [825] als auf der andern, um die Entfernung zwischen den die Schiffsbewegungen mitmachenden Kolben und den Cylindern stets so zu regeln, daß die wagerechte Stellung der Plattform herbeigeführt wird. Um dies zu stande zu bringen, bedient sich Beauchamp-Tower eines an der Plattform angebrachten Gyroskops (s. Bd. 7, S. 967), welches durch ein mittels eines Kugelzapfens frei beweglich aufgehängtes Rad gebildet wird, das um seine senkrechte Achse mit ungefähr 15 Umdrehungen in der Sekunde rotiert. Die dauernde Rotation wird durch Druckwasser von 7 Atmosphären herbeigeführt, welches durch den hohlen Kugelzapfen zugeführt wird und, in tangentialer Richtung ausströmend, das Rad wie eine Reaktionsturbine umtreibt. Die schnelle Umdrehung des Rades bewirkt, wie bei jedem Kreisel, daß seine Drehungsachse stets senkrecht bleibt, wenn auch die Plattform beginnen sollte, sich zu neigen. Aus einer zentrischen, aufwärts gerichteten Ausflußöffnung des Rades wird daher stets ein senkrecht emporsteigender Wasserstrahl austreten. Dieser tritt nun auf vier eng zusammenstehende Fangdüsen, welche mit der Plattform fest verbunden sind und die Enden von den zu den vier Cylindern führenden Leitungsrohren bilden. Die gegenseitige Lage der Ausflußöffnung des Rades und der Fangdüsen ist derart, daß bei wagerecht stehender Plattform die Achse des Wasserstrahls gerade in die Mittellinie der Düsen fällt, so daß der Stoß des Wasserstrahls sich gleichmäßig auf alle vier Düsen verteilt und somit in den vier Cylindern gleiche Pressung herrscht. Sobald aber die Plattform sich nach irgend einer Seite neigt, stehen die vier Düsen nicht mehr zentrisch zum Wasserstrahl, die Pressungen in den Druckcylindern sind ungleich, infolge wovon eine Verstellung der Platte durch die Cylinder mit stärkerer Pressung eintritt, bis die Düsen ihre mittlere Stellung wiedererlangt haben, die Plattform also wieder wagerecht steht.

Von Haenlein in Frauenfeld (Schweiz) wird zur Fortbewegung von Schiffen ein Strahl komprimierter Luft in Vorschlag gebracht, derart, daß der stetige Druck der Luft auf das Wasser zur Geltung kommen soll. Der Luftstrahl wird nicht ins freie Wasser entsendet, sondern gibt in einer oben und zu beiden Seiten geschlossenen, unten offenen Rinne (Druckrinne) seine Kraft an das Wasser ab. Beim Eintreten eines Luftstrahls in das freie Wasser kommt nur ein geringer Teil der dem Strahl innewohnenden Arbeit durch Reaktion zu nutzbarer Verwendung, während der Luftstrahl in der Haenleinschen Druckrinne eine höhere Nutzleistung als Schraube und Schaufelrad ergeben soll. Dabei soll das Wasser spiegelglatt bleiben. In den Figuren 1 und 2 bedeutet a das Schiff, b den Dampfkessel, c den zur Erzeugung der Preßluft erforderlichen, durch Dampfkraft betriebenen Luftverdichter; d und d1 sind die beiden seitlich am S. angebrachten Druckrinnen, in welchen der Luftstrahl zur Wirkung kommt, e sind Leitschaufelapparate, welche ein ruhiges Austreten der Luft bewirken sollen, f und f1 sind Austrittsdüsen. Die verdichtete Luft gelangt durch die Rohre g und g1 zu den Druckrinnen, tritt bei A in das Wasser, drückt bei ihrem Wege aufwärts zu den Leitschaufelapparaten auf das Wasser, wodurch das S. vorwärts getrieben wird, und geht durch den Leitschaufelapparat, bez. die Düsen f und f1 ins Freie. Zum Rückwärtsfahren wird die Luft bei B statt bei A eingeführt, die Leitschaufeln werden entsprechend umgestellt. Natürlich kann man dadurch, daß man auf einer Seite des Schiffes die Vorwärtsstellung, auf der andern die Rückwärtsstellung eintreten läßt, eine Drehung des Schiffes herbeiführen. Mit einem Schiffsmodell von 1200 mm Länge, 260 mm Breite, 100 mm Schiffstauchung, 15 mm Breite der Druckrinne und einer effektiven Leistung der Dampfmaschine von 11154 Pferdekraft wurden Versuche angestellt. Das Modell erreichte in stehendem Wasser eine Geschwindigkeit von 0,14 m in der Sekunde, wobei ein Schiffswiderstand von 33 g ermittelt wurde. Diese Art der Schiffspropulsion soll nach der Ansicht des Erfinders besonders auf Kanälen Verwendung finden, wo häufig der Pflanzenwuchs so dicht ist, daß Schrauben und Räder in kürzester Zeit unwirksam werden, und wo der durch diese Treibmittel erzeugte Wellenschlag die Ufer beschädigt.

