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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum: 1871
Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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[373]

No. 23.   1871.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. – Herausgeber Ernst Keil.

Wöchentlich bis 2 Bogen.    Vierteljährlich 15 Ngr. – In Heften à 5 Ngr.



Ein Held der Feder.
Von E. Werner.
(Fortsetzung.)


In diesem Momente trat Walther vor, der Einzige, der sich bisher mit keinem Worte an der Debatte betheiligt hatte, jetzt erst brach er das Schweigen.

„Herr Major, ich kenne einen Ausweg!“

Der Major wendete sich hastig um, „Sie, Lieutenant Fernow? Und welchen?“

„Wir haben oft genug Streifzüge in’s Gebirge gemacht, ich kenne es ziemlich genau. Sie erinnern sich, daß ich vor acht Tagen mit fünf Mann eine Recognoscirung nach L. unternahm, das damals noch vom Feinde besetzt war. Wir wagten uns zu weit vor, wurden von einigen Zwanzig verfolgt, angegriffen und endlich auseinandergesprengt.“

„Ja! Nun?“

„Nach einigen Schüssen warf ich mich mit dem Gefreiten Braun, der bereits eine Kugel im Arm hatte, in eine Seitenschlucht, wo man unsere Spur verlor. Die Uebrigen entkamen nach der anderen Seite; wir fanden beim weiteren Vordringen einen schmalen Pfad, halb verborgen im Dickicht, den wir einschlugen, weil er in der Richtung nach S. zu führen schien. Er hob sich allmählich bis zur Höhe der Berge, lief dann, größtentheils im Walde verborgen, auf dem Kamm entlang, und senkte sich endlich jäh nieder, gerade am Eingange jener engen, völlig unwegsamen Schlucht, die eine Viertelstunde von hier zur Rechten des Thales liegt. Wir hatten uns noch einige Minuten lang durch dichtes Gebüsch hindurchzuwinden, und standen dann plötzlich auf jenem vorspringenden Felsplateau der Bergstraße, wo sich die einzelne große Tanne befindet. Von dort erreichten wir S. in kurzer Zeit.“

Walther berichtete das Alles klar und ruhig, in seiner Stimme lag nichts mehr von der Aufregung eines Mannes, der vor kaum zehn Minuten aus einer Unterredung, die ihm sein ganzes Lebensglück zertrümmert vor die Füße warf, so jählings gerissen ward; nur etwas matter klang der Ton, als sonst, und in seinem Antlitz stand der Ausdruck einer düsteren Ruhe, die Ruhe eines festen Entschlusses. Es war jetzt keine Zeit, um verlorenes Liebesglück zu klagen oder zu trauern, er hatte die Arznei dafür bereits gefunden, die heilsamste und unfehlbarste von allen.

Der Major war ebenso wie die Uebrigen in größter Spannung seinen Worten gefolgt, aber seine Stirn wurde nicht heller.

„Und Sie glauben, daß die Franctireurs, die hier zu Hause sind, den Weg nicht eben so gut und besser kennen?“

„Kennen – wahrscheinlich! Es ist aber noch die Frage, ob sie ihn beobachten lassen, denn erstlich können sie die Kenntniß unsererseits nicht voraussetzen, und zweitens ahnen sie überhaupt nicht, daß ihr Plan uns verrathen ward. Sie werden sich hauptsächlich in den Schluchten und Abhängen concentriren, jener hochgelegene Pfad bleibt möglicherweise ganz aus ihrer Berechnung, und das ist immerhin ein Vortheil den anderen Wegen gegenüber, von denen wir wissen, daß sie besetzt sind.“

„Und Sie glauben, daß jener Pfad bei Nacht zu passiren ist?“

„In einer Vollmondsnacht wie die heutige – ja! Das Mondlicht beseitigt die Hauptschwierigkeit, den Eingang inmitten des Gebüsches zu finden und der ersten steilen Windung zu folgen. Einmal oben ist kein Verirren mehr möglich, das Licht schimmert hell genug durch die Bäume, und von der Mündung des Weges nach L. ist wohl die Bergstraße zu benutzen, der Feind wagt sich schwerlich so weit bis an das Dorf vor.“

Der Major ging in tiefem Nachdenken wieder auf und nieder. „Sie haben Recht!“ sagte er endlich. „Der Versuch wenigstens muß gemacht werden, obgleich es immer ein tollkühnes Wagestück bleibt, zwei oder höchstens drei Mann mitten durch das vom Feinde besetzte Terrain durchzuschicken, auf die schwache Möglichkeit hin, daß man jenen Pfad unbesetzt läßt. Es ist zehn gegen eins zu wetten, sie werden entdeckt und niedergeschossen; indeß, die Gefahr ist zu dringend – Sie erinnern sich des Weges genau?“

„Ganz genau!“

„Nun, dann bliebe uns nur noch übrig, diejenigen unter unseren Leuten herauszufinden, die zuverlässig und unerschrocken genug sind, einen solchen Gang zu unternehmen. Der Gefreite Braun –“

„Liegt noch krank an seiner Wunde,“ unterbrach ihn Walther ruhig. „Sie sehen, Herr Major, die Aufgabe fällt mir zu.“

„Walther! Bist Du von Sinnen?“ raunte Doctor Behrend erschrocken seinem Freunde zu.

Auch der Major war einen Schritt zurückgetreten und die sämmtlichen Officiere blickten mit einer Art schreckensvoller Ueberraschung auf ihren Cameraden. Walther war der allgemeine Liebling, der Stolz seiner Gefährten und das Schooßkind seiner Vorgesetzten, er übte trotz seiner steten Schweigsamkeit und Zurückgezogenheit doch jene unbedingte Macht über seine Umgebung aus, die genialen Naturen oft eigen ist. Sie hatten ihn oft genug im Gefecht vorgehen sehen und die Gefahr mit ihm getheilt, aber es ist anders im offenen Kampfe [374] zu fallen, an der Seite der Cameraden, mit den Waffen in der Hand, als bei Nacht und Nebel einsam und wehrlos einer Kugel aus dem Hinterhalt zu erliegen, oder vielleicht einem noch schlimmeren Schicksal zu verfallen. Es gehörte mehr als gewöhnlicher Muth zu einem solchen Ende, das hier fast mit Gewißheit zu erwarten stand, und man hätte jeden Anderen lieber geopfert als gerade Walther Fernow.

„Ihnen, Lieutenant Fernow?“ sagte der Major langsam. „Das geht nicht! Ich darf bei solcher Gelegenheit keinen Offizier opfern, wir haben ohnedies deren genug verloren in den letzten Schlachten, und brauchen sie nothwendiger für’s Gefecht. Solch eine Botschaft ist Sache der Mannschaften, und zwar werde ich Freiwillige dazu aufrufen lassen.“

Walther trat noch einen Schritt näher zum Tische, das Licht der Kerzen fiel voll und klar auf sein Antlitz, es war bleich und fast wie Marmor.

„Ich bin augenblicklich der Einzige, der den Weg kennt, und also auch der Einzige, der ihn gehen kann. Beschreiben läßt er sich nicht; den Gang einem Anderen übertragen, hieße das Gelingen von vorn herein in Frage stellen.“

„Aber,“ in der Stimme des Majors lag eine unterdrückte Bewegung, „ich kann gerade Sie am wenigsten entbehren, und, ich wiederhole es Ihnen, die Möglichkeit den Pfad offen zu finden ist nur schwach – Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach niedergeschossen!“

„Vielleicht! Vielleicht auch nicht! Jedenfalls kann diese Möglichkeit mich nicht von einem Wagniß zurückhalten, das man Gemeinen übertragen will!“

Der Major trat rasch auf ihn zu und reichte ihm die Hand. „Sie haben Recht!“ sagte er einfach. „Nun denn in Gottes Namen! Gelingt es, so retten Sie ein paar Hundert unserer braven Jungen, wo nicht – nun, es stirbt sich von einer verirrten Kugel auch nicht schwerer den Heldentod! – Wie viel Bedeckung wollen Sie mitnehmen?“

„Niemand! Werden wir überhaupt angegriffen, so erliegen wir auch der Uebermacht, und wo erst einer fällt, kommen die anderen sicher nicht durch, wenn der Feind einmal aufmerksam geworden ist. Es hieße die Leute nutzlos opfern, da zu der Botschaft ein Einziger genügt. Außerdem könnte eine größere Anzahl verhängnißvoll werden, wenn sie an den lichteren Stellen in den Mondschein treten muß, ein Einzelner entgeht eher der Beobachtung.“

Der alte Vorgesetzte blickte fast mit einer Art von Bewunderung auf den jungen „Dichter und Träumer“, wie Walther oft genug scherzweise genannt ward, der, wenn er sich erst einmal aus seiner Träumerei gerissen hatte, mit so kühler energischer Besonnenheit vorging, daß sie auch nicht den kleinsten Umstand außer Acht ließ. Er ahnte freilich nicht, welch ein Sturm noch vor kurzem in diesem Manne getobt, und woher die Ruhe stammte, die ihn so der Gefahr entgegentreten ließ.

„Also allein! Und wann denken Sie aufzubrechen?“

„Nicht vor einer Stunde. Der Mond muß erst herauf sein, ich bedarf sein volles Licht, um die Höhe zu erreichen. Bis dahin ist die Helle noch gefahrlos, der Ort liegt zu nahe an L., um hier schon eine Beobachtung von Seiten des Feindes zu besorgen, und Zeit bleibt mir noch reichlich, selbst wenn ein unvorhergesehenes Hinderniß entgegentreten sollte.“

„Nun denn, meine Herren,“ wandte sich der Major jetzt an die Uebrigen, „so gehen Sie jetzt und halten Sie sich die Nacht auf einen Alarm gefaßt. Herr Hauptmann, Sie lassen die Posten verdoppeln und sorgen dafür, daß die vorhin bestimmten Anordnungen genau ausgeführt werden. Ich werde indeß noch das Nöthige mit Lieutenant Fernow besprechen.“

Die Offiziere gehorchten, aber an der Thür wendete sich der Hauptmann noch einmal um:

„Gute Nacht, Lieutenant Fernow!“

Um Walther’s Lippen glitt einen Moment lang ein flüchtiges Lächeln, er wußte, was dies Lebewohl zu bedeuten hatte.

