Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Stopfbüchse“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 349350
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Stopfbüchse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 349–350. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Stopfb%C3%BCchse (Version vom 24.11.2022)

[349]

Stopfbüchse.

Stopfbüchse (Stopfbuchse), Maschinenelement, welches eine Öffnung in einer Gefäßwand dampf-, luft- oder wasserdicht machen soll, wenn durch dieselbe eine bewegliche Stange, z. B. die Kolbenstange einer Dampfmaschine, hindurchgeht. Es hat in der Regel die nebenstehende Form; a ist die Gefäßwand mit dem Stopfbüchsenunterteil, b die Brille, welche durch Schrauben gegen erstere angedrückt werden kann. Der [350] Raum c enthält das Dichtungsmaterial (Packung), aus Hanfzöpfen mit Talg oder einer mit Talkum gefüllten Baumwollschnur oder aus Asbest bestehend. Durch Anziehen der Schrauben wird die vollkommene Dichtigkeit hergestellt. Die vielfach gemachten Versuche, die bisher gebräuchlichen, oft zu erneuernden Packungsmaterialien durch eine dauerhaftere Metallliderung, wie bei den Kolbendichtungen, zu ersetzen, haben bisher noch zu keinem brauchbaren Resultat geführt.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 892893
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[892] Stopfbüchse. Schon lange ist man bestrebt, wie bei Kolben auch bei Stopfbüchsen die leicht vergängliche und daher oft zu erneuernde Packung aus Hanf, Baumwolle oder ähnlichem Faserstoff durch eine haltbarere Metallpackung zu ersetzen. Die zahlreichen dahingehörigen Konstruktionen hielten jedoch entweder nicht dicht, oder griffen die abzudichtende Stange an, oder waren trotz ihres höhern Preises nicht haltbarer als die alten Hanfdichtungen. In letzter Zeit haben sich jedoch einige Metallpackungen bewährt. Eine Klasse derselben bilden die Metalldrahtpackungen. Sie bestehen aus einem zopfartigen, vierkantigen Geflecht von ganz feinen Metalldrähten (Bronze-, Messing-, Eisendraht), welches in ringförmigen Schichten in die S. eingelegt wird und vermöge seiner Kapillarität das erforderliche Schmiermaterial aufsaugt und festhält. Diese Packungsart soll absolute Dichtigkeit auch bei den höchsten Dampfspannungen darbieten, selbst bei jahrelangem Gebrauch nicht verbrennen und nicht hart werden, die Kolbenstange stets glatt und rein halten, ohne sie abzunutzen, nur geringe Reibung verursachen und sich bei Reparaturen leicht herausnehmen lassen. Das Einsetzen geschieht in der Weise, daß von der in langen Stücken angefertigten Packung mit einem Meißel oder Messer ein Stück abgeschnitten wird, welches lang genug ist, um einen vollständigen Ring um die zu dichtende Stange zu bilden und dabei noch ein festes Ineinanderstauchen der Enden beim Einsetzen zu gestatten. Damit das Geflecht sich nicht löst, muß das abgeschnittene Stück über beiden Schnittstellen fest mit Draht umbunden werden. Die Anzahl der erforderlichen Ringe richtet sich nach der Länge der S.; gewöhnlich reichen 3–5 Ringe aus. Beim Einlegen der Ringe ist darauf zu achten, daß die Schlußstellen derselben nicht übereinander liegen, sondern gegeneinander versetzt sind. Nach dem Einlegen jedes Ringes ist der Stopfbüchsendeckel (die Brille) einmal fest anzuschrauben, damit der Ring sich richtig legt, beim Gehen der Maschine dürfen jedoch die Schrauben der S. nur ganz lose angedreht sein. Derartige Metalldrahtpackungen werden geliefert von Felten u. Guillaume in Mülheim a. Rh., R. Haber in Aachen, G. Pickhardt in Bonn. Felten u. Guillaume berechnen imprägnierte Bronzedrahtpackung von unter 10, 10–20 mm und über 20 mm Stärke mit 15, 12 und 11 Mk. pro Kilogramm, verzinnte Messingdrahtpackung von unter 10, 10–20 und über 20 mm Stärke mit 14, 11 und 10 Mk. pro Kilogramm, imprägnierte Eisendrahtpackung von derselben Stärke mit 11, 8 und 7 Mk. pro Kilogramm. Eine Abart hiervon ist die kombinierte Metall-Asbestpackung von G. Pickhardt. Diese soll nach den Angaben des Lieferanten vor der reinen Metallpackung folgende Vorzüge haben: Größere Kapillarität zur Aufnahme und Konservierung von Fettstoffen behufs Schmierung der abzudichtenden Stangen und hierdurch bedingtes leichteres Einschleifen und besseres Eindichten, größere Elastizität und Biegsamkeit, die ein leichteres Einlegen, auch in einem Stück mit zugeschärften Enden, gestattet. Die Packung hat ferner scharfe Kanten und vollständig ebene Flächen, wodurch ein lückenloses Anliegen an den abzudichtenden Teilen herbeigeführt werden soll, sie soll weniger Reibung verursachen und nacheinander mit allen vier Seiten gebraucht werden können. Diese Packung kostet bei 6–20 mm, 22–40 mm und über 40 mm 11,50, 10 und 9 Mk. pro Kilogramm. Bei allen diesen Drahtpackungen wird das Einlegen eines Hanfringes vor und hinter den Drahtringen empfohlen.