Um längs der Flußläufe und Kanäle an jeder Stelle eine mechanische Zugkraft zu haben, die von jedem S. benutzt werden kann, hat man wiederholt

Fig. 1. Längsschnitt.
Fig. 2. Querschnitt.
Haenleins Schiffsmotor.

Versuche gemacht, ein Seil ohne Ende, welches, längs der beiden Ufer laufend, von einem Motor in Bewegung gesetzt wird, zum Schiffziehen zu verwenden. Doch zeigten sich dabei beträchtliche Schwierigkeiten, welche hauptsächlich darin bestanden, die Führung und Unterstützung des Seiles derart zu gestalten, daß Brücken, Schleusen und Biegungen der Strecke unbehindert passiert werden können, ferner in der Einrichtung der Greifer zum Verbinden der Schiffsleine mit dem Zugseil. Lévy und Oriolle haben unabhängig voneinander in verschiedener Weise die Beseitigung dieser Schwierigkeiten angestrebt, wobei sie hauptsächlich folgende drei Aufgaben zu lösen hatten: Die Leine, welche das S. mit dem Triebseil verbindet, soll mittels einer Vorrichtung angehängt werden, welche es dem Bootsmann ermöglicht, die Fahrt an jeder Stelle des Wasserlaufs zu beginnen oder zu unterbrechen, ohne ans Land steigen zu brauchen; die Bewegung soll beim Beginn der Fahrt mittels eines besondern Mechanismus in der Weise übertragen werden, daß dem S. die Fahrgeschwindigkeit mit Vermeidung jedes Stoßes nur allmählich erteilt wird; das Zugseil soll mit seinen Leitrollen in solcher Verbindung stehen, daß es sich von ihnen nicht trennen kann. Die Systeme Lévy und Oriolle sind auf Versuchsstrecken praktisch verwendet worden, welche die gleichen örtlichen Schwierigkeiten (Brücken, Schleusen, Krümmungen) darbieten, das System Lévy auf dem Kanal St.-Maurice bei Paris (Streckenlänge 5 km), das von Oriolle auf dem Kanal von St.-Quentin bei Tergnier (Streckenlänge 3 km). Die hierbei erzielten Erfolge waren zufriedenstellend, und man geht damit um, eine 140 km lange Strecke der Belgien mit Paris verbindenden Kanallinie Etrun-Janville mit der Lévyschen Einrichtung zu versehen. [826] Nach einem Voranschlag würden die Betriebsmaschinen in 28 km Entfernung aufzustellen sein und jede nach jeder Seite hin ein endloses Seil von 14 km Länge zu bedienen haben. Um die jährlich 3,200,000 Ton. Schiffslast zu befördern, müßte jede Maschine 100–120 Pferdekräfte leisten. Das Drahtseil erhält 30 mm Durchmesser, ein Gewicht von 3,75 kg für das laufende Meter und eine Geschwindigkeit von 0,7 m pro Sekunde (2,5 km pro Stunde). Die Leitrollen stehen in Entfernungen von 75 m. Unter diesen Voraussetzungen schätzt der Erfinder die Herstellungskosten auf 18,000 Frank pro Kilometer (6000 für das Seil, 8000 für die Seilunterstützung, 4000 für die Maschinen), die Betriebskosten pro Jahr und Kilometer auf 5600 Fr. (2100 Fr. für den Gang der Maschinen, 2780 für Erhaltung und Amortisation des Betriebsmaterials, 720 Fr. für die Zinsen des verwendeten Kapitals). Die Zugkosten mittels Triebseils würden für ein S. von 270 Ton., welches beladen von Etrun nach Janville fährt und leer zurückkehrt, 66,15 Fr. betragen, gegen 158,05 Fr. bei Pferdebetrieb. Ob diese große Ersparnis (58 Proz.) wirklich erzielt werden wird, muß die Erfahrung lehren.

