Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dampfmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 460474
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Dampfmaschine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 460–474. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Dampfmaschine (Version vom 30.11.2024)

[460] Dampfmaschine (hierzu Tafel „Dampfmaschine I und II“), eine Kraftmaschine, die mit gespanntem Wasserdampf betrieben wird. Derjenige Teil, welcher zunächst die Kraft des in einem Dampfkessel erzeugten gespannten Dampfes aufnimmt, ist der Dampfkolben, ein Kolben, welcher sich in einem cylindrischen Raum (Dampfcylinder) dicht anschließend hin und her bewegen läßt. Der Dampf kann auf zweierlei Arten zur Wirkung gebracht werden. Läßt man nämlich in den Cylinder von einer Seite Dampf von einer höhern Spannung als der der umgebenden Luft treten, während die andre Seite mit der Atmosphäre kommuniziert, so wird der Kolben von dem Dampfe vorwärts bewegt, es wirkt also der Dampf in diesem Fall durch direkten Druck. Sperrt man dagegen den Dampf ab, sobald der Kolben das Ende des Cylinders erreicht hat, und kühlt man den nunmehr mit Dampf gefüllten Cylinder mit Hilfe von kaltem Wasser ab, so kondensiert sich der Dampf zu Wasser, und da dies einen bedeutend kleinern Raum einnimmt als der Dampf, so wird der übrige Raum nahezu leer sein. Daher wird von dieser Seite auf den Kolben gar kein Druck ausgeübt werden, während auf der andern Seite der Druck der atmosphärischen Luft herrscht. Dadurch wird der Kolben wieder zurückgetrieben. Hierbei wirkt der Dampf also nicht direkt, sondern durch Erzeugung eines Vakuums. Bei den modernen Dampfmaschinen ist entweder die erstere Wirkungsart (durch direkten Dampfdruck) oder beide (direkter Dampfdruck und Erzeugung eines Vakuums durch Kondensation) im Gebrauch, während man von der zweiten ohne die erste jetzt keine Verwendung mehr macht.

Fig. 1.
Wattsche Niederdruckmaschine.
Die Wattsche Niederdruckmaschine.

Die erste wirklich praktische D. ist von James Watt erfunden worden. Watt wandte Dampf von geringer Spannung (1–1½ Atmosphäre Totaldruck) an, weshalb man diese Art Maschinen Wattsche Niederdruckmaschinen nennt. Eine solche (Fig. 1) diene, als Vorbild aller modernen Dampfmaschinen, zur Erläuterung des Prinzips der D. H ist der gußeiserne, zum Schutz gegen Abkühlung mit einem zweiten Cylinder (Mantel) umgebene Dampfcylinder, in welchem der Kolben (Dampfkolben) Z dicht anschließend beweglich ist. Die zweckmäßige Dampfverteilung über, resp. unter dem Kolben wird durch die Steuerung herbeigeführt wie folgt. Am Boden und am Deckel des Cylinders sind die Dampfkanäle [461] 1 und 2 angegossen, welche zu dem cylindrischen Steuerkasten I führen, der durch das Rohr q vom Kessel aus mit Dampf gespeist wird. In dem Steuerkasten I befindet sich ein röhrenförmiger, hohler Schieber AB, welcher die Verteilung des Dampfes bewerkstelligt. Er besitzt nämlich zwei Vorsprünge A und B, welche die Öffnungen des Cylinders gerade vollständig bedecken können und bald über, bald unter denselben befindlich sind. Die Bewegung des Schiebers wird von außen durch eine damit in Verbindung stehende Stange vom Kopf z mittels des auf der Schwungradwelle sitzenden Exzentriks S, der Exzenterstange Sp, des (in der Figur halb verdeckten) Winkelhebels po′ und einer (in der Figur unsichtbaren) nach z aufwärts führenden Stange geleitet. In der Figur geht eben der Dampfkolben nach oben; der Dampf, welcher im Steuerkasten die Schieberröhre von außen ganz umspült, strömt durch den Kanal 2 fortwährend ein und drückt den Kolben aufwärts. Der Dampf über dem Kolben strömt oben in den Steuerkasten ein und durch den hohlen Schieber und das Rohr q′ in den Kondensator K, wo er durch das eingespritzte Wasser momentan verdichtet und dadurch fast vollständig aus dem obern Teil des Treibcylinders herausgezogen wird, so daß der Kolben durch den gegen seine untere Seite wirkenden Überdruck des Dampfes nach oben getrieben wird. Ist der Kolben am Cylinderdeckel angelangt, so hat sich der Schieber aus seiner untersten Lage so weit nach oben bewegt, daß die Fläche A über der obern, B über der untern Einlaßöffnung des Cylinders steht, so daß jetzt der Kesseldampf in den obern Cylinderteil strömt und den Kolben niederdrückt, während zugleich der unterhalb des Kolbens in den Kondensator tretende Dampf sich verdichtet und ein Vakuum bildet. Ist der Kolben am untern Boden des Cylinders angelangt, so wechselt der Schieber abermals seine Stellung, so daß der Kolben wieder nach oben getrieben wird. Das durch die Röhre C in den Kondensator infolge des äußern Luftdrucks eingespritzte Abkühlungswasser, dessen Zuflußmenge man durch einen Hahn mittels der Kurbel bei f reguliert, sowie die aus dem Wasser des Dampfkessels mit dem Dampf in den Kondensator gelangte Luft werden durch eine besondere Pumpe, die Luftpumpe L, fortgeschafft. Geht deren Kolben nach unten, so läßt er bei geschlossenen Ventilen D und E die in der Pumpe vorhandene Luft und das Wasser durch seine Ventile v und v′ in den obern Pumpenteil treten, um sie beim nächsten Aufgang durch das sich öffnende Ventil E hinauszubefördern und zugleich eine neue Portion von Luft und Wasser durch das Ventil D aus dem Kondensator aufzusaugen. Aus E fließt ein Teil des Wassers und die eingeführte Luft durch einen besondern Kanal ab; ein andrer Teil des Wassers gelangt durch eine niedergehende Röhre in die Speisepumpe M, eine gewöhnliche Druckpumpe (s. Pumpe), welche das Wasser durch die Röhre F nach Bedarf in den Kessel zurückbefördert. Durch das Rohr GP tritt kaltes Wasser aus einem Brunnen unter dem Einfluß des äußern Luftdrucks in das den Kondensator umgebende, vollständig abgeschlossene Gefäß. Der Antrieb der Luft- und Kaltwasserpumpe geschieht vom Balancier abcde aus mittels der Stangen tu′ und dd′. An dem Dampfkolben sitzt eine Stange (Kolbenstange), welche luftdicht durch die auf dem Cylinderdeckel befindliche Stopfbüchse (s. d.) geht und durch die Stange sa mit dem Balancier abcde in Verbindung gesetzt ist. Die Stange sa bildet mit ab, bu und us zusammen das Wattsche Parallelogramm, während cb, btu und ur die Wattschen Lemniskoidenlenker darstellen, Mechanismen, welche eine geradlinige Führung der Punkte t und s bezwecken (s. Geradführung). Bei l ist eine sogen. Kurbelstange (Bleuelstange) ex angebracht, welche die Kurbel (oder den Krummzapfen) OX bei X ergreift und um den Mittelpunkt herumdreht. Mit der Kurbel steht das Schwungrad durch die Schwungradwelle in Verbindung. Dasselbe überwindet, einmal in rotierender Bewegung, durch seine lebendige Kraft (oder Trägheit) die Totpunkte und gleicht überhaupt die bei der Übertragung der Bewegung auf die Kurbel stattfindenden Druckverschiedenheiten aus. Um den Gang der D. trotz eines veränderlichen Widerstandes oder ungleichmäßiger Dampfproduktion möglichst gleichmäßig zu machen, wie das zum Betrieb vieler Etablissements, z. B. von Spinnereien, nötig ist, macht man die Zuströmung des Dampfes automatisch veränderlich. Man bringt nämlich in der Dampfröhre vor ihrer Einmündung in den Steuerkasten bei q eine Klappe an, eine sogen. Drosselklappe (ähnlich einer Ofenklappe), welche je nach ihrer Stellung den Querschnitt der Dampfröhre mehr oder weniger verengert. Die Stellung dieser Klappe ist nun in folgender Weise von der Geschwindigkeit, mit der sich das Schwungrad dreht, abhängig gemacht. Von der Schwungradwelle geht eine endlose Schnur STR um ein Rad R und setzt dieses in Umdrehung. Dieses Rad greift vermittelst einer konischen Zahnung in ein konisches Rad der Welle NN ein. Es wird also auch diese Welle in eine entsprechende Umdrehung versetzt. An den Punkten g und g′ sind die Zapfen zweier Stangen gh und g′h′, an deren Endpunkten zwei massive Kugeln i befestigt sind. Bei der Umdrehung der Welle NN werden auch die Kugeln i in Umdrehung versetzt; infolge der Zentrifugalkraft suchen sie sich aber von der Welle NN zu entfernen und um die Punkte g und g′ aufwärts zu bewegen. Dem entsprechend wird auch durch Vermittelung der bei h und h′ angreifenden Stangen der auf der Welle gleitende Ring k und das in einer Rille des letztern liegende Ende des Winkelhebels[WS 1] klm gehoben werden. Die Bewegung des Winkelhebels klm wird durch die Stange mn, einen zweiten Winkelhebel oy und eine aufwärts führende Stange so auf die Drosselklappe q übertragen, daß dieselbe den Dampfrohrquerschnitt unter sein mittleres Maß verengert, also verhältnismäßig wenig Dampf zuströmen läßt, sobald die D. zu schnell läuft, dagegen die Durchgangsöffnung größer macht, also mehr Dampf zutreten läßt, sobald die D. ins Schleppen gerät.

Hochdruckmaschinen.

Die modernen Dampfmaschinen weichen von den Wattschen in der Konstruktion vielfach ab. Zunächst ist die ganze Anordnung der Maschine eine andre (Fig. 2 zeigt das Schema einer gewöhnlichen modernen D.), indem der Balancier fast immer fortfällt und die Bleuelstange qpz sich mit einem Gelenk direkt an das Ende der durch die Stopfbüchse s geführten Kolbenstange k anschließt. Auch erfolgt die Geradführung dieses letztern nicht mehr durch gelenkig verbundene Stangen (Gelenkgeradführung), sondern durch das zwischen den Gleitschienen gg hin- und hergleitende Querhaupt (Kreuzkopf) q. Die Stellung des Dampfcylinders ist oftmals noch eine vertikale, wie bei Watt, meistens jedoch eine horizontale, weil dadurch die D. an Stabilität gewinnt. Die Steuerungen der D. sind ungemein mannigfaltig. Die gewöhnlichste von ihnen hat als Dampfverteilungsorgan den sogen. Muschelschieber [462] (S), der in dem Schieberkasten D über den Dampfkanälen α, β und γ hin- und hergleitet. Er erhält seine Bewegung von dem auf der Schwungradwelle W sitzenden, um 90° gegen die Kurbel K′ verstellten Exzentrik E mittels der Exzenterstange oe und der durch die Stopfbüchse s′ geführten Schieberstange r.

Fig. 2.
Hochdruckdampfmaschine ohne Balancier.

Befindet sich daher der Kolben K in der Mitte des Cylinders C, so steht der Schieber in einer seiner Endstellungen und umgekehrt. Bei der Stellung der Figur steht der Schieber in seiner untersten Stellung, der Kolben in der Mitte, der durch das Rohr d in den Schieberkasten gelangte Dampf tritt daher durch αα über den Kolben und drückt ihn abwärts, wobei der vom vorigen Hub in C befindliche Dampf durch γγ, die Höhlung des Schiebers S, β und b entweicht. Bei Ankunft des Kolbens am Boden des Cylinders wird der Kanal γγ für den Dampfeintritt frei, während αα durch die Schieberhöhlung mit dem Abzugsrohr b in Verbindung gesetzt wird, so daß der unten eintretende Dampf den Kolben aufwärts und letzterer den über ihm stehenden Dampf aus dem Cylinder hinaustreibt. Vorteilhaft werden als Dampfverteilungsorgane auch Ventile und Hähne angewendet, welche durch Exzenter, Hebel, Hebedaumen etc. bewegt werden. Dergleichen Steuerungen sind weiter unten beschrieben.

Da die mit Dampf von niederer Spannung arbeitenden Wattschen Maschinen nicht die günstigste Ausnutzung der Wärme gestatten, so verwendet man jetzt allgemein Dämpfe von höherm Druck und nennt die Maschinen Mitteldruckmaschinen, wenn sie mit einem Dampfdruck von 1½–3 Atmosphären, dagegen Hochdruckmaschinen, wenn sie mit einem Druck von 3–12 Atmosphären arbeiten. Während bei den Niederdruckmaschinen die Kondensation ein

Fig. 3.
Körtings Strahl­kondensator.

integrierender Bestandteil war, kann sie bei den Mittel- und Hochdruckmaschinen auch fortgelassen werden, wie das z. B. da geschieht, wo gutes Speisewasser nur in geringen Mengen vorhanden ist, oder wo eine besondere Einfachheit der D. wünschenswert ist. Allerdings werden unter sonst gleichen Bedingungen die Dampfmaschinen ohne Kondensation mehr Dampf und daher mehr Brennmaterial verbrauchen als Kondensationsmaschinen. Von den gewöhnlichen, nach dem Prinzip des Wattschen konstruierten Kondensatoren weicht der Körtingsche Strahlkondensator (Fig. 3) vollständig ab, indem er ohne Luftpumpe arbeitet u. die Luftleere durch einen bei W mit einem Gefälle von ca. 5 m einfallenden Wasserstrahl erzeugt, der den bei D eintretenden Abdampf verdichtet und mit sich durch das Rohr E fortreißt.

Expansionsmaschinen.

Einen großen Vorteil kann man bei Hochdruckmaschinen durch Anwendung der Expansion des Dampfes im Cylinder erzielen, indem man den Dampfzufluß vor vollendetem Kolbenlauf absperrt. Hat der Dampf eine Spannung von 5 Atmosphären, so hebt er so vielmal 5,170 kg, als der Kolben QZentimeter hat. Sperrt man nun den Dampfzufluß ab, wenn der Cylinder bis zur Hälfte mit diesem Dampf gefüllt ist, so wird der Kolben mit seiner Last sich nicht weiterbewegen; vermindert man darauf aber die Last, so wird sich der Dampf sofort weiter ausdehnen, bis seine Expansivkraft wiederum mit der Last im Gleichgewicht ist. Bei einer Verminderung der Last auf die Hälfte könnte sich der Dampf auf das doppelte Volumen ausdehnen und wäre dann noch eben im stande, diese Last zu heben. Der Dampf leistete also in diesem Fall eine um mehr als die Hälfte größere Wirkung. Denkt man sich den Kolbenlauf in 20 Stationen geteilt, und sperrt man den Dampf ab, wenn der Kolben den vierten Teil seines Wegs vollendet hat, so wird der Dampf während der fünf ersten Stationen mit seiner vollen Kraft gleich 1 auf den Kolben drücken, bei der sechsten Station aber nur [463] mit 5/6, weil der Raum sich ohne Dampfzufluß um 1/5 vergrößert hat, bei der siebenten nur mit 5/7 seiner ersten Kraft, bei der achten mit 5/8, bei der zwanzigsten endlich nur mit 5/20. Die Summe aller Wirkungen wäre in diesem Fall 11,56, während man bei ungehindertem Einströmen des Dampfes bis zur Vollendung des Kolbenlaufs, also bei vierfachem Dampfverbrauch, doch nur eine Wirkung = 20 erhalten würde. Die Expansionsmaschinen, welche also bedeutend an Dampf u. deshalb an Kohlen sparen, bedürfen größerer Cylinderdurchmesser und größerer Kolbengeschwindigkeit. Soll sich aber die Maschine mit gleichförmiger Geschwindigkeit bewegen, so muß das Schwungrad sehr groß und schwer sein, damit es aus der ersten Wirkung des nicht expandierten Dampfes genug lebendige Kraft aufnehmen kann, um während der Expansionswirkung bei gleichbleibender Last den Kolben fortzubewegen. Expansionsmaschinen ohne Drehung müssen aus gleichem Grund schwer in Bewegung zu setzende Massen besitzen. Das Verhältnis des Cylindervolumens, welches bis zur Absperrung mit Dampf gefüllt ist, zum ganzen Cylindervolumen heißt die Füllung (man spricht also von 1/2 Füllung, 1/3 Füllung etc.), während das umgekehrte Verhältnis Expansionsgrad oder kurzweg Expansion genannt wird (daher die Ausdrücke doppelte, dreifache etc. Expansion). Die Expansion des Dampfes kann nun entweder in einem oder in zwei Cylindern erfolgen. Zur Expansion in einem Cylinder hat man besondere, sogen. Expansionsteuerungen nötig, deren verbreitetste die Meyersche mit zwei Schiebern und zwei Exzentriks ist (Fig. 4). Die beiden Schieber liegen dicht übereinander. Der untere G (Grundschieber) besteht aus einem muldenförmigen Teil d, zu dessen beiden Seiten je ein Kanal (e und f) angebracht ist. Wenn dieser Schieber durch ein Exzentrik und die Stange h in passender Weise bewegt wird, so läßt er den Dampf abwechselnd durch e und a oder durch f und b aus dem durch g mit der Dampfleitung in Verbindung stehenden Schieberkasten in den Cylinder treten, während zugleich der Abdampf im ersten Fall durch b, im zweiten durch a in die Schieberhöhlung tritt und von da durch c entweicht. Die obere Seite des Grundschiebers ist eben und dient einem zweiteiligen Schieber kk′ (Expansionsschieber) als Auflager. Derselbe wird durch ein zweites Exzentrik mittels der Stange l in der Weise bewegt, daß bei der relativen Bewegung der beiden Schieber übereinander die Öffnungen e, resp. f in geeigneten Momenten abgeschlossen werden, so daß dann der Dampf, obwohl die Grundschieberstellung den Eintritt noch gestatten würde, nicht mehr in den Cylinder gelangen kann. Die Stange m des Expansionsschiebers ist mit einem Stück rechten und einem Stück linken Schraubengewindes i und i′ derart versehen, daß die

Fig. 4.
Meyersche Expansionssteuerung mit Doppelschieber.

beiden Teile k und k′ des Schiebers bei der Drehung der Stange einander genähert oder voneinander entfernt werden können, wodurch der Expansionsgrad

Fig. 5.
Schema der Corliß-Steuerung.

verändert werden kann. Um die Drehung der Stange vornehmen zu können, hat man die Stange l auf der Vorderseite drehbar in dem gegabelten Ende n der Exzenterstange o befestigt und durch die Hinterwand des Schieberkastens vermittelst der Stopfbüchse p hindurchgeführt. Auf der Stange sitzt eine Hülse q mit Feder und Nute, so daß sich die Stange wohl darin hin und her bewegen, aber nicht unabhängig darin drehen kann. Diese Hülse ist in einem Lager r drehbar und außerhalb desselben mit Schraubengewinde versehen. Wird sie an einem Handrad s gedreht, so wird zugleich mit den Schieberhälften ein [464] Zeiger z auf einer Skala bewegt, so daß man stets ablesen kann, mit wie starker Expansion die D. arbeitet.

Präzisionssteuerungen.

