Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 12

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Die Ursache des Einschlagens vom Blitze ab S. 27
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§. 12.

Diese Anstalten sind sehr einfach und auf sichere Erfahrung gegründet *). Wenn nun an einer schon mit Metall gedeckten Spitze nichts hinzugethan, oder wo kein metallenes Dach wäre, nur von dem schon am Gipfel befindlichen Helmstangen, Kreutzen oder Wetterfahnen ein Ableitungsmetall heruntergeführet würde; so könnte wahrlich doch keine Sorge entstehen, daß, wie man von den Franklinschen spitzen Stangen sich vorgestellet hat, vielmehr der Blitz auf das Gebäude geleitet werden möchte, davon ich doch das Mißverständniß heben, und vielmehr |[28] zeigen werde, daß die Spitzen oben auf den Gebäuden zur Ableitung der Gewittermaterie vor einem stumpfen Metalle noch ein besondern ansehnlichen Vorzug haben. Herr Doct. Franklin hatte nämlich an zugespitzten Metallen bemerket, daß sie die electrische Materie leichter, und in viel grösserer Entfernung auffangen, als ein stumpfes Metall, und dazu dabey, durch dieses gemählige Zufliessen auf eine Spitze, der plötzliche Schlag, welcher sonst entstehet, und die Annäherung des Körpers, daraus der Schlag entspringet, wenn solcher beweglich ist, verhindert wird. Diese Beobachtung gab ihm die erste Gelegenheit, auf die Beschützung der Gebäude eine Anwendung davon zu machen *). Er rieth also, eine metallene oben zugespitzte Stange, welche einige Fuß hoch über den höchsten Theil des Hauses, Schorsteins u.s.f. erhaben seyn müßte, oben daran zu befestigen, und davon einen metallenen Drath herabgehen zu lassen. Der dadurch gesuchte Nutzen ist nicht allein, daß ein vorbeyfahrender Blitz eher die |[29] metallene Stange, als einen andern Theil des Gebäudes, treffen möge, deßwegen doch diese Anstalt besonders bey Gebäuden, die nicht mit Metall gedeckt sind, zu empfehlen wäre *); sondern auch, daß die Gewittermaterie schon |[30] grossentheils in der Ferne gemählig ohne Schlag abfliessen könne. Wenn aber ja durch plötzliches Heranfahren einer Wolke ein Schlag entstehen sollte, so verließ sich Herr Franklin darauf, daß der Blitz durch die metallene Ableitung ohne Schaden am Gebäude in die Erde herabstreichen müßte. Es wurden an einigen Häusern in Philadelphia dergleichen Zurüstungen gemacht, und die Erfahrung zeigte, daß Herr Franklin recht gerathen hatte. Die gemählige Ableitung der Gewittermaterie fällt zwar nicht leicht in die Sinne: da aber einst ein starker Wetterstrahl auf ein solches Haus zuschoß, so |[31] konnte man augenscheinlich spüren, daß die Zerstöhrung desselben durch bemeldete Anstalt abgewendet worden sey. Oben auf der Stange, welche man an den Schorsteinen dieses Hauses einige Fuß höher angebracht hatte, war ein meßingener 10. Zoll langer, 2 Linien dicker, am Ende scharf zugespitzter Drath befestiget. Nachdem nun der Blitz darauf gefallen, waren nur etwa 2 ½ Zoll von der dünnen Spitze abgeschmolzen: das übrige des Drathes, der Stange beym Schorsteine, welche ½ Zoll dick war, und der Ableitung, die aus eisernen viereckten nicht viel über ¼ Zoll dicken Stangen mit Gliedern zusammengefüget, und aussen an der Mauer befestiget war, hatte, so wie das Haus selbst, keinen Schaden gelitten. Ein Mann, der sich eben in einem Zimmer bey einem Fenster, welches etwa 2 Fuß von der Ableitung entfernet war, an die Mauer gelehnet hatte, empfand bey dem Schlage eine starke Erschütterung. Dieses geschahe im Jahr 1760. und ward 1761. aus Philadelphia von Hrn. Kinnersley[1] bekannt gemacht *). Nach solcher Probe von der Richtigkeit der 10 Jahr zuvor geäusserten Franklinschen Vermuthung ward die Erfindung mit grossem Zutrauen weiter in Nordamerica ausgebreitet, und man bezeuget, daß seit dieser Zeit kein Gebäude daselbst, welches mit |[32] einer solchen Ableitung wohl versehen gewesen, vom Blitze beschädiget worden, da sonst die Gewitter oftmahls Schaden verursacht hatten *). In einem Berichte vom Jahr 1763 wird gemeldet, daß man nur die Veränderung gemachet, da die dünnen metallenen Spitzen zu Norfolk in Virginien schon bey verschiedenen Häusern von Wetterstrahlen geschmolzen worden, Stangen wenigstens von einem halben Zoll dick zur Spitze zu gebrauchen **).