Unter dem Namen Flossenmotor ist von H. Petersen in München eine originelle Vorrichtung zum Fortbewegen von Schiffen angegeben. Derselbe ist zu beiden Seiten des Schiffes unter der Wasserlinie anzubringen und besteht aus dem Flossenhaus a, welches an der Schiffswand befestigt ist, und einer in diesem angeordneten Flosse b, welche von der

Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6.
Fig. 3–6. Petersens Flossenmotor.

Schiffsmaschine bewegt wird. Die Flosse ist an dem Ende der Stange c drehbar angeordnet und wird durch diese und die Leitstange c1 in die aus Fig. 3–6 ersichtlichen Stellungen gebracht. Fig. 3 stellt den Flossenmotor im Ruhezustand dar, die Flosse b liegt im Flossenhaus platt am Schiffskörper an. Soll das S. in Bewegung gesetzt werden, so wirkt die Maschine in der Art auf die Stangen c und c1, daß die Flosse b zunächst in die Stellung Fig. 4 und dann in die Stellung Fig. 5 kommt. Hierbei wird das Wasser auf der rechten Flossenseite in der Richtung des Pfeiles hinausgestoßen. Geht nun die Flosse aus der Stellung Fig. 5 über die Stellung Fig. 6 in die Stellung Fig. 3 zurück, so wird das Wasser auf der linken Flossenseite nach derselben Richtung hinausgestoßen. Durch die fortgesetzte Thätigkeit der Flossen in der angegebenen Weise erhält das S. seine Bewegung. Durch das Arbeiten der Flossen in entgegengesetzter Richtung, wobei dieselben die in Fig. 4 und 6 punktierten Stellungen einnehmen, wird auch die Bewegung des Schiffes eine entgegengesetzte. Durch entsprechend verschiedene Bewegung der Flossen auf beiden Schiffsseiten läßt sich das S. ohne Beihilfe des Steuers wenden. Bei Schiffen, welche zugleich für Dampf- und Segelbetrieb eingerichtet sind, gestattet dieser Motor, ohne weiteres von der einen Betriebsart zur andern überzugehen.