[893] Als eine gemischte Packungsart ist auch die elastische Metallliderung der Gummi- und Guttaperchawarenfabrik von H. Landgräber u. Komp. in Düsseldorf (D. R.-P. Nr. 56,157) anzusehen. Bei ihr ist Metall und Gummi in der Weise kombiniert, daß das Starre des Metalles und die geringe Festigkeit des Gummis möglichst wenig zur Geltung kommt. Sie besteht aus einer großen Menge Bleikügelchen, die in Gummi eingebettet sind. Der Erfinder ging dabei von folgendem Gesichtspunkt aus: Wenn man auf eine größere Anzahl kugelförmiger Körper in einem Gefäße einen Druck ausübt, so pflanzt sich der Druck nicht bloß in der ursprünglichen, sondern in allen Richtungen fort. Dem entsprechend drücken sich die Kügelchen unter dein Einfluß des Druckes der Stopfbüchsenbrille an die zu dichtende Stange sowie an die Wandungen der S. an, wobei das Gummi mit angepreßt wird. Zu Liderungen für Dampf wird Hartgummi verwendet, das in der Dampftemperatur elastisch und nachgiebig wird, dagegen bei solcher für kalte Flüssigkeiten wird Weichgummi gewählt. Zwischen der Stopfbüchsenbrille und den Muttern der Anzugschrauben sind Druckfedern angeordnet, damit die Brille bei starker Erwärmung der Packung etwas nachgeben kann, um unnötig starke Pressungen und Reibungen, die zu noch weiterer Erhitzung führen würden, zu vermeiden. Der Preis der Packung beträgt für Stangen unter 70 mm pro Kilogramm 5 Mk., für Stangen von 70 mm Durchmesser und darüber pro Kilogramm 4,5 Mk. Die Liderung wird in zweiteiligen Ringen von konstanter Höhe geliefert. Bei Bestellungen sind die Durchmesser der Stange und der S. anzugeben. Beim Einsetzen der Ringe müssen die Schnittflächen der Ringe gegeneinander versetzt werden. Die Liderungen für Dampf dürfen erst, wenn sie warm geworden sind, festgezogen werden, da das Gummi erst bei der Erwärmung elastisch und nachgiebig wird. Zu starkes Anziehen muß vermieden werden. Fortwährende gleichmäßige und gute Schmierung ist für die gute Wirkung unerläßliche Bedingung.

Eine andre Kategorie der Metallpackungen besteht aus massiven Metallringen, die in die S. eingelegt werden. Die Metallstopfbüchsenpackung von Gminder hat mehrere Lagen von Ringen, die abwechselnd mit Hohlkegel- und Vollkegelflächen aufeinander liegen. Ihre innern und äußern Cylinderflächen, mit denen sie gegen die abzudichtende Stange, bez. die Stopfbüchsenwand anliegen, haben Riffelungen oder Rillen. Beim Anziehen der Stopfbüchsenschrauben werden die Scheiben mit ihren konischen Flächen ineinander gedrückt, so daß sie sich nach außen und innen mit ihren Reifen anlegen. Die zwischen den Reifen liegenden Rillen bewirken eine Drosselung des sich etwa an den Reifen durchdrängenden Dampfes, durch welche er seine Spannung verliert. Daher ist nur ein mäßiges Andrücken der Dichtungsflächen erforderlich, wodurch die Reibung in geringen Grenzen gehalten wird. Die Gmindersche Packung wird von P. Lechler in Stuttgart geliefert.