„Gute Nacht, Herr Hauptmann! Gute Nacht, meine Herren!“

Sich umwendend blickte er in die Augen des Doctor Behrend, die ernst und vorwurfsvoll auf ihm ruhten.

„Liegt Dir denn wirklich so ganz und gar nichts mehr am Leben?“ fragte dieser leise und gepreßt.

„Nein!“ lautete die düstere, in demselben Tone gegebene Antwort.

Der Doctor seufzte. „Ich sehe Dich aber doch vorher noch?“

„Wahrscheinlich! Aber geh jetzt, Robert!“

Mit einem zweiten noch schwereren Seufzer folgte der Arzt den Uebrigen, und Walther blieb allein mit dem Major und dem Adjutanten zurück. –

Es mochte eine Viertelstunde vergangen sein, als er aus dem Gemach seines Vorgesetzten zurückkehrte, um sich nach seinem eigenen Zimmer zu begeben. Er hatte soeben den Fuß in den dorthin führenden Corridor gesetzt, als eine dunkle Gestalt sich von der Wand ablöste, an der sie bisher regungslos gestanden, und ihm den Weg vertrat.

„Mr. Fernow! Ich warte auf Sie bereits seit längerer Zeit.“

Walther blieb stehen, er erkannte den Amerikaner.

„Was wünschen Sie von mir, Mr. Alison?“

„Kann ich die Ehre einer Unterredung mit Ihnen haben?“

Der Gefragte warf einen Blick auf seine Uhr, es war beinahe noch eine Stunde Zeit. „Ich stehe Ihnen zu Diensten.“

Er wußte, was jetzt kommen würde, ein einziger Blick auf das Antlitz Henry’s hatte ihn überzeugt, daß Jane’s Befürchtung richtig war. Also auch das noch! Nicht ein einziger Tropfen des Kelches blieb ihm erspart!

Alison war, ohne ein Wort weiter zu verlieren, ihm vorangeschritten und öffnete jetzt eine Thür auf der andern Seite; Walther zögerte einen Moment lang einzutreten, es war das Zimmer, in dem er vorhin mit Jane gesprochen, der Amerikaner bemerkte sein Zögern.

„Man ist sehr – ungestört hier! Oder hätten Sie vielleicht einen Widerwillen gerade gegen dies Gemach?“

Ohne zu antworten schritt der junge Officier rasch über die Schwelle, und Alison folgte ihm. Das Zimmer war wieder völlig leer, wie vorhin leuchtete die Lampe an der Decke mit ihrem düstern Scheine, aber das Feuer im Kamin war bereits niedergebrannt. Nur die rothe Gluth knisterte noch leise und sprühte bisweilen hell auf, sie beleuchtete auch diesmal zwei Gestalten, wenn auch weniger grell und scharf als der Flammenschein, doch dafür mit einem um so unheimlicheren Lichte. Walther lehnte, wie vorhin, am Kamin; ihm gegenüber, an der Stelle, wo Jane gesessen, stand Henry, zwischen ihnen der dunkelglühende Brand.

Seltsam! Es war dasselbe Gefühl, das in der Seele dieser beiden Männer flammte, die heiße, Alles überwältigende Leidenschaft für ein Wesen, und sie standen Beide gleich hoffnungslos an den Trümmern ihres Glückes, aber unendlich verschieden gab sich diese Empfindung in ihrem Aeußern kund.

Auf dem Antlitz des Deutschen lag eine bleiche stille Ruhe, seine tiefe träumerische Natur war nicht danach angelegt, von einer Leidenschaft zu lassen, die sich in die innersten Tiefen seines Herzens eingegraben und dort Wurzel gefaßt hatte für ewig. Er konnte sie nicht überwinden und nicht verschmerzen, aber das Erliegen, das er gewählt, war weder feige, noch erniedrigend. „Es stirbt sich auch von einer verirrten Kugel den Heldentod!“ und es lag etwas wie Begeisterung in dem Blicke, der sich nach dem Park hinauswandte, wo es jetzt hell und heller durch die Gebüsche dämmerte – eben stieg der Mond im Osten auf.

Anders sein Gegenüber! Die Züge Henry’s waren entstellt von einer wahrhaft dämonischen Wildheit, seine Augen leuchteten in unheimlicher Gluth, und nur mit dem Aufwande seiner ganzen Willenskraft bändigte er das convulsivische Zucken seiner Lippen. Die Berechnung, womit der junge Kaufmann seine Hand nach einer Million ausgestreckt, war geglückt, aber der Luxus der Liebe, den er sich nach Atkins’ Ausdruck dabei erlaubt, war doch wohl übertrieben gewesen. Furchtbar behauptete die Leidenschaft ihr Recht, allein in ihrem Bann, blind und fühllos für alles Andere, stand er im Begriff, ihr mehr noch als jene Million, stand er im Begriff, ihr Leben und Ehre zu opfern.

Walther wartete schweigend einige Secunden, denn so lange dauerte es, ehe Henry die Herrschaft über seine Sprache zurückgewann, sie hatte einen seltsam heisern Klang, als er endlich das Wort nahm:

„Ich wollte Sie um einige Erklärungen ersuchen, Mr. Fernow, die Sie mir wohl kaum verweigern dürften. Sie hatten vor ungefähr einer Stunde hier in diesem Zimmer eine Unterredung mit Miß Forest?“

Walther richtete seine großen Augen fest und ernst auf ihn. „Ja! Waren Sie etwa Zeuge davon?“

[375] „Ich war es!“

Der junge Officier blieb vollkommen ruhig. „Dann werden Sie also auch gehört haben, was wir sprachen.“

Ein bitterer Hohn zuckte um Henry’s Lippen. „Sie redeten ja Deutsch mit ihr, in der geliebten Muttersprache! Also blieb mir auch das Verständniß Ihrer Zärtlichkeiten verschlossen. Nur die Namen habe ich gehört. Es klang sehr süß, dies ‚Johanna‘! beinahe so süß wie das ‚Walther‘ von ihren Lippen!“

Eine leise schmerzliche Bewegung flog über Walther’s Züge, aber er unterdrückte sie sofort wieder. „Ich glaube, Sie wollten eine Frage an mich richten, Mr. Alison! Bleiben wir bei der Sache!“

„Sie haben Recht!“ sagte Henry dumpf. „Bleiben wir bei der Sache! Also – Sie lieben Miß Forest?“

„Ja!“

„Und werden wieder geliebt?“

Walther schwieg, aber die Augen Alison’s flammten in so verzehrendem Haß ihm entgegen, daß jede Rücksicht hier Feigheit geschienen hätte.

„Ja!“ entgegnete er fest.

Derselbe zischende Laut wie vorhin rang sich von Henry’s Lippen; es klang wie das Zischen einer verwundeten Schlange.

„Ich bedaure, daß ich dies so vollkommene Einverständniß stören muß! Vielleicht hat Ihnen Miß Forest bereits gesagt, daß ich ältere Rechte habe und nicht geneigt sein dürfte, sie Ihnen abzutreten!“

„Ich weiß es!“

„Nun, dann werden Sie auch begreifen, daß, wenn mir die Hand von Miß Forest gewiß ist, ich auch ihre Liebe bei keinem Andern wissen will als bei ihrem künftigen Gatten, wenigstens bei keinem Lebenden.“

Walther richtete sich mit einer raschen Bewegung empor. „Soll das eine Herausforderung sein?“

„Ja! Treten Sie nicht zurück, Mr. Fernow, ich beanspruche nicht Ihre deutsche Umständlichkeit mit Zeugen, Secundanten und Vorbereitungen; ich schlage Ihnen ein weit einfacheres Mittel vor. Wir loosen oder würfeln um die Entscheidung, wir Beide allein; es bedarf dazu keines Dritten. Der Verlierende verpflichtet sich mit seinem Ehrenworte, nach vierundzwanzig Stunden nicht mehr unter den Lebenden zu sein, und die Sache ist abgethan.“

„Also ein amerikanisches Duell?“

„Gewiß, es ist in diesem Falle unbedingt vorzuziehen.“

In Walther’s Zügen lag ein Zug von Verachtung, als er kalt entgegnete: „Ich bedaure, Mr. Alison, daß sich diese Art der Genugthuung mit meinen Begriffen von Ehre nicht verträgt. Müssen wir uns einmal gegenüberstehen, so muß es auch in der ‚umständlichen‘ deutschen Weise geschehen, Auge in Auge, mit den Waffen in der Hand. Kämpfen will ich allenfalls noch um mein Leben, würfeln nicht.“

Henry’s Augen sprühten in vernichtendem Hohne. „Es mag allerdings nicht so poetisch sein wie Ihr Zweikampf, aber es ist – sicherer!“

„Gleichviel, ich willige nicht darein! Und übrigens scheinen Sie zu vergessen, daß davon überhaupt nicht die Rede sein kann, so lange ich noch vor den Fahnen stehe. Mein Leben gehört augenblicklich nicht mir, es steht im Dienste einer Pflicht, der ich vor Allem zu folgen habe. Ich darf mein Vaterland um keinen Vertheidiger ärmer machen, und so lange der Krieg währt, darf ich weder Privatrache suchen, noch ihr mich aussetzen. Falle ich in seinem weiteren Verlaufe, so ist Ihr Wunsch ja ohnedies erfüllt, wo nicht, so bin ich bereit, Ihnen nach dem Frieden die verlangte Genugthuung zu geben, eher nicht!“

„Henry lachte bitter auf. „Nach dem Frieden! Vielleicht wenn Sie in Ihre Stellung als Professor in B. zurückgekehrt sind, wo Rector und Senat, wo zur Noth die ganze Universität Sie deckt mit dem Schilde der Wissenschaft, mit der moralischen Entrüstung über eine mittelalterliche Barbarei, die dem Lehrer der Jugend am wenigsten ziemt, und wo Sie endlich ‚gezwungen diesen höheren Rücksichten weichen‘. Meisterhaft ausgedacht, Mr. Fernow! Wenn ich nur albern genug wäre, in die mir gestellte Falle zu gehen!“

Walther’s Antlitz flammte wieder in dunkler Gluth, seine Hand zuckte unwillkürlich nach der linken Seite, aber er ließ sie wieder sinken.

„Wie viele der Schlachten, in denen ich gekämpft, haben Sie durch das Fernglas angesehen?“ fragte er gelassen.

Der Vorwurf traf, aber er reizte den Amerikaner nur noch furchtbarer; es war ein Tigerblick, mit dem er den vor ihm Stehenden anschaute.