Zur Litteratur: Friedrichson, Geschichte der Schiffahrt (Hamb. 1889); Paasch, Illustrated Marine Encyclopedia (Antwerp. 1889 ff.), die technische Beschreibung der einzelnen Schiffsteile (der Kauffahrteischiffe) enthaltend, als Ergänzung des illustrierten Werkes: „Vom Kiel bis zum Flaggenknopf“, das sich auf Bezeichnung sämtlicher Teile der Kauffahrteischiffe in deutscher, englischer und französischer Sprache beschränkt.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 805806
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[805] Schiff. Wenn ein S. in vollkommen ruhigem Wasser fortbewegt wird, so fällt seine scheinbare Geschwindigkeit, d. h. diejenige, mit welcher es sich gegen das feste Land bewegt, mit seiner wirklichen Geschwindigkeit, d. h. die Geschwindigkeit, die ihm von der Antriebskraft gegen das Wasser erteilt wird und bei der Bestimmung des Kraftbedarfs zu Grunde zu legen ist, zusammen. Findet die Bewegung dagegen in fließendem Wasser (Fluß, Kanal) statt, so nimmt man in der Regel an, daß zur Ermittelung der wirklichen Geschwindigkeit nur nötig sei, bei der Bergfahrt zu der scheinbaren Geschwindigkeit die Stromgeschwindigkeit zu addieren, bei der Thalfahrt davon zu subtrahieren. Diese Rechnung ist jedoch nach E. Dietze („Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ 1891) unvollständig, weil ein wesentliches Glied vernachlässigt ist, derart, daß die wirkliche Geschwindigkeit für die Bergfahrt zu gering, für die Thalfahrt zu groß ausfällt. Wenn bei ruhigem Wetter ein vollgeladener Kahn zu Thal schwimmt und ein Schwimmstab, d. h. ein hohler Stab von 5–6 cm Durchmesser, durch eingefülltes Schrot auf den Tiefgang des Kahnes gebracht ist und genau in dem Fahrwasser desselben treibt, so wird man beobachten, daß der Schwimmstab gegen den Kahn sehr bald zurückbleibt, daß also der Kahn schneller schwimmt als der Stab. Durch Beobachtung der Zeiten, welche Kahn und Schwimmstab zum Zurücklegen einer bestimmten Strecke gebrauchen, läßt sich ihre Schwimmgeschwindigkeit, d. h. ihre scheinbare Geschwindigkeit, leicht bestimmen. Wird dieser Versuch auf derselben Stromstrecke und unter sonst gleichen Verhältnissen mit verschieden großen und verschieden geformten Kähnen, auch Flößen wiederholt, so ergibt sich, daß die Kähne und Flöße unter sich ganz verschiedene Schwimmgeschwindigkeit haben, daß aber alle schneller schwimmen als der Stab. Die Schwimmgeschwindigkeit ist um so größer, je größeres Gewicht das Fahrzeug hat und je schlanker seine Formen sind. Es ist dies eine den Schiffern bekannte Thatsache, mit welcher sie stets rechnen, da hiervon die Steuerfähigkeit ihres Kahnes beim Thalwärtsschwimmen abhängt. Diese ist um [806] so besser, je mehr die Geschwindigkeit des Fahrzeuges diejenige des Schwimmstabes, welche zugleich als diejenige des Wassers anzusehen ist, übertrifft. Hätte der thalwärts schwimmende Kahn dieselbe Geschwindigkeit wie das Wasser, so würde er sich in ihm genau so verhalten wie ein unbewegter Kahn in ruhendem Wasser, würde also nicht steuerbar sein. Es setzt sich somit die Thalwärtsbewegung des Kahnes aus zwei Geschwindigkeiten zusammen, von denen die Stromgeschwindigkeit nur der eine Teil ist. Diese ist abhängig von dem Gefälle oder bei gegebener Stromstrecke von der Pegelhöhe. Die andre Geschwindigkeit ist folgendermaßen zu erklären: Der Wasserspiegel eines jeden fließenden Gewässers bildet eine schiefe Ebene, auf welcher der schwimmende Kahn hinabzugleiten strebt mit einer Kraft, die von dem Kahngewicht und dem Neigungswinkel der schiefen Ebene abhängig ist. Diese Kraft erteilt dem Kahn Bewegung, die so lange wächst, bis der mit der Geschwindigkeit wachsende Widerstand des Wassers gerade