Die Regulierung der Expansion muß hier mit der Hand vorgenommen werden, während der Regulator, wenn ein solcher vorhanden ist, auf eine Drosselklappe wirkt. Die neuern Expansionssteuerungen sind nun so eingerichtet, daß der Expansionsgrad von dem Regulator selbstthätig, dem Arbeitswiderstand der Maschine entsprechend, verändert wird. Unter diesen Steuerungen sind in letzter Zeit besonders

Fig. 8.
Präzisionssteuerung von Sulzer.

die sogen. Präzisionssteuerungen in Aufnahme gekommen, von welchen die Corliß-, die Sulzer- und die Collmannsteuerung am bekanntesten geworden sind. Die Steuerungsorgane derselben sind Ventile und Hähne; eine recht zweckmäßige Präzisionssteuerung mit Schiebern zu konstruieren, ist bisher noch nicht gelungen, obwohl viele dahin zielende Versuche gemacht sind (Steuerungen von Rider, Klein, Becker, Webers, Menck, Hambrock etc.). Die erste Präzisionssteuerung wurde von Corliß, einem Amerikaner, konstruiert, aber vorerst nur auf Hahnsteuerungen angewendet.

Fig. 5 (S. 463) zeigt das Schema der ursprünglichen Konstruktion einer Corliß-Steuerung. In größter Nähe des Cylinders sind die vier Hähne PQRS angebracht, von welchen P und Q den Einlaß, R und S den Auslaß des Dampfes bewirken. Die Drehung derselben erfolgt durch die vier Zugstangen EK, FL, HN, GM, welche an der Scheibe FEHG sitzen, die ihrerseits durch die Stange BA von dem auf der Schwungradwelle befindlichen Exzentrik A aus in hin- und hergehende Drehbewegung um ihre horizontale Mittelpunktachse versetzt wird. Um nun das möglichst momentane Öffnen und Schließen der Dampfwege zu bewirken, gehen die Stangen EK, FL an die Hebel PK, QL, sind aber bei KT und LT zum Zweck des Federns schleifenartig gestaltet und können hierdurch die Hebel mit Nasen erfassen und loslassen. In dem Moment, in welchem ein durch den Keil X oder Y gesteuerter Riegel DC oder D′C′ die Stange EK oder LF von dem zugehörigen Hebel KP oder LQ, an dessen Drehachse ein Hahn sitzt, auslöst, tritt sofort eins der Gewichte V, W in Wirksamkeit, dessen Niedersinken die Schließung des Dampfzuströmungshahns und somit die Absperrung des Dampfes hervorbringt. Je schneller nun die Maschine geht, desto mehr werden sich die Kugeln des Regulators Z heben, desto mehr werden mit Hilfe des Winkelhebels O die Keile X und Y nach links verschoben werden, desto tiefer werden die Riegel DC und D′C′ zu stehen kommen, desto eher wird die Auslösung der Hebel KP und LQ, also auch die Absperrung des Dampfes erfolgen, desto mehr endlich wird der Dampf expandieren und umgekehrt. Um das zu schnelle Fallen der Gewichte V und W zu verhindern, bewegen sie sich in sogen. Wasserbremsen, die ganz ebenso konstruiert sind wie die Katarakte bei den Kataraktmaschinen (s. Katarakt). Um den Auslösungsmechanismus gegen Stöße und heftige Bewegungen zu schützen, die im Gefolge starker Schwankungen des Regulators vorkommen, ist an dessen nach unten verlängerter Hülse ein Kolben angebracht, der ohne Dichtung in einen mit Wasser gefüllten Cylinder J taucht. – Von den äußerst mannigfaltigen Veränderungen und Verbesserungen der Konstruktionen seien hier hervorgehoben die Steuerung von Spencer und Inglis und die von Wheelock. Erstere hat durch Einführung von Luftpuffern mit Spiralfedern eine kompendiöse Anordnung erhalten. Fig. 6 (Tafel I) zeigt Cylinder und Steuerung derselben teils in der äußern Ansicht, teils im Durchschnitt. Mit der durch die Exzenterstange K in oszillierende Bewegung gesetzten Steuerscheibe W sind die Hebel der Dampfauslaßhähne B durch die Stangen E u. R in fester Verbindung, während die Schubstangen SS der Einlaßhähne A von den Hahnhebeln gelöst werden können, worauf die Exzentersteuerung nicht mehr auf sie wirkt. Diese Auslösung erfolgt gerade dann, wenn die Dampfabsperrung geschehen soll, und der Schieberhahn ist dann plötzlich der Einwirkung der im Cylinder D befindlichen Pufferfedern ausgesetzt, welche ihn mittels einer der aus D heraustretenden Pufferstangen und des über das Drehungskreuz hinaus verlängerten Hahnhebels sofort in die abschließende Stellung bringen. In dieser Stellung bleibt der Hahn bis nahe zur Vollendung

[Beilage]

[Ξ]

Dampfmaschinen I.
Fig. 6. Corlißmaschine. Steuerung von Spencer und Inglis.
Fig. 7. Dampfmaschine von Wheelock.
Fig. 11. Vollständige Dampfmaschine mit Collmann-Steuerung.
Fig. 18. Oszillierende Zwillingsschiffsmaschine.
Fig. 21. Oberflächenkondensator einer Schiffsmaschine (Durchschnitt).
Fig. 22. Vertikale Kesseldampfmaschine.

[465] des Kolbenhubes, wird dann aber wieder durch Einrücken der Schubstangen S gesteuert und für das nächste Dampfgeben geöffnet. Die Stange G geht vom Regulator an den Hebel F, der mittels zweier Zahnsegmente die Bewegung auf den zweiten Hebel F überträgt; von hier aus gehen Stangen CC an leichte Hebel, deren Daumen zwischen den federnden Ausläufern der Stangen SS spielen und diese auseinander treiben, wenn der Regulator die Absperrung verlangt. Dann gleiten die Stahlbacken jener Ausläufer über die Stangenköpfe der Hebel und fangen sich zur richtigen Zeit wieder in den Einschnitten. Die D. von Wheelock (Fig. 7, Tafel I) zeichnet sich durch höchst ökonomische Anordnung der Hähne, Einfachheit des äußern Mechanismus und dadurch gewährleistete Dauerhaftigkeit ihrer beweglichen Teile aus. Auf der untern Seite des Cylinders befindet sich an jedem Ende je ein Verteilungshahn B für den Dampfein- und -Auslaß und ein Expansionshahn C. Auf der rechten Seite der Figur ist die äußere Steuerung zu sehen. Sie besteht aus dem von der Exzenterstange S aus bewegten Hebel A, der mit dem Verteilungsschieber B fest verbunden ist, dem Winkelhebel G des Expansionsschiebers und der mit A drehbar verbundenen Auslöseklinke E. Geht der Hebel A aus der abgebildeten Stellung nach rechts, so wird der an dem obern Ende von G drehbar angebrachte (in der Figur punktierte) Würfel F durch einen übergreifenden Vorsprung der Klinke E mit nach rechts gezogen, wobei sich beide Hähne B und C öffnen und Dampf rechts hinter den Dampfkolben tritt. Sobald aber der untere sichelförmige Teil von E gegen die Nase H stößt, hebt er E etwas an und läßt dabei den Würfel F aus dem erwähnten Vorsprung von E frei werden, so daß nun der Hebel G unter der Einwirkung des Luftpuffers J rückwärts gedreht, der Expansionshahn C geschlossen und dadurch der Dampf abgesperrt wird. Die Nase H ist nun an einem Zahnrad befestigt, welches mit einem am Hebel K angebrachten Zahnsegment im Eingriff steht und mittels desselben vom Regulator aus durch die Stange R derart verstellt wird, daß H je nach dem zu schnellen oder zu langsamen Gang der Maschine später oder früher von dem sichelförmigen Ansatz

Fig. 9. Fig. 10.
Querschnitt durch den Cylinder. Querschnitt am Regulator.
Collmann-Steuerung.

der Klinke E getroffen und dem entsprechend der Expansionsgrund verändert wird. Bei der Linksbewegung von A fällt dann jedesmal die Klinke E mit ihrem Vorsprung hinter den Würfel F wieder ein. Auf der linken Seite der Maschine sind die Steuerungsorgane symmetrisch zur rechten angeordnet.

Die eigentliche Ausbildung und ausgedehnteste Verwendung erfuhr die Präzisionssteuerung an den Ventilmaschinen, bei welchen ein fast momentanes Schließen der Dampfkanäle möglich ist. Sehr verbreitet ist von hierher gehörigen Konstruktionen die Präzisionssteuerung von Sulzer, von welcher Fig. 8 (S. 464) die an einem Cylinderende liegende Hälfte darstellt. Zur Seite der Maschinenachse liegt die Steuerwelle, welche im Sinn des Pfeils rotiert. Von einem auf ihr sitzenden Exzentrik C wird die Bewegung für ein Einlaß- (G) und ein Auslaßventil H entnommen. Der Punkt c der kurzen Exzenterstange B wird durch die bei o drehbare Schiene d auf einem [466] Kreisbogen geführt, wobei das Auge e der Exzenterstange eigentümliche Kurven beschreibt. Im Punkt c greift auch noch die Stange f an, welche an ihrem andern Ende mit dem daran drehbaren Übertrager ib durch die Schiene g kreisbogenförmig geführt wird. Punkt i des winkelförmig gestalteten Übertragers ib steht mittels der Stange k indirekt durch den Arm m mit dem Punkt e der Exzenterstange in Verbindung. Dieser Mechanismus bringt eine eigentümliche herzförmige Kurve des Übertragers hervor, so daß Arm a des Ventilhebels h während des ersten Teils der Dampfkolbenbewegung vom Daumen b des Übertragers abwärts gedrückt und das Einlaßventil G gehoben wird, bis Daumen b sich so weit nach rechts bewegt hat, daß a von ihm abgleitet, somit der Ventilhebel h frei wird und das Ventil G unter der Einwirkung der Spiralfeder S sich schließt, worauf dann in der Maschine die Expansion beginnt. Nun bildet der Arm m mit n einen Winkelhebel, der vom Regulator aus durch die Stange q, den Winkelhebel wop und die Zugstange l je nach der Geschwindigkeit der Maschine verstellt wird, wobei dann die vom Übertrager

Fig. 12.
Woolfsche Dampfmaschine. Längsschnitt.

ib beschriebene Kurve und mithin auch der Expansionsgrad entsprechend geändert wird. Das Auslaßventil H wird mittels des Hebels s von der Stange r bewegt. – Von allen andern bisher beschriebenen Steuerungen unterscheidet sich die Collmann-Steuerung dadurch vorteilhaft, daß sie das Einlaßventil nicht frei fallen läßt, sondern demselben bis zum Schluß eine durch den Mechanismus bedingte Bewegung erteilt, weshalb hier unwillkommene Stöße vermieden sind und selbst bei schnellem Gang der Maschine eine vollkommen zuverlässige und exakte Wirkung erzielt wird. Die Collmann-Steuerung (Fig. 9 u. 10, S. 465) wird durch eine zur Maschinenachse parallele Steuerwelle a in Bewegung gesetzt, welche mit je einem in der Nähe eines Cylinderendes befindlichen Exzentrik b je ein Einlaßventil o und mit je einem Daumen c ein Auslaßventil p öffnet und schließt. Jedes Exzentrik erteilt einem Haupthebel d, dessen freies Ende an einem Schenkel e eines Kniehebels angreift, eine schwingende Bewegung. Auf der Verlängerung der Exzenterstange f ist ein Gleitstück g verschiebbar, welches vermittest einer Verbindungsstange h mit dem Mittelgelenk v des genannten Kniehebels verbunden ist. Die Stellung dieses Gleitstücks kann durch den Regulator r mittels der auf der Welle i befestigten Hebel k und l und der Koppel m verändert werden. Der zweite Schenkel n des genannten Kniehebels greift an der geradlinig geführten Ventilstange an. Im Moment der Öffnung eines Einlaßventils befindet sich die Zentrale des betreffenden Exzentriks ungefähr in horizontaler Lage, während der Kniehebel gestreckt ist. Das nun nach unten gehende Exzentrik erteilt dem untersten Kniehebelgelenk eine nach aufwärts gerichtete Bewegung, welche in ihrer ganzen Größe auch auf die Ventilstange übertragen würde, wenn nicht im weitern Verlauf der Kniehebel durch das auf der verlängerten Exzenterstange sitzende Gleitstück vermittelst der Stange h durchgedrückt würde. Es entsteht hierdurch in dem obern, mit der Ventilstange verbundenen Gelenk eine Bewegung, welche aus der der Vollfüllung entsprechenden Bewegung des untersten Kniegelenks und der durch die Durchbiegung des Kniees hervorgerufenen entgegengesetzten Bewegung des obern Kniegelenks resultiert. Je schneller nun die Maschine läuft, und je weiter durch den Regulator das Gleitstück von der Achse a entfernt wird, um so größer ist dessen durchbiegende Wirkung, um so größer wird die auf das Sinken des Ventils wirkende Bewegung, um so eher schließt dasselbe den Dampf ab, so daß die Maschine wieder auf ihre normale Geschwindigkeit gebracht wird. Fig. 11 (Tafel I) zeigt eine vollständige D. mit Collmann-Steuerung. A Cylinder, BB Steuerung, C Dampfleitung mit Absperrventil, D Grundführung, E Querhaupt, F Bleuelstange, G Kurbelscheibe, H Schwungrad, J Regulator, K rückwärts verlängerte Kolbenstange, welche mittels des Lenkers L den Hebel M bewegt. Letztere betreibt die unterhalb der Maschine stehende Kondensation.

Mehrcylindrige Expansionsmaschinen.

Weit besser noch als in den Expansionsmaschinen mit einem Cylinder, läßt sich in den zweicylindrigen die Expansion des Dampfes ausnutzen. Bei diesen Dampfmaschinen, die auch Compoundmaschinen heißen, kommt der Dampf in zwei verschieden großen Cylindern hintereinander in der Weise zur Wirkung, daß er, mit dem Kesseldruck in den kleinern Cylinder (Hochdruckcylinder) tretend, nach der Absperrung in geringem Grad expandiert, dann jedoch in dem großen Cylinder (Niederdruckcylinder) zu einer bis zur äußersten Grenze gehenden Expansion gebracht wird. Diese Dampfmaschinen wirken deshalb so vorteilhaft, weil man einerseits im stande ist, mit ihnen sehr große Expansionsgrade zu erreichen, ohne daß dadurch die Gleichmäßigkeit des Ganges in gleichem Maß beeinträchtigt würde wie bei Eincylindermaschinen, und weil anderseits die Temperaturdifferenzen zu beiden Seiten der Kolben geringer sind als bei Eincylindermaschinen, so daß beim Dampfeintritt in die Cylinder eine geringere Kondensation entsteht. Durch beide Umstände wird eine Dampf- und somit auch eine Kohlenersparnis herbeigeführt. Man unterscheidet nun zwei Klassen von Compoundmaschinen, die erste derselben enthält solche Dampfmaschinen, bei welchen die Kurbeln der zu beiden Cylindern gehörigen Kolben entweder gleich gerichtet, oder um 180° versetzt sind und der Dampf direkt aus dem kleinen Cylinder in den großen übertritt. Solche Dampfmaschinen heißen Woolfsche Maschinen oder Maschinen nach Woolfschem System. In

[Beilage]

[Ξ]

Dampfmaschinen II.
Fig. 15. Dampfmaschine nach Woolfschem System mit Collmann-Steuerung.
Fig. 17. Liegende Receiver-Compoundmaschine (Ansicht von oben).
Fig. 20. Receiver-Compoundmaschine für Schraubenschiffe (Durchschnitt).
Fig. 23. Dreicylinder-Compoundmaschine.
Fig. 24. Rotierende Dampfmaschine (Scheibenmaschine). (Schematisch.)
Fig. 25. Kleysche Wasserhaltungsmaschine mit unterbrochener Rotation.

[467] die zweite Klasse gehören diejenigen Maschinen, deren Kurbeln um einen rechten Winkel verstellt sind. Bei diesen Maschinen ist zwischen beiden Cylindern ein Sammelraum (Receiver) nötig, in welchem sich der Dampf aufhält, wenn er den kleinen Cylinder verläßt, jedoch wegen der eigentümlichen Kurbelstellung noch nicht in den großen Cylinder eintreten kann. Diese Maschinen heißen Compoundreceivermaschinen, werden aber im gewöhnlichen Gebrauch häufig schlechtweg Compoundmaschinen, besser jedoch Receivermaschinen genannt.

Das Prinzip einer Woolfschen Maschine zeigt Fig. 12. C ist der kleine, D der große Cylinder, deren Kolben, mit zwei gleichgerichteten Kurbeln in Verbindung stehend, gleichmäßig auf- und niedergehen. Tritt nun frischer Dampf durch E über den Kolben A, so ist zugleich auch Hahn H geöffnet (dagegen G, F und K geschlossen),

Fig. 13.
Fig. 14.
Ehrhardtsche Steuerung.

so daß der vom vorigen Hub unter A befindliche Dampf über B tritt, während der Raum unter letzterm durch L mit dem Kondensator in Verbindung steht. Beide Kolben gehen also gleichzeitig abwärts, der Dampf zwischen A und B drückt durch seine Spannung B nach unten und A nach oben; da aber B größer ist als A, so bleibt stets ein den Kolben B abwärts bewegender Druck übrig, proportional dem Unterschied der beiden Kolbenflächen. Nachdem beide Kolben den tiefsten Stand erreicht haben, ist der Cylinder D mit dem ursprünglich in C befindlich gewesenen Dampf gefüllt, und dieser ist um das 3½- bis 5fache expandiert. Beim Kolbenwechsel öffnen sich die Hähne F, G und K, und die beiden Kolben steigen unter denselben Verhältnissen in die Höhe, wie sie niedergegangen sind. Dabei ist während eines Schubes der Druck auf die Kurbel minder veränderlich als bei Expansionsmaschinen mit nur einem Cylinder, und der Kohlenverbrauch ist sehr gering.

Eine Woolfsche Maschine, welche von den gewöhnlichen Konstruktionen wesentlich abweicht und namentlich eine originelle Steuerung besitzt, ist von Ehrhardt angegeben und von der Dinglerschen Maschinenfabrik in Zweibrücken ausgeführt worden. Diese Maschine ist namentlich gegenüber den verschiedenen Variationen des Corliß-Systems sehr einfach. Die beiden Cylinder sind zusammengegossen und zusammen mit dem Steuerungsgehäuse in einem größern Cylinder zur Vermeidung von Wärmeverlusten eingeschlossen. Die Kolben bewegen sich in entgegengesetzter Richtung, wodurch die Druckwirkungen auf die Schwungradlager sich zum größten Teil ausgleichen. Die beiden Steuerungshähne werden durch eine Querwelle von der Kurbelwelle aus in eine kontinuierliche Drehung versetzt; an jedem Ende der Cylinder ist ein solcher Hahn angebracht, welcher zugleich beide Cylinder steuert, und dessen Funktion sich aus der schematischen Darstellung (Fig. 13 und 14) ergibt. Der Dampf tritt zunächst in den Mantel des kleinen Cylinders c, von hier durch den Steuerungshahn in den kleinen Cylinder hinter den Kolben, während gleichzeitig für den vor dem entgegengesetzt sich bewegenden Kolben des großen Cylinders C austretenden Dampf der Ausweg O zum Kondensator durch den Steuerungshahn geöffnet ist. Am andern Ende der Cylinder muß gleichzeitig der vor dem kleinen Kolben hergetriebene Dampf hinter den Kolben im großen Cylinder hinüber expandieren können, weshalb der andre Steuerungshahn die in Fig. 14 skizzierte zweite Position einnehmen muß. Bei der nächsten halben Drehung der Schwungradwelle oder der Steuerungshähne haben die letztern ihre gegenseitige Stellung selbstverständlich vertauscht. Fig. 15 (Tafel II) zeigt eine vollständige D. nach Woolfschem System mit Collmann-Steuerung. Hier sind die beiden Cylinder A und B hintereinander angeordnet, so daß sie eine gemeinschaftliche Kolbenstange CC haben, welche von der Kurbel D mit der Bleuelstange E angetrieben wird. F ist das Verbindungsrohr zwischen beiden Cylindern, G die Kondensation.