„Kommen wir zu Ende!“ sagte er rauh. „Ich lasse Ihnen nochmals die Wahl; entweder Sie geben mir noch diese Nacht die geforderte Genugthuung, einerlei ob in Ihrer oder meiner Weise, ich bin jetzt zu Allem bereit, oder –“

„Oder?“

„Die Folgen auf Ihr Haupt!“

Walther kreuzte die Arme in ruhiger Ueberlegenheit. „Diese Nacht würde sich das wohl von selbst verbieten, da ich nicht hier sein werde, ich muß in’s Gebirge“ – in Henry’s Augen blitzte es plötzlich auf, wild und schrecklich, er beugte sich vor und lauschte in athemloser Spannung auf das Weitere – „und im Uebrigen kann ich Ihnen nur meine früheren Worte wiederholen, unser Streit muß ruhen bis zur Beendigung des Krieges, dann will ich mich Ihnen stellen, nicht einen Tag früher, und versuchen Sie es jetzt noch, mich durch eine Beleidigung zu zwingen, so setze ich alle Rücksichten bei Seite und appellire an das Urtheil meiner Vorgesetzten.“

Die letzte Drohung wäre unnöthig gewesen, denn Henry war auf einmal ruhig geworden, eigenthümlich ruhig, er lächelte sogar, aber es war ein Lächeln, bei dem es Einen eiskalt durchschauerte.

„Also ein unwiderrufliches Nein! Gut! Sollten wir uns aber einmal unvermuthet treffen, Mr. Fernow, so erinnern Sie sich, daß ich es war, der Ihnen ehrlichen Kampf antrug, und daß Sie ihn verweigerten. Auf Wiedersehen!“

Er ging, Walther verharrte unbeweglich auf seinem Platze, er blickte schweigend in die allmählich verlöschende Gluth. Erstorben waren die heißen hellen Flammen, die seiner Unterredung mit Jane geleuchtet, erstorben auch der rothe Schein und das letzte matte Aufsprühen, nur einzelne Funken zuckten noch hier und da empor, tanzten eine Weile wie Irrlichter auf und nieder, und sanken zuletzt auch zusammen, wie alles Uebrige in Staub und Asche. Durch die Fenster warf jetzt das Mondlicht einen langen silbernen Streif auf den Boden des Gemaches, es wurde bald Zeit zum Gehen.

Da ward die Thür auf’s Neue hastig geöffnet, diesmal war es Mr. Atkins, der rasch eintrat und auf Walther zuschritt.

„Ich suchte Sie, Mr. Fernow!“ sagte er unruhig. „Sie sind allein! War Mr. Alison nicht bei Ihnen?“

„Er verließ mich soeben.“

„Ich dachte es mir!“ murmelte Atkins. „Ich begegnete ihm an der Treppe. Was ist vorgefallen? Was hatten Sie Beide miteinander?“

Walther wandte sich zum Gehen. „Das, Mr. Atkins, ist eine Sache, die nur Mr. Alison und mich angeht. Gute Nacht!“

Atkins hielt ihn zurück, es lag eine seltsame Unruhe in seinen Zügen. „Nehmen Sie Vernunft an, Mr. Fernow, und geben wenigstens Sie mir eine Antwort. Henry wollte mir nicht Rede stehen, aber sein Gesicht sagte mir genug. Ich komme, Sie zu warnen, hüten Sie sich vor ihm!“

Walther zuckte die Achseln. „Wenn Sie damit andeuten wollen, daß mein Leben gefährdet sein könnte, so sagen Sie mir nichts Neues. Mr. Alison selbst hat es offen genug ausgesprochen, daß Einer von uns die Erde räumen muß.“

„Er hat Sie also gefordert?“

„Ja.“

„Und Sie?“

„Ich habe ihm erklärt, daß ich mich jetzt weder schlagen darf noch will und daß die ganze Angelegenheit ruhen muß bis zur Beendigung des Krieges.“

Atkins schüttelte in wachsender Unruhe das Haupt. „Sie kennen Henry schlecht, wenn Sie meinen, er weiche solchen Gründen. Einer vernünftigen Ueberlegung ist er überhaupt nicht mehr fähig, sonst würde er sein eigenes Leben nicht so auf’s Spiel setzen, und eine bis zum Wahnsinn erhitzte Leidenschaft wartet nicht geduldig monatelang auf ihre Rache. Seine Auge gefiel mir nicht, ich fürchte, es ist nicht gut, wenn Sie die Nacht unter einem Dache schlafen.“

„Das wird auch nicht der Fall sein,“ sagte Walther ruhig. „Ich wenigstens werde nicht unter diesem Dache schlafen, ich muß heut’ Nacht noch in’s Gebirge.“

[376] „Wohin müssen Sie?“ rief Atkins erschrocken.

„In die Berge! Das Wohin und Weshalb ist Dienstgeheimniß.“

„Glauben Sie vielleicht, daß ich Sie ausforschen will?“ fragte der Amerikaner heftig. „Hoffentlich gehen Sie unter Bedeckung?“

„Allein!“

Atkins trat einen Schritt zurück und sah ihn vom Kopf bis zu den Füßen an. „Mr. Fernow, es ist grenzenlos unvorsichtig von Ihnen, das so offen auszusprechen!“ sagte er halblaut.

In Walther’s Antlitz zeigte sich ein flüchtiges Lächeln. „Ich würde mich allerdings hüten, es der Schloßdienerschaft oder den Dorfbewohnern gegenüber auszusprechen, Sie, Mr. Atkins, kenne ich denn doch hinreichend, um von Ihnen keinen Verrath zu besorgen, übrigens dürfte das auch kaum möglich sein, denn weder Sie noch Mr. Alison kommen durch unsere Posten.“

Atkins zuckte zusammen. „Henry! Haben Sie ihm etwas davon gesagt?“

„So viel wie Ihnen, mehr nicht!“

Der Amerikaner sah ihn mit einem halb mitleidigen Blicke an. „Unbegreifliche deutsche Harmlosigkeit!“ murmelte er vor sich hin, dann aber trat er zu dem jungen Manne und legte die Hand auf dessen Arm, in seinen Zügen stand ein furchtbarer Ernst.

„Mr. Fernow, folgen Sie dem Rath eines Mannes, dem es schwer genug wird, so etwas wie eine Anklage gegen seinen Landsmann und Gefährten auszusprechen, aber es gilt, ein Unglück zu verhüten. Gehen Sie heut Nacht nicht in’s Gebirge; Sie sind gefährdet, verstehen Sie mich? Sie allein! Uebertragen Sie die Sache einem Ihrer Cameraden.“

„Ich kann nicht!“

„So nehmen Sie wenigstens Bedeckung mit sich.“

„Ich kann nicht, Mr. Atkins!“

„Nun denn, so rennen Sie in Ihr Verderben!“ rief Atkins heftig, „ich habe das Meinige gethan, jetzt tragen Sie selbst die Folgen!“

Walther machte eine ungeduldige Bewegung. „Beruhigen Sie sich, Ihre Besorgnisse sind ganz unbegründet! Ich sage es Ihnen noch einmal, es ist eine Unmöglichkeit für Jeden, der die Losung nicht kennt, von hier in’s Gebirge zu kommen, wir haben eine dreifache Postenkette gezogen.“

Atkins sah trotz dieser Worte sehr wenig beruhigt aus. „Sie wissen nicht, was Henry möglich macht! Er brütet jetzt über einem Unglück, ich kenne ihn! Es ist eine im Grunde unbändige Natur, die Erziehung und Verhältnisse nur scheinbar gezähmt, der sie den nüchternen Geschäftsmann nur aufgezwungen haben; bricht eine solche Natur erst einmal die langgewohnten Schranken, so kennt sie auch keine Schranke mehr. Er ist in seiner jetzigen Stimmung zu Allem fähig!“

„Doch wohl nicht zum Meuchelmorde!“ sagte Walther ruhig.

Es zuckte wieder etwas von dem alten bisher verschwunden gewesenen Sarkasmus um Atkins’ Lippen. „Ihr Deutschen tragt Eure subtilen Ehrbegriffe bis in’s Toben der entfesselten Leidenschaft! Henry ist Amerikaner, vergessen Sie das nicht. Sie haben ihm den einzig legitimen Weg zur Rache versagt, und er wird sich jetzt schwerlich mit idealen Ansichten von Recht und Unrecht abgeben. Wahren Sie sich, Mr. Fernow, ich stehe für nichts mehr ein!“

Walther schüttelte leise, aber entschieden das Haupt. „Ich habe ein besseres Vertrauen zu Mr. Alison, als Sie. Er mag mich hassen bis auf den Tod, dessen, was Sie andeuten, halte ich ihn dennoch nicht fähig. Sagen Sie ihm,“ hier überflog ein eigenthümliches fast geisterhaftes Lächeln das schöne schwermüthige Antlitz des jungen Officiers, „sagen Sie ihm, er brauche mein Leben nicht zu nehmen, sein Wunsch würde auch ohne das erfüllt werden. – Ich muß fort, Mr. Atkins, grüßen Sie Miß Forest von mir und – leben Sie wohl!“

Er wandte sich rasch um und, das Gemach verlassend, schlug er den Weg nach seinem eigenen Zimmer ein. –

Henry war Atkins allerdings am Fuße der Treppe begegnet, die zu ihrer Wohnung führte, aber er hatte sie nicht erstiegen. Er lenkte, nachdem er die Fragen seines Gefährten in einer Weise zurückgewiesen, die die halb entschlummerte Besorgniß desselben wieder hell aufflammen ließ und ihn zu jener Unterredung mit Fernow trieb, seine Schritte nach dem Zimmer des französischen Hausmeisters, das ihm einer der Soldaten bezeichnete.

Der Hausmeister, ein alter Mann mit einem scharfen klugen Gesicht und blitzenden dunkeln Augen, saß am Tische bei der brennenden Lampe und blätterte in seinen Büchern. Er sah finster auf, als die Thür geöffnet ward, aber der verbissene Ingrimm, der in seinen Zügen stand, und mit dem er Jedem begegnete, der zu der feindlichen Einquartierung gehörte, milderte sich in etwas, als er den Fremden erkannte. Er wußte bereits, daß die Reisenden Amerikaner seien, denen nur die Unmöglichkeit, im Dorfe ein Unterkommen zu finden, das Nachtlager im Schlosse verschafft hatte; waren sie auch Gäste des Feindes, sie gehörten doch wenigstens nicht der verhaßten Nation an, und die finstere Zurückhaltung, die Alison heut’ Nachmittag im Kreise der Officiere gezeigt, und die der Franzose zu beobachten Gelegenheit gehabt, gereichte ihm bei diesem noch besonders zum Vortheil. Er stand auf und ging ihm höflich, aber dennoch mit einer gewissen kalten Zurückhaltung entgegen.

