Die Tonkunst, eine Rhapsodie
Die du droben den Reihn der Sterne
Und der Unsterblichen führst,
In ewig-jungem schwebenden Jubeltanz
Nah und näher hinan des Allvollkommenen Thron,
Unter des Himmels heiligem Blau
In leisen Tönen, im verlohrnen Laut
der Ahndung, unser Herz
in die Chöre der Himmel erhebst:
Kling’ ein in meine Saiten.
Heilige Harmonie!
Kling’ ein in meine Seele.
Sie fühlet dich, sie will, sie wird dich fühlen!
Auch meinen Geist. Es wallt mein Herz
Im Strome der Melodie zum hallenden Ocean
Der Allvollkommenheit.
Wach auf in mir, du leiser Himmelston,
Aus keiner Engelsharf’ entquollest du. Dich
hauchte
Der Ewige selbst mir ein.
Und bist mir Ewigkeit,
Bist Gottes-Gefühl in mir, der unendlichen Hamonie
Wenn einst mein Geist
Vom Erdenstaube sich hebt empor,
Und seiner Fesseln sanft sich windet los;
Zu Hülfe komm’ ihm dann, du heilger Strom
Umström’ ihn ganz, und trag’ ihn sanft hinüber.
Des Himmels Gabe bist du uns,
O Tonkunst! bist ein Tropfe
Von jenem hellen melodischen Wohllustmeer
Ein Meer von Zahl und Maas und Lieb’ und Tanz und Leben! –
Der Tropfe floß hernieder
Dem Wandrer zur Erquickung,
Zur Labung ihm, hin in sein Vaterland,
Als Adam, als die erste Mutter einst
Den ersten Todten sahn, ach ihren Sohn,
Und den erschlagnen kalten Leichnam, (nun
Auf ewig kalt, auf ewig todt!)
Und ihre Seelen untergehn,
Versinken wollten im verstummten Schmerz;
Da wars, da regten Töne sich
Des Mitgefühles einer andern Welt;
Gewölbe brach; Musik erklang auf Erden.
Des Seraphs Laute in der Hand
Schwebt über ihnen der Gestorbene
In unsichtbarem Glanz. Es sangen leise Töne
Mit jedem neugehörten Ton
Der Ruhe Thau in ihr zerlechzetes
Gebein. – Der unsichtbare
Sang mächtiger, zog aus den Himmelssaiten
Des ewgen Wallens hin zu höherm Licht,
Des steten Sehnens nach dem vollern Strom;
Er sang das Lied der Sterne,
Den Wandelgang um ihres Vaters Thron;
In aller seiner Liebe.
Und stieg, ein selger Geist,
Stieg auf dem letzten, innigsten der Töne,
Der ewig tief in ihrem Herzen blieb,
Wenn in des Lebens Labyrinth,
Im dunkeln Hain der bangen Mitternacht,
Umringt von Thiergeheul’ und Höllenstimmen,
Mein Herz erbebt,
Und nirgend Ausgang findet;
Des Himmels Tochter, süße Zauberinn,
Nicht mit Syrenen- nicht mit Feenklang
Erscheine mir; ein Lied der Andacht flöße
Wie wird mir? Hör’ ich nicht
Ihr Kommen? Fühl’ ich nicht
Ihr sanftes Schweben wie im Mondesstral?
Sie spricht mir zu; ein Engel spricht zu mir,
Mein Herz berührt, die weinende
Gerührte Laute! und den Klageton
Schnell in Triumph verwandelt.
„Verlassener, was zagest du
Gott, der den Gang der Sterne kennt,
Kennt auch der Menschen Herz.
Er giebt dem Schiffe seinen Weg,
Den Winden ihre Bahn;
Des Lebens, Weg verleihn.
Was zagest du? Der Erde Noth
Geht wie ein Traum vorbei.
Und was Dir heute Mislaut dünkt,
„Schau gen Himmel und sieh! Am hohen Tempelgewölbe
Funkeln Sterne; da glänzt Gottes unsterbliche Schrift.
Kann dein Auge sie zählen? Dein Ohr die Stimme vernehmen,
Die des Erschaffenden Ohr ewig und ewig vernimmt.
Sieben Töne des Lichts, golden und heilig im Klang’.
Allenthalben strömet dir zu das große Geheimniß
Deiner Vollendung; du lernst ewig und ewig daran.
Maas, Bewegung und Zahl im Kampf der liebenden Eintracht
O Harmonie, ich flehe dir,
Du Freundin meines Seyns zum höhern Seyn,
Du Seele meiner Seele. Rufe mir,
Aus jedem Wesen rufe
O Führerin durchs Leben! Freundschaft ist
Der Seelen Einklang. Lieb’ und Güte sind
Der süße Wohlklang, der in Allem tönt,
Der immer reiner, immer höher steigt –
Der Symphonieen – –