Noch gleichmäßiger als bei diesen Woolfschen Maschinen wird der Gang bei den Receivercompoundmaschinen. Die beiden rechtwinkelig verstellten Kurbeln einer solchen Maschine sitzen in Wirklichkeit auf Einer Achse, sind aber der größern Anschaulichkeit wegen in der das Prinzip der Receivermaschine

Fig. 16.
Hauptstellungen einer Receivercompoundmaschine.

veranschaulichenden Fig. 16 so gezeichnet, als ob sie auf verschiedenen Wellen angebracht wären. Bei der Kurbelstellung a befindet sich der kleine Kolben in der Mitte seines Aufganges, der große Kolben im obern Totpunkt. Dabei drückt der Kesseldampf gegen den kleinen Kolben; der während der ersten Hälfte des Aufganges des kleinen Kolbens ausgetretene Oberdampf wurde von dem zwischen beiden Cylindern befindlichen (in der Skizze fortgelassenen) Receiver aufgenommen und beginnt in diesem Moment gegen die Oberfläche des großen Kolbens zu wirken. Bei der unter b dargestellten Kurbelstellung [468] befindet sich der kleine Kolben am Ende seines Aufganges, und es beginnt jetzt der unter ihm wirksam gewesene Dampf in den Receiver zu treten, welch letzterer inzwischen den großen Cylinder mit Dampf gespeist hat, jedoch vor dem Zutritt des neuen Dampfes aus dem kleinen Cylinder, also vor Beendigung desselben Hubes des großen Kolbens, gegen dessen Cylinder verschlossen wurde, so daß der Dampf in diesem durch weitere Expansion zu wirken beginnt. Während des Überganges von b bis zur Stellung c ist die Expansion im großen Cylinder beendet, inzwischen der kleine Kolben unter der Einwirkung des Kesseldampfes bis in die Mitte seines Niederganges gekommen und hat dabei einen Teil des unter ihm befindlichen Dampfes in den Receiver gedrängt, welcher sich oben nach dem großen Cylinder hin öffnet. Dabei wirkt jetzt der Receiverdampf von unten gegen den großen Kolben, bis dieser die unter d dargestellte Stellung erreicht hat, wird aber wieder vor dem Eintritt des über dem kleinen Kolben wirksam gewesenen Dampfes abgesperrt. Von der Stellung d gehen die Kolben und Kurbeln zurück in die Stellung a etc.

Eine liegende Receivercompoundmaschine neuester Konstruktion von 250 Pferdekräften ist in Fig. 17 (Tafel II) dargestellt. Der Dampf gelangt hier durch Rohr K nacheinander in den kleinen oder Hochdruckcylinder A, den Receiver B, den großen oder Niederdruckcylinder C und endlich in den Kondensator, der mit zwei Luftpumpen EE versehen ist. Der Hochdruckcylinder ist mit Collmann-Steuerung versehen und erhält je nach dem Widerstand der durch die D. betriebenen Arbeitsmaschine mehr oder weniger große Füllung, deren Maß durch den Regulator bestimmt wird. Der Niederdruckcylinder hat Meyersche Schiebersteuerung. Die beiden Kurbeln GG sind rechtwinkelig gegeneinander verstellt und treiben das als Schwungrad dienende Seilrad H, über dessen Umfang in entsprechenden Nuten zehn Hanfseile zur Übertragung auf die Transmissionswellen gelegt sind. LL sind sogen. Bajonettbalken, welche die Lager der Schwungradwelle fest mit den Cylindern verbinden. Man kann die Maschine auch mit jedem der beiden Cylinder allein arbeiten lassen. Hierzu dienen die Rohre N und O. Zum Absperren des Dampfes bei Abstellung der Maschine dient das Absperrventil P, während Q das Einspritzwasser des Kondensators reguliert.

Dampfmaschinen mit Umsteuerung.

Unter gewissen Verhältnissen nehmen die Dampfmaschinen besondere, von den bisher beschriebenen abweichende Formen an. Häufig kommt es vor, daß die Dampfmaschinen abwechselnd vor- und rückwärts laufen müssen, so bei Winden, bei den sogen. Fördermaschinen der Bergwerke (mittels welcher Erze und Menschen auf- und abwärts befördert werden), bei Lokomotiven und Schiffsmaschinen, Dampfstraßenwalzen, bei gewissen Walzwerken (Reversierwalzwerke) etc. In solchen Fällen bedarf die D. eines geeigneten Mechanismus, der sogen. Umsteuerung (s. Steuerung). Bei Anwendung nur eines Dampfcylinders mit einer Kurbel würde die Ingangsetzung solcher Maschinen in dem Fall Schwierigkeiten machen, daß die D. im sogen. Totpunkt, d. h. so steht, daß Kurbel und Bleuelstange in einer geraden Linie liegen. Außerdem kann man bei diesen Maschinen Schwungräder nicht wohl verwenden, weil dieselben der erwünschten schnellen und exakten Umsteuerung entgegenarbeiten würden, so daß sie mit nur einem Dampfcylinder einen sehr unregelmäßigen Gang haben würden. Deshalb werden diese Dampfmaschinen jetzt ausnahmslos mit zwei Cylindern versehen, deren Kurbeln um 90° verstellt sind (Zwillingsmaschinen), wodurch die Totpunkte gänzlich vermieden sind.

Schiffsmaschinen.

Bei Schiffsmaschinen hat man mit dem beengten Raum zu rechnen, in welchem sie aufgestellt werden. Eine Form, die sehr wenig Platz braucht, ist diejenige der oszillierenden D., bei welcher die Bleuelstange fortfällt und der Cylinder um zwei in Lagern drehbare hohle Zapfen schwingt, so daß der Kopf der Kolbenstange unbehindert der Kurbelbewegung folgen kann. Die Dampfzuleitung und -Abführung erfolgt durch diese hohlen Zapfen mittels angeschlossener und durch Stopfbuchsen abgedichteter Rohre. Die Steuerung erfolgt durch Schieber, welche durch die

Fig. 19.
Trunkmaschine, Längsschnitt.

schwingende Kolbenbewegung hin und her bewegt werden. Diese Maschinen sind dadurch, daß sie an den Stopfbuchsen leicht undicht werden, in Mißkredit gekommen und werden daher als Landdampfmaschinen gar nicht mehr, als Schiffsmaschinen nur noch zum Betrieb von Raddampfern gebaut. Fig. 18 (Tafel I) zeigt eine oszillierende Zwillingsschiffsmaschine. A Radwelle, BB′ oszillierende Cylinder, C Schwingungsachse, DD′ die Kurbeln. – Beliebt sind als Schraubenschiffsmaschinen die sogen. Trunkmaschinen. Dieselben sind dadurch in der Längsrichtung verkürzt, daß man die Kolbenstange als weites Rohr ausgeführt hat, in dessen Mitte die Kolbenstange angreift. Fig. 19: Trunkmaschine. A Cylinder, B Kolbenstange, C Bleuelstange, D Kurbel, H Abführungsrohr, welches in den Kondensator F mündet, G Luftpumpe. Im übrigen werden bei Schraubenschiffen auch vielfach stehende Maschinen angewendet, deren Cylinder, an Gerüsten befestigt, über der Schraubenwelle stehen, und welche wegen ihrer äußern Ähnlichkeit mit Dampfhämmern auch Hammermaschinen genannt werden. Hierbei wird nun jetzt sehr häufig das Compoundreceiversystem verwendet, welches überhaupt bei Schiffsmaschinen zuerst erprobt und erst im Lauf des letzten Jahrzehnts auch auf Landdampfmaschinen übertragen wurde. In Fig. 20 (Tafel II) ist eine Receivercompoundmaschine für Schraubenschiffe in der Form einer Hammermaschine dargestellt. HH ist das Maschinengerüst, A der kleine, B der große Cylinder, E der Receiver, CC Dampfschieber, DD die Umsteuerung, [469] FF die Schraubenwelle mit den Kurbeln GG für die Dampfcylinder und der Kurbel I zum Betrieb der Luftpumpe des Kondensators.

Die Seeschiffe sind infolge des Salzgehalts des Meerwassers zur Verhütung einer starken Salzinkrustierung der Kesselwände gezwungen, in kurzen Zeiträumen einen Teil des Kesselwassers durch Abblasen oder Auspumpen zu entfernen, wodurch große Wärmeverluste bedingt sind, welche man vermeiden kann, wenn man sich zur Kesselspeisung vollständig salzfreies Kondensationswasser verschafft, welches jedoch bei der gewöhnlichen Kondensation durch Wassereinspritzung nicht erhalten werden kann, weshalb man auf Seeschiffen mit Vorteil Oberflächenkondensatoren (Fig. 21, Tafel I) anwendet. Der bei a eingeführte Abdampf der Maschine verteilt sich durch eine große Anzahl enger Röhren r und wird dadurch, daß die letztern im Kasten fortwährend durch die Kaltwasserpumpe w mit Wasser bespült werden, kondensiert; das Kondensationswasser wird mit der beigemengten Luft durch b von der Luftpumpe L herausgepumpt. k ist das Querhaupt der Schiffsmaschine.

Kesseldampfmaschinen.

Über die besondern Formen der Lokomotive und Lokomobile s. d. Einen Übergang von den feststehenden oder stationären Dampfmaschinen zu den Lokomobilen bildet die transportable, unfahrbare D. (Kesseldampfmaschine), bei welcher die ganze D. am Kessel angebracht ist. Eine vielfach angewandte vertikale Kesseldampfmaschine zeigt Fig. 22 (Tafel I). A der vertikale Dampfkessel, a Wasserstandsglas, b Rauchrohr mit Registerklappe c, d Dampfcylinder, e Regulator, g Saugkopf der Speisepumpe, h Handhebel einer Reservespeisepumpe. Das Schwungrad dient zugleich als Riemenscheibe zur Übertragung der Kraft auf irgend eine Arbeitsmaschine.

Drei- und Viercylindermaschinen.

Zum direkten Betrieb von Arbeitsmaschinen mit sehr hohen Tourenzahlen, welche von gewöhnlichen Dampfmaschinen nicht mehr erreicht werden können, wendet man sogen. Drei- und Viercylindermaschinen an, z. B. zum Betrieb von Walzwerken, Kreissägen, Zentrifugalpumpen, Ventilatoren, auch magnetelektrischer Maschinen. Bei diesen sind die drei oder vier einfach wirkenden Cylinder der D. symmetrisch in einem um die Kurbelwelle beschriebenen Kreise so angeordnet, daß ihre Bleuelstangen sämtlich an derselben Kurbel angreifen. Die Vorzüge dieser Maschinen sind ihre Kleinheit und Kompaktheit und besonders die Möglichkeit, eine große minutliche Umdrehungszahl zu erreichen, ohne daß sich Stöße bemerkbar machen. Auch auf diese Maschine hat man das Compoundsystem anzuwenden versucht (Fig. 23, Tafel II). ABC sind die drei verschieden großen Cylinder, welche der Dampf der Reihe nach durchläuft, indem er dabei allmählich expandiert, D Schwungrad, E Riemenscheibe.

Rotierende Dampfmaschinen.

Man hat auch Dampfmaschinen konstruiert, welche den Dampf direkt eine rotierende Bewegung, ohne Zuhilfenahme eines hin- und hergehenden Kolbens, hervorbringen lassen (sogen. rotierende Dampfmaschinen). Dieselben beruhen auf dem Prinzip der Kapselräder (s. Pumpen und Gebläse) oder einem ähnlichen. Eine Form der rotierenden D., die sogen. Scheibenmaschine, zeigt Fig. 24 (Tafel II). abcd ist das Gehäuse, bei ab und cd kugelförmig, bei ad und bc kegelförmig gestaltet. In der Mitte liegt die Kugel k mit der daran befestigten Scheibe m. Von dc bis zur Kugel k reicht eine Scheidewand, für welche die Scheibe m einen entsprechenden Schlitz hat. Der von e aus eintretende Dampf drückt auf die eine Seite der Scheibe m und wälzt sie dabei derart auf den Kegelflächen des Gehäuses herum, daß die durch den Bügel q verstärkte Stange n einen Kegel beschreibt, wodurch die Scheibe p der Betriebswelle o in Umdrehung versetzt wird. Der wirksam gewesene Dampf entweicht bei f. Der einzige Vorteil, den rotierende Maschinen den Kolbenmaschinen gegenüber gewähren können, die Möglichkeit, sehr große Tourenzahlen ohne Vorgelege zu erreichen, wird durch den Kardinalfehler aller bisher bekannten Konstruktionen, das Undichtwerden der beweglichen Teile, reichlich aufgewogen. Gegenwärtig hat man, um für den Betrieb der sehr schnell laufenden elektromagnetischen Maschinen passende Motoren zu bekommen, den rotierenden Dampfmaschinen erneute Aufmerksamkeit geschenkt.

Kataraktmaschinen.

Im Gegensatz zu den rotierenden Dampfmaschinen bedarf man auch solcher, welche gar keine Rotation hervorbringen, nämlich für alle solche Fälle, wo es nur auf eine hin- und hergehende (alternierende) Bewegung ankommt, wie bei Dampfhämmern, Dampframmen, durch Dampfkraft getriebenen Pumpen und Gebläsen etc. Über die Form der D. bei Dampfhämmern und Dampframmen s. Hammer und Ramme. Pumpen und Gebläse werden durch Dampfmaschinen direkt entweder so getrieben, daß man für die Steuerung der D. eine Hilfsrotation einschaltet (d. h. daß man den Pumpenkolben oder Gebläsekolben direkt durch die Dampfkolbenstange in hin- und hergehende Bewegung setzt und nur deshalb noch einer Welle mit Schwungrad mittels eines geeigneten Mechanismus von der Kolbenstange eine rotierende Bewegung erteilen läßt, um von jener Welle die Bewegung der Steuerung in gewöhnlicher Weise herzuleiten), oder so, daß man jede Rotation vermeidet und die Steuerung von der Kolbenstange ausführen läßt. Dieser letztere Fall tritt besonders häufig bei den Wasserhaltungsmaschinen der Bergwerke und den Pumpmaschinen der Wasserleitungen ein, wo man dann die sogen. Kataraktmaschinen oder Dampfmaschinen mit Kataraktsteuerung anwendet. Dieselben sind dadurch charakterisiert, daß das Dampfeinströmungsventil der D. nicht von der Steuerung selbstthätig, sondern dadurch geöffnet wird, daß ein Katarakt, ein durch Wasserwiderstand im Niedersinken verzögerter Kolben (s. Katarakt), der durch die Steuerung gehoben war, auf seinem tiefsten Standpunkt angelangt, der Steuerung einen Anstoß erteilt, und daß die Maschine nach vollendetem Hube bis zur neuen Auslösung durch den Katarakt stillstehen bleibt. Der große Vorteil dieser Konstruktion für besagte Zwecke ist der, daß man innerhalb ziemlich weiter Grenzen durch Regulierung des Katarakts die Hubpausen der Maschine je nach der zu bewältigenden Wassermenge verlängern oder verkürzen kann. Dagegen leiden diese Maschinen an einer durch die plötzliche Umkehr der Kolbenbewegung hervorgebrachten sehr starken Beanspruchung der Teile sowie daran, daß der Hub kein ganz bestimmter ist, so daß der Kolben bei vorkommenden Unregelmäßigkeiten durchgehen, d. h. gegen den Cylinderdeckel schlagen und diesen zertrümmern kann, endlich auch daran, daß die Hubzahl pro Minute eine gewisse nicht zu hohe Grenze nicht überschreiten kann. Alle diese Übelstände werden bei der Kleyschen Wasserhaltungsmaschine mit unterbrochener Rotation (Fig. 25, Tafel II) vermieden. A ist der Dampfcylinder, dessen Kolben- und Bleuelstange bei B auf einen Balancier wirkt. Der letztere trägt [470] in D das Pumpengestänge und in G das zur Ausbalancierung desselben erforderliche Gegengewicht. Die Bewegung der Steuerstange s wird von einem auf der Achse C des Balanciers befestigten Hebel CK mittels des Hilfsbalanciers kct herbeigeführt. H ist eine vom Punkt E des Balanciers aus mittels Bleuelstange und Kurbel getriebene Schwungradwelle. Durch diese Anordnung wird erzielt, daß man die Maschine sowohl so laufen lassen kann, daß die Kurbel nur zwischen den Totpunkten hin- und herschwingt, während zwischen jeder Schwingung eine durch den Katarakt bestimmte kürzere oder längere Pause eintritt, oder aber so, daß unter gänzlicher Beseitigung der Pausen eine kontinuierliche Drehung der Kurbel nach einer Richtung eintritt, wobei der Katarakt seinen Einfluß auf den Gang der Maschine ganz verloren hat und man letztere so schnell laufen lassen kann, als die Pumpen nur immer vertragen.

In neuester Zeit fängt man vielfach an, den Dampf nicht mehr im gesättigten Zustand, wie er sich über dem Wasser des Kessels bildet, anzuwenden, sondern als überhitzten, indem man denselben nach seinem Austritt aus dem Kessel in einem oder mehreren Rohren durch die abziehenden Feuergase über seine Kesseltemperatur erwärmt, während seine Spannung gleich der des Dampfes im Kessel bleibt. Diese Überhitzung des Dampfes ist mit erheblichen Vorteilen verbunden, vor allem mit einem nicht unbeträchtlichen ökonomischen Gewinn, welcher bis 10 Proz. Kohlenersparnis betragen kann, weil nämlich zur Volumvergrößerung des Dampfes ganz unverhältnismäßig weniger Wärme gebraucht wird als zur Erzeugung des Dampfes aus Wasser. Ein solcher überhitzter Dampf hat noch den Vorteil, vollkommen trocken zu sein und bei der Expansion so zu bleiben, während der gesättigte Dampf viel Wasser in Nebelform mit sich fort in den Cylinder reißt, wo es sich niederschlägt und, wenn es nicht beizeiten entlassen wird, große Unzuträglichkeiten (Zersprengung des Cylinders oder Verbiegen der Kolbenstange) zur Folge haben kann.

Berechnung der Leistung der Dampfmaschinen.

