Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 20

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Die Ursache des Einschlagens vom Blitze ab S. 72
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§. 20.

Um sich nun zu überzeugen, daß die Gewittermaterie, wie man vermuthet hatte, würkliche Electricität sey, schlug Herr Franklin vor, die Probe mit Aussteckung metallener Stangen zu machen. Hiedurch müßte selbige aus den Gewitterwolken, wie von einem electrisirten Körper, aufgefangen, und wenn sie durch andere Körper verhindert würde, von der Stange abzufliessen, so daran angehäufet werden, daß man Funken daraus locken könnte u. s. f. Wenn dieses einträfe, so sähe er ein, daß man sich aus eben dem Grunde des Metalles, wenn es aussen an einem Gebäude von oben herunter bis auf die Erde, oder bis ins Wasser ginge, zur Ableitung der Gewittermaterie bedienen könnte, damit sie nicht durch andere Theile des Gebäudes drünge. Da diese Gedanken 1751. in Europa bekannt gemachet wurden, so machten im folgenden 1752sten Jahre Herr Dalibard und Herr Delor in Frankreich zuerst den würklichen Versuch, aus einer bloß durch die Gewitterluft electrisirten Stange Funken zu ziehen, |[73] und bald darauf waren in verschiedenen Ländern die Naturforscher um die Wette bemühet, diese sonderbare Entdeckung zu bestättigen *). Allein unglücklicher Weise blieb man meistens in Europa dabey stehen, sich an dem Auffangen und Anhäuffen der electrischen Materie aus der Luft zu vergnügen, die Funken zu bewundern, auch sich davon erschlagen zu lassen: die Hauptsache aber, der von Herrn Franklin vorgeschlagene Nutzen der Ableitung **) ward aus der Acht gelassen, unrecht verstanden †), in Zwei|[74]fel gezogen *). Weil nun Herr Franklin bemerkt hatte, daß die electrische Materie leichter, gemähliger und in viel grösserer Entfernung auf eine Spitze, Ecke oder Winkel eines Metalles zufähret, als auf eine Fläche oder ein stumpfes und rundes Ende desselben, und daß dadurch dem gegenüberstehenden Körper seine Electricität mit Geschwindigkeit und doch ohne plötzlichen Schlag geraubet wird; so wagte er die Vermuthung, daß durch aufgesteckte metallene Spitzen oben an den Gebäuden und davon heruntergehende Ableitung das plötzliche Ausbrechen eines Wetterschlages verhütet, und die Gewittermaterie behende in der Ferne abgezogen werden könnte **). Ja, er schliesset aus |[75] sinnreichen electrischen Versuchen, daß die untersten Schweiffe einer Gewitterwolke, wenn ihnen eine Spitze entgegengekehret ist, welche die Electricität auffänget, sich nicht so, wie sie gegen einen flachen oder stumpfen Körper thun müßten, darauf sie den Blitz in geringerer Entfernung auf einmal fahren lassen, heran ziehen würden, sondern ihrer Electricität schon in der Ferne schleichend, und ehe ein Schlag erfolgte beraubet, und zu dem übrigen Theile der Wolke hinauf getrieben werden könnten *). Denn, da sonst, wenn von zween Körpern einer electrisiret, und einer von beyden beweglich ist, selbige aneinander gezogen werden, bis der Funken oder Schlag erfolget; so findet man, daß, wenn die Electricität durch eine Spitze aufgefangen wird und davon wieder abfliessen kann, der schwebende Körper, darinn sie enthalten ist, nicht, wie sich viele irrig vorstellen, stärker angezogen, sondern vielmehr weiter, als von einem stumpfen Körper, abgehalten werde, welches sich auf die Gewitterwolken, und