Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Louis de Silvestre

Eosander Johann Friedrich von Göthe Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Louis de Silvestre
Johann Melchior Dinglinger
Wikipedia: Louis de Silvestre
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[35] Nr. 38. Silvestre, Louis de, 1675–1760, Hofmaler der beiden sächsischen Kurfürsten und Könige von Polen, Friedrich August I. und Friedrich August II. Von jenem wurde der berühmte Künstler (nach einem Anzeigeraufsatz vom 4. Februar 1914, Seite 5, über die Jubelfeier der Königl. Kunstakademie zu Dresden) schon 1705, nach Beutel (Bildnisse hervorragender Dresdner usw., Nr. 11) erst 1716 aus seiner Vaterstadt Paris nach Dresden berufen. Hier hat S. mehrere Jahrzehnte gelebt und nach dem erwähnten Anzeigeraufsatz von 1725–1749, nach Beutel dagegen von 1727–1748 als Oberhofmaler und Direktor der damals noch unbedeutenden Kunstakademie gewirkt. Hierbei sei bemerkt, daß S. tatsächlich bereits 1748 und nicht erst im folgenden Jahre nach Paris zurückgekehrt und dort als Direktor der königlichen Malerakademie gestorben ist.

Seine in unserer Stadt geschaffenen Arbeiten erfreuen sich mit Recht eines sehr hohen Rufes. Von den Bildnissen, die S. von damals lebenden, meist fürstlichen Personen, wie August dem Starken und dessen Sohn und Nachfolger malte, befinden sich eine Anzahl sowohl in unserem Schlosse, als auch in der hiesigen Gemäldegalerie. Im Eintrittssaal der letzteren ist das bekannte Riesenbild zu sehen, das die 1737 stattgefundene Zusammenkunft des Kurfürsten Friedrich August II., seiner Gemahlin und Kinder mit seiner Schwiegermuter, der verwitweten Kaiserin Amalia, im Schlosse Neuhaus (Mähren) darstellt. – Herrliche Deckengemälde schuf S. für den Westpavillon des Zwingers, für den Thronsaal im Schlosse, sowie für das Japanische und das Brühl'sche [36] Palais an der Augustusstraße. Als das letztere Bauwerk im Frühjahr 1900 abgebrochen wurde gelang es, das Deckengemälde S's. abzunehmen. Jetzt schmückt es den in den Neubau der Königl. Kunstgewerbeschule überführten und eingebauten Brühl'schen Saal. Das Verdienst, die schwierige Arbeit der Übertragung entworfen und ausgeführt zu haben, gebührt dem bekannten, jetzt im Ruhestande lebenden Professor an der Königl. Kunstgewerbeschule Hofrat Donadini.

Höchst wahrscheinlich hat der große Künstler S. schon vom Jahre 1725 an, sicher aber später, wie aus den beiden Wohnungsbüchern von 1738 und 1740 ersichtlich ist, auf der Kreuzgasse im Fraumutterhause gewohnt, in dessen Räumen sich damals die Kunstakademie, wohl richtiger Zeichenschule, befand. Dieses Gebäude, das auf der rechten Seite am Ausgange der Kreuzgasse stand, hatte sich der Hauptmann Melchior Hauffe 1555 erbauen lassen, nachdem ihm dazu vom Kurfürsten Moritz wegen hervorragender Verdienste bei der Belagerung von Magdeburg der Grund und Boden geschenkt worden war. 1571 erkaufte Kurfürst August das Haus. Es blieb nun dauernd in landesherrlichem Besitz und diente nach Erweiterung durch ein Nachbargebäude eine Reihe von Jahren mehreren Prinzen, zuletzt Johann Georg, zur Wohnung. Als dieser 1611 zur Regierung gelangte, überließ er das Haus seiner Mutter, der verwitweten Kurfürstin Sophie, die darin bis zu ihrem Tode 1622 Hof hielt. Nach ihr ist das Gebäude dauernd „Fraumutterhaus“ genannt worden. Bei der Beschießung Dresdens 1760 ging es zugrunde und wurde vollends abgetragen. Auf dem Grundstücke errichtete man die 1767 geweihte und 1905 abgebrochene alte reformierte Kirche, deren Platz für den Rathausneubau nötig war.