Die Größe der Arbeit einer D. wird gefunden, wenn man den nützlichen (resultierenden) Druck des Dampfes gegen den Kolben mit dem Weg multipliziert, welchen derselbe pro Hub oder pro Sekunde zurücklegt. Beträgt z. B. der Durchmesser des Dampfkolbens 0,248 m, der Hub desselben 0,534 m, übt der Dampf im Cylinder pro QMeter einen mittlern Druck von 33,400 kg (= 3,233 Atmosphären), und schätzt man die Größe der schädlichen Widerstände (bei einer ohne Kondensation arbeitenden Maschine) auf 15,000 kg, so erhält man einen nützlichen Druck von kg, und der Kolben wird mit einer Nutzkraft fortgeschoben (beim Kolbenquerschnitt qm), die gleich ist kg. Erfolgen nun in der Minute 132 einfache Kolbenspiele, so bewegt sich der Kolben mit einer mittlern Geschwindigkeit pro Sekunde von m. Die Nutzarbeit, welche auf die Welle des Schwungrades übertragen wird, ist mithin Meterkilogramm oder Maschinenpferden. Das pro Sekunde verbrauchte Dampfvolumen beträgt theoretisch cbm; der pro Stunde verbrauchte Dampf beträgt theoretisch cbm kg, also pro Stunde und Pferdekraft kg. Zur Berechnung der Leistung einer mit Expansion arbeitenden Maschine kann man von nachstehender Tabelle Gebrauch machen, welche die Totalarbeit von 1 cbm Wasserdampf bei verschiedenen Absperrungen unter Voraussetzung der Pressung einer Atmosphäre angibt:

Volumen nach
der Expansion
in Kubikmetern
Größe der
korrespond. Arbeit
in Meterkilogr.
1,00 10333
1,05 10837
1,10 11318
1,15 11778
1,20 12217
1,25 12639
1,30 13044
1,40 13810
1,50 14523
1,60 15190
1,70 15816
1,80 16407
1,90 16966
2,00 17496
2,20 18481
2,40 19380
2,60 20207
2,80 20973
3,00 21686
3,20 22353
3,40 22979
3,60 23570
3,80 24128
4,00 24658
4,20 25163
4,40 25643
4,60 26103
4,80 26542

Bei halber Füllung einer wie oben dimensionierten D. (also bei doppelter Expansion) wird der Dampfverbrauch pro Stunde halb so groß sein ( kg), während die Arbeit Pferdekräfte beträgt, so daß auf 1 Stunde und 1 Pferdekraft ein Dampfverbrauch von kg kommt. Die wirkliche Leistung unsrer D. sowie der wirkliche Dampfverbrauch werden sich jedoch wegen auftretender schädlicher Widerstände und Dampfverluste etwas anders herausstellen. Über die Leistungen der verschiedenen Maschinengattungen gibt folgende Tabelle Andeutungen:

Anzahl der theoretischen Maschinenpferdekräfte,
welche durch das Verbrennen von 0,5 kg Kohlenstoff bei verschiedenen Dampfspannungen entwickelt werden können.
Dampfspannung in Atmosphären 1 2 3 4 5 6 7 8
Korrespondierende Temperatur 100° 121,4° 135,1° 149,06° 153,08° 160,2° 166,5° 172,1°
Maschinen mit Absperrung und Kondensation 1166 1766 2130 2391 2595 2762 2904 3028
Maschinen ohne Absperrung mit Kondensation 756 842 873 889 899 905 910 913
Maschinen mit Absperrung ohne Kondensation 0 52 883 1147 1356 1528 1675 1805
Maschinen ohne Absperrung und Kondensation 0 434 605 696 753 792 820 841

Als die vorzüglichsten Maschinen ergeben sich hieraus die Maschinen mit Absperrung und Kondensation, und man sieht, daß ihre Leistung mit der Dampfspannung wächst. Viel weniger leisten die Maschinen mit Absperrung ohne Kondensation, und bei den Maschinen ohne Absperrung mit Kondensation wächst die mechanische Arbeit mit der Spannkraft des Dampfes sehr wenig.

Für praktische Zwecke ermittelt man die effektive Leistung der D. an der Schwungradwelle mit dem Bremsdynamometer oder Pronyschen Zaum und dessen Verbesserungen (die sogen. Bremsleistung oder [471] gebremste Leistung), während die vom Dampf auf den Kolben übertragene Arbeit durch den Indikator (s. d.) ermittelt wird (die sogen. indizierte Leistung). Erstere fällt wegen der durch Reibung verbrauchten Arbeit des Kolbens, der Geradführung etc. immer geringer aus als letztere.

Geschichte.

Daß das Wasser, wenn es in einem Gefäß über Feuer erhitzt wird, in einen Zustand übergeht, in welchem es eine große Kraft zu äußern vermag, mußte schon sehr früh wahrgenommen werden.

Fig. 26.
Äolipile.

Als erste Versuche, Dampf zur Erzeugung von Bewegung zu benutzen, sind der sogen. Heronsball u. die auf dem Prinzip des Segnerschen Rades beruhende Äolipile, Fig. 26 (beide von Heron von Alexandria 120 v. Chr. beschrieben), zu erwähnen. Nach einer Mitteilung von Leonardo da Vinci, der wahrscheinlich aus einem verloren gegangenen arabischen Text geschöpft hat, soll auch schon Archimedes vorgeschlagen haben, die Spannkraft des Dampfes zu benutzen u. zwar zum Fortschleudern eines Geschosses aus einem kurzen Rohr. Die Alten haben also sehr wohl Kenntnis von der Dampfkraft gehabt; aber sie kamen nicht über die angedeuteten Ideen hinaus, und ebensowenig zeigt sich irgend welcher nennenswerte Fortschritt bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts. Joh. Branca ließ 1629 den aus einem verschlossenen Gefäß durch ein gebogenes Rohr ausströmenden Dampf gegen ein

Fig. 27.
Brancas Maschine.

Schaufelrädchen strömen (Fig. 27), welches durch Räderübersetzung ein kleines Pochwerk in Bewegung setzen sollte. Man könnte noch einige derartige Versuche mehr aufzählen, würde aber damit immer nur weiter bestätigen, daß vor der Entwickelung der modernen Naturwissenschaft die eigentliche Idee der D. völlig unbekannt war. Erst als Torricellis Beweis von der Schwere der Luft und die staunenerregenden Versuche Otto v. Guerikes mit der Luftpumpe das Verlangen erweckt hatten, den Luftdruck industriell zu verwerten, gelang es dem Marburger Professor Dionysius Papin, eine Vorrichtung anzugeben, mittels welcher auf einfache Weise durch Dampf ein leerer Raum gewonnen werden kann. Er erhitzte (Fig. 28) etwas Wasser in einem oben offenen Hohlcylinder A, wobei ein dicht anschließender Kolben B in dem Maß der Dampfentwickelung durch ein Gegengewicht L an

Fig. 28.
Papins Maschine.

einem über Rollen T geführten Seil in die Höhe gezogen wurde, bis er seinen höchsten Stand erreicht hatte, in welchem er durch den Riegel E arretiert wurde. Nach Entfernung des Feuers trat eine Abkühlung und Kondensation des Dampfes ein, und infolge des sich bildenden Vakuums wurde der Kolben nach Auslösung des Riegels E durch den Druck der Atmosphäre zurückgetrieben, dabei das Gewicht L anhebend. Diese Vorrichtung ward 1690 bekannt gemacht, doch fand der neue Gedanke wenig Anerkennung. 1698 hatte sich der Bergwerksbeamte Savery in England einen Apparat zum Heben von Wasser und zur Bewegung von Arbeitsmaschinen patentieren lassen (Fig. 29).

Fig. 29.
Saverys Aspirations­maschine.

Der Dampf tritt bei Öffnung des Hahns C aus dem Kessel A (mit Speiserohr c und Sicherheitsventil d) durch das Rohr B nach D, kondensiert sich nach Verschließung von C dadurch, daß man von J auf D kaltes Wasser herabschießen läßt, so daß durch das sich bildende Vakuum Wasser aus G durch E und das Saugventil b angesogen wird, welches nach Wiedereröffnung von C durch den Dampfdruck, das Druckventil a passierend, durch F nach H getrieben wird. Der dabei in D eintretende Dampf kondensiert sich wieder, saugt wieder Wasser an etc. Papin verbesserte diese Maschine und scheint mit einer solchen ein Dampfschiff ausgestattet zu haben, mit welchem er die Fulda befuhr. Doch wurde ihm das Schiff bei einem Streit von Matrosen zerschlagen. Viel brauchbarer war schon Newcomens atmosphärische D. (Fig. 30, S. 472), welche 1712 zuerst zum Fördern von Wasser aus einer Steinkohlengrube zu Griff in Warwickshire verwendet wurde. Sie besteht aus einem Cylinder B, in welchen von unten aus einem Dampfkessel A Dampf durch das Rohr C eintritt, wobei nun der Kolben D ebenso wie bei der Vorrichtung Papins durch ein Gegengewicht K, welches durch die Kette H, den Balancier F, eine zweite [472] Kette und die Stange E mit dem Kolben in Verbindung steht und zugleich das Pumpengestänge I herabdrückt, in die Höhe gezogen wird. Alsdann wird der Dampfzutrittshahn C geschlossen und aus dem Gefäß L Wasser durch Rohr P in den Cylinder gespritzt, wobei eine Kondensation des Dampfes eintritt und infolge des im Cylinder entstehenden Vakuums der Kolben durch den Luftdruck herniedergedrückt wird, so daß das Gegengewicht mit dem Pumpengestänge gehoben wird. RS ist ein Ableitungsrohr für das Kondensationswasser, M das Gestänge zu einer kleinen Pumpe, die mittels des Druckrohrs N das Reservoir L gefüllt erhält. An dieser Maschine geschah das Öffnen und Schließen der Hähne durch einen Arbeiter, ein solcher (Potter mit Namen) verband die Hähne durch Schnüre mit bewegten Maschinenteilen und erfand so die selbstthätige Steuerung.

Fig. 30.
Newcomens Dampfmaschine.

Bis 1770 erhielt sich die D. wesentlich auf diesem Standpunkt, und es war James Watt vorbehalten, sie durch die glänzendsten Erfindungen auf eine ungleich höhere Stufe und zu einem solchen Grade der Vollkommenheit zu bringen, daß man selbst bis auf den heutigen Tag nicht im stande gewesen ist, größere, bedeutsamere und sehr wesentliche Verbesserungen in den Hauptteilen der Maschine anzubringen. Watt war der Schöpfer der D. von der Form und Einrichtung, wie sie jetzt allgemein benutzt wird. Bei seiner ersten, 1768 erbauten Maschine bewirkte der Dampf zugleich durch Druckwirkung und Erzeugung eines Vakuums durch Kondensation den Niedergang des Kolbens, während er durch Gegengewichte wieder in die Höhe gezogen wurde; die Kondensation fand in einem besondern Kondensator statt. Solche Maschinen wurden namentlich in den Bergwerken von Cornwall zur Wasserhaltung angewendet und sind noch bis vor kurzem unter dem Namen Cornwall-Maschinen im Betrieb gewesen. Schon 1769 trug sich Watt mit der Idee einer Expansionsmaschine, brachte dieselbe jedoch erst 1778 zur Ausführung. 1778 und 1779 kam Watt auf den Gedanken, Kurbel, Lenkstange und Schwungrad auch bei der D. anzuwenden; da er aber mit der Sicherung durch ein Patent zögerte, so kamen ihm andre zuvor, und er sah sich lange auf die von ihm erfundene Sonnen- und Planetenradanordnung beschränkt. Im J. 1774 hatte er dem Unterhaus die Zeichnung einer doppelt wirkenden D. vorgelegt, und 1782 brachte er eine solche zur Ausführung. Zwei Jahre später erfand er das Parallelogramm, und gleichzeitig ließ er sich die Anwendung des Zentrifugalpendels patentieren, dessen man sich schon früher bei englischen Windmühlen bedient hatte. Durch alle diese Verbesserungen war die D. über die einseitige Verwendung in den Bergwerken hinausgehoben; es war ihr ein neues, unabsehbares Feld eröffnet, und bald bürgerte sie sich nun auch in Baumwollspinnereien, Bierbrauereien, Mühlen, Walzwerken etc. ein. Ungemein schnell verbreiteten sich die Dampfmaschinen auf den britischen Inseln; Watt hatte sich 1769 mit Boulton associiert, und aus ihrer Fabrik in Soho bei Birmingham gingen die ersten Dampfmaschinen hervor. Im J. 1776 wurde die erste große Maschine von 50 Zoll Kolbendurchmesser für ein Wasserpumpwerk bei Tipton in Staffordshire geliefert, 1778 eine ähnliche von 58 Zoll für Ketley in Shropshire. Die erste D. für die Manchester-Baumwollspinnerei lieferte Watt 1782 an Arkwright. Schon 1810 wurde die Zahl der in Großbritannien arbeitenden Dampfmaschinen auf 5000 geschätzt. In Frankreich baute Périer 1780 die erste D. nach Watts System, aber 1810 zählte man erst 200 Dampfmaschinen. In Preußen wurde die erste D. 1788 in Tarnowitz zum Wasserheben aufgestellt. Die zweite folgte 1822 in der Berliner königlichen Porzellanmanufaktur, und erst von 1830 an datiert die allmählich zunehmende Verwendung der Dampfkraft. Hannover erhielt 1832, Württemberg 1841 die erste D. Schon 1799 ersetzte Murdock in der Soho-Fabrik die Ventile der Steuerung durch einen Schieber, und Murray in Leeds führte den Muschelschieber und die exzentrische Scheibe ein und lieferte die erste D. ohne Balancier. Die erste wirklich brauchbare Hochdruckmaschine baute der Amerikaner Evans zum Betrieb einer Getreidemahlmühle, und in England wurde eine solche von Trevithick und Vivian 1802, zunächst nur als transportable Maschine, bald aber auch in vielseitigen andern Anordnungen, gebaut. Seit dieser Zeit kam die Hochdruckmaschine nicht wieder außer Gebrauch; die verhältnismäßig günstigen Resultate, welche sie lieferte, wurden zunächst Hauptveranlassung, daß man eine bereits 1781 von Hornblower versuchte Anordnung weiter ausbildete, nämlich Maschinen mit zwei Cylindern von verschiedener Weite, in denen der Dampf zunächst gegen den Kolben des kleinern, dann gegen den Kolben des größern Cylinders wirkte und zuletzt kondensiert wurde. Hornblower scheiterte mit seiner Idee an den Patentrechten Watts; dagegen lieferte Woolf 1804 nach dem Erlöschen des Wattschen und des Hornblowerschen Patents Zweicylindermaschinen. Maudslay lieferte 1807 Dampfmaschinen ohne Balancier von einer bis dahin unbekannten Symmetrie und Eleganz, welche überall großen Beifall ernteten. Eine oszillierende D. führte Murdock 1785 im Modell aus; praktische Anwendung fand sie aber erst 1820 durch Cavé in Paris und 1822 durch Manby in England. Direkt wirkende Maschinen mit unbeweglichem, liegendem Cylinder wurden zuerst 1801 von Symington gebaut; doch stand ihrer weitern Ausbreitung vorderhand das unbegründete Vorurteil im Weg, daß sich die Cylinder einseitig ausarbeiten und die Kolben schwerer dicht zu erhalten sein würden. Erst nach [473] 1831, wo Stephenson angefangen hatte, bei seinem damaligen Dampfwagen ausschließlich Maschinen mit horizontalem Cylinder zu benutzen, kam man zu andern Ansichten und freilich auch zu zweckmäßigern Konstruktionen, und heute gehören die liegenden Maschinen zu den beliebtesten und bewährtesten. Die letzten Jahrzehnte haben namentlich eine sehr weit getriebene und glückliche Ausarbeitung aller Details gebracht; es sind zahlreiche neue Konstruktionen angegeben worden, und vorzüglich hat sich der Erfindungsgeist auf die Expansionsvorrichtungen geworfen, während man in allerneuester Zeit besonders auf die Verbesserung der zweicylindrigen Expansionsmaschinen und namentlich der Receivercompoundmaschinen hindrängt.

Die ersten Maschinen, welche eine Leistungsfähigkeit von 100 Pferdekräften besaßen, erregten großes Aufsehen, während man gegenwärtig sehr viel größere Maschinen mehrfach in Betrieb gesetzt hat. Zur Trockenlegung des Haarlemer Meers wurden drei Woolfsche Dampfmaschinen aufgestellt, deren Cylinder je 2,2 und 3,76 m Durchmesser hatten, mit 350 bis 500 Pferdekräften arbeiteten und pro Kolbenschub mittels Pumpen von 3 m Hub 66 cbm Wasser durchschnittlich 5 m hoch hoben. Diese Maschinen haben in zehn Jahren 45,000 Acres Land trocken gelegt und im ganzen etwa 8000 Mill. cbm Wasser fortgeschafft. Das englische Schiff Leviathan erhielt für den Räderbetrieb eine viercylindrige D. von ca. 1200 Pferdekräften und zum Schraubenbetrieb gleichfalls eine viercylindrige Maschine, die 2500 Pferdekräfte entwickeln soll. Die Maschinen des Panzerschiffs König Wilhelm aber besitzen 8664 Indikatorpferdekräfte. Man hat die Gesamtstärke aller Dampfmaschinen der Erde vor zehn Jahren (wohl etwas zu hoch) auf 15 bis 20 Mill. Pferdekräfte geschätzt; dies ist etwa 30mal soviel wie die absolute Arbeitsstärke, welche der Rhein vom Bodensee bis zum Meer entwickelt; dagegen ist die Arbeitsstärke des Niagara auf einer kurzen Strecke seines Laufes (Stromschnellen und Fall) zu 12,5 Mill. Pferdekräfte, d. h. zu etwa 0,66 der Stärke sämtlicher Dampfmaschinen der Erde, geschätzt worden. Alle diese Maschinen, um den Niagarafall geschart, würden bei 16stündiger täglicher Arbeit kaum im stande sein, dessen Wassersturz wieder auf die Höhe der Stromschnellen zu schaffen. Erscheint bei solchem Vergleich die benutzte Dampfkraft geringfügig, so zeigt doch eine andre Betrachtung sehr bald, welche eminente Bedeutung sie für die Menschheit besitzt. Die 1000 Mill. Menschen, welche auf der Erde leben, würden im günstigsten Fall 70 Mill. Arbeiter stellen können, und diese würden bei täglich zwölfstündiger angestrengter Arbeit noch nicht ganz 12 Mill. Pferdekräfte, also etwa. 0,66 von dem, was die Dampfmaschinen leisten, repräsentieren. Da nun aber thatsächlich noch nicht 7 Mill. Menschen industriell arbeiten, so haben die Dampfmaschinen schon jetzt die wirklich geleistete industrielle Arbeit des Menschengeschlechts sehr weit überholt. Leider stehen aber auch unsre besten Dampfmaschinen in der Ausnutzung der durch Verbrennung der Kohle erzeugten Wärme noch auf sehr niedriger Stufe, und jene Leistung wird daher nur mit einem verhältnismäßig ganz enormen Aufwand von Brennmaterial erzielt. 1 kg Steinkohle ergibt bei seiner Verbrennung etwa 12,000 Wärmeeinheiten, deren jede 1 kg Wasser um 1° C. zu erwärmen vermag und 424 Meterkilogramm Arbeitsleistung entspricht, so daß man bei Verbrennung von 1 kg Steinkohle theoretisch Meterkilogramm erhält. Die besten Dampfmaschinen geben jedoch von 1 kg Kohle ca. 810,000 Meterkilogramm, also etwa 16 Proz. des theoretischen Effekts, während z. B. Wassermotoren ca. 75 Proz. Nutzeffekt ergeben.