die Gebäude, denen sie drohen, anwenden lässet **). Es zei|[76]get sich aber in der That die Gewittermaterie an metallenen Spitzen mit denselben Erscheinun|[77]gen, als bey den electrischen Versuchen: denn, bey solcher gemähligen Würkung der Electricität äussert sie statt der Flamme nur einen Glanz in ausgestreuten Strahlen, und statt des Knalles nur ein schwirrendes Geräusche. Wenn man demnach bey einer Gewitterluft dergleichen electrisches Licht erscheinen lassen will, so kann |[78] man nur an einem freyen Platze eine oben zugespitzte metallene Stange, daran eine Ableitung herunter gehet, aufstecken, so wird sich, wenn es dunkel ist, die Gewittermaterie auf bemeldete Weise zeigen: und wenn ein solches Metall in einem Stücke bis auf feuchte Erde reichet, so fliesset die Materie dadurch unmerklich hin, daher lasset sie den Schein nur oben an der Spitze, und wenn sie in Menge darauf schiesset, auch etwa unten bey der Erde sehen, nicht aber mitten am Metalle. Will man ihre Gegenwart auch daselbst wahrnehmen, so muß eine kleine Unterbrechung des Metalles gemacht, oder eine Kette zur Ableitung gebrauchet werden, an deren Gliedern sodann die Feuerfunken herunterrauschen *). Eben diesen Schein an metallenen Spitzen hatte man, ohne zu wis|[79] sen was es wäre, schon von alten Zeiten her in der Natur bemerket; denn es ist bekannt, daß eiserne Stangen, oder anderes Metall, welches Spitzen oder Ecken hat, oben an den Schiffen und anderer Orten oft bey einer Gewitterluft, oder auch bey einem Sturme, der Gewittermaterie herführet *), ohne daß es allemal dabey blitzet, einen Glanz zeigen, den man St. Elmesfeuer genannt hat, und welcher nichts anders ist als die electrische Materie, welche ge|[80]mählig und ohne Schlag, jedoch zuweilen mit einem merklichen Sausen oder Schwirren darauf aus der Luft herabfliesset *). Insbesondere aber muß ich bemerken, daß wir schon einige Nachrichten von dem würklichen durch Herrn Franklin vermutheten Nutzen metallener Spitzen, die sich oben an Gebäuden befunden, aufweisen können, wo selbiger doch nicht mit Fleiß gesuchet war. Durch solche Erfahrungen kön|[81]nen alle unsere Gründe unterstützet werden. So wird durch das Zeugniß der Einwohner von Plauzat in Auvergne[1], und durch den Bericht des Pfarrers daselbst, Hrn. Binon, bekräftiget, daß, sobald sich auf dem eisernen Kreutze, welches dort oben auf einem Thurme stehet und nicht angemahlt oder gefirnisset ist, an dessen dreyen in Form einer französischen Lilie zugespitzten Enden, bey einem Gewitter dergleichen Lichter sehen lassen, man sich aus alter Erfahrung sicher hält, daß kein Schaden vom Wetter zu befürchten sey *). Eben dergleichen hat man seit langer Zeit bey einem Thurme eines Schlosses des Rittergutes Kreibitzsch, welches auf einem hohen Berge zwo Stunden von Naumburg gelegen ist, angemerket. Die ältesten Einwohner haben sich nicht zu erinnern gewußt, daß ein Wetterstrahl an diesem Orte eingeschlagen hätte, wenn sich bey Annäherung eines Gewitters eine Flamme oder Licht an der Spitze dieses Thurmknopfes habe sehen lassen. Vor einigen Jahren aber ist der Knopf, weil er mit einer Kugel durchschossen gewesen, abgenommen, nach geschehener Ausbesserung wieder aufgesetzet, und der Thurm dabey um 6 Schuhe[2] erhöhet worden. Gleich darauf |[82] schlug bey einem entstandenen Gewitter, dabey sich die Flamme über dem Knopfe nicht sehen liesse, ein