gleich der bewegenden Kraft ist. Mit der aus der bewegenden Kraft und dem Wasserwiderstand sich ergebenden Geschwindigkeit, die als Fallgeschwindigkeit zu bezeichnen ist, bewegt sich daher der Kahn zum Wasser in der Stromrichtung, seine Schwimmgeschwindigkeit ist deshalb die Summe der Stromgeschwindigkeit und der Fallgeschwindigkeit. Wenn nun noch eine Antriebskraft (Wind am Segel, Menschenkraft am Ruder, Dampf am Rad oder an der Schraube) hinzukommt, so werden sich die Geschwindigkeitsverhältnisse folgendermaßen gestalten: Der Kahn wird zunächst mit dem Wasser fortgetrieben, erhält also gegen das Ufer dieselbe Geschwindigkeit wie das Wasser. Hierzu kommt aber noch eine zweite Geschwindigkeit, die der Körper von der Summe der auf das Hinabgleiten auf der schiefen Ebene wirkenden Schwerkraftkomponente und der Antriebskraft erhält. Die durch die Einwirkung dieser Kräftesumme erteilte Geschwindigkeit ist so groß, daß der bei ihr auftretende Wasserwiderstand der Kräftesumme das Gleichgewicht hält, sie übertrifft die dem Körper von der Antriebskraft allein gegen das Wasser erteilte Geschwindigkeit, d. h. die wirkliche Geschwindigkeit um denjenigen Betrag, um welchen sie durch die Schwerkraftkomponente vermehrt wird, und welcher in diesem Falle als Fallgeschwindigkeit zu bezeichnen ist. Die scheinbare Geschwindigkeit ist mithin beim Abwärtsfahren die Summe der Stromgeschwindigkeit, der wirklichen Geschwindigkeit und des Fallzuschlags. Daher ergibt sich die wirkliche Geschwindigkeit als die scheinbare Geschwindigkeit, vermindert um die Stromgeschwindigkeit und den Fallzuschlag. Bei der Bergfahrt ist natürlich die scheinbare Geschwindigkeit kleiner als die wirkliche, nämlich um die Summe der Stromgeschwindigkeit und der Fallgeschwindigkeit, d. h. desjenigen Betrages, um welchen die Geschwindigkeit des Kahnes gegen das Wasser durch die auf das Thalwärtsgleiten wirkende Schwerkraftkomponente des Kahngewichts vermindert wird. Die wirkliche Geschwindigkeit zeigt sich daher als die Summe der scheinbaren Geschwindigkeit, der Stromgeschwindigkeit und der Fallgeschwindigkeit. Will man nun die Betriebskraft berechnen, die erforderlich ist, um einem Schiff bei gegebener Stromgeschwindigkeit und gegebenem Neigungswinkel der Wasseroberfläche gegen den Horizont (Gefälle) eine bestimmte scheinbare Geschwindigkeit zu erteilen, so hat man von dieser die Stromgeschwindigkeit abzuziehen und denjenigen Widerstand zu berechnen (s. Bd. 17, S. 133), bei welchem unter Voraussetzung eines bestimmten, dem Fahrzeug zukommenden Widerstandskoeffizienten C und einer bestimmten Fläche F des größten Schiffsquerschnittes eine Schiffsgeschwindigkeit erreicht wird, welche der Differenz (scheinbare Geschwindigkeit weniger Stromgeschwindigkeit) gleich ist. Von diesem Widerstand ist dann die unter Zugrundelegung des Gefälles zu berechnende Schwerkraftkomponente des Schiffsgewichts abzuziehen; so erhält man in dieser Differenz die Betriebskraft. Für die Bergfahrt ist die Stromgeschwindigkeit zur scheinbaren Geschwindigkeit zu addieren, aus dieser Summe der zugehörige Widerstand zu berechnen und dazu die Schwerkraftkomponente zu addieren. Hat man es mit einem ganzen Schleppzug, d. h. mit einem Schleppdampfer und mehreren angehängten Schiffen, zu thun, so ist die Summe ihrer Widerstände und die Summe ihrer Schwerkraftkomponenten in Rechnung zu ziehen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint ist wahrscheinlich das Werk „Architectura Navalis Mercatoria“ des Schweden Fredrik Henrik af Chapman, welches Mitte des 18. Jahrhunderts erschien. „All About Ships“ ist dagegen der Titel eines in den 1860er Jahren erschienenen Buchs von Charles Chapman über Schiffsmodelle.