|[27]*) Hr. D. Watson[2] hat demnach auch bey Gelegenheit des Londoner Gewitters eben dergleichen Vorschlag gethan. (Phil. Trans. Vol. LIV. p. 221.[3]) Besonders hat er eine solche Beschützung der prächtigen Pauls Kirche in London angerathen. Denn, wie er erinnert, so stehet das metallene Kreutz daselbst oben auf der Laterne der Kuppel mit seinem Fusse eingemauert, und ruhet auf den steinernen Bögen. Es hat also keinen Zusammenhang mit dem bleyernen Dache der Kuppel, so wie auch die hievon heruntergehenden bleyernen Röhren das Wasser nur bis zu einer unter der Gallerie befindlichen langen steinernen Rinne führen, und von dieser hernach andere bleyerne Röhren bis zur Erde herunter gehen. Daher würden die zwischenliegenden Theile des Gebäudes in Gefahr stehen, von einem Wetterstrahle zerschmettert zu werden, wenn nicht etwa der Platzregen bey dem Gewitter die Materie des Blitzes aussen herableitete.

|[28]*) S. seine Exp. an Obs. on Electricity p. 62. Ich werde unten, bey der Erläuterung dieses Umstandes, zeigen, daß eine widrige Vorstellung von den Spitzen entstanden sey, weil man Hrn. Franklins Bemerkungen zum theil ganz unrecht verstanden hat: daß man aber, aus würklichen Erfahrungen bey Gewittern, dergleichen von ihm vermuthete Verhütung eines Schlages, schon bey einigen oben mit metallenen Spitzen versehenen Gebäude hätte beobachten können. S. §. 20. 22.

|[29]*) Und wenn auch ein metallenes Dach auf einem Hause wäre, so müßten doch die Schorsteine dadurch beschützet werden. S. §. 19. – Die Pulvermagazine aber erfordern besondere Vorsicht, weil hier auch der geringste durchfahrende Funken, welcher bey andern Gebäuden keinen Schaden thäte, gefährlich seyn könnte. Hr. D. Watson[4] hat deswegen (l.c. Vol. LIV. p. 205.) einige Vorschläge gethan, die aber, weil er eine eigene Bauart verlanget, zu weitläuftig scheinen möchten.[5] Ich würde folgenden Rath geben: Fürs erste wären keine metallene Stangen, oder Knöpfe, oder metallenes Dach, ohne Ableitung daran zu dulden, weil der Blitz davon unterwärts in das Gebäude fahren muß, wie in Bremen 1739, und an verschiedenen anderen Orten geschehen ist. Man möchte auch lieber so viel möglich vermeiden, irgendwo Metall im Gebäude anzubringen, wenigstens da, wo es zugleich an der freyen Luft läge. Das Dach könnte mit glasurten Ziegeln bedecket werden, welche die Feuchtigkeit und Gewittermaterie nicht so leicht als andere annehmen. Diese würde indeß noch keine Sicherheit verschaffen, (wie ich unten §. 24. zeigen werde) wenn man nicht eine Ablockung des Blitzes vom Gebäude dabey veranstaltet. Es müßte also meiner Meynung nach allerdings eine zugespitzte metallene Stange oben darüber aufgerichtet werden, nur so, daß die Gewit|[30]termaterie, ohne das Gebäude zu berühren, davon in die Erde abfliessen könnte. Daher möchte man wohl zu grösserer Vorsicht das Holz, darauf die Stange befestiget werden sollte, in Oehl kochen, weil solches die electrische Materie abhält, imgleichen die Ableitungen an den Seiten herunter auf ähnliche Weise von den Wänden entfernen. Der Abzug müßte auch sorgfältiger, als bey andern Gebäuden befördert werden, nämlich, theils durch genugsames Metall an mehr als einer Seite, theils, daß die Ableitung sich nicht bloß in trockene Erde, sondern entweder in Wasser oder tief genug in recht feuchte Erde endigte. Uebrigens ist die Weise, der man sich hier itzt bedienet, die Pulvermagazine selbst nicht wie vorzeiten tief in die Erde, sondern in leichten Gebäuden über der Erde, und nicht für zu grossen Vorrath auf einem Platze, anzulegen, wegen allerley Zufälle, dadurch das Pulver entzündet werden könnte, sehr zu billigen.