Blitz in den Thurm, und zerschmetterte das Mauerwerk. Seit nachmahliger Ausbesserung hat sich zwar das Licht über dem Knopfe wieder sehen lassen, aber der Blitz hat doch schon fünfmal auf diesem Gute eingeschlagen, und wenn sich nun ein Gewitter auf eine gewisse Weite dem Thurme nähert, so entstehet gemeiniglich ein heftiger Knall und Schlag, doch ohne Zündung *). Wir können gewiß vermuthen, daß durch die Ausbesserung dieses Thurms etwas, entweder an der Spitze verändert worden, dadurch die Gewittermaterie nicht so leicht, wie zuvor, kann gemählig aufgefangen werden, oder, daß sie vordem eine bessere Ableitung gehabt, und itzt durch Verderbung derselben nicht genugsam abfliessen kann, sondern, wenn sie zu stark darauf zufähret, angehäufet werden muß. Es wäre also leicht Hülfe zu schaffen, und den Einwohnern die Sicherheit, deren sie zuvor genossen, wenn eine Gewitterwolke den Strich hergekommen, daß ihre Materie von der Thurmspitze könte aufgefangen werden, wieder zu geben. Man muß sich aber wahrlich wundern, daß dergleichen zufällig errichtete Spitzen so viel haben ausrichten können, da doch leicht zu erachten ist, daß sich |[83] nirgends eine vollkommene Ableitung, so, wie man sie mit Fleiß anbringen könnte, daran befinden wird. Es muß nur durch die gemählige Zuströmung der Gewittermaterie erhalten worden seyn, daß solche einigermassen durch das Gebäude, oder etwa aussen an demselbigen, wenn es naß geregnet gewesen, genugsamen Durchgang gefunden, und sich ohne Schlag hat verlieren können. Denn, so lange sich auf der Spitze noch der brausende Schein sehen lässet, ist es ein Zeichen daß die electrische Materie beständig durchfliessen kann *): wenn selbige |[84] aber nicht nach ihrer Masse nicht gemählig genug aufgefangen werden, oder nicht frey genug sich vertheilen kann, so entstehet ein Schlag. Weil es nun auch bey den Mastbäumen der Schiffe, die von harzigem Holze und noch dazu mit Oehl bestrichen, oder getheeret sind, an der nöthigen Ableitung von dem oberen Eisen fehlet, da, was abgeleitet wird, nur längst dem nassen Tauwerke der getheerten Wände des Mastes, und von da über Bord zu gehen scheinet, ferner auch das Eisen der Flaggenstange nicht spitz genug zur gemähligen Auffangung der Gewittermaterie ist; so kann, wenn solche auf einmal zu häufig heran kömmt, auf ein St. Elmesfeuer auch wohl ein würklicher Blitz und Schlag erfolgen *). Da aber die Materie sich |[85] noch weniger vertheilen kann, wenn sie nur von einer Spitze aufgefangen wird, als wenn sie auf mehrere zugleich herabströmet: so mag wohl zum Theil daher die Bemerkung der Alten einigen Grund haben, daß eine einzelne dergleichen Flamme auf einem Schiffe von gefährlicher Vorbedeutung, wenn ihrer aber ein Paar sich sehen liessen, solches ein glückliches Zeichen bey einem Ungewitter sey *). Es kann aber |[86] auch bey einem Gewitterregen eine sichtbar phosphorische oder schwefelichte Materie aus den Wolken herabgeführet werden, welche zuweilen im Dunkeln, nicht allein an metallenen Spitzen, sondern auch hie und da auf andern Körpern leuchtet *). Dieses will ich nicht |[87] mit dem electrischen Scheine, davon oben geredet ist, verwechseln, ob zwar solche Materie in der Luft vielleicht die Erzeugung der Electricität befördern, und selbige demnach mit dem phosphorischen Regen zugleich herabgeleitet werden kann, welches noch weiter zu betrachten wäre *).