„Womit kann ich dienen, Monsieur?“

Henry schloß vorsichtig die Thür hinter sich und warf einen Blick durch das Zimmer. Hätte Walther jetzt dies Gesicht beobachten können, wo jede Muskel sich spannte in eiserner Willenskraft, vielleicht hätte er die Warnungen Atkins’ doch mehr beachtet.

„Ich habe Wichtiges mit Ihnen zu sprechen. Sind wir hier unbelauscht?“

Der Franzose wurde aufmerksam. „Vollkommen! Das Zimmer hat, wie Sie sehen, nur diesen einen Ausgang.“

Henry trat näher zum Tische und winkte dem Alten, ihm zu folgen, er dämpfte seine Stimme bis zum Flüstern.

„Sie wissen vermuthlich, daß man uns die Weiterreise versagt. Meine Gefährten haben sich darein ergeben, die Nacht hier zu bleiben, ich aber muß jedenfalls heut’ Abend noch in’s Gebirge.“

„Das ist unmöglich, Monsieur!“ sagte der Franzose artig, aber kalt. „Die Preußen halten die sämmtlichen Eingänge besetzt, ohne ihre Erlaubniß gelangt Niemand auf die Bergstraße.“

Henry fixirte ihn scharf und prüfend. „Und wüßten Sie nicht dorthin zu gelangen, trotz der Posten, wenn Ihnen daran läge, wenn es etwa irgend eine Nachricht an die Franctireurs ins Gebirge gälte?“

Der Franzose streifte ihn mit einem scheuen forschenden Seitenblick.

„Ich sage Ihnen ja, Monsieur, daß alle Eingänge besetzt sind!“

„Es giebt immer Schleichwege in’s Gebirge,“ sagte Henry mit Bestimmtheit, „die dem Feinde nicht bekannt sind, und die die Einwohner um so besser kennen und benutzen. Erst am Nachmittage hörte ich von den Officieren die Vermuthung aussprechen, daß trotz der schärfsten Bewachung doch eine geheime Verbindung zwischen dem Dorfe und den Bergen bestände, es wird also auch hier einen solchen Weg geben.“

„Möglich! Ich kenne keinen.“

Statt aller Antwort zog Henry seine Brieftasche hervor, nahm eine Banknote heraus und hielt sie schweigend dem Alten hin. Dieser mußte den Werth des Papiers kennen, und es mußte ein ungeheurer sein, denn er blickte erschrocken zu dem Amerikaner empor.

„Der Preis des Weges!“ sagte dieser kurz.

Der Franzose trat mit vollster Entschiedenheit zurück. „Ich lasse mich nicht erkaufen, Monsieur.“

Henry legte ruhig die Banknote auf den Tisch. „Von den Deutschen nicht! das nehme ich von vornherein an! Sie könnten Ihnen das Zehnfache dieser Summe bieten, es wäre vergebens. Ich gehöre aber nicht zu ihnen und bin auch ihr Freund nicht. Wäre das, was ich vorhabe, für sie, ich würde Erlaubniß haben, durch ihre Posten zu gehen. Daß ich gezwungen bin, Ihre Hülfe zu suchen, mag Ihnen beweisen, daß Sie als Franzose diesen Verrath auf sich nehmen können. Mir dürfen Sie den Weg nennen.“

Das Argument war richtig, nur die herrische Bestimmtheit, mit der der Amerikaner auftrat, verfehlte ihren Eindruck nicht auf den Alten, dennoch gab er seine vorsichtige Zurückhaltung noch nicht auf.

„Monsieur wollen allein in’s Gebirge?“

„Gewiß.“

„Und gerade heute Nacht? So wissen Sie vielleicht auch, was – Sie dort finden werden.“

(Fortsetzung folgt.)
[377]

Im Gestüte des polnischen Starosten.
Originalzeichnung von A. Gierynski.

[378]
Im Schatzamte von Washington.
(Schluß.)
Die falschen Cassenscheine und die Mängel des amerikanischen Papiergeldes. – Von dem ungeheuren Geldumsatz im Schatzamte. – Neun Millionen durch Zufall verlegt. – Eine geheimnißvolle Geschichte. – Mitten in der Versuchung und doch ehrlich. – Die Photographie im Dienste der Gerechtigkeit. – Schlußwort über den Charakter der Amerikaner.


Ich blieb nur kurze Zeit in diesem Bureau. Es war beschlossen worden, das Papiergeld in der Treasury selbst zu machen, und man traf alle Vorbereitungen dazu. Ich hatte schon früher die nähere Bekanntschaft eines Registrators gemacht, eines Herrn Chittenden von Vermont, der sich sehr freundlich für mich interessirte. Als er von mir erfuhr, daß ich mich viel mit Galvanoplastik und anderen Dingen beschäftigt hatte, welche mit der Fabrication von Papiergeld in Verbindung standen, wußte er es bei dem Minister zu bewirken, daß ich in das Currency Bureau versetzt wurde.

Nach kurzer anderweitiger Beschäftigung, die hauptsächlich darin bestand, den Plan für ein galvanoplastisches Atelier auszuarbeiten, wurde mir ein Pult in einem der Reportirzimmer der Treasury angewiesen. Diese Zimmer hingen zusammen mit den Sälen, in denen die Mädchen saßen, welche die Banknoten numerirten oder zerschnitten und packten etc. Das Zimmer, in welchem ich mein Pult hatte, war, wie gesagt, eines der Reportirzimmer und die Arbeit, die darin vorgenommen wurde, interessirte mich sehr.

Da eine Stahlplatte nicht viel mehr als zehntausend gute Abdrücke aushält und es sehr kostspielig sein würde, sie immer wieder neu zu stechen, was außerdem eine bedeutende Verschiedenheit in den Noten hervorbringen würde, so mußte man darauf bedacht sein, die Platten auf andere Weise zu vervielfältigen. Ich würde jedenfalls Kupferplatten und die Vervielfältigung auf galvanoplastischem Wege gewählt haben; allein es wurde ein anderer eingeschlagen. Die Vorder- oder Rückseite einer Banknote wurde in eine weiche Stahlplatte gravirt, die Platte dann gehärtet und der Reportirmaschine überliefert. Vermittelst dieser sehr sinnreich construirten Maschine – deren gegen zwanzig in der Treasury waren – wurde eine Walze von weichem Stahl mit ungeheurem Druck über die Oberfläche der gehärteten gravirten Stahlplatte gepreßt, so daß der Abdruck der Gravirung erhaben auf der Walze erschien. Diese Walze wurde nun gehärtet und vermittelst derselben Maschine über leere, weiche Stahlplatten gepreßt und auf diese Weise immer neue Platten für den Druck erzeugt. So accurat diese Arbeit auch gemacht wurde, so erforderte sie doch stets einiges Nachbessern und die so gewonnenen Platten, besonders die großen für die Bonds, wurden dadurch ziemlich theuer.

Was mir in diesem Zimmer auffiel, war die Sorglosigkeit, mit der man in Bezug auf die Sicherheit verfuhr, denn es waren gar keine Maßregeln gegen etwaige Betrügereien getroffen. Die an den Reportirmaschinen beschäftigten Leute waren meistens gewöhnliche Arbeiter, obwohl sie etwa hundert Dollars den Monat erhielten, allein ich kann nur sagen, daß sie sehr fleißige, bescheidene, anständige und ehrenhafte Männer waren. Es kontrolirte sie Niemand und es wäre ihnen ein Leichtes gewesen, irgend welche Platte für sich selbst zu reportiren, denn das Hinwegbringen einer solchen kleinen Platte in der Tasche hatte gar keine Schwierigkeit, da Niemand beim Ausgang untersucht wurde, ausgenommen jene Personen, die verhüllte Pakete wegtrugen. Ein solcher Betrug fiel den Leuten gar nicht einmal ein, bis getroffene einfältige Maßregeln sie darauf aufmerksam machten und zugleich ihren Zorn erregten. Es wurden nämlich später in diesen Zimmern zwei Leute angestellt, welche die Platten zählten, die aus den eisernen Spinden am Morgen genommen und am Abend wieder hineingeschlossen wurden. Das nützte gar nichts, denn vor den Augen der Aufseher, die von dem Geschäft nicht das Geringste verstanden, hätten die Arbeiter für sich selbst Platten abdrucken können. Später hörte ich denn auch, daß falsche Banknoten in Circulation waren, welche von Originalplatten gedruckt sein mußten.

In der Druckerei verfuhr man am Anfang, als ich noch oben war, mit derselben Sorglosigkeit. Die gedruckten Noten und die Platten wurden in ganz gewöhnliche hölzerne Schränke geschlossen und zu dem Innern, wo die Bogen getrocknet wurden, hatte man leicht Zutritt. Ich weiß auch, daß einige Drucker auf gewöhnlichem Papier für sich Abzüge machten, was vom Publicum nicht zu entdecken war, da das Papier alle Augenblicke geändert wurde.