Die D. hat auf die gesamte Industrie einen ungeheuern Einfluß ausgeübt, ja sie hat dieselbe gewissermaßen erst geschaffen, indem sie den Gewerben eine Vergrößerung des Arbeitsvermögens bot und sofort eine bedeutende Erhöhung der Leistungen hervorbrachte. Sie veranlaßte eine Verbesserung der Werkzeuge, welche durch sie in Bewegung gesetzt wurden, und führte zur Erfindung neuer Arbeitsmaschinen, durch deren vorzügliche Produkte sie selbst wieder an Vollendung gewann. An der Erfindung der D. haben alle Nationen Anteil, aber vor allen hat England mit erstaunlicher Rührigkeit die Verwertung der neuen Idee betrieben. Der gesamte Maschinenbau lag anfangs fast ausschließlich in seinen Händen, und erst allmählich gelangte Frankreich und noch später Deutschland zu selbständiger Bethätigung. In der Folge sind viele sehr wesentliche Vervollkommnungen in beiden Ländern ersonnen worden, und der Maschinenbau hat sich auch in ihnen schnell zu hoher Blüte entfaltet. Cavé in Paris und Borsig in Berlin müssen als die hervorragendsten Industriellen auf diesem Gebiet genannt werden. Auch Amerika hat sich an der Entwickelung des Maschinenwesens lebhaft beteiligt und sich dabei durch eine originelle Auffassung der Konstruktionen hervorgethan. Wenn aber England seine Führerschaft in der neuesten Zeit mehr und mehr verloren hat, so hat es dies hauptsächlich der mindern Berücksichtigung wissenschaftlicher Hilfsmittel zuzuschreiben. Die D. ist Schritt für Schritt mit dem Fortschreiten der Wissenschaften ausgebildet worden; sie hat auch durch die neuesten Forschungen in der Physik gewonnen, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß die neue Wärmelehre die D. oder allgemeiner die Wärmemaschine in neue, von den gegenwärtigen auf das vorteilhafteste sich unterscheidende Bahnen leiten werde. In Deutschland und Frankreich ist die wissenschaftliche Seite der D. mit besonderm Eifer gepflegt worden, und Poncelet, Navier, Pambour, Redtenbacher, Zeuner, G. Schmidt u. a. haben sich in dieser Hinsicht große Verdienste erworben.

Über die Entwickelung der Dampfmaschinenindustrie in Preußen gibt folgende Tabelle Aufschluß:

Jahr Dampf­maschinen[1] Pferde­kräfte
1837 423 7514
1840 634 12279
1843 1090 27241
1846 1491 41130
1849 1969 67150
1852 2833 92476
1855 4085 161774
1861 8685 365631
1878 37320 2891867
  1. Inkl. Schiffsmaschinen und Lokomotiven.

In Deutschland waren am Beginn des Jahrs 1879, mit Einschluß der Maschinen von 92 Kriegsdampfern und 10,398 Lokomotiven, 1165 Dampfschiffe, 70,185 Dampfkessel und 65,170 Dampfmaschinen mit 4,510,637 Pferdekräften à 75 Meterkilogramm Leistung in der Sekunde vorhanden. In Frankreich zählte man 1869: 32,891 Dampfmaschinen mit 1,720,244 Pferdekräften, in England 1870–72: 52,440 Dampfmaschinen mit 3,336,267 Pferdekräften, während 1870–73 die Dampfmaschinen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Zahl 53,124 mit 3,818,310 Pferdekräften erreichten. Sehr interessant ist die Verteilung der Dampfkraft auf die verschiedenen Gewerbszweige, wie sie für Preußen 1878 folgendermaßen ermittelt wurde:

[474]

    Pferdekräfte
1) Land- und Forstwirtschaft, Weinbau, Gärtnerei 3683
2) Bergbau, Hütten- und Salinenwesen 508357
3) Industrie der Steine und Erden 24107
4) Metallverarbeitung 22544
5) Industrie der Maschinen, Werkzeuge u. Apparate 20499
6) Chemische Industrie 10415
7) Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe 6727
8) Textilindustrie 87147
9) Papier- und Lederindustrie 24569
10) Industrie der Holz- und Schnitzstoffe 22907
11) Industrie der Nahrungs- und Genußmittel 110018
12) Industrie der Bekleidung und Reinigung 2358
13) Baugewerbe 786
14) Polygraphische Gewerbe 1471
15) Künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke 52
16) Handelsgewerbe 268
17) Verkehrsgewerbe exkl. Schiffsdampfmaschinen 2969
18) Beherbergung und Erquickung 6
19) Häusliche Zwecke 922
20) Maschinenbauanstalten mit Eisengießereien 26827
21) Dünger- und Leimfabriken 399
22) Mühlenverbindungen 5159
23) Andre gemischte Gewerbe 5563
  Zusammen: 887753

Vgl. „Abhandlungen der königlich preußischen technischen Deputation für Gewerbe, 1. Teil: Geschichte der Dampfmaschinen“ (Berl. 1826); Farey, A treatise on the steam engine (Lond. 1827); Arago, Zur Geschichte der Dampfmaschinen („Sämtliche Werke“, Bd. 5, Leipz. 1856); Bernoulli, Handbuch der Dampfmaschinenlehre (5. Aufl., Stuttg. 1865); Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. 1 (2. Aufl., Braunschw. 1875); Weisbach, Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinenmechanik, Bd. 2 (5. Aufl., das. 1875); Scholl, Führer des Maschinisten (10. Aufl. von Brauer, das. 1883); Emsmann, Die D. (Leipz. 1858); Schmidt, Die Fortschritte in der Konstruktion der Dampfmaschinen 1854–63 (das. 1862–64, 3 Bde.); Neumann, Die stationären und lokomobilen Dampfmaschinen und Dampfkessel (2. Aufl., Weimar 1874); Redtenbacher, Resultate für den Maschinenbau (5. Aufl., Heidelb. 1870); Hrabák, Die Dampfmaschinenberechnung mittels praktischer Tabellen (Prag 1877); Derselbe, Hilfsbuch für Dampfmaschinentechniker (Berl. 1883); v. Reiche, Die Untersuchung der Dampfkessel und Dampfmaschinen auf der Gewerbeausstellung zu Düsseldorf (Aachen 1881); Derselbe, Der Dampfmaschinenkonstrukteur (das. 1880–83); Thurston, Die D. (bearbeitet von Uhland, Leipz. 1880); Uhland, Die Dampfmaschinen mit Schiebersteuerung (das. 1880); Derselbe, Die Corliß- und Ventil-Dampfmaschinen (das. 1879); Derselbe, Die Woolfschen- und Compounddampfmaschinen (das. 1882); Radinger, Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit (Wien 1872).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 204205
korrigiert
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[204] Dampfmaschine. Nachdem die Zweicylinder-Compoundmaschine sich als in hohem Maß der Eincylinder-Expansionsmaschine überlegen erwiesen hat, beginnt jetzt das System der Expansion in drei Cylindern (Dreifach-Expansionsmaschine, Dreicylinder-Compoundmaschine), ja sogar der Expansion in vier Cylindern (Vierfach-Expansionsmaschine, Viercylinder-Compoundmaschine) immer mehr an Boden zu gewinnen. Wie die Zweicylindermaschinen, so sind auch die Drei- und Viercylindermaschinen zuerst als Schiffsmaschinen zu ausgedehnter Verwendung gelangt, bürgern sich aber auch allmählich auf dem festen Land ein. Der Vorteil der Drei- und Vierfach-Expansionsmaschinen liegt wesentlich in der Verwendung und in der durch die Mehrstufigkeit der Expansion herbeigeführten bessern Ausnutzung höher gespannten Dampfes. Die Dreifach-Expansionsmaschinen arbeiten etwa 25–30 Proz. vorteilhafter als die Zweicylinder-Compoundmaschinen, brauchen also entsprechend weniger Kohlen und Speisewasser, während sie anderseits von den bisher gebauten Vierfach-Expansionsmaschinen in ihren Leistungen nicht übertroffen worden sind.

Das Bedürfnis schnell laufender Dampfmaschinen zum Betrieb von Arbeitsmaschinen mit hohen Umdrehungszahlen und besonders von elektrischen (Dynamo-) Maschinen hat eine große Reihe eigentümlicher Konstruktionen hervorgerufen. Hierher gehören die Maschinen von Westinghouse, von Brotherhood u. a.

Viel von sich reden macht in neuerer Zeit die Gräbner-Maschine, deren außerordentlich einfacher Bau sie für schnellen Gang besonders geeignet erscheinen läßt. Sie hat nämlich gar keine besondern Steuerorgane, sondern steuert sich durch den Arbeitskolben selbst. Der Dampf tritt bei D ein (s. Fig. 1 u. 2), geht durch die Schlitze b und b1 des hohlen Arbeitskolbens k hindurch auf die linke Seite desselben und treibt den Kolben nach rechts, zunächst mit Volldruck und dann, wenn beim Vorgehen des Kolbens die Schlitze b und b1 nach den Räumen a und a1 hin abgeschlossen sind, also kein Dampf mehr nach links durchtreten kann, durch Expansion. Zugleich entweicht auf der rechten Seite der Dampf vom vorigen Hub durch die Öffnung c1, welche ebenso wie c gegen die Schlitze bb1 des Kolbens um 90° versetzt ist. Sobald jedoch die Öffnung c1 von dem Kolben verdeckt wird, kann kein Dampf mehr entweichen, und es tritt nun eine Kompression des zurückgebliebenen Dampfrestes ein, wozu die im Schwungrad aufgespeicherte Arbeit mit herangezogen wird. Ist der Kolben so weit nach rechts gegangen, wie er in der Figur links stehend gezeichnet ist, so geht der frische Dampf durch b und b1 nach a2a3 auf die rechte Seite, den Kolben nach links treibend, während die Ausströmung des links wirksam gewesenen Dampfes bei c erfolgt, bis wieder nach Abschluß von c durch den Kolben eine Kompression [205] eintritt etc. Durch die gegenüberliegenden Schlitze b und b1 wird erzielt, daß der radiale Druck auf den Kolben von beiden Seiten gleich ist, also der Kolben behufs Verminderung der Reibung entlastet wird. Auch die rotierenden Maschinen hat man zum Betrieb elektrischer Maschinen heranzuziehen gesucht. In England hat die sogen. Kugelmaschine von Heenau u. Froude besonders bei der elektrischen Beleuchtung von Schiffen und Eisenbahnen Anwendung gefunden und arbeitet da mit 1000–1100 Umdrehungen pro Minute. Als Grundmechanismus der Maschine dient das Hookesche Universalgelenk. Sie beruht also auf demselben Grundgedanken wie die Scheibenmaschine (s. Bd. 4, S. 469). Seit einigen Jahren ist in England für ähnliche Zwecke die Dampfturbine als Mitbewerber aufgetreten. Dieselbe besteht aus einem rotierenden langen Vollcylinder, welcher mit zwei Systemen von Flügeln oder Schaufeln besetzt ist. Die letztern stehen schräg zur Cylinderachse und sind in

Fig. 1. Längsschnitt. Fig. 2. Querschnitt.
Fig. 1 u. 2. Gräbner-Maschine.

jedem System in Ringreihen angeordnet, zwischen welche Reihen von festen Schaufeln hineinragen, die an dem den Laufcylinder umgebenden Gehäuse befestigt sind. Die Schaufeln des einen Systems sind denen des andern entgegengesetzt geneigt, während wiederum in jedem System die feststehenden Schaufeln zu den beweglichen rechtwinkelig gerichtet sind. Der Dampf tritt in der Mitte zwischen beiden Schaufelsystemen ein und zwar mit 10 Atmosphären Spannung, strömt durch die festen und beweglichen Schaufelreihen nach beiden Seiten hin und wird dann abgeführt. Eine gute Ausnutzung der Dampfkraft ist hierbei nur durch Anwendung sehr großer Geschwindigkeit möglich. Die Turbine macht dementsprechend auch 10,000 Umdrehungen pro Minute und übertrifft damit wohl alles bisher Dagewesene. Durch die Anwendung einer großen Zahl von abwechselnden festen und beweglichen Schaufelringen wird das ganze Gefälle zwischen dem hohen Druck des einströmenden und dem niedrigen des ausströmenden Dampfes in ebenso viele Stufen zerlegt, so daß jedes Ringpaar nur einen kleinen Überdruck aufzunehmen hat. Damit der Dampf, der stufenweise erfolgenden Spannungsabnahme entsprechend, sich ausdehnen kann, nehmen die zwischen den Schaufeln verbleibenden Durchgangsöffnungen nach den Enden des Gehäuses hin allmählich zu. Durch die symmetrische Anordnung des Schaufelwerks wird der Axialdruck auf die Lager vermieden, so daß dieselben nur das geringe Eigengewicht des Schaufelcylinders aufzunehmen haben; trotzdem aber muß bei der ungeheuern Geschwindigkeit durch einen beständig zugeführten Ölstrom für gehörige Abkühlung der Lagerstellen gesorgt werden. Der Dampfverbrauch soll demjenigen mittelguter Dampfmaschinen gewöhnlichen Systems gleichkommen.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 172176
korrigiert
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[172] Dampfmaschine. Über die Größe des Arbeitsverlustes, der in den Dampfmaschinen durch Reibung verursacht wird (Reibungsarbeit der D.), hat neuerdings Thurston in Ithaka (New York) Versuche angestellt, deren Resultate deshalb beachtenswert sind, weil sie den bisherigen Ansichten über die Reibungsarbeit widersprechen. Bisher nahm man nämlich nach de Pambour an, daß die Reibungsarbeit der D. sich aus zwei Teilen zusammensetzt, deren einer konstant ist und durch die Leistung der leergehenden Maschine dargestellt wird, während der andre der jedesmaligen Nutzleistung proportional ist. Aus den von Thurston angestellten Versuchen hat sich jedoch ergeben, daß die Gesamtreibungsarbeit einer D. konstant und von der jedesmaligen Belastung ganz unabhängig ist, demnach nicht in demselben Maße wie der sie verursachende Druck zunimmt. Die Gesamtreibungsarbeit wird aus den beim Leergang der Maschinen abgenommenen Indikatordiagrammen erhalten, deren Fläche proportional dem Arbeitsverlust angesehen werden kann. Außer der Gesamtreibungsarbeit hat Thurston auch ermittelt, welcher Betrag derselben auf die verschiedenen miteinander arbeitenden Teile der D. entfällt (Lager der Schwungradwelle, Kurbelstangenkopf und Kurbelzapfen, Kolben und Cylinder, Kolbenstange und Stopfbuchse, Schieber und Schieberspiegel, Exzenter und Exzenterbügel, Luftpumpe etc.). Die Gesamtreibungsarbeit betrug bei einer der untersuchten Maschinen konstant 0,12 der effektiven Totalleistung, wenn der Schieber nicht entlastet war, dagegen nur 0,09 bei Entlastung des Schiebers. Bei andern Maschinen lag der Betrag zwischen 0,089 und 0,095. Auch bei Verbundmaschinen (Compoundmaschinen) blieb er konstant und betrug hier bei verschiedenen Maschinen 0,135–0,175 der effektiven Totalleistung. Konstant ist hierbei in dem Sinne zu verstehen, daß eine Änderung der Reibungsarbeit weder mit der effektiven Leistung der Maschine, noch mit der Verschiedenheit der Arbeitsverteilung auf die Cylinder einer Verbundmaschine eintritt, solange die Maschine in dem gleichen Zustand der Schmierung erhalten wird. Sehr bedeutend ist der Anteil der Lager der Schwungradwelle an der Reibungsarbeit; er beträgt bei Maschinen gewöhnlicher Konstruktion 0,33–0,5 der totalen Reibungsarbeit, also ungefähr 5–10 Proz. der bei voller Belastung auf den Dampfkolben übertragenen Arbeit. Bei guter Schmierung soll sich dieser Anteil auf 0,1 und weniger der totalen Reibung zurückführen lassen. Thurston empfiehlt daher, an den Schwungradwellenlagern eine kleine Öldruckpumpe anzubringen, welche fortwährend Öl zwischen Lager und Wellenzapfen einpreßt und so eine Ölschicht erhält. Die Reibung eines nicht entlasteten Schiebers betrug 26 Proz. der totalen Reibung, kann aber durch eine sorgfältige Schieberentlastung auf 2,6 der Totalreibung vermindert werden. Dies ist besonders wichtig für Maschinen, deren Schieber direkt vom Regulator beeinflußt wird. Die Reibung des Kolbens und seiner Stange läßt sich nicht genau angeben und hängt besonders von der Beschaffenheit der Maschine und der Aufmerksamkeit des Wärters ab. Es ergaben sich bei sorgfältig ausgeführten Maschinen und hinreichender Schmierung etwa 20 Proz. der totalen Reibung als Minimum. Die Reibung der Kurbelzapfen, Kreuzkopfführungen, Exzenter etc. soll von untergeordneter Bedeutung sein: durch besonders gute Schmierung würden demnach etwa 5 Proz. der [173] auf den Kolben übertragenen Arbeit, welche bisher als Reibungsarbeit verloren gingen, noch als Nutzarbeit verwertbar gemacht werden können.

Beobachtungen über die Erschütterungen der Gebäude durch Dampfmaschinen haben ergeben, daß namentlich das Zusammenfallen der Schwingungsdauer der tragenden Balken mit beliebigen Vielfachen der Zeit eines Kolbenhubes gefährlich werden kann, weil sich in diesem Falle die Stoßwirkungen summieren. Man kann sich hierbei dadurch helfen, daß man der Maschine dauernd eine andre Geschwindigkeit erteilt. Eine 10pferdige Westinghouse-D., die in der obern Etage einer Silberwarenfabrik aufgestellt war, verursachte solche Erschütterungen, daß noch in Entfernungen von 100 m Gegenstände von ihren Gestellen herunterfielen. Nach einer Erhöhung der Umdrehungszahl der Maschine um 22 Gänge in der Minute war der Übelstand vollständig beseitigt.

Eine neuere schnell laufende D., Newalls Verbundschnellläufer, hat im äußern Aufbau viel Ähnlichkeit mit der bekannten Westinghouse-Maschine. Zwei nebeneinander stehende, einander ganz gleiche Doppelcylinder sind auf einen rechteckigen Kasten gesetzt, in welchem die Kurbelwelle gelagert ist und umläuft. Dieser Kasten ist dann gleich mit der zu betreibenden Maschine (z. B. einer Dynamomaschine)

Fig. 1. Newalls Verbund­schnell­läufer.

auf eine Fundamentplatte geschraubt, und so ist Kraftmaschine und Arbeitsmaschine zu einem Ganzen vereinigt. Der Kasten hat an seinen Längsseiten Öffnungen, die den Zugang zu den Köpfen der Bleuelstangen gestatten, gewöhnlich aber durch Deckel verschlossen sind. Die Cylinder der Maschine sind einfachwirkend. Fig. 1 zeigt einen Doppelcylinder im Durchschnitt; zunächst über jeder Kurbel steht ein nach unten offener Niederdruckcylinder a, in welchem ein hoher Kolben b gleitet, der ohne Kolbenstange direkt mit der Bleuelstange c verbunden ist. Auf dem Kolben des Niederdruckcylinders steht, fest mit ihm verbunden, der nach oben offene Hochdruckcylinder d, der also die Bewegungen des Niederdruckkolbens mitmacht und sich dabei auf einen Kolben e aufschiebt, der von dem Deckel des Niederdruckcylinders getragen wird. Eigentümlich ist die Steuerung. Es ist nämlich der Zapfen f, mit welchem die Bleuelstange c im Kolben b gelagert ist, zugleich als Rundschieber ausgebildet, und der Kolben b selbst, der zugleich als Kreuzkopf dient, ist außerdem auch noch Schieberkasten und Schieber. Der Bleuelstangenzapfen steckt in einer cylindrischen Bohrung des Niederdruckkolbens rechtwinkelig zur Kolbenachse und wird durch die Seitenschwingungen der Bleuelstange in eine hin- und hergehende Drehbewegung versetzt; hierdurch wird der innere Raum des hohlen Kolbens b abwechselnd mit dem kleinen und dem großen Cylinder in Verbindung gesetzt, während die Verbindung des innern Kolbenraums mit der Dampfzu- und -Ableitung durch die auf und nieder gehende Bewegung des Kolbens herbeigeführt wird. Der Dampf wirkt nun in folgender Weise: er tritt durch den rechten Niederdruckkolben in den rechten Hochdruckcylinder, geht dann wieder durch den rechten Kolben nach dem linken Kolben und durch diesen zum linken Niederdruckcylinder und darauf, nochmals den linken Kolben durchstreichend, ins Freie. Abwechselnd hiermit tritt der Dampf zuerst durch den linken Niederdruckkolben in den linken Hochdruckcylinder, von hier durch beide Kolben in den rechten Niederdruckcylinder und durch den rechten Kolben ins Freie. Der Dampf expandiert also immer von dem Hochdruckcylinder des einen Doppelcylinders in den Niederdruckcylinder des andern.