|[73]*) S. Physikal. Belust. XVII. St. p. 467. sqq. Nollet Lettres sur l Electricité, Lett. I.

**)[3] Welche er doch schon in den Opinions and Conjectures, bey seinen Exp. and Obss. on Electricity, p. 62. ganz deutlich beschrieben hatte. - Die teutsche Uebersetzung der Franklinschen Briefe, welche zu Stockholm 1758. herausgekommen ist, und die Anmerkungen des Herrn Wilke über dieses Werk, habe ich nicht gesehen.

†) Der Abbe Mazeas, welcher der Londonschen Gesellschaft die erste Nachricht von den in Frankreich angestellten Versuchen mit den Stangen gab, meinet, daß man daraus schliessen könne, daß eine eiserne Stange, welche an erhabenem Orte auf einen solchen Körper gesetzet wäre, der die Electricität nicht durchliesse, (placed upon an electrical body) alle Gewittermaterie aus den Wolken ziehen werde. (Phil. Trans. Vol. XLVII. p. 535[4]). Dieses verwehrte Abfliessen der electrischen Materie war freylich nöthig, wenn man sie an der Stange sammlen wollte, um ihre Gegenwart zu zeigen: (davon Herr |[74] Franklin I. c. p. 63. handelt, es dienet aber keinesweges, wenn man den Nutzen daraus ziehen will, den Herr Franklin versprochen. Weil solches von vielen nicht unterschieden worden, und man gemeinet hat, daß der Versuch zum Auffangen der Gewittermaterie, dieselbe abzuleiten dienen sollte, so ist auch kein Wunder, daß Herrn Prof. Richmanns traurige Erfahrung manchem eine ganz ungegründete Furcht erwecket hat, davon ich bald ein mehrers erwehnen werde.

*) Als von dem sonst verdienten Herrn Abbe Nollet, in seinen Lettres sur l'Electricté, welchem viele gefolget sind.

**) Die Entdeckung dieser Eigenschaft der Spitzen gab ihm die eigentliche Veranlassung zu dem Anschlage, die Gewittermaterie aus der |[75] Luft aufzufangen und abzuleiten, wie aus der bemeldeten Abhandlung p. 59. sqq. zu sehen ist.

*) l.c. p. 60 sqq. und Lett. 12. p 126.

**) Aber auch diese schönen Versuche sind von Herrn Abbe Mazeas, der sie zu flüchtig gelesen hatte, da er meinet, die electrisirte Waagschale werde gegen eine Spitze angezogen, und von stumpfen Körpern abgestossen, (Phil Trans. |[76] Vol. XLVII. p. 552.[5]) vielleicht auch von andern ganz verkehrt verstanden worden. Der Versuch mit der Waagschale erfordert zwar etwas Genauigkeit, und ist daher von Herrn Abbe Nollet in Zweifel gezogen worden; der mit den Flocken Baumwolle will auch einige besondere Umstände haben. Daß indessen Herrn Franklins Satz richtig sey, lässet sich schon daraus erachten, weil die Spitze selbst, wenn sie beweglich ist, zurück gestossen wird: denn, so muß wiederum, wenn die Spitze fest stehet, und der electrisirte Körper beweglich ist, dieser zurück getrieben werden. Man nehme z. E. einen kleinen Stab, welcher auf einer Axe herum laufen kann. An dessen beyden Enden befestige man in die Quere eine Spitze, so, daß die eine rechts, die andere links hin stehet. Wenn nun ein electrisirter Körper, nahe an eine der Spitzen kömmt, so wird sie zurück gestossen, eben so auch die andere, (wenn nur die Electricität durch die Axe abfliessen kann,) und so kömmt der Stab, gleich einem Feuerrade mit Raketen, in eine rund laufende Bewegung, welche man nicht verkehrt zuwege bringen kann. Herr Franklin thut also der Erklärung dieser Zurückstossung nicht Genüge, wenn er sie bloß daher leitet, weil die Electricität schon in der Ferne durch die Spitze weggenommen wird. Hieraus würde nur folgen, daß die Anziehung aufhörete, nicht aber, daß die Körper voneinander getrieben würden. Herr Kinnersley, der bey einer solchen Zurüstung, mit umlaufenden Spitzen die Axe derselben electrisiret hat, (Phil. |[77] Trans. Vol. LIII. p. 86.[6]) ist verlegen, dieselbe Erscheinung bey der negativen Electricität, nach Herrn Franklins Lehre, aus einem Einziehen der electrischen Materie zu erklären. Es zeiget aber, meiner Meynung nach, die Gegenwürkung, und ist nichts anders, als was auch bey den Funken geschiehet. Denn, sobald selbige, wie gewöhnlich, ausbrechen, werden die Körper voneinander getrieben: ehe aber ein schlagender Funken, wie bey stumpfen Körpern, entstehet, müssen die Oberflächen näher zusammen kommen. Hingegen ist der Schein an den Spitzen, welcher in grösserer Entfernung entstehet, schon eine Reihe ausgestreuter kleiner Funken, und daher kann sich dabey von weiten, ohne Schlag, schon die zurücktreibende Kraft äussern. Verschiedene von Herrn Nollets eigenen Versuchen, z. E. unter denen, die seinen Lettres sur l'Electricité. P. II. angehänget sind, n. 22. 24. 25. zeigen auch diese Gegenwürkung einer Spitze. Wenn man also einen Versuch, gleich dem Franklinschen, gelingen sehen will, so muß man nur machen, daß die Spitze in ziemlicher Entfernung den brausenden Schein von sich werfe. Dieses geschiehet aber besonders, wenn der gegenüberstehende Körper negativ electrisirt ist, welches nach Hrn. Franklins Kinnersley Beobachtungen, der gewöhnlichste Zustand der Gewitterwolken zu seyn pfleget.