Es würde mich hier zu weit führen, wollte ich die Mängel des amerikanischen Papiergeldes und die Gründe aufzählen, weshalb Fälschungen desselben vom Publicum so schwer zu entdecken sind. Einige Bemerkungen mögen genügen. Die grüne Farbe ist bald dunkel, bald hell; die Stempel und Nummern stehen nicht auf allen Noten an derselben Stelle – kurz, die Noten desselben Werthes sind untereinander verschieden. Die Figuren in der Zeichnung sind außerordentlich künstlich und sehr schwer nachzumachen; allein wenn die Note nicht mehr neu ist, erkennt man sie kaum. Auch das Papier ist nicht immer gleich. Die größte Sicherheit gewähren noch immer die auf den Noten befindlichen feinen Stahlstiche, welche historische Scenen oder Personen darstellen, denn es erfordert schon einen bedeutenden Künstler, sie nachzumachen. Allein trotzdem hat man sie wenigstens so nachgemacht, daß das gewöhnliche Publicum dadurch getäuscht wurde. – Man hält in Amerika nicht Jeden fest, der eine falsche Note im Besitz hat; wird dieselbe an der Casse der Treasury als falsch erkannt, so drückt der Beamte ganz ruhig einen Stempel mit „Fälschung“ darauf und giebt sie zurück. Selbst Beamte der Treasury erkennen nicht leicht solche Fälschungen. Ein Freund in der Stadt hatte von auswärts eine Fünfzigdollarnote erhalten, die sehr hell aussah. Er zeigte sie mir und fragte, ob sie echt sei. Da ich häufig solche helle Noten gesehen hatte, so hielt ich sie für gut, erbot mich aber, in der Treasury Erkundigungen einzuziehen. Ich zeigte die Note dem Superintendenten der Druckerei: er erklärte die Note für gut, wollte aber doch lieber den Kupferstecher fragen, welcher das auf diesen Noten befindliche Portrait gestochen hatte; der Künstler erklärte die Note für falsch, und als ich durch eine starke Loupe die Portraits verglich, wurde die Fälschung augenscheinlich.

Auch in dieser Stellung sollte ich nicht lange verweilen. Ja, ich sah mich sogar in Folge von Mißverständnissen und Zwistigkeiten gezwungen, meinen Platz in der Treasury ganz zu räumen, bis mir Herr Field, der Assistenz-Finanzminister, ein sehr angenehmer Mann, der als Attaché verschiedener Gesandtschaften zwölf Jahre in Europa gelebt hatte und mit dem ich sehr befreundet war, eines Tages mittheilte, daß ich meinen Platz im Bureau der Anlehen als erster Correspondent finden sollte. Ich lachte laut auf und rief: „Um des Himmels willen, Herr Field, ich verstehe auch nicht das Allergeringste von Staatspapieren.“

„Ach was,“ antwortete er, „das lernen Sie in vierzehn Tagen.“

Das Bureau der Anlehen befand sich in einem langen Saal. Wenn man von dem hellen Corridor durch die in der Mitte angebrachte Thür ging, trat man in einen Raum, welcher durch eine brusthohe Barrière abgegrenzt war, und in welcher Stühle etc. für die Wartenden standen und die Boten und Pagen sich aufhielten. Der Thür gerade gegenüber stand der Schreibtisch des Clerks in Charge, des mit der Leitung des Bureaus beauftragten Clerks vierter Classe. Links von ihm war der Schreibtisch eines andern Clerks vierter Classe; rechts stand mein Schreibtisch, getrennt von dem des Chefs durch einen hohen eisernen Geldschrank. Rechts und links voll diesen drei Schreibtischen standen zwischen den Fenstern Doppelpulte, und durch die Mitte der Abtheilung rechts lief ein langer und breiter Tisch, an welchem gleichfalls männliche und weibliche Clerks beschäftigt waren. An den Wänden waren Glasschränke angebracht, in welchen die wohlgeordneten Papiere und die Bücher des Bureaus aufgehoben waren. In dem Saal mochten etwa fünfzig Beamte beschäftigt sein, welche der Chef sämmtlich wohl übersehen konnte. Der Raum war keineswegs beengt, und der hohe und elegante Saal war sehr luftig und angenehm selbst im heißen Sommer. Die Einrichtung war elegant und den Fußboden des ganzen langen Saales bedeckte ein schöner Brüsseler Teppich.

Mein Chef war ein noch junger Mann von nicht eben feiner gesellschaftlicher Bildung, aber durchaus tüchtig in seinem Fach, [379] der bis zur Erschöpfung arbeitete. Auf ihm lag in der That eine ungeheure Last und, um sich aufrecht zu erhalten, brauchte er mehr stimulirende Mittel, als für seine Gesundheit gut war. Da er nie Zeit und daher wenig Geduld hatte und nebenbei ein wenig stotterte, so wurde ich durch seine Erklärungen über die Mysterien der Siebendreißiger und Fünfzwanziger nicht viel weiser und beantwortete häufig die Briefe, die er mir vorlegte, ohne eigentlich recht zu verstehen, was ich geschrieben hatte. Das war mir äußerst unbehaglich und nach vierzehn Tagen fragte ich meinen Chef, ob er denn wirklich mit meinen Leistungen zufrieden sei. Zu meinem Erstaunen sagte er, daß es ganz gut gehe, und ich nahm die Stelle definitiv an.

Das Leben in diesem Bureau war mir neu und interessant, denn die verschiedensten Fragen wurden abgehandelt und den ganzen Tag kamen Leute, denen der Chef Auskunft geben mußte, was immer mit Höflichkeit und Geduld geschah. Ueberhaupt herrschte in dem Bureau unter allen Clerks ein sehr angenehmes Verhältniß. Man war immer guter Laune und es ward sehr viel gearbeitet.

Die ungeheuern Summen, die hier beständig gehandhabt wurden, erregten die Phantasie. Eine Million war mir bald gar nichts mehr, denn ich hatte manchmal, wenn Coupons fällig waren, eine Anweisung für ein paar Millionen Gold in einen Brief einzuschließen, den ich mit derselben Gleichgültigkeit in den Briefkasten unseres Bureaus warf, als ob er einen Thaterschein enthalten hätte.

Wir mußten um neun Uhr in unserm Bureau sein und bis vier Uhr bleiben. Um halb Vier packten die Clerks die Banknoten, mit denen sie beschäftigt waren, zusammen und legten die Pakete auf meinen Tisch, weil dieser dem Geldschrank zunächst war, in welchen sie der Chef später einschloß. Ein solches Päckchen Siebendreißiger, welches man ohne besondere Schwierigkeit hätte in die Tasche stecken können, enthielt allein neun Millionen in Fünftausend-Dollarnoten. Das Päckchen war einst verschwunden und fand sich endlich hinter mir auf dem Fensterbrett, wo es ein Clerk zufällig mit einem Rock zugedeckt hatte.

Die Briefe, die ich zu schreiben hatte, waren oft sehr interessant und ich erinnere mich eines, der mit einem mysteriösen Vorfall zusammenhing, der nie aufgeklärt wurde. – Die nach Californien zu sendenden Gelder gingen zu Schiff nach Aspinwall und wurden von da über die Landenge von Panama spedirt. Jede solche Sendung wurde in eine eiserne Geldkiste gepackt und zwei Clerks anvertraut, die sie nach Californien begleiten mußten. Diese Clerks hatten die Instruction, die Kiste in ihrer Cabine zu behalten, und einer von ihnen sollte stets dabei bleiben. Uebernahm jedoch der Schiffscapitäin die Verwahrung der Kiste, so war das gestattet. Eine solche Sendung mit etwa einer Million in Tresorscheinen und noch mehr in Siebendreißigern war unter der Aufsicht von zwei Clerks abgeschickt worden. Nach einiger Zeit erhielten wir von einem derselben einen Brief, datirt von „Riff Roncador“, welcher uns mittheilte, daß das Schiff auf dieses im mexicanischen Meerbusen gelegene Riff gelaufen sei, und daß man die Geldkiste mit anderen Dingen, um das Schiff zu erleichtern, über Bord geworfen habe. Sein Camerad sei nach New-Orleans abgereist, allein er habe es vorgezogen, auf dem Riff zu bleiben, um zu sehen, ob die Kiste nicht aus dem Grunde heraufgeholt werden könne. Instructionen des Ministers gemäß antwortete ich dem treuen Beamten in der allerschmeichelhaftesten Weise und zugleich wurden von mehreren der nächsten Häfen Schiffe nach dem Riff beordert, um die Geldkiste womöglich herauszuholen. Nach etwa sechs oder acht Wochen wurde dieselbe auch wirklich wieder an das Tageslicht befördert; allein sie war offen und – leer? Nicht ganz.

Die Seegötter, die diesen Schatz hoben, wußten, daß alle Siebendreißiger Noten nebst ihren Käufern in unsern Büchern notirt waren und daß es gefährlich war, sie umzusetzen; sie begnügten sich daher vernünftiger Weise mit den Greenbacks, die wie unsere Tresorscheine au porteur zahlbar sind. Von der Million hat sich meines Wissens keine Spur wiedergefunden und man fand nicht für gut, die Geschichte an die große Glocke zu hängen. Menschenleben waren bei der Affaire nicht zu Grunde gegangen. Das wahrscheinlich gut versicherte Schiff lief mit außerordentlicher nautischer Geschicklichkeit auf den Felsen und es war Zeit genug zur Rettung der Mannschaft. – Die Siebendreißiger, die in ihren versiegelten Couverten sechs bis acht Wochen auf dem Meeresgrund gelegen hatten, kamen wieder in unserem Bureau an. Das Seewasser hatte nicht einmal die Adressen unleserlich gemacht; allein die grüne Farbe der Noten war denn doch schwarz geworden und sie mußten durch neu gedruckte ersetzt werden.

Die Correspondenz in einem Fach, welches ich nur unvollkommen verstand, wurde mir indessen mit der Zeit unangenehm und ich war froh, als sie mir ein Freund abnahm, der mehrere Jahre im Bureau gearbeitet hatte, und ich eine andere Beschäftigung erhielt.

Die Regierung kaufte oder verkaufte gegen andere Papiere die Zins-auf-Zins-Noten (compound interests) und eben so Siebendreißiger, d. h. Noten, welche sieben Dollars dreißig Cents für hundert Dollars Zinsen trugen. Alle Morgen erhielt ich nun die von den verschiedenen Unterschatzmeistern ankommenden versiegelten Pakete mit der Aufgabe, sie zu öffnen, die Rechnungen zu prüfen und zugleich das Geld nicht nur zu zählen, sondern auch dabei nachgemachte oder verfälschte Noten zu entdecken. Nachgemachte Siebendreißiger existirten damals nicht, allein verfälschte in Menge. Gestohlene Noten konnten nicht leicht verkauft werden, da ihre Nummern sogleich bekannt gemacht wurden, deshalb veränderten die Diebe irgend eine Zahl in der Nummer, was oft mit großer Geschicklichkeit geschah und bei dem beschmutzten Zustand der Noten nicht leicht zu entdecken war. Es gab keine kleineren als Fünfzig-Dollar-Noten, und da stets ziemlich viel Eintausend-Dollar-Noten mitkamen, so brachte ich es schon fertig die tägliche Sendung zu revidiren. Ich zählte und prüfte zugleich, wenn ich in Zug war, tausend Noten in fünf Minuten; allein es war eine sehr anstrengende Arbeit, welche die Nerven angriff, da man so schnell und scharf jede Note zu betrachten hatte. Ueberdies warteten Dutzende von Clerks auf das Fortschreiten meiner Arbeit, weil sie erst anfangen konnten, wenn ich fertig war, und ich beeilte dieselbe so viel als nur möglich.