In den heute gebräuchlichen Einspritzkondensatoren für Dampfmaschinen wird dem Dampf behufs Kondensation die Wärme durch Mischung des Dampfes mit Einspritzwasser entzogen, in den Oberflächenkondensatoren durch Übertragung der Dampfwärme durch Metallwände auf das Kühlwasser. Theisen bringt das Kühlwasser eines Oberflächenkondensators mittels großer, ins Kühlwasser eintauchender Scheiben zur Verdunstung, entzieht hierdurch diesen und somit indirekt dem Kühlwasser, den Kondensationsrohren und dem Dampfe Wärme. Der Dampf durchstreicht ein Röhrenbündel, welches vom Kühlwasser umgeben ist. Zwischen je zwei senkrechten Röhrenreihen sind große kreisrunde Scheiben etwa bis zur Hälfte in das Kühlwasser getaucht, die, in Drehung versetzt, das sie benetzende Wasser mit empornehmen. Über den aus dem Wasser herausragenden Teil der Scheiben streicht Luft, welche durch einen Ventilator angesaugt wird, so daß das anhaftende Wasser verdunstet und durch die Verdunstung eine Abkühlung der Scheiben erfolgt. Bei weiterer Drehung der Scheiben tauchen die abgekühlten Flächen wieder ins Kühlwasser ein und sind nun befähigt, dem wärmern Kühlwasser Wärme zu entziehen, welche dieses den Röhrenwandungen, bez. dem Dampfe entnimmt. Durch die Drehung der Scheiben wird auch das Kühlwasser in Bewegung gesetzt, so daß immer neue Wasserteilchen mit den Röhren in Berührung kommen und somit der Wärmeaustausch zwischen Wasser und Dampf beschleunigt wird. Da zur Verdunstung von 1 kg Kühlwasser etwa ebensoviel Wärme nötig ist, wie 1 kg Abdampf bei seiner Verflüssigung abgibt, so wird nur so viel Kühlwasser verbraucht, als sich Abdampf kondensiert. Die höhern Anschaffungskosten dieses Kondensators sollen reichlich wieder ausgeglichen werden durch die Ersparnis an Kühlwasser sowie dadurch, daß das Niederschlagswasser eine 25 Proz. höhere Temperatur hat als bei Einspritzkondensation, also dem Kessel mit dem Speisewasser entsprechend mehr Wärme zugeführt wird. Ausgeführt wird dieser Kondensator von Langen u. Hundhausen in Grevenbroich.

Von F. J. Weiß in Basel ist unter dem Namen Gegenstromkondensation eine neuere Art von Einspritzkondensation (Mischkondensation) für Dampfmaschinen angegeben worden, welche sich besonders zum Kondensieren großer Dampfmassen, also für große Dampfmaschinen und für Zentralkondensationsanlagen, welche von einer größern Anzahl von Dampfmaschinen den Dampf absaugen sollen, eignet. Weiß berichtet darüber in „Stahl und Eisen“, 1889, Nr. 8: Eine jede Kondensation besteht im wesentlichen aus zwei zusammenarbeitenden Teilen, aus dem eigentlichen Kondensator, einem Gefäß, in welchem der von der D. zuströmende Abdampf durch eingeführtes Kühlwasser möglichst vollständig zu Wasser verdichtet werden soll, und aus den Vorrichtungen, welche die erforderliche Luftverdünnung im Kondensator unterhalten, indem sie die dort vorhandene, im Kühlwasser und im Kesselspeisewasser absorbiert gewesene oder durch undichte Stellen eingedrungene Luft, bez. das durch die Mischung des Dampfes mit dem Kühlwasser entstandene Warmwasser absaugen. Wenn eine Pumpe zugleich mit der Luft auch das warme Wasser aus dem Kondensator [174] zu schaffen hat, so nennt man sie nasse Luftpumpe. Findet aber die Wasserentnahme aus dem Kondensator getrennt von der Entlüftung statt (entweder durch eine Warmwasserpumpe oder einfacher durch ein bis zu mindestens 10 m Tiefe führendes Abfallrohr), so nennt man die nur die Luft fortschaffende Pumpe eine trockne Luftpumpe. Bei der Gegenstromkondensation findet die getrennte Wasser- und Luftentnahme Anwendung. Der in jedem Kondensator herrschende Gesamtdruck p, der jedenfalls bedeutend geringer als der Druck der Atmosphäre sein muß und in der Regel 0,15–0,3 Atm. beträgt, setzt sich aus zwei Teilen zusammen: aus dem Druck d des im Kondensator anwesenden Dampfes und aus dem Druck l der im Kondensator anwesenden Luft, und zwar so, daß ist. Diesen Gesamtdruck mit möglichst geringen Mitteln (kleiner Kühlwassermenge, kleiner Luftpumpe, geringer Betriebskraft) möglichst niedrig zu halten, ist die Aufgabe der Kondensationsanlage. Der Dampfdruck d hängt, gute Verteilung des Kühlwassers vorausgesetzt, lediglich von der Temperatur des ablaufenden Warmwassers ab und diese wiederum nur von der Menge und Temperatur des zur Verfügung stehenden, bez. in Verwendung genommenen Kühlwassers, hat also unter gegebenen Verhältnissen eine bestimmte unveränderliche Größe. Der andre Teil des Gesamtdrucks p[WS 2] dagegen, der Luftdruck l, läßt sich durch eine zweckmäßige Art und Weise der Luftabführung sehr niedrig halten. Hierin liegt das Wesen der Gegenstromkondensation. Während bei richtiger Anlage, abgesehen von dem für sich entfernten Warmwasser, die Luftpumpe nur noch Luft abführen soll, ist sie bei der gewöhnlichen Art der Kondensation (Parallelstromkondensation) so angebracht, daß sie ein Gemenge absaugt, welches zum größten Teil aus Dampf und nur zum geringsten Teil aus Luft besteht. Sie verrichtet aber dadurch eine Menge unnötiger Arbeit und bedarf einer entsprechend größern Betriebskraft; denn der Dampfdruck im Kondensator wird durch Dampfabsaugen nicht erniedrigt, weil die entnommene Dampfmenge sich aus dem vorhandenen Warmwasser sofort wieder ersetzt. Der Dampf soll jedoch im Kondensator möglichst kondensiert werden und zwar vor Eintritt in die Luftpumpe. Dies kann nur so erreicht werden, daß man dem Kondensator die Gestalt eines stehenden Gefäßes von gewisser Höhe gibt, in welches der Dampf von unten, das kalte Wasser aber von oben eintritt, während die Luftabführung noch oberhalb der Wasserzuführung stattfindet. Der zu kondensierende Dampf strömt somit dem niedergehenden Kühlwasser entgegen, und die Luftpumpe saugt ihre Luft an der Stelle aus dem Kondensator, wo er durch das eintretende Kühlwasser seine niedrigste Temperatur hat und infolgedessen nur wenig Dampf vorhanden ist. Es sei beispielsweise die Temperatur des Kühlwassers = 15° C., diejenige des Warmwassers = 40° C. und der Gesamtdruck p im Kondensator p = 0,1 Atm., so hat man bei der gewöhnlichen Kondensation hinter dem Kolben der nassen Luftpumpe während ihres Saugens den Kondensatordruck = 0,1 Atm., der sich aus Luftdruck l und Dampfdruck d zusammensetzt, wobei außer der Luft auch warmes Wasser von 40° C. in der Pumpe ist. Nach Regnaults Dampftabellen beträgt die Spannung d des Dampfes bei 40° C. = 0,072 Atm. Es ist somit der Gesamtdruck p = 0,1 Atm. = Luftdruck l + Dampfdruck d und hieraus [WS 3] Atm. Der Luftdruck beträgt also wenig mehr als ein Viertel des Kondensatordrucks. Es wird daher die Luft in sehr verdünntem Zustand abgesaugt, deshalb muß die Luftpumpe unverhältnismäßig groß (beinahe viermal zu groß) gemacht werden und absorbiert eine entsprechend große Menge Betriebskraft. Weil also an dem Orte, wo die nasse Luftpumpe die Luft aus dem Kondensator absaugen muß, warmes Wasser vorhanden ist, so muß dort nutzlos eine Menge Dampf aufgesaugt werden, mit welchem die allein zu entfernende Luft vermischt ist. Bei Anwendung der Gegenstromkondensation dagegen wird die Luft von der trocknen Luftpumpe an der höchsten und kühlsten Stelle des Kondensators entnommen, wo sie so dicht ist, daß sie nahezu allein schon den Gesamtdruck p ausübt. Die Temperatur im obern Teil des Kondensators ist nur wenige Grad höher als diejenige des Kühlwassers. Sie möge sich etwa von 15 auf 20° C. erhöht haben. Dieser entspricht nach Regnault ein Dampfdruck von 0,023 Atm. Es bleibt daher für die Luft eine Spannung Atm. Die Luft wird also unter den angenommenen Bedingungen bei der Gegenstromkondensation in einem = 2,75mal dichtern Zustand abgesaugt als bei gewöhnlicher Kondensation. Die Luftpumpe kann daher 2,75mal kleiner sein und beansprucht entsprechend weniger Betriebskraft. Dabei bietet die Gegenstromkondensation gegenüber der Parallelstromkondensation noch als zweiten Vorteil einen geringern Kühlwasserverbrauch. Eine nasse Luftpumpe saugt Wasser und Luft mit Dampf an derselben Stelle ab. Der Gesamtdruck von Luft und Dampf entspricht dem Kondensatordruck p. Der Dampfdruck ist deshalb um den Luftdruck geringer als dieser, also . Von diesem Dampfdruck hängt aber unmittelbar die Temperatur ab, auf welche sich das ablaufende Wasser erwärmen kann, deshalb kann diese nur geringer sein, als der vollen Kondensatorspannung entsprechen würde. Je weniger Wärme das Wasser aber aufnimmt, um so reichlicher muß es für gleiche Kondensationsleistung dem Kondensator zugeführt werden. Ist die Spannung im Kondensator wieder = 0,10 Atm., so würde nach Regnault die entsprechende Dampftemperatur, bez. Warmwassertemperatur 46° C. betragen. So warm kann aber bei Anwendung der nassen Luftpumpe das ablaufende Wasser nicht werden, denn seine Dämpfe würden allein schon den Gesamtdruck p = 0,10 Atm. ausüben, für die Luft bliebe nichts mehr übrig, d. h. es würde diese Temperatur nur eintreten dürfen, wenn gar keine Luft im Kondensator vorhanden wäre, was jedoch der Wirklichkeit widerspricht. Bei der Gegenstromkondensation sind die Verhältnisse andre. Hier wird aus dem untern Teil, aus welchem das Warmwasser abgesaugt wird, die Luft in solchem Maße nach oben verdrängt, daß unten reiner Dampfdruck herrscht, also und ist. Daher kann sich das Warmwasser vollständig bis auf die der Kondensatorspannung entsprechende Temperatur erwärmen, wenn nur für eine gute Kühlwasserzerteilung gesorgt ist. Dadurch wird die Kälte, d. h. die Wärmeaufnahmefähigkeit, des Wassers vollständig ausgenutzt und somit der Kühlwasserverbrauch sowie die zu dessen Beschaffung erforderliche Arbeit auf den geringstmöglichen Grad beschränkt. Bei einem Versuch mit einer gewöhnlichen Kondensation fand sich folgendes: die Kühltemperatur konstant = 18° C., die Temperatur des ablaufenden Wassers = 29, 36, bez. 57° C., je nachdem das 66-, 33-, bez. 14,5fache des Gewichts des kondensierten Dampfes am Kühlwasser verbraucht wurde, wobei die Kondensatorspannung [175] 0,15, 0,18, bez. 0,32 Atm. betrug. Diesen Drucken entsprechen nach Regnault die Temperaturen von 55°, 58°, bez. 71° C., auf welche bei Gegenstrom das Kühlwasser sich hätte erwärmen können. Bei diesen Warmwassertemperaturen und unter Beibehaltung der Kühlwassertemperatur von 18° C. hätte man, wie rechnerisch zu ermitteln ist, bei Gegenstrom nur das 15-, 14-, bez. 10,5 fache Dampfgewicht an Kühlwasser gebraucht, also nur 0,25, 0,5, bez. 0,66 soviel wie bei Parallelstrom, und entsprechend gering wäre auch die Betriebskraft für die Kaltwasserpumpe gewesen.

Eine Gegenstromkondensation nach Weißschem System (wie sie bei einer 1200pferdigen Gebläsemaschine

Fig. 2. Gegenstromkondensation nach Weißschem System.

der Bochumer Gesellschaft für Stahlindustrie und als Zentralkondensation für sieben Dampfmaschinen mit zusammen 750 Pferden der Zellstofffabrik Waldhof bei Mannheim ausgeführt ist) zeigt Fig. 2 in schematischer Darstellung. Eine Kaltwasserpumpe M (hier als rotierende oder Kapselpumpe gedacht, s. Pumpen, Bd. 13, S. 465) fördert das Kühlwasser in ein Gefäß F mit der Steigeröhre F1, aus welchem es vom Kondensator C angesaugt wird. In diesem fällt es über eine Stufenfolge von Tellern Z kaskadenförmig herab dem durch das Rohr B von unten einströmenden Dampf entgegen. Durch das 10 m hohe Fallrohr A, welches unter Wasser ausmündet, wird das warme Wasser selbstthätig aus dem Kondensator entfernt, indem eine Wassersäule von der Höhe h, welche der jeweilig im Kondensator herrschenden Saugkraft entspricht, in dem Fallrohr hängen bleibt und unten an diesem Rohre gerade so viel Wasser ausläuft als oben zufließt. Oben im Kondensator saugt die vom Dampfcylinder T betriebene trockne Luftpumpe L die Luft durch das Rohr E in möglichst konzentriertem Zustand, d. h. mit nur so viel Dampf ab, als durch die im obern Kondensatorteil herrschende niedrigste Temperatur, bez. den entsprechenden geringen Dampfdruck bedingt wird. Die frei schwebenden Wassersäulen im Abfallrohr A und im Zulaufrohr D können sehr leicht in so große Schwankungen geraten, daß das Wasser bis in den obersten Teil des Kondensators hinaufschlägt und die Luftpumpe Wasser zieht, wie das bei den erstgebauten Gegenstromkondensatoren in der That eintrat. Diese Schwankungen sind daraus zu erklären, daß die Luftentnahme durch die Luftpumpe nicht mit gleichmäßigem Zuge, sondern stoßweise erfolgt, und daß auch der Dampf stoßweise in den Kondensator tritt, so daß die Wassersäulen bei jedem Stoße einen Schwingungsantrieb bekommen. Stehen nun die Intervalle zwischen den kleinen Dampf- und Luftstößen in einem einfachen Zahlenverhältnis zur Schwingungsdauer der Fallwassersäule h oder Kühlwassersäule h1, so addieren sich die Stoßwirkungen und bringen so die größten Schwankungen hervor. Diese Schwankungen kann man in einfacher und sicherer Weise durch Klappen oder Ventile verhindern. Die am Ende des Fallrohrs angebrachte, nach außen aufschlagende Klappe K läßt bei Schwankungen nach abwärts das Wasser wohl austreten, schließt sich jedoch bei beginnenden Aufwärtsschwankungen und verhindert so diese Schwankung und damit auch die naturgemäß folgende nach abwärts, so daß der Wasserspiegel xy ruhig bleibt. Ähnlich wirkt im Zulaufrohr D das Rückschlagventil K1. Damit wird dann auch das für den Dampfmaschinenbetrieb gefährliche Rücklaufen von Fallwasser in das Abdampfrohr B vermieden. Ein Überreißen von Wasser in die Luftpumpe könnte noch auf andre Weise eintreten. Ließe man nämlich das Kühlwasser direkt in den Kondensator eintreten, so würde es dort heftig aufschäumen, da die im Wasser vorhandene Luft unter dem verminderten Druck, der im Kondensator herrscht, mit Heftigkeit aufwärts strömt und Wasserteile mitreißt. Dieses Aufschäumen kann leicht so stark werden, daß, wenn der Kondensatorhut, in welchen das Saugrohr der Luftpumpe mündet, nicht übermäßig hoch und weit ist, die Luftpumpe schaumiges Wasser ansaugt, deshalb mündet das Zulaufrohr nicht direkt in den Kondensator, sondern in ein besonderes Entluftungsgefäß G, in welchem das Wasser anstandslos aufschäumen und seine Luft abgeben kann, wonach es durch das weite Verbindungsrohr Q entluftet und ruhig in den Kondensator eintritt. Die Luft, die sich im Entluftungsgefäß G frei macht, tritt durch das Rohr P in den Kondensator und wird dann mit der andern im Kondensator selbst befindlichen Luft abgesaugt. Das etwa aus G mit übergerissene Wasser fließt abwärts zu dem übrigen Kühlwasser. Da das Kühlwasser durch ein weites Rohr (Q) eintritt, so kann hier von einer Einspritzung, welche bei den gewöhnlichen Kondensationsanlagen gebräuchlich ist und auch gelegentlich zum Mitreißen von Kühlwasser ins Saugrohr Veranlassung geben kann, keine Rede sein. Um die im Entluftungsgefäß abgeschiedene Luft sicher am Eintritt in den eigentlichen Kondensationsraum, wo sie nur schaden kann, zu verhindern und unmittelbar der Luftpumpe, bez. dem Saugrohr E zuzuführen, ist über den obersten [176] Teller Z eine Glocke J gestülpt, welche dem Wasser wohl den Eintritt in den Kondensationsraum gestattet, die durch P darüber tretende Luft aber zurückhält. Die geringen Luftmengen, welche durch Undichtheiten an den Stopfbuchsen der Dampfcylinder, an Ventilen, Rohrleitungen etc. eingedrungen sein können, und die aus dem im Kessel verdampften Wasser stammen, werden im Kondensator nach oben gedrängt und treten durch das Röhrchen R in den Raum über der Glocke J. Durch die Anordnung des Zwischengefäßes F, aus welchem der Kondensator sein Kühlwasser durch das Rohr D selbstthätig ansaugt, soll die ganze Saugkraft des Kondensators voll ausgenutzt werden, da sich der Wasserspiegel mn jedesmal von selbst so tief einstellt, als es der jeweiligen Saugkraft des Kondensators entspricht. Die Kaltwasserpumpe hat also ihr Wasser nicht auf die volle Höhe bis zum Kondensator hinaufzuheben, sondern nur auf die kleinstmögliche Höhe h0. Bei dieser Anordnung soll die Arbeit zur Wasserförderung, d. h. die Summe von Arbeit zur Förderung des kalten und warmen Wassers, die kleinstmögliche werden.