|[78]*) Dieses ist ein sicherer Weg, ohne daß die Gewitterstange in ein Haus hereingeleitet wird, und ohne daß man sich ihr zu nähern und selbst die Funken heraus zu locken brauchet, dergleichen Erscheinungen wahrzunehmen. Will man ja genauerer Versuche halben, die aus der Luft aufgefangene Gewittermaterie an dem Metalle angehäufet haben, und deshalben den freyen Ausgang derselben verhindern, so kann man sich doch bey beliebiger Auslockung der Funken solcher Mittel bedienen, daß die Electricität nicht auf den Beobachter zu, sondern mittelst eines metallenen Drathes oder einer Kette zur Erde gezogen werde. Man sehe auch Hrn. Hartmanns Anmerkungen, über die nöthige Achtsamkeit, bey Erforschung der Gewitterele|[79]ctricität. Hannov. 1764. 4. wo eine sichere Zurüstung zu Beobachtungen beschrieben wird.

*) Dieses setze ich hinzu, weil nicht ein jeder Sturm die Electricität erreget. Herr Mazeas schreibet, er habe nicht bemerken können, daß ein Sturmwind, wenn keine Gewitterwolken dabey gewesen, die Electricität der Luft, welche er an seinem dazu ausgesetzten Metalle beobachtet hat, vermehret habe, der Strich des Windes von Osten, Westen, Süden oder Norden, habe auch keinen merklichen Unterschied verursachet. (Phil. Trans. Vol. XLVIII p. 379.[7]). Es leitet mich aber der Versuch des Herrn Prof. Winklers, (Eigensch. der electr. Materie, § 16.) da er durch zusammengepreßte Luft, welche er aus einer kupfernen electrisirten Hohlkugel ausfahren lassen, die electrische Würkung auf eine grössere Entfernung als sie sonst gereichet, mit dem Anfahren dieser Luft fortgepflanzet hat, daß ich glaube, ein Sturmwind könne sie auch aus der Ferne herführen, wenn gleich die Wolke, daraus sie entspringet, nicht zu sehen ist. So hat auch Herr Wilson (Phil. Trans. Vol. LIII p. 463.[8]) |[80] die Electricität durch gelindes Blasen längst einer Stange von Bernstein fortgetrieben: wiewohl Herr Richmann (Nov. Comm. Petrop. T. IV. p 328) meldet, daß er sie mittelst des Dunstes, aus einer Aeolipila[9] nicht merklich habe wegführen können.

*) Dergleichen Schwirren oder Summen ward auch bey dem Lichtscheine angemerket, der sich zu verschiedenen malen an einigen eisernen Stangen auf dem Petersthurme zu Nordhausen, bey einem Donnerwetter, wie auch bey einem Sturmwinde mit Schnee, Hagel und Regen zeigte, wie Herr Prof. Kästner, aus der Hrn. Past, Lesser, erhaltenen Nachricht (im Hamb. Magaz. VII. B. p. 420.) anführet, und der Matrose auf dem Schiffe des Ritters Forbin, (aus dessen Memoires P. I. p. 368. er die Erzählung dabey p. 425. einrücket) sagte, das St. Elmesfeuer an der Flaggenstange zische als angefeuchtet brennendes Schießpulver. Plinius (Hist. nat. L. II. c. 37.) erwähnet schon des säuselnden Geräusches bey solchen Lichtern: „navium partibus, ceu vocali quodam sono, insistunt.“ – Diese brausende Lichtscheine müssen, nach electrischen Erfahrungen am größten seyn, wenn die Wolken negativ electrisiret sind.