|[31]*) Philos. Trans. Vol. LIII. p. 94.[6] Dabey auch die Abbildung der geschmolzenen meßingnen Spitze sich befindet.[7]

|[32]*) S. Phil. Trans. Vol. LII. P. II. p. 633.[8] Vol. LIV. p. 204.[9]

**) S. Phil. Trans. Vol. LIV. p. 253.[10]

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Hrn. KinnersleyEbenezer Kinnersley (1711–1778), führte in Philadelphia Experimente zur Elektrizität durch und stand in engem Kontakt mit Benjamin Franklin. 1748 demonstrierte Kinnersley, dass elektrischer Strom durch Wasser fließen kann. Auf seinen ab 1751 unternommenen Reisen hielt er Vorträge über den Nutzen von Blitzableitern.
  2. Hr. D. WatsonWilliam Watson (1715–1787), englischer Apotheker, Arzt und Naturforscher. Als Mitglied der Londoner Royal Society führte Watson ab 1744 zahlreiche Experimente zur Elektrizität durch. Besondere Bekanntheit erlangte er für seine Forschungen zur sogenannten „Leidener Flasche“, der frühesten Bauform eines Kondensators. Aufbauend auf den Experimenten Benjamin Franklins veröffentlichte er 1764 einen eigenen Vorschlag zum Schutz von Pulvermagazinen vor Blitzen.
  3. Phil. Trans. Vol. LIV. p. 221 – William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier: S. 221. Watson schrieb dort: „[…] if the iron work of the weather-cock can be easily got at, it may be adapted with very little trouble or expence. It is only necessary to make a metallic communication between the iron work and the lead, which carries off the water. This frequently reaches to the ground or very near it. From the bottom of this, the metallic communication should continue to the nearest water, or at least to very moist ground; though where it can be be procured, water should be preferred.“
  4. Hr. D. WatsonWilliam Watson (1715–1787), englischer Apotheker, Arzt und Naturforscher. Als Mitglied der Londoner Royal Society führte Watson ab 1744 zahlreiche Experimente zur Elektrizität durch. Besondere Bekanntheit erlangte er für seine Forschungen zur sogenannten „Leidener Flasche“, der frühesten Bauform eines Kondensators. Aufbauend auf den Experimenten Benjamin Franklins veröffentlichte er 1764 einen eigenen Vorschlag zum Schutz von Pulvermagazinen vor Blitzen.
  5. Watson hat deswegen … einige Vorschläge getan – Watsons Vorschlag lautete: „If security from lightning was considered in their construction as a considerable object, I should recommend a circular building; in the periphery of which should be placed storehouses sufficient in their number and extent to contain the quantity of powder proposed. In the centre of this circle should be a well, very near which should be erected a pole or mast, hight enough to reach some feet above the buildings of the powder magazine, or the buildings in it’t neighborhood. From this mast there should rise a brass rod, five or six feet in length, an inch in thickness, and ending in a point; and from this rod a wire of cooper of a size not less than of a large goose quill, should be conveyed down the mast, and terminate in the water of the well.“ William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier: S. 205.
  6. Ebenezer Kinnersley: New Experiments in Electricity: In a Letter from Mr. Ebenezer Kinnersley, to Benjamin Franklin, LL. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 53 (1763), S. 84–97, hier S. 94.
  7. Dabey auch die Abbildung der geschmolzenen meßingnen Spitze sich befindet. – Der von Reimarus angeführte Aufsatz enthält nicht die angegebene Darstellung der geschmolzenen Messingspitze, sondern eine Abbildung des von Kinnersley erfundenen elektrischen Luft-Thermometers.
  8. Phil. Trans. Vol. LII. P. II. p. 633. – William Watson: Some Suggestions concerning the Preventing the Mischiefs, Which Happen to Ships and Their Masts by Lightning; Being the Substance of a Letter to the Late Right Honourable George Lord Anson, First Lord of the Admiralty, and F. R. S. by William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 52 (1761/62), S. 629–635, hier S. 633.
  9. Vol. LIV. p. 204. – William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier: S. 204.
  10. Phil. Trans. Vol. LIV. p. 253. – Benjamin Wilson: A Letter to the Marquiss of Rockingham, with Some Observations on the Effects of Lightening, in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 246–253, hier S. 253.