Bei Kondensatoren, die ihr Kühlwasser selbst ansaugen, treten zuweilen Betriebsstörungen durch Fallenlassen des Wassers ein, wenn durch irgend einen Zufall die Kühlwasserzufuhr unterbrochen wird. Der Kondensator kann dann nur dadurch wieder in Gang gebracht werden, daß man ihn auf umständliche Weise wieder abkühlt. Dieser Übelstand wird auf folgende Weise vermieden. Ist einmal der Kondensator heiß geworden und in ihm infolgedessen der Luftdruck so weit gestiegen, daß er sein Kühlwasser im Rohre D hat fallen lassen, so wird, wenn die Luftpumpe L und die Kaltwasserpumpe M ruhig weiter arbeiten, der Wasserspiegel mn im Gefäß F bis ins Steigerohr F1 und dem entsprechend auch ins Rohr D hineinsteigen, und zwar, da das Rohr bis über den höchsten Punkt des Kondensators hinaufgeführt ist, bis über das obere Ende des Zulaufrohrs D hinaus, worauf das Kühlwasser sich von selbst wieder in den Kondensator ergießt. Dadurch kühlt er sich wieder ab und arbeitet wieder in normaler Weise weiter. Ein Leersaugen des Behälters, aus dem der Kondensator ansaugt, wird dadurch vermieden, daß die untere Mündung des Rohrs D mindestens um die Höhe der Wassersäule, welche einer Atmosphäre entspricht (10,3 m), unterhalb des obern Wasserspiegels im Kondensator liegt. Selbst wenn die Kaltwasserpumpe einmal gar kein Wasser mehr fördern sollte, so würde das Gefäß F doch nicht leergesaugt, sondern es würde im Steigerohr D einfach eine Wassersäule bewegungslos hängen bleiben, deren Höhe über dem Wasserspiegel im Zwischengefäß F gerade der im Kondensator herrschenden Saugkraft entspräche. Als Kaltwasserpumpe kann mit Ausnahme einer Zentrifugalpumpe jede beliebige Pumpe dienen. Letztere ist deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht im stande ist, bei gleichbleibender Umdrehungsgeschwindigkeit das Wasser über eine mittlere, dieser Geschwindigkeit entsprechende Höhe, ja eventuell bis zum Kondensator hinaufzuheben, wie das bei den angeführten Unregelmäßigkeiten im Betrieb erforderlich ist. Die Gesamtarbeit zum Betrieb der Kondensation nach Weißschem System beträgt unter gewöhnlichen Umständen nur 1–1,5 Proz. der gesamten Leistung der mit dieser Kondensation versehenen Dampfmaschinen. Die Weißsche Kondensation kann noch mit ziemlich warmem Wasser (40° C.) vorteilhaft betrieben werden, bei welchem die gewöhnliche Art der Kondensation schon nicht mehr wirksam ist. Das ist besonders da von Wichtigkeit, wo wegen Wassermangels immer ein und dasselbe Wasser zur Kühlung benutzt werden muß, indem man es nach jeder Umwendung wieder abkühlt.

Eine neue Art von Oberflächenkondensatoren (System Klein) beruht auf der Thatsache, daß sich Rippenheizkörper vorzüglich zum Überführen von Wärme aus Dampf in Luft oder Wasser eignen. Wenn man die Heizkörper als flache rechteckige, von allen Seiten geschlossene Kasten ausführt, welche auf ihren beiden großen Flächen außen mit Heizrippen und an den Rändern mit Leisten von solcher Höhe versehen sind, daß sie über die Rippen hervorragen, so kann man eine Anzahl dieser Kasten, indem man sie mit ihren Leisten dicht aufeinander preßt, nach Art der Filterpressen (s. Bd. 6) zu einem größern Körper zusammensetzen, der zweierlei Kammern enthält. Die eine Serie von Kammern bilden die Hohlräume der Kasten, sie sind von glatten Wänden umgeben und schon bei jedem einzelnen Kasten vorhanden. Die andern Kammern entstehen erst durch die Aneinanderreihung der Kasten zwischen diesen, indem die aufeinander gepaßten Leisten den seitlichen Abschluß schaffen, während die beiden Hauptwände von den einander zugewendeten, mit Rippen besetzten Außenseiten je zweier benachbarter Kasten gebildet werden. Jetzt hat man nur noch durch passende Öffnungen, welche ebenfalls mit Leisten zu umgeben sind, dafür zu sorgen, daß jede der beiden Serien von Kammern ein zusammenhängendes Ganze mit Zu- und Abfluß bildet, und hat durch die Kammern mit glatten Wänden den Abdampf einer D., durch diejenigen mit gerippten Wänden Kühlwasser hindurchzuleiten und zugleich die nötigen Pumpen zum Absaugen der Luft und des Kondensationswassers anzubringen, so erhält man einen Oberflächenkondensator, der sich dadurch auszeichnet, daß er sich behufs Reinigung sehr leicht auseinander nehmen läßt. Die einzelnen Kasten ruhen wie bei einer Filterpresse mit seitlichen Ansätzen auf zwei starken Bolzen, welche zwischen einem mit Ab- und Zuführungsstutzen versehenen Kopfstück und einer Traverse ausgespannt sind. Durch letztere geht eine starke Preßschraube, mittels welcher die Kasten zusammengepreßt werden. Nach Lösung der Schraube lassen sie sich auseinander schieben und reinigen, um durch einfaches Anziehen der Schraube wieder zu einem Ganzen vereinigt zu werden. Zweckmäßig ist es auch, bei diesen Kondensatoren ein Gegenstromprinzip zu verfolgen und zwar so, daß das Kühlwasser an der Seite des Apparats eintritt, wo die Luft und das kondensierte Wasser abgesaugt werden. Nach Kleins Angaben sollen bei diesen Kondensatoren auf 1 Liter Kondensationswasser nur 9 Lit. Kühlwasser kommen. Derartig zusammengesetzte Kammersysteme werden auch unter dem Namen Kammervorwärmer und Kühler, System Klein, zum Vorwärmen von Speisewasser, Zuckersäften etc. sowie zum Kühlen von Spiritus, Schlempe, Anilinöl etc. verwendet.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 166171
korrigiert
Indexseite

[166] Dampfmaschine. Bei großen Dampfmaschinen, welche bald vorwärts bald rückwärts, bald schnell bald langsam laufen u. den Bewegungswechsel sehr häufig ausführen müssen, wie Fördermaschinen, Lokomotiven und Schiffsmaschinen, hat sich das Bedürfnis herausgestellt, die Umstellung der Steuerung (Umsteuerung) statt von Hand durch Dampfkraft besorgen zu lassen, wodurch die Umsteuerung schneller und sicherer von statten gehen soll. Hierzu ist ein besonderer Dampfcylinder erforderlich, dessen Kolben auf die Umsteuerung bewegend wirkt. Die Schwierigkeit dabei ist nur, einen Mechanismus zu finden, der gestattet, die Größe der Bewegung des Kolbens, bez. den Ausschlag des Steuerhebels mit Sicherheit so zu begrenzen, daß die für die jedesmal erwünschte Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit erforderliche Stellung der Steuerung durch die Einstellung eines leicht zu bewegenden Handsteuerhebels erreicht und nicht übertroffen wird. Stellt man also z. B. den Handsteuerhebel auf „vorwärts“ mit halber Kraft, so soll der Kolben und mit ihm die Steuerung sich zuverlässig dementsprechend einstellen. Fig. 1 zeigt [167] eine Dampfumsteuerung der Compagnie de l’Ouest. Sie besteht aus einem wagerechten Steuercylinder A mit davorliegendem Bremscylinder B, der mit Wasser oder Glycerin gefüllt ist und dazu dient, die in den Steuerungsteilen bei ihrer Bewegung aufgespeicherte lebendige Kraft zu vernichten, damit sie durch letztere nicht über die erforderliche Stellung hinausgeschleudert werden. Die gemeinschaftliche Kolbenstange beider Cylinder bewegt ein Führungsstück F, an welches eine mit der Steuerung der D. in

Fig. 1. Dampfumsteuerung der Compagnie de l’Ouest.

Verbindung stehende Steuerstange angeschlossen ist. Dieses Führungsstück vertritt also die Stelle der bei den Handumsteuerungen auf die Steuerung einwirkenden Hand. Wenn nun der Maschinenführer den zweiarmigen, bei Z drehbaren Hebel E (Steuerhebel) in der Pfeilrichtung, also nach links, aus seiner Mittellage bringt, so wird zunächst der an dem untern Ende von E bei W drehbar angebrachte Hebel VW in dem Punkte V, welcher durch die Stange S, den bei R drehbaren Hebel T und die Stange Q mit dem zur Zeit noch ruhenden Stück F verbunden ist, festgehalten werden. Der Hebel T dreht sich daher um diesen Punkt in umgekehrter Richtung wie Hebel E, und hierbei werden die Stangen M und N, die am Hebel VW bei U angreifen, so verschoben, daß sowohl die Dampfschieber mittels des Hebels X und der Schieberstangen O und P als auch der Wasserhahn C aus ihrer Mittellage, bei welcher alle Kanäle von den Cylindern A und B verschlossen sind, gebracht werden, und zwar in eine solche Stellung, daß am Dampfcylinder der Dampf auf der rechten Seite eintreten und im Wassercylinder das Wasser von der linken nach der rechten Seite übertreten kann. Infolge davon wird der Dampfkolben und mit ihm das Stück F in der Richtung von rechts nach links bewegt. Hierbei wird jedoch die Stange Q, der Hebel T und die Stange S mitgenommen und dadurch der Hebel VW um den Punkt W, welcher jetzt, da der Hebel E inzwischen in der gewünschten Stellung festgestellt ist, als der feste Drehpunkt des Hebels VW anzusehen ist, in derselben Richtung wie vorher der Hebel E, also seiner eignen frühern Bewegung entgegen, gedreht. Auch der Punkt U erhält hierbei eine seiner ersten Bewegung entgegengesetzte Bewegung, und damit werden auch mittels der Stangen M und N die Dampfschieber und der Wasserhahn ihrer mittlern Stellung (Schlußstellung) wieder näher gebracht, bis der Punkt U an derjenigen Stelle angelangt ist, von welcher er ausging; dann ist die mittlere Stellung der Schieber und des Hahnes wieder erreicht und jeder Dampfzufluß zu Cylinder A sowie jeder Wasserübertritt im Cylinder B ausgeschlossen. Das Stück F und mit ihm die Steuerung der Maschine ist also durch den Dampf im Cylinder A in eine dem Ausschlag des Hebels E wie oben nach Richtung und Größe entsprechende Stellung gebracht und von dem Wasser im Cylinder B genau in dieser Stellung festgehalten. Wird der Hebel E nach links gedreht, so wird auch das Stück F nach links bewegt; wird der Hebel E noch weiter nach links umgelegt, so geht auch das Stück F weiter nach links; erhält E einen Ausschlag nach rechts, so stellt sich auch F rechts ein, und wird endlich E in die Mittellage zurückgebracht, so folgt auch F in die Mittellage nach, bei welcher die Steuerung so steht, daß die D. angehalten wird.

Eine neue rotierende D. ist von Gwinner, in Firma Gwinner u. Schraivogel in Rottenburg am Neckar, angegeben. Bei dieser wirkt der Dampf in einem ringförmigen Raum auf einen mit dem Cylinder fest verbundenen Kolben und führt dadurch die Drehung des auf der Antriebswelle aufgekeilten Cylinders, also auch der Antriebswelle selbst, herbei. Die Maschine (Fig. 2–6) besteht aus dem cylindrischen Gehäuse A mit dem Dampfeinströmungsstutzen B, dem Deckel C, welcher mit einer dampfdichten Lagerung D für die rotierende Welle E versehen ist, und der

Fig. 2. Längsschnitt.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 3–6. Stellungen des Schiebers.
Fig. 2–6. Rotierende Dampfmaschine von Gwinner.

in der Mitte befindlichen Scheibe F, welche Schlitz und Führung für den Dampfschieber N und eine zentrale Lagerung für die Welle E besitzt. Die Scheibe F ist mit dem cylindrischen Gehäuse G dampfdicht an das Gehäuse A angeschraubt (die an der Drehbewegung teilnehmenden Teile sind im Querschnitt schwarz dargestellt), das Gehäuse G besitzt eine dritte Lagerung für die Welle E und eine Dampfausströmungsöffnung H. Der auf der Welle E aufgekeilte Dampfcylinder K liegt mit seinem ringförmigen Raum L dampfdicht auf der Scheibe F auf. In dem ringförmigen [168] Raume des Cylinders ist der Kolben M angebracht. Die verschiedenen Stellungen des Schiebers und seine Führung gegenüber dem Cylinder und Kolben sind in Fig. 4–6 in kreisrunden Schnitten durch den ringförmigen Dampfraum, die in eine Ebene abgewickelt sind, sowie durch die perspektivische Ansicht (Fig. 3) gekennzeichnet. Der Schieber N ist als Hohlschieber konstruiert und wird durch den Dampfdruck gegen den Cylinderboden gedrängt, während die Seitendichtung durch zwei federnde Bronzeleisten hergestellt wird. In der Schieberführung P sitzen ebenfalls vier federnde Bronzeleisten, welche die vier Seiten des Schiebers abdichten. Hat nun der Dampf den Schieber zur Stellung der Fig. 4 und 2 in den Ringraum eingeschoben, so paßt die Öffnung Q von Führung und Schieber aufeinander. Der durch den Stutzen B in das Gehäuse A einströmende Dampf tritt also durch Q in den zwischen Schieber N und Kolben M befindlichen Raum ein und dreht, indem er diesen Raum vergrößert, den Kolben M samt Cylinder K in der Pfeilrichtung. Sobald die Erhöhung X des Cylinderbodens bei der Cylinderdrehung unter den Schieber kommt, wird der Dampfzufluß abgeschnitten (Fig. 5) und die Expansion beginnt im Cylinder, bis der Schieber über die Öffnung R hinweggegangen ist und der expandierte Dampf durch dieselbe austreten kann (Fig. 6). Erst nachdem der Schieber über den Kolben M hinweg bis auf den Boden des Cylinders gelangt ist, tritt wieder frischer Dampf durch die Öffnung Q ein. Der Verlauf der Dampfwirkung bei dieser rotierenden Maschine ist demnach folgender: Der Dampf tritt durch den Stutzen B in die Maschine ein, drückt den Schieber N in den Cylinder hinein, strömt durch die Öffnung Q des Schiebers N in den Cylinder K ein, dreht diesen, expandiert und zieht dann durch die Öffnung R des mit dem Cylinder aus einem Stück bestehenden Kolbens in das Gehäuse G, aus welchem er durch die Öffnung H entweicht. Damit die Dichtungsflächen zwischen der Scheibe F und dem Dampfcylinder K dampfdicht erhalten werden können, ist außen auf dem Gehäuse G ein Winkel W angebracht, an welchen die auf der Welle E aufgeschraubten Muttern V anliegen. Mittels dieser kann der auf der Welle E aufgekeilte Cylinder K nach Bedarf nachgestellt werden. Die Maschine kann auch als Pumpe verwendet werden, wenn man ihre Achse in umgekehrter Drehrichtung von einem Motor umtreiben läßt. In diesem Falle wird die zu fördernde Flüssigkeit durch die Öffnung R angesaugt und tritt durch die Öffnung Q des Schiebers aus. Nur ist dabei zu beachten, daß bei der Anwendung der Maschine als Pumpe die Erhöhung X des Cylinderbodens wegfallen muß.

Zerstörung von Dampfmaschinen.

Es kommt nicht selten vor, daß Dampfmaschinen (besonders solche von großer Leistung, Schiffsmaschinen, große Betriebsmaschinen etc.) plötzlich zerstört werden, nachdem sie eine Zeitlang ruhig und regelmäßig gegangen sind, ohne daß sich vorher irgend welche Anzeichen einer nahenden Gefahr gezeigt hätten. Mehrere solche Fälle haben im J. 1890 gewaltiges Aufsehen erregt. Bei dem einen handelt es sich um eine Schiffsmaschine von 10,000 Pferdekräften auf der City of Paris, einem ganz neuen Schiff, welches erst 27. Juli 1888 seine Probefahrt vollzogen hatte und gerade bezüglich seiner gewaltigen Maschinen besonders gerühmt wurde. Schiff und Maschine sind von J. und G. Thomson in Glasgow erbaut, denen besonders reiche Erfahrungen im Schiff- und Schiffsmaschinenbau zur Seite stehen. Die City of Paris hat zwei Schrauben, deren jede durch eine dreifache Expansionsmaschine von 10,000 Pferdekräften betrieben wird. Die drei Dampfcylinder jeder Maschine haben bei 1,52 m Hub Durchmesser von 2,87, 1,88 und 1,14 m. Der Dampfdruck beträgt 11 Atmosphären, die Schraubenwellen erhalten 85 Umdrehungen in der Minute. Die Gesamthöhe der Maschine beläuft sich auf 13,7 m. Am 25. April 1890 lief die City of Paris bei voller Geschwindigkeit in ruhiger Fahrt, als plötzlich kurz nach 5 Uhr nachmittags an der Steuerbordmaschine der riesige Niederdruckcylinder (2,87 m Durchmesser) samt seinen Ständern und dem Kondensator mit ungeheuerm Getöse zertrümmert wurde. Die umherfliegenden mächtigen Bruchstücke hatten die wasserdichten Schottwände und die Bordwände durchschlagen und die Seeventile zerstört, so daß sofort Wasser in beide Maschinenräume mit Heftigkeit einströmte und das Schiff anfüllte. Da die Dampfpumpen sämtlich unter Wasser standen, mußte das Schiff 40 Stunden lang mit den Handpumpen flott gehalten werden, bis ein andrer Dampfer zu Hilfe kam und das Schiff nach Queenstown schleppte. Hier wurden die Löcher in den Bordwänden durch Taucher geschlossen und das Schiff ausgepumpt, worauf es mit der ziemlich unbeschädigt gebliebenen Backbordmaschine nach Liverpool dampfte. Die sieben zur Zeit der Katastrophe im Maschinenraum befindlichen Maschinisten sind unbeschädigt geblieben und haben bis zum letzten Augenblick nichts Unregelmäßiges oder Auffälliges an der Maschine bemerkt. Die Ursachen des beispiellosen Unfalles sind noch nicht völlig aufgeklärt. Bei genauerer Untersuchung fand sich, daß die Lager der Schraubenwelle verletzt und zum Teil völlig zerstört waren, und daß die über 0,5 m starke Schraubenwelle aus ihrer richtigen Lage gerückt und am hintern Ende, hart neben der Kuppelung, die ihren äußern, die Schraube tragenden Teil mit dem im Schiffe liegenden Teil verbindet, durchgebrochen war. Aus dem Befund des hintersten Lagers (mit 1,8 m langen Lagerbacken) und des in ihm gelagerten Wellenteiles kann geschlossen werden, daß der Wellenbruch infolge eines längere Zeit vorhergegangenen Bruches des obern Lagerfutters erfolgt ist. Nach dem „Engineering“ ist die Ursache der Zerstörung in dem durch den Bruch der Welle veranlaßten Durchgehen der Maschine zu suchen, jedoch müsse noch eine weitere Veranlassung vorgelegen haben, welche die Wirkung des Durchgehens der Maschine so beschleunigt und verstärkt habe, daß die sieben im Maschinenraum befindlichen Maschinisten nicht mehr Zeit fanden, wie es sonst unter gewöhnlichen Umständen möglich ist, durch Abstellung des Dampfes der Zerstörung vorzubeugen. Als solche Veranlassung wird im „Engineering“ übergroßer Gegendruck (Kompression) im Cylinder bezeichnet, der dadurch herbeigeführt sein soll, daß die durch besondere Maschinen betriebene Kondensation bei dem Durchgehen der Hauptmaschine ihren normalen Gang beibehalten habe, bei welchem sie den übermäßig zuströmenden Dampf nicht hinreichend habe verdichten können, und daß ferner die Ableitungsrohre nicht genügend Dampf haben fortschaffen können. Hiergegen wendet sich O. H. Müller in Gmunden in einem beachtenswerten Aufsatz („Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“, 1890), indem er ausführt, daß die Kompressionsspannung wegen der großen schädlichen Räume bei derartigen schnelllaufenden Maschinen nicht übermäßig groß werden konnte (höchstens 3 Atmosphären), und daß gerade das Gegenteil, nämlich der Mangel an genügender [169] Kompression, die unheilvolle Wirkung gehabt habe. Der 10,000 kg schwere Kolben hat bei der riesigen Geschwindigkeit, in die er gleich nach dem Wellenbruch versetzt wurde, am Hubende ein aus abgesperrtem und komprimiertem Dampf gebildetes Kissen von solcher Elastizität, daß es die bewegte Masse genügend hätte verzögern, bez. sanft in die entgegengesetzte Bewegung überführen können, nicht vorgefunden, daher mußten bei dem Hubwechsel starke Stöße auftreten, die zunächst das Ausbrechen von Stücken des Kolbens nach sich zogen. Ein abfliegendes Bruchstück des Kolbens mag nun zwischen den noch an der Kolbenstange sitzenden Kolbenteil und den Cylinderdeckel geraten sein und so den Deckel herausgesprengt haben, wobei zugleich die Ständer zertrümmert wurden, so daß der Cylinder auf die Kurbelachse herabstürzte. Müller vermutet, daß die Ursache manches unaufgeklärten Schiffsunterganges, wie beim Arctio, Franklin, Humboldt, wahrscheinlich auf ähnliche Vorkommnisse an den Maschinen zurückzuführen sein dürften.