|[81]*) Hr. Delor[10] hat davon der königl. Acad. der Wissenschaften[11] Bericht ertheilet. S Hamb. Magaz.[12] IX. B. p. 359 wo es Hr. Kästner aus der Uetrechter Franz. Zeitung von 1752. anführet, wie auch Hr. Mylius in den Physical. Belust.[13] XVII. St. p. 488.

|[82]*) Diese Bemerkung hat Hr. Prof. Winkler, nach dem Bericht eines seiner guten Freunde in der Schulpforte, aus der Erzählung und Versicherung verständiger Leute, in seiner Physic von 1754., §. 415. p. 463. angeführet.

|[83]*) Wenn man einem electrischen Körper eine metallene Spitze entgegen hält, darinn die Materie durch solche Körper, welche sie nicht durchlassen, aufgehalten wird, und von deren anderm Ende sie auch nicht durch Wegsprützen fortgehet, so erhält die Spitze alsobald so viel Electricität, als sie fassen kann, und leuchtet nicht mehr. Die Nässe aber machet, wie gesagt, eine Ableitung: daher leuchteten die spitzen eisernen Stangen des Hrn. Macfait (davon in den Edinb. Physical. and litt. Essays, vol. I. p. 89) sie mochten in gläsernen Röhren stecken oder nicht, weil der Regen daran herunterliefe. Er konnte aber auch keine Funken aus den Stangen mit dem Finger ziehen, weil sich keine Electricität darinn angehäufet hatte. So wird auch bey den meisten Erzählungen von St. Elmesfeuern erwehnet, daß Regen, Schnee oder Hagel dabey gewesen. Hr. Richmann hat sich demnach geirret, da er (Nov. Comm. Petrop. p. 333) vermuthet, das Kreuz auf dem Thurm zu Plauzat müsse auf solchen Körpern stehen, |[84] welche den Abfluß der elektrischen Materie verhindern: wie auch Hr. D. Watson[14], wenn er (Phil. Trans. Vol. LIV. p. 207.[15]) meinet, das St. Elmesfeuer würde selten, oder gar nicht mehr auf Schiffen erscheinen, wenn man von dem Eisen der Flaggenstange eine Ableitung, durch einen metallenen Drath, bis ins Wasser machte, denn, eben darum erscheinet es schon itzt, weil die Gewittermaterie ziemlichermassen durch die Tauen u.s.w. abgeleitet wird.

*) Wie bey einem englischen Schiffe geschehen ist, davon in den Phil. Trans. N. 492. p. 111.[16] und in Hrn. Franklins[17] Lett. 5 p. 90. erwähnet wird, auf[18] dessen Mastbaumspitzen dergleichen grosse electrische Flammen vor dem Wetterschlage gesehen wurden. Auf der Spitze des Thurm|[85]knopfes zu Wusterhausen an der Dosse, (S. Hannöv. Beytr. 1761. N. 49. p. 773.) sahe man einen solchen Schein eine halbe Stunde lang nach einem heftigen daselbst entstandenen Wetterschlage leuchten. Da aber dieser Schlag keinen Schaden gethan, so vermuthe ich, daß er eine und andere Ableitung aussen an dem Thurme gefunden hat. - Seneca[19] sagt auch schon (in Quaest. nat. L. I. c. i.) daß zuweilen auf bemeldetes Licht ein würklicher Schlag als ein Blitz entstehe. – Hr. Franklin[20] hat bey seinem Vorschlage, den Blitz abzuwenden, auch auf die Schiffe gedacht, (Exp. and Obss. p. 62. und p. 90.) weil selbige, zumal in heissen Weltgegenden, sehr der Gefahr vom Einschlagen ausgesetzet sind. Er will demnach, daß von den eisernen Spitzen der Mastbäume längst der Wand bis ins Wasser, (nicht, wie Hr. Mylius[21] in seinem Auszuge Phys. Bel. XVII. St. p. 465. und 468. es fälschlich ausdrücket, bis in das Tauwerk, oder in die Schiffseile ein metallener Drath geführet werde. Eben dieses hat auch nachmals Hr. D. Watson[22] in einem eigenen Schreiben an den Lord Anson[23] (Phil Trans. Vol. LII p. 629.[24]) angerathen.