Ich war oft todtmüde, wenn ich mein „correct, O. v. C.“ unter die verschiedenen Rechnungen geschrieben hatte und die Noten in das Zimmer bringen ließ, wo sie ungültig gemacht, das heißt mit einer Maschine in eigenthümlicher Weise durchbohrt wurden. War dies geschehen, dann kamen sie in die Hände der Damen und der Clerks, welche die Nummern in die Bücher zu tragen hatten.

In Deutschland hat man die eigenthümlichsten Ansichten in Bezug auf die Ehrlichkeit von Amerikanern und ist geneigt, jedem Amerikaner sehr laxe Begriffe in Bezug auf Mein und Dein zuzuschreiben. Es ist allerdings wahr, daß dort mancherlei Betrügereien vorkommen und daß Beamte sich häufig kein Gewissen daraus machen, „Onkel Sam“ zu übervortheilen. Es giebt indessen auch genug unredliche Beamte in Deutschland und es würde wahrscheinlich noch mehr als in Amerika geben, wenn die Sorglosigkeit ebenso groß wäre. Ich will hier indessen nur von meinen Erfahrungen in der Treasury reden und muß sagen, daß es mich höchlich in Erstaunen gesetzt hat, so selten von Veruntreuungen zu hören, da die Sorglosigkeit so groß war und die Versuchung dadurch bedeutend verstärkt wurde. Um eine Million von einem Platz zum andern zu schaffen, würde man bei uns womöglich eine Compagnie Soldaten zur Escortirung aufbieten: in Washington denkt man nicht einmal an solche Vorsicht.

Mein Chef legte eines Tages ein großes Bündel auf meinen Tisch und sagte: „Bitte, sehen Sie doch einmal, was in dem Bündel ist, welches sich wer weiß wie lange in dem Schrank herumtreibt.“ – Es waren etwas über eine Million Banknoten – Siebendreißiger, alle in Blanco, also au porteur – die größtentheils nicht einmal zerschnitten, sondern noch in ganzen Bogen waren. Aus zufälligen Anzeichen erkannte ich, daß sie von dem großen Banquier Jay Cook kamen, dessen Geschäft der Treasury gerade gegenüber liegt. Ich rief also einen Pagen und befahl ihm, das Bündel hinüberzutragen, damit die Noten dort mit dem Stempel der Firma versehen würden. Der Knabe nahm das ungezählte Paket auf die Schulter, trug es hinüber und ich erhielt es in derselben Weise zurück, ohne daß Jemand das Geringste dabei dachte.

Diebstähle kamen wirklich ganz außerordentlich wenige vor und erzeugten stets eine sehr bedeutende Aufregung und Entrüstung. Im Bureau der Anlehen, wo die Versuchung in der That erst recht groß war, kamen, so lange ich denken kann, nur zwei [380] Fälle vor. Der eine Dieb war leider ein Deutscher, der andere ein Amerikaner, der sich durch Spiel und Trunk ruinirt hatte.

Dieser Mann hatte dasselbe Geschäft wie ich. Während ich die großen Summen von den Assistenz-Schatzmeistern erhielt, gingen an ihn die von Privatpersonen, meistens kleinere Beträge. Ich hatte nichts mit ihm zu thun und nicht zwanzig Worte gewechselt. Er lief mit einigen dreißigtausend Dollars davon, als er befürchtete, daß seine Unterschleife entdeckt werden möchten.

Man hatte keine Photographie von ihm und war in Verlegenheit die Verfolgung einzuleiten. Unter diesen Umständen, erinnerte sich mein Chef der Carricaturen und Portraits, die er zu Zeiten auf dem schönen Bogen Löschpapier gesehen hatte, der auf meinem Pulte lag, und fragte mich, ob ich wohl im Stande sei, den Dieb aus dem Gedächtniß zu portraitiren. Ich ging sogleich nach Hause und malte den Kerl in Oel. Als ich das Portrait in unser Bureau brachte, schrie Alles auf, denn der Dieb war gut getroffen. Das Portrait wurde noch naß in das Polizeibureau geschickt, gleich photographirt und durch die ganzen Vereinigten Staaten geschickt.

Als ich einige Wochen darauf eines Morgens vor neun Uhr nach der Treasury ging und eben das National-Hôtel passirt hatte, kam ein Negerkutscher hinter mir her und sagte, daß ein Herr, der im Wagen sitze, mich zu sprechen wünsche. Am Schlag des Wagens stand ein Herr in Reisecostum mit hohen Stiefeln. Der Herr im Wagen redete mich an: „Bitte, sagen Sie doch Herrn Andrews, daß er gleich hierher kommt.“ Andrews war mein damaliger Chef und ich fragte, welchen Namen ich nennen solle. Der Herr sah mich erstaunt an und nannte seinen Namen. Es war mein College, der mit den dreißigtausend Dollars davongelaufen war und den ich gemalt hatte! Das Abschneiden seines Schnurrbartes, aber noch mehr Gewissensbisse und Sorge hatten ihn so verändert, daß ich ihn nicht erkannte!

Bei uns straft man Diejenigen, welche sich an öffentlichen Cassen vergreifen, ganz besonders hart; in Amerika scheint man ein durchaus anderes Princip zu befolgen. Man scheint, und mit Recht, die große Versuchung in Betracht zu ziehen, welcher die Beamten in der Treasury ausgesetzt sind, eine Versuchung, welche durch die anscheinende Sorglosigkeit noch vermehrt wird, und die Strafe fällt daher meistens verhältnißmäßig milde aus. Trotzdem kamen, wie gesagt, Diebstähle in der Treasury sehr selten vor und die Berechnung der Regierung ist ganz richtig, daß ein System der Bewachung und Vorsicht, wie es in Europa für nöthig gehalten wird, mehr als doppelt so viel kosten würde, als gestohlen wird.

Ich war sechs Jahre in Amerika und bin nun ein Bürger der großen Republik. In dieser Zeit sind alle die Vorurtheile verschwunden, welche ich in Bezug auf den Charakter der Amerikaner mit hinüber brachte, und haben aufrichtiger Achtung und Bewunderung Platz gemacht. Man findet in Europa allerdings mehr gesellschaftliche Abgeschliffenheit, feinere Manieren, gebildetere Sprache und bei weitem bessere Schulbildung; allein diese Politur kann wohl die äußere Erscheinung der Menschen verbessern, ist aber nicht maßgebend für den inneren Werth, den natürlichen Charakter. Ich habe in verschiedenen Ländern gelebt, muß aber aufrichtig gestehen, daß ich die Amerikaner mehr achte und bewundere, als irgend welche andere Nation. Politische und sociale Verhältnisse haben einen außerordentlich großen Einfluß auf den Charakter eines Volkes.

Im Charakter der Amerikaner – öffentlichen und privaten – ist keine Spur von Kleinlichkeit. Ein Jeder fühlt sich sein eigener Herr und über ihm steht Niemand, als das Gesetz, welches er sich selbst gegeben hat als ein Theil des souveränen Volkes. Dies Gefühl und die daraus folgenden Ideen können die Deutschen nicht haben, und deshalb verstehen die Deutschen die Amerikaner nicht und umgekehrt. Aeußerlichkeiten fallen zunächst in die Augen, und danach beurtheilt man sich – falsch.

Ich schließe mit dem Wunsch, daß die Deutschen den Amerikanern und die Amerikaner den Deutschen recht bald ähnlich werden möchten, – in ihren beiderseitigen guten Eigenschaften und deren Ursachen: einerseits Freiheit, andererseits Bildung. –
Corvin.




Ein Abend bei Meister Schwind auf der Wartburg.


Am Abend des 16. August 1855 trat eine muntere Reisegesellschaft, Künstler und Kunstfreunde, aus der romantischen Waldschlucht des Annathales bei Eisenach hervor.

Die Sonne, welche den Tag über die reichsten Goldströme über Berge und Thäler ausgegossen hatte, ließ ihre letzten Strahlen mit sanftröthlichem Schimmer auf dem Marienthale weilen, so daß Fels und Wald wie von Purpurschleiern umflossen schienen. Die Reisegesellschaft stieg die Kunststraße verlassend einen Bergpfad zur Wartburg empor.

„Die Wartburg,“ sagte Ludwig Bechstein, der bekannte Sagendichter, der mit in der Gesellschaft war, „ist für mich, was Mekka für den gläubigen Muselmann ist. Sie ist ein Wallfahrtsort zu meiner Lieblingsheiligen – der Romantik. Ein Mal wenigstens im Jahre muß ich diese Wallfahrt unternehmen. Heute aber treibt mich zu meiner Wallfahrtshöhe auch das Verlangen, den wackern Meister Schwind dort zu treffen, mit dem ich in München herrliche, der Kunst, der Freundschaft und der Freude geweihte Stunden verlebt habe. Und da es ein Hauptzweck unserer Reise ist, die Bildwerke in Augenschein zu nehmen, mit welchen der echt deutsche Farbenmeister die in aller Pracht und Herrlichkeit ihrer Urgestalt wieder erstehende Landgrafenveste schmückt, so wäre es Euch vielleicht nicht unlieb, etwas Näheres über sein urkräftiges, kerniges Wesen und seine geistige Eigenthümlichkeit zu vernehmen.“

„Als ich zu Ostern 1830,“ fuhr er fort, „die Universität der süddeutschen Kunstmetropole bezog, nahm ich großes Interesse an der durch König Ludwig’s Kunstsinn zu hoher Blüthe sich entfaltenden deutschen Malerei, als an einer zweiten culturhistorischen Errungenschaft der Neuzeit, welche sich der herrlichen Blüthenperiode unserer neuen deutschen Nationalliteratur so würdig zur Seite stellte. Bald wurde ich mit den hervorragendsten Künstlern bekannt und namentlich mit Schwind dadurch befreundet, daß er mein episches Gedicht ‚Faustus‘ mit genialen Zeichnungen illustrirte.