H. J. C. E. Lange in Hamburg ist bei der Beobachtung eines ähnlichen Unfalles bei einer großen Landdampfmaschine zu derselben Ansicht gekommen. Er berichtet darüber in derselben Zeitschrift 1891[WS 4] und gibt dadurch erneuten Anlaß zu Erklärungsversuchen für diese Vorkommnisse, welche bisher vollständig rätselhaft geblieben sind. Die von Lange beobachteten Vorkommnisse sind besonders dadurch merkwürdig, daß sich derselbe Unfall bei derselben Maschinenanlage (derjenigen der ersten Zentralanstalt der Hamburger städtischen Elektrizitätswerke) mehrmals wiederholten. Die Maschinenanlage bestand aus 4 Verbunddampfmaschinen mit Zentralkondensation, einer von 100 Pferdekräften und 375 mm, bez. 625 mm Cylinderdurchmesser, einer zweiten von 200 Pferdekräften und 500, bez. 850 mm Cylinderdurchmesser, sowie 2 Maschinen von je 400 Pferdekräften und 700, bez. 1200 mm Cylinderdurchmesser. Alle Maschinen hatten gleichen Hub (600 mm), gleiche Umdrehungszahl in der Minute (100) und waren als Hammermaschinen gebaut. Die Maschinen liefen nach einigen Änderungen am Schwungrad und Regulator derart, daß man der weitern Betriebsführung mit Ruhe entgegengehen zu können glaubte. Da trat plötzlich 5. Jan. 1890, nachmittags 1 Uhr 40 Min. der erste Bruch bei der 200pferdigen Maschine ein, 11/4 Stunde nachdem sie angelassen war und ruhig und ziemlich gleichmäßig gearbeitet hatte. Weder der Maschinenwärter, welcher zur Zeit des Bruches bei der Maschine stand, noch der ältere Aufsichtsmaschinist, welcher bis 2 Minuten vor dem Bruche die Maschine beobachtet hatte, noch der leitende Ingenieur hatten irgend eine Störung oder Unregelmäßigkeit wahrgenommen. Man hörte einen scharfklingenden Ton, wie wenn ein Stahlmeißel zerbricht, und gleich darauf einen donnerähnlichen Krach, sah auch noch den Deckel des Hochdruckcylinders sich heben, dann aber verhüllte austretender Dampf das Weitere. Es wurden nur noch verschiedene starke Schläge gehört, entsprechend dem Aufschlagen abgeschleuderter Eisenteile an Wänden und Fußboden, und dazwischen noch besonders heftige, allmählich sich verlangsamende Einzelschläge, welche die von der Kolbenstange abgerissene Bleuelstange des Hochdruckcylinders verursachte, die, von der Kurbel herumgeschleudert, wie ein Dreschflegel auf den gemauerten Fußboden und auf den Maschinenrahmen aufschlug, bis die Maschine nach dem schleunigen Absperren des Hauptdampfventils zur Ruhe kam. An dem Bleuelstangenkopf für den Kreuzkopfzapfen des Hochdruckcylinders waren beide Deckelbolzen (Kreuzkopfbolzen) abgerissen. Der Kolben dieses Cylinders war zertrümmert, der obere Teil der Kolbenstange verbogen, die Kreuzkopflagerschalen waren zerbrochen. Die krumm gebogene Bleuelstange, an welcher die eine Gabelhälfte abgebrochen war, lag über dem Maschinenraum nach außen. Der untere Teil beider Geradführungsleisten war zerschlagen, ebenso das Geländer um die Maschine. In den Fußboden und dessen Lattenbelag vor der Maschine war von der Bleuelstange ein Loch geschlagen. Der mittlere, die Stopfbüchse tragende Teil des Cylinderdeckels war durchgeschlagen, wobei das abgerissene Stück von etwa 1 Ztr. Gewicht bis auf den Hausflur flog und unterwegs noch Wand und Thürbekleidung beschädigte. Außerdem lagen im Umkreise von 5 m Eisenbruchstücke zerstreut. Auch zeigten sich Zerstörungen an den elektrischen Apparaten. Die sofort vorgenommene Prüfung ergab, daß alle Lager kalt waren. Das Ereignis war eingetreten, während die Maschine nur mit etwa 15 Proz. ihrer normalen Leistung arbeitete und der Dampf von 6,5 Atmosphären auf 3 Atmosphären gedrosselt war. Die Verhandlungen über den Unfall führten zu der Annahme, daß der Bruch der Bleuelstangenkopfbolzen als unmittelbare Ursache des Ereignisses zu betrachten sei; daher übernahm der Fabrikant die Reparatur. Die Maschine konnte 9. April 1890 wieder dem Betrieb übergeben werden. Aber schon 13. April, abends 8 Uhr 57 Min., wiederholte sich fast genau der Vorfall vom Januar an derselben Maschine, nachdem sie 3 Stunden vorher angelassen worden war, bis dahin ganz befriedigend gearbeitet hatte und wiederum vorher keinerlei Unregelmäßigkeiten bemerkt waren. Der an der Maschine stehende Maschinist bemerkte zuerst den Bruch der Bolzen am Bleuelstangenkopf, dann das Aufschlagen der Bleuelstange und dann einen starken Krach oben an der Maschine. Diesmal war dem Bruch kein scharf klingender Ton vorausgegangen. Die Beschädigungen waren ähnlicher Art wie bei dem frühern Vorfall. Während man nun noch mit Untersuchungen und Beratungen darüber beschäftigt war, ob etwa Konstruktionsfehler und welche vorlägen, deren Beseitigung vor allem angestrebt werden müßte, trat 19. April, abends 10 Uhr 30 Min., eine Wiederholung des Unfalles an einer der 400pferdigen Dampfmaschinen, jedoch in viel größerm Umfange, ein. Der ganze Maschinensaal wurde wie mit Granatsplittern größter Gattung überschüttet. Wunderbar erscheint es nur, daß dabei kein Mensch ernstlich verletzt wurde. Wiederum war von dem gesamten Maschinenpersonal vorher nicht die geringste Unregelmäßigkeit oder Abweichung von dem normalen Gange bemerkt worden. Die Maschine war 6 Stunden lang mit etwa einem Drittel ihrer normalen Leistung befriedigend gegangen. Nach dem Protokoll ergaben sich folgende Zerstörungen: der Deckel des Hochdruckcylinders total zertrümmert, sämtliche Schrauben des Deckels abgerissen, Beschädigungen des Kolbens vor seiner Auseinandernahme nicht zu übersehen, Kolbenstangenfuß abgebrochen, Bleuelstange verbogen durch Aufschlagen auf das Fundament, beide Gleitbahnbacken abgeschlagen, beide Bleuelkopfstangenbolzen zerbrochen, Oberteil der Lagerschalen weggeschleudert, Unterteil verbeult, Kolbenstangenstopfbüchse und Ölfangvorrichtungen vollständig zertrümmert; außerdem Zerstörungen am Geländer, Maschinengestell, Dampfrohr etc. Sämtliche Brüche sind frisch. Nach Lange liegt die Folgerung nahe, daß, wenn ein ähnlicher Unfall bei einer größern, etwa 1000pferdigen oder noch stärkern Schiffsmaschine [170] eintritt, die Wirkung, der größern Kraft entsprechend, noch ganz unverhältnismäßig heftiger sein wird, und die Bleche der Schiffswände schwerlich genügenden Widerstand bieten, sondern verschiedentlich durchschlagen werden würden. Die Frage nach den Ursachen der drei Fälle von Zerstörungen ist bis jetzt noch nicht gelöst. Bei den Verhandlungen Beteiligter wurde einerseits der Bruch der Bleuelstangenkopfbolzen als die unmittelbare Ursache der Unfälle bezeichnet, anderseits glaubte man, daß plötzlich in den Cylinder übergerissenes Kondensationswasser die Zerstörung veranlaßt habe. Beide Annahmen wurden bestritten und verteidigt. Für die erstere wurde geltend gemacht, daß der Bruch der Bolzen stets zuerst beobachtet sei, und daß die scharfen Eindrehungen am Kopfe und am Gewinde möglichenfalls den Stößen, die bei der Kraftübertragung vom Kolben auf die Bleuelstange meist erfolgen, nicht gewachsen gewesen seien, wie denn auch die Bolzen stets im Gewinde abgerissen seien. Dagegen wurde angeführt, daß die Maschinen schon verschiedentlich mit voller Normalkraft ohne Bolzenbruch gearbeitet, zur Zeit der Unfälle aber nur 1/8, 2/3, bez. 2/5 ihrer Normalkraft geleistet hätten. Gegen die Erklärung durch Ansammlung von Kondensationswasser wurde angeführt, daß das in solchen Fällen auftretende Klatschen des Wassers nicht gehört sei, daß das plötzliche Anfüllen des 24 Lit. betragenden schädlichen Raumes mit Kondensationswasser bei der guten Isolierung der Dampfleitung und dem Vorhandensein von drei Dampfwasserausscheidern unwahrscheinlich, und daß aus den an den Cylinderenden angebrachten Sicherheitsventilen bei einer kurz vor der Katastrophe erfolgten Prüfung kein Wasser herausgespritzt sei etc. Die Maschinen sind jetzt umgebaut, während die beiden unzerstört gebliebenen inzwischen unter Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln den Betrieb notdürftig fortsetzten. Diese sollen aber auch umgebaut werden, dazu wird beabsichtigt, um event. weitere Aufschlüsse über die Ursachen der Unfälle zu erlangen, einem unparteiischen Fachmann die Überwachung beim Auseinandernehmen der Maschine zu übertragen. Der Bericht über diese Dampfmaschinenzerstörung hat die Veröffentlichung einer Anzahl ähnlicher Vorfälle und Erörterungen über die mutmaßlichen Ursachen derselben veranlaßt. Außer dem Bruch der Kreuzkopfbolzen und Wasserschlag werden noch Klemmung des Kreuzkopfes in den Geradführungsgeleisen und fremde Körper, die durch Unvorsichtigkeit oder Nachlässigkeit in den Cylinder gelangt sind, als unmittelbare Veranlassungen der Zerstörungen angegeben. Doch ist die Frage nach den Ursachen noch nicht als gelöst zu betrachten.

Geschichte der Dampfmaschine.

Am 23. Aug. 1785 wurde auf dem König Friedrich-Schacht bei Hettstedt zum erstenmal in Deutschland eine nur aus deutschem Material und von deutschen Arbeitern hergestellte D. (damals Feuermaschine genannt) zu dauernder gewerblicher Benutzung in Betrieb gesetzt. Bei dem 100jährigen Gedenktage dieses für Deutschland so wichtigen technischen Ereignisses hatte der Thüringer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure die Errichtung eines Denkmals an der Stelle, wo einst die Maschine gearbeitet, angeregt. Die Geldmittel wurden von dem Verein deutscher Ingenieure und verschiedenen Großindustriellen aufgebracht und das Denkmal 20. Aug. 1890 enthüllt. Die Festrede von dem Vorsitzenden des Thüringer Bezirksvereins Hammer („Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“, 1890) bietet eine Reihe höchst interessanter historischer Notizen dar, welche einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Maschine und den damaligen Stand der Maschinentechnik gewähren. Bei dem Betrieb des Bergbaues im preußischen Anteil der ehemaligen Grafschaft Mansfeld hatte man zur Aufschließung größerer Tiefe einen neuen tiefern Wasserhaltungsschacht nötig. Da man auf dem alten Wasserhaltungsschacht für 10 Lachter (20 m) Hebungstiefe zur Wasserhebung bereits 36 Pferde und zur Aushilfe die Windkraft benutzte, so wären bei der neuen Anlage von 26 Lachtern (52 m), gleiche Wassermenge vorausgesetzt, 108 Pferde erforderlich geworden. Da aber auch bei der größern Tiefe mehr Wasser erwartet wurde, so mußte man mit Rücksicht auf die Kostspieligkeit des Betriebes von einer Roßkunst absehen und auf andre Mittel sinnen. Wasserkraft war nicht in genügendem Maße in der Nähe und die Zuleitung zu kostspielig. Man entschloß sich, auf den Vorschlag des Bergassessors Bückling, welcher mit dem Oberbergrat Waitz eine Reise nach England zum Studium der Feuermaschine gemacht hatte, eine solche zu bauen. Am 1. Juni 1783 kam der Spezialbefehl Friedrichs d. Gr. zur Ausführung des Baues. Der Dampfcylinder wurde in der königlichen Geschützgießerei in Berlin vom Stückgießer Maukisch aus Bronze gegossen und fertiggestellt, die Kolbenstange und die andern größern Schmiedeteile sind in Sausenberg (einem Frischhammer in Oberschlesien) geschmiedet, die Eisengußwaren stammen aus Zehdenick in der Mark, der kupferne Dampfkessel wurde in dem damals königlichen Kupferhammer bei Neustadt-Eberswalde ausgeführt. Die Pumpen wurden zum Teil in Ilsenburg, zum Teil in Mägdesprung im Harz gegossen. Den hölzernen Balancier nebst Zubehör richtete man auf dem Schacht zu. Die Maschine konnte Anfang 1785 zusammengesetzt und 23. Aug. d. J. dem Betrieb übergeben werden. Wie mangelhaft die maschinellen Baumittel waren, ersieht man daraus, daß man zum Abdrehen der Ventile, Spindeln etc. eine Drechslerwippe benutzte, eine Vorrichtung, welche heutzutage wohl kaum noch bei Dorfstellmachern zum Abdrehen von Radnaben benutzt wird. Den Luftpumpencylinder bohrte man auf die Weise, daß an ein langsam gehendes Wasserrad ein Eichenklotz angekuppelt wurde, auf dem sich die Bohrmesser befanden. Schwierigkeiten werden genug zu überwinden gewesen sein, ehe bei dem damaligen Mangel jeder Erfahrung die kleinen Fehler und Mängel, wie sie bei jeder neuen Maschine auftreten (die sogen. Kinderkrankheiten), beseitigt und ein befriedigender Betrieb erreicht war. Wie unerfahren man war, geht z. B. daraus hervor, daß man zuerst den Rost 5 Fuß tief unterhalb des Kessels angelegt hatte und sich dann über geringe Leistung trotz riesigen Brennstoffbedarfs wunderte. Geheizt wurde anfangs mit Holz und Torf, später mit Riestedter Braunkohle und endlich bis zur Einstellung des Betriebes auf dem König Friedrich-Schacht (1816) mit Steinkohle von Opvenrode bei Ballenstedt, Neustadt bei Ilfeld, Zaukerode, Wettin und Löbejün. Wieviel Brennmaterialien pro Pferdekraft und Stunde verbraucht wurden, läßt sich leider nicht mehr ermitteln. Eine empfindliche Störung im Betrieb verursachte das Durchbrennen des Kessels aus sehr natürlichem, aber damals ganz unerwartetem und unerklärlichem Grunde, Absatz einer riesigen Schicht Kesselstein aus dem stark gipshaltigen Speisewasser. Es fand sich nach dem damaligen Bericht „darinnen ein festes Gebirge, wohl an die 20 Zoll hoch“. Es wurde nun ein Reservekessel beschafft. Nach wenigen Jahren (1788) stellte sich jedoch heraus, daß [171] die Maschine die Wasser nicht bewältigen konnte. Man hatte die Wasserzuflüsse unterschätzt und mußte sich zur Verstärkung der Maschine entschließen. Man baute statt eines 28zölligen bronzenen einen 34zölligen gußeisernen Dampfcylinder und größere Pumpen ein. 1794 wurde diese Feuermaschine vom König Friedrich-Schacht nach dem Hoffnungsschacht des Steinkohlenbergwerks Löbejün bei Wettin versetzt, wo sie bis 1848 im Betrieb war. Die D. auf dem König Friedrich-Schacht bei Hettstedt ist bahnbrechend für den heimischen Maschinenbau geworden. Der vom Bergassessor Bückling in England engagierte Mechaniker begann als Maschinenmeister auf der Preußischen Hoheit, unterstützt durch die Bergbehörde in Rothenburg, für andre Bergbaubezirke Feuermaschinen zu bauen. Die Dampfcylinder bezog man allerdings noch aus England, die übrigen Teile aber sämtlich von inländischen Betriebsstätten, insbesondere Gußwaren von Ilsenburg, Mägdesprung, Lauchhammer. Ventile und kleinere Teile wurden auf der Preußischen Hoheit in einer kleinen Werkstatt angefertigt. Der Zusammenbau der Maschinen erfolgte dann auf dem Bauplatz. Nachweislich sind Maschinen für den anhaltischen Silberbergbau bei Harzgerode, für die Salinen Schönebeck und Königsborn bei Unna und für die Zeche Vollmond bei Langendreer geliefert worden. Die damalige Werkstätte auf der Preußischen Hoheit wurde später nach der Gottesbelohnungshütte und von da 1848 nach der Saigerhütte bei Hettstedt verlegt, wo sie, erweitert und den heutigen Betriebsverhältnissen entsprechend, als gewerkschaftlich Mansfeldsche Maschinenwerkstatt gegenwärtig etwa mit 450 Arbeitern im Betrieb steht. Wenn auch am dritten Orte, so ist diese Werkstatt nunmehr nahezu ein volles Jahrhundert ununterbrochen im Betrieb und darf wohl unbestritten als die älteste Maschinenbauanstalt Deutschlands gelten. – Vgl. auch Naphthadampfmaschine.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Winkelhebers
  2. Vorlage: d
  3. Vorlage:  
  4. Beobachtungen über die Zerstörung von Hammermaschinen (Schiffsmaschinen). In: Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Bd. 35, S. 130–134 (mit Zeichnungen) Michigan