*) S. Plinius[25] Hist. nat. L. II. c. 37. Die paarweise |[86] erscheinenden nannten sie Castor und Pollux, die einzelnen aber Helena, daraus vermuthlich das Wort St. Elmesfeuer, und noch weiter verdorben St. Telmo und St. Herme entstanden ist. Die Italiäner nennen es auch nach dem heil. Petrus und Nicolaus: die Engelländer aber Comazants. – Bey dem Schiffe des Ritters Forbin, dessen oben (not. 69.) erwähnet worden, ging eine sehr schwarze und drohende Gewitterwolke, da sich mehr als 30 solcher Lichter an verschiedenen Ecken des Schiffes gezeiget, auch mit einem starken Regen ohne Schaden vorüber. – Sonst hat man in alten Zeiten auf den Spiessen der Legionen im Felde, wie an andern Spitzen, zuweilen ebenfals dergleichen Licht wahrgenommen, welches die Geschichtschreiber als Wunderzeichen erzählen.

*) Ein sehr glaubwürdiger Kaufmann allhier hat mir erzehlet, daß er auf der Elbe, ein paar Meilen unterhalb Hamburg, bey einem Gewitter mit starkem Regen, dergleichen kleine Lichter nicht allein auf dem Fahrzeuge, darauf er gewesen sondern auch auf seinem Hute, Kleider u. s. f. häufig gesehen: eben das hätte auch ein Mann, der damals auf dem Lande gefahren, an sich, seinen Pferden und Wagen, wahrgenommen. Des andern Morgens sey eine schwefelichte Materie auf dem Regenwas|[87]ser, welches sich hie und da gesammlet hätte, zu sehen gewesen, und die Landleute hätten dergleichen Regen fruchtbar gehalten.

*) Als der Blitz 1760. in das Schloß zu Upsal[26] eingeschlagen hatte, fand man auch auf dem Boden und einigem Geräthe eine Materie, als Schwefelblumen, liegen, und spürte einen Knoblauch- und Schwefelgeruch; (Phil. Trans. Vol. LIII. p. 100.[27]).