Wie sein erster Lehrer, Schnorr von Carolsfeld, der im Verein mit mehreren gleichgesinnten Künstlern die fromme Innigkeit und volksthümliche Wärme, die ihm aus den altdeutschen Mustern entgegenwehte, eine Verwebung der Kunst mit dem ganzen Sein des deutschen Volkes anstrebte, zu diesem Streben auch seinen talentvollen Schüler Schwind begeisterte, das werden wir dann am besten von dem Meister selbst hören. Was dies sein Wesen und seine geselligen Tugenden betrifft, so werdet Ihr einen echt deutschen, kernhaften Charakter mit romantischem Anhauch finden, aus dem vor Allem die Tüchtigkeit und Gediegenheit des ganzen Wesens als erster Grundzug Einem entgegentritt. Von ganzer Seele ist ihm jene schimmernde Halbheit und Hohlheit zuwider, der Alles nur auf den Schein ankommt. Daraus geht die Schlichtheit und Einfachheit seiner ganzen Lebensweise, seine Offenheit und Biederkeit in Wort, und That hervor. Im Gespräch ist er heiter, beweglich, stets schlagfertig und spricht gern in bayerischer Mundart, wobei jedoch hie und da Oesterreichisch durchklingt. Wo er aber freilich jener windigen Gesinnung begegnet, die ihre innere Werthlosigkeit hinter seiner Sitte und kalter Höflichkeit zu verbergen strebt und namentlich verkehrte Urtheile über die Kunst ausspricht, da tritt er mit einer Entschiedenheit auf, die bis zur rücksichtslosen Derbheit sich steigern kann. Ja, was Dich betrifft, Langenberg,“ wandte sich der Sprechende zu einem seiner Begleiter, „so will ich Dich ihm nicht einmal als Geistlichen vorstellen; er liebt als strenger Katholik die protestantischen Geistlichen nicht und verfolgt sie auch wohl mit seinem Spott.“

Währenddeß hatten die Schatten der Nacht ihre Flügel über das Waldmeer ausgebreitet. Da rief von Liliencron, der damalige Cabinetsrath des Herzogs Bernhard und jetzt als Mitglied der historischen Commission in München vielgenannt: „Jetzt aber lasset uns unsere Schritte beschleunigen, es droht uns Gefahr,

Denn dort in der Berge Ferne
Scheint ein Wetter aufzuziehen.“

[381] Bald sahen sich die Reisenden von den ersten Blitzen umzuckt und erreichten mit knapper Noth noch vor dem vollen Ausbruch des Unwetters die schützende Burg. Man stieg die Stufen hinauf und trat in das freundlich erleuchtete Gastzimmer, wo der Burgcastellan Wolf die Gäste auf’s Freundlichste willkommen hieß.

Welch ein Schauspiel, welch ein großartig erhabenes Schauspiel eröffnete sich jetzt! Ueber, neben und tief unter der Burg zuckten die blutrothen Blitze. Manchmal öffnete sich nach Westen der Himmel und warf gleich einem feuerspeienden Berge ganze Gluthmassen hervor, so daß das unten liegende Eisenach taghell erleuchtet erschien. Dazu erdröhnten Donnerschläge, von denen die tiefsten Grundfesten der alten Landgrafenburg erschüttert zu werden schienen.

Mittlerweile war der echt ritterliche Commandant der Burg, Major v. Arnswaldt, herbeigekommen, den Bechstein in einer seiner Novellen als Ritters- und Burgmann Bernhard v. Swandtlar geschildert hat, der „in Kampf und Minne gleich erprobt eine Freude hatte an allem Hohen und Edlen, viel schöner Künste pflag, die Laute und Cither wohl zu schlagen und mit süßen Melodeien zu begleiten verstund, auch manch trefflich Gemäl und Bildwerk meisterlich herfürbracht“. An seiner Hand Meister v. Schwind, eine kräftige gedrungene Gestalt von mittlerer Größe, zu behaglicher Wohlbeleibtheit hinneigend. Auf dem kurzen Halse ein schöner, ausdrucksvoller Kopf. Die frische Röthe seines Gesichts zeugte von blühender Gesundheit, die großen, hellen ausdrucksvollen Augen, mit buschigen Brauen umgeben, von einem ebenso klaren als tiefen Auffassungsvermögen. Den schön geschnittenen Mund umschattete ein buschiger Schnurrbart, die hohe breite Stirn war von einer reichen Fülle kastanienbrauner Locken umwallt, aus denen jedoch schon hier und da ein Silberblick durchschimmerte. Im Kinn ein Grübchen.

Von den Angekommenen waren dem Meister Baron v. Liliencron und Langenberg persönlich noch nicht bekannt; Bechstein stellte sie vor, Letzteren mit den Worten: „Mein Freund Langenberg, ein Gelehrter!“

Da fuhr der Meister fast wie erschrocken zurück. „Was, ein Gelehrter?“ Und Langenberg scharf fixirend, fuhr er fort: „Ein Gelehrter? Na, da schaun Sie viel zu vernünftig dazu aus.“

„Ich bin es auch keineswegs,“ entgegnete Langenberg, „und wußte wohl, daß Sie sich durch den Scherz unseres Freundes Bechstein nicht würden täuschen lassen; denn Sie wissen von Ihren Studien für die Bilder in Karlsruhe gar wohl, wie ein rechter Gelehrter aussehen muß.“

Das Gespräch kam bald in guten Fluß und da äußerte u. A. Schwind:

„Sehn Se, ich kann durchaus nit all’ die widrigen und lästigen Wartburgsbesucher in gleicher Weis’ empfangen. Die Allermeisten führt doch nit Kunstlieb’ und Kunstsinn in mein Atelier, sondern bloße pure blanke Neugier. Da kommen sie von Reußen und Preußen und wie ihre Vaterländer alle heißen mögen, und geh’n z’erst unten zum Elephanten (es war damals eine wandernde Menagerie in Eisenach) und dann herauf zu mir.“

„Sie sehen,“ erwiderte Langenberg, „welche rühmliche Ausnahme ich mache, ich bin heute gleich zu Ihnen heraufgekommen und gehe morgen erst zum Elephanten.“

Indessen war noch ein gar liebenswürdiger Wartburgsgenosse herbeigekommen, ein junger talentvoller Baukünstler, Bau-Inspector Dittmar, seit 1851 die unermüdet thätige rechte Hand Ritgen’s bei Ausführung des Restaurationsplanes, und zugleich hatte Johann, des Herrn Commandanten Diener, aus einem Flaschenkorbe die schweren und leichten Geschütze auf dem Tische aufgepflanzt. Dann begann die Tafelrunde mit dem Gesange des Liedes:

„Wohlauf noch getrunken den funkelnden Wein!“

Scherz und Ernst würzten, wie bei Platon’s Symposion anmuthig abwechselnd, die Unterhaltung, zu deren Belebung sämmtliche Ritter der Tafelrunde, jeder nach der ihm verliehenen Gabe, redlich das Ihre beitrugen. Der Burgcommandant durch seine reiche und feine Welt- und Menschenkenntniß, Bechstein durch die ihm eigenthümliche gemüthreiche Auffassung und poetische Darstellungsgabe, Herr v. Liliencron[1] durch seine ebenso reiche als feine Kunstkenntniß, Dittmar durch seine genaue Kenntniß des Restaurationsplanes und dessen Ausführung, Maler Müller durch seine originellen Einfälle und Langenberg durch seine historischen Erläuterungen, während Meister Schwind durch seinen unerschöpflichen, in glänzenden Cascaden aufsprudelnden Humor das Meiste zur allgemeinen Erheiterung beitrug.

Bechstein begann also zu Schwind: „Ich habe unsern Freunden vorhin im Heraufsteigen andeutungsweise Einiges aus Deinem Leben erzählt. Nun aber möchten wir von Dir nähern Ausschluß über Dich selbst von Deiner Geburt an hören.“

Schwind erwiderte: „Von meiner Geburt weiß ich im Grund blitzwenig zu erzählen, aus eigener Anschauung gar nichts, hab’ Alles nur von Hörensagen. Daß ich aber geboren bin, das steht fest, und zwar, wie sie mir gesagt haben, in Wien am 21. Januar 1804.[2] Drum häng’ ich auch mit Leib und Seel’ an der Metropol’ am Donaustrand, und so oft ich das Liedel hör’ mit dem Refrain:

Ach, das muß prächtig sein,
Da möcht’ ich hin:
’S giebt nur a Kaiserstadt,
’S giebt nur a Wien –

da geht mir das Herz auf und es rührt mich bis zu Thränen, und wenn ich heftig und wild werde, da kann ich noch heutigen Tags den Wiener nit verlaugn’. Der heilige Mauritius ist mein Schutzpatron und mit dem hab’ ich auch viel Aehnlichkeit. Als der den heidnischen Götzen mit seinen Kriegsknechten nit opfern wollte, ließ der Kaiser immer den zehnte Mann niederstechen, und als er noch immer nit wollte, damit von vorn anfangen, bis sie alle in ihrem Blut lagen. So hätt’ ich’s auch gemacht. Lieber ließ ich mich bis auf den letzten Mann niederhauen, ehe ich den falschen Propheten anhinge und ihren falschen Göttern opfern thäte. Dem St. Moritz-Orden könnt’ ich auch recht gut angehören, denn die Ritter vom selbigen Orden lassen sich, wie ich, ihr Haar lang wachsen. Das Gelübde der Armuth braucht’ ich gar nit erst zu thun, denn wir Künstler sind von Haus aus arm wie die Kirchenmäus’, und daß wir’s bleiben, dafür sorgen schon, bei aller Munificenz unserer Fürsten[WS 1] , die Herren von Wendepfennig und Kümmelspalter, die Herren Plusmacher und Geizkragen, die wie die Drachen auf dem Staatssäckel sitzen. Was aber gar das Hauptgelübde bei den Mauritianern anlangt, daß sie nur einmal heirathen dürfen, das brauch’ ich erst recht nit abzulegen, denn wenn mir, was Gott in Gnaden verhüten möge, mein gut’s Weiberl stürb’, da wollt’ ich mir lieber die Händ abhacken lassen, eh’ ich wieder heirathen thät’.“

Nach diesen Worten schwieg der Meister einige Minuten tiefbewegt, und eine Thräne erglänzte in seiner ergrauenden Wimper.