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Plauzat in Auvergne – Plauzat, eine französische Gemeinde im heutigen Département Puy-de-Dôme, südlich von Clermont-Ferrand.
  2. 6 SchuheFuß (oder Schuh), ein Längenmaß; der Hamburger Fuß stand zum rheinländischen Fuß (= 31,385 cm) im Verhältnis 127,0 zu 139,13. Damit entsprechen 6 Schuhe hamburgisch einer Länge von rund 172 cm.
  3. Druckfehler in der Quelle – nur ein Sternchen
  4. Phil. Trans. Vol. XLVII. p. 535 – Guillaume Mazéas / James Parsons: Letters of the Abbe Mazeas, F. R. S. to the Rev. Stephen Hales, D. D, F. R. S. concerning the Success of the Late Experiments in France. Translated from the French by James Parsons, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 47 (1751/1752), S. 534–552, hier S. 535.
  5. Vol. XLVII. p. 552. – Guillaume Mazéas / James Parsons: Letters of the Abbe Mazeas, F. R. S. to the Rev. Stephen Hales, D. D, F. R. S. concerning the Success of the Late Experiments in France. Translated from the French by James Parsons, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 47 (1751/1752), S. 534–552, hier S. 552.
  6. Vol. LIII. p. 86. – Ebenezer Kinnersley: New Experiments in Electricity: In a Letter from Mr. Ebenezer Kinnersley, to Benjamin Franklin, LL. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 53 (1763), S. 84–97, hier S. 86.
  7. Phil. Trans. Vol. XLVIII p. 379. – James Parsons / Guillaume Mazeas: Observations upon the Electricity of the Air, Made at the Chateau de Maintenon, during the Months of June, July, and October, 1753; Being Part of a Letter from the Abbe Mazeas, F.R.S. to the Rev. Stephen Hales, D. D. F.R.S. Translated from the French by James Parsons, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 48 (1753/1754), S. 377–384, hier S. 379.
  8. Phil. Trans. Vol. LIII p. 463. – Benjamin Wilson: A Letter from Mr. B. Wilson, F. R. S. and Member of the Royal Academy at Upsal, to Mr. Aepinus, Professor of Natural Philosophy in the Imperial Academy of Sciences at St. Petersburg, and Member of the Academies of Berlin, Stockholm, and Erfurth, in: Philosophical Transactions 53 (1763), S. 436–466, hier S. 463.
  9. AeolipilaAeolipile, eine Maschine, die die Expansionskraft von Wasserdampf und das Rückstoßprinzip demonstriert.
  10. Hr. Delor – … Delor, der unter anderem Giovanni Battista Beccarias Erwiderung auf Jean-Antoine Nollets 1753 erschienenen Lettre sur l'électricité aus dem Italienischen ins Französische übersetzt hatte (erschienen 1754 in Paris unter dem Titel Lettre sur l'électricité adressée à l'abbé Nollet).
  11. königl. Acad. der Wissenschaften – …
  12. Hamb. Magaz. – Zeitschrift Hamburgisches Magazin, oder gesammlete Schriften, aus der Naturforschung und den angenehmen Wissenschaften überhaupt, Leipzig 1747–1763.
  13. wie auch Hr. Mylius in den Physical. Belust.Christlob Mylius (1722–1754), Mitherausgeber der zwischen 1751 und 1757 in Berlin erschienenen Zeitschrift Physikalische Belustigungen, veröffentlichte dort unter anderem Texte zu seinen Wetterbeobachtungen.
  14. Hr. D. WatsonWilliam Watson (1715–1787), englischer Apotheker, Arzt und Naturforscher. Als Mitglied der Londoner Royal Society führte Watson ab 1744 zahlreiche Experimente zur Elektrizität durch. Besondere Bekanntheit erlangte er für seine Forschungen zur sogenannten „Leidener Flasche“, der frühesten Bauform eines Kondensators. Aufbauend auf den Experimenten Benjamin Franklins veröffentlichte er 1764 einen eigenen Vorschlag zum Schutz von Pulvermagazinen vor Blitzen.
  15. Phil. Trans. Vol. LIV. p. 207. – William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier S. 207.
  16. Phil. Trans. N. 492. p. 111. – …
  17. Hrn Franklins – …
  18. korrigiert, im Druck anf
  19. Seneca – …
  20. Hr. Franklin – …
  21. Hr. Mylius – …
  22. Hr. D. WatsonWilliam Watson (1715–1787), englischer Apotheker, Arzt und Naturforscher. Als Mitglied der Londoner Royal Society führte Watson ab 1744 zahlreiche Experimente zur Elektrizität durch. Besondere Bekanntheit erlangte er für seine Forschungen zur sogenannten „Leidener Flasche“, der frühesten Bauform eines Kondensators. Aufbauend auf den Experimenten Benjamin Franklins veröffentlichte er 1764 einen eigenen Vorschlag zum Schutz von Pulvermagazinen vor Blitzen.
  23. Lord AnsonGeorge Anson, 1. Baron Anson (1697–1762), britischer Admiral. William Watson unterbreitete Lord Anson 1762 Vorschläge zum Schutz von Schiffen der königlichen Flotte gegen Blitzschläge.
  24. Phil Trans. Vol. LII p. 629. – William Watson: Some Suggestions concerning the Preventing the Mischiefs, Which Happen to Ships and Their Masts by Lightning; Being the Substance of a Letter to the Late Right Honourable George Lord Anson, First Lord of the Admiralty, and F. R. S. by William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 52 (1761/62), S. 629–635.
  25. Plinius – …
  26. Schloss Uppsala
  27. Phil. Trans. Vol. LIII. p. 100. – Torbern Bergman: Observations in Electricity and on a Thunder-Storm: In a Letter from Mr. Torbern Bergman, to Mr. Benjamin Wilson, F. R. S. Acad. Reg. Upsal. Soc., in: Philosophical Transactions 53 (1763), S. 97–100, hier S. 100.