„Mein guter Vater,“ so fuhr er dann fort, „starb mir früh und bei meinem lieben Mutterl ist es knapp gegangen. Wir wohnten in einem kleinen Häusle am Wall, ‚zum Mondschein‘ benamset. Da war freilich mehrstentheils Schmalhans Küchenmeister. Trotzdem bot sie Alles auf, um mich ausbilden zu lassen. Mit besonderem Eifer besuchte ich die Kirch’ und hatte keinen größeren Wunsch, als den, Ministrant zu werden, und ich trat auch diesen hohen Posten an, um’s meiner Mutter etwas leichter zu machen. Sie ließ mich auf das Gymnasium und ich war sogar schon auf der Universität als Studiosus juris inscribirt, als gute Freunde meiner Mutter die Meinung beibrachten, daß ein Maler in mir stecke. So hat mich denn’s Mutterl in die Lehre zum Schnorr von Carolsfeld gethan, den ich bis an’s Grab verehren muß, weil er zu Allem den Grund gelegt hat, was aus mir etwa geworden ist. Ihm verdanke ich die Hauptrichtung meines künstlerischen Schaffens vor Allem, obschon ich eigentlich, da ich keine seiner Eigenthümlichkeiten angenommen hab’, nit sagen kann, daß ich seiner Schul’ angehör’. Ich bin halt früh mein eigener Lehrer und Schüler gewesen und bin meinen eigenen Weg gegangen.

Viel verdank’ ich dabei, und mehr als den Professoren der Akademie, auf die ich dann später kam, meinen ersten poetischen Jugendgenossen Lenau und Bauernfeld und hernachmalen Auersperg, Castelli, Grillparzer. (Illustrationen zu dessen Werken behufs eines Gedenkblattes zu des Dichters achtzigstem Geburtstage waren die letzte Arbeit Schwind’s.) Auch den Tonkünstlern, vor Allen Schubert, Franz Lachner und Beethoven, verdank’ ich viel zu meiner Bildung und hab’ daher auch [382] mehrere Bilder in musikalische Formen – in die vier Sätze einer Symphonie: Introduction, Adagio, Allegro und Rondo – eingekleidet. Vergessen darf ich auch nit, wie viel ich den wackern Künstlern Niederer, Kupelwieser und Führich zu verdanken habe, durch welche beide Letzteren ich auf die kirchlich-religiöse Darstellung ’kommen bin. Nicht wenig Anregung hab’ ich auch in der Ludlamshöhle gefunden; Sie wissen, das ist eine Gesellschaft, in welcher Ernst und Scherz, Witz und fröhliche Laune ungenirt herrschte und Dichtkunst, Malerei und Tonkunst auf Alle wirkte. Am allermeisten verdank’ ich aber den Minnesingern. Diese hab’ ich redlich studirt und durch sie mich in die romantische Zeit hineingelebt.

Eh’ ich aber das Alles zu Papier und auf Leinewand bringen konnte, hat’s einen riesenhaften Kampf gekostet. Tag und Nacht hat mir’s keine Ruh’ gelassen. Es kam das Fieber der Aufregung über mich, das jeden schaffenden Künstler befällt, wenn die Ideen in seinem Kopfe sich drängen. Zuerst bildeten sich die mittelalterlichen Gestalten von wallendem Nebel umflossen, darnach wurden sie immer klarer und durchsichtiger. Zu nachtschlafender Zeit sind sie an mein Bett gekommen und haben mich umtanzt und haben gebeten: ‚Hauch’ uns eine lebendige Seele ein!‘ und haben nit eher geruht, bis ich sie auf’s Papier gebracht hab’. So hab’ ich sie denn zuerst scharf gezeichnet und dann in Farben hell ausgemalt, und zwar so, daß im Leben und Ringen der Einzelnen wie in einem Spiegelbild der Charakter der ganzen Zeit sich dargestellt hat. So entstanden – ich war dazumal neunzehn Jahre alt – meine ersten Bilder: ‚Lust und Leid eines Sängers im Mittelalter‘, ‚Das ganze Ritterleben daheim und im Krieg‘, ‚Die verschiedenen Momente ritterlicher Liebeswerbung bis zum Hochzeitsgang nach der Kirche‘ etc.

Im Jahre 1828 ist Meister Schnorr als Historienmaler nach München berufen wurden und da bin ich halt mit ihm auf die Kunstakademie übergesiedelt. Als ich dem großen Cornelius vorgestellt wurde, hab’ ich ihm meine Aquarellbilder vorgelegt, namentlich auch den ,wunderlichen Heiligen’, und als er den ansah, hat er beifällig mit dem Kopfe genickt. Bald darauf hat er auch mein erstes größeres Bild im altdeutschen Gepräge, ‚David und Abigail‘, gesehen und mich darauf der Königin zur Ausmalung ihres Bibliothekzimmers im neuen Königsbau empfohlen. Darauf hat der König mich im Saalbau der Residenz einen Fries malen lassen, in dem ich das Volksleben unter Kaiser Rudolph darstellen sollte. Da ließ ich denn meinem Humor den Zügel schießen, indem ich Kindergestalten zu Trägern der Cultur wählte, und so entstand denn die gar lustige Kinderkomödie. Gleich nach Vollendung dieser Arbeit hat mich der damalige Kronprinz Maximilian beauftragt, Hohenschwangau mit Bildern auszuschmücken. Was ich dort Alles gemalt habe, brauche ich so gescheidten Leuten wohl nicht erst zu sagen. – Dem Humor diente ich alle Zeit am liebsten, und in meinen Beiträgen für die ‚Fliegenden Blätter‘ und in meinen ‚Thierfabeln‘ hab’ ich sogar dem deutschen Volk verständlicher Weise Moral gepredigt; wenn’s nur was helfen thät’!

Nachdem ich im Jahre 1837 noch dem Professor Dr. Curtius auf seinem Schlosse Rüdigsdorf bei Leipzig die Mythe von Amor und Psyche in einer Reihe von Bildern in Fresco gemalt hatte, bin ich nach Rom gereist, wo ich mit Cornelius sehr schöne und lehrreiche Tage verlebt habe. Von da ging ich nach meinem lieben Wien und habe dort mit meinen treuen Jugendfreunden, insbesondere mit Bauernfeld, ein gemüthliches Leben geführt. Und das hat mich denn dazu animirt, daß ich des ‚Ritter Kurt Brautfahrt‘, um mich auch an der Romantik einmal ein Bissel zu reiben, mit dem Pinsel geschrieben habe. Ich las, ehe ich an die Arbeit ging, fleißig in des großen Cornelius ‚Nibelungen‘ und glaube, daß dadurch der altgermanische Geist hineingekommen ist. Der König von Würtemberg hat dieselbe Meinung gehabt, denn er hat mir, als ich ihm das Bild zum Kauf anbieten ließ, antworten lassen: ‚Das deutsche Element sei zu stark darin betont‘, was mich gar sehr gefreut hat.

Erwähnen muß ich mit Dank des echt deutschen Fürsten, durch dessen beharrliche, von einem seltenen Verständniß getragene Liebe und Aufopferung das deutsche Volk in den kostbaren Besitz der neuen Kunstblüthe gekommen ist: des Königs Ludwig. Er hat die Anfeindungen Unwissender und Böswilliger nicht geachtet, sondern Raum und Mittel genug geboten, damit die Künstler die Schwingen ihres Genies entfalten konnten. Viel hätte verkümmern müssen, wenn er nicht gewesen wäre.

Doch nun noch kurz von meinen Lebensumständen bis zu dem heutigen Tage. Ich krieg’s wirklich satt, so lange allein zu plaudern. – Also im Jahre 1839 wurde ich, nachdem ich vorher den Kinderfries in München vollendet, nach Karlsruhe berufen, wo ich zuerst das neue Akademiegebäude ausschmücken sollte, und dann war ich im Sitzungssaale der ersten Kammer als Maler thätig an einem großen Wandgemälde auf Goldgrund in enkaustischer Weise. Bei dieser Arbeit habe ich mich redlich gelangweilt.“

„Das sieht man,“ sagte Bechstein, „den Gesichtern an, besonders dem der Pietas, die, wie ein Kunstkritiker behauptet, ihrem sauern Gesichtsausdruck nach zu urtheilen, nur deshalb in’s Kloster gegangen sein mag, weil sie keinen Mann bekommen hat.“

„Diese Bemerkung,“ fuhr dann Schwind fort, „erinnert mich daran, wie ich in Karlsruhe mit Hülfe der blauen Wunderblume einen großen Schatz gehoben. Das war mein liebes Fraule[3]; die ist so lieb, so brav, so fromm und gottesfürchtig, wie’s eine Frau sein muß. Von da an lernte ich das Lebensglück eigentlich wohl recht kennen. Jetzt weiß ich, daß ein Leben ohne Frau nur ein halbes Leben ist. Wir Männer sind die ernste Seite des Lebens, die Frauen die wonniglich heitere. Beide gehören zusammen und bilden erst wie die zwei Schalen einer großen Nuß ein Ganzes.

,Wie Haupt und Helm zusammenpassen.
So nie die zwei einander lassen!’

sagt Tegnér in seiner Frithjofssaga.

So war ich denn ein junger glücklicher Ehemann, und als solcher bin ich denn noch einmal so frisch an die Arbeit gegangen. Doch schon hör’ ich, daß die Burguhr Elf schlägt, und muß nun machen, daß ich zu Ende komme.

Im Jahre 1845 wurde ich nach Frankfurt am Main berufen, um im Städel’schen Institut den Sängerkrieg auf der Wartburg in Oel zu malen. Auch habe ich dem Eduard Duller Illustrationen zu seinem ‚Leben des Erzherzogs Karl von Oesterreich‘ gezeichnet, und den ‚Elfentanz im Erlenhain‘ und den ‚Ritter Cuno von Falkenstein‘ in Farbe gesetzt. Viel Spaß hat mir auch die Bande von Musikanten gemacht, die sich auf dem Wege befinden, um bei einer Hochzeit aufzuspielen.

In dieser Zeit hatten sie in München die Akademie umgestaltet und beriefen mich im Herbst 1847 zum Professor dorthin. Das war insofern eine ungünstige Zeit, als damals König Ludwig, von einem Liebeszauber gefesselt, seine Neigung für die Kunst hatte zurücktreten lassen; im nächsten Jahr, als ihm die Märzstürme allzu arg wurden, legte er gar Krone und Scepter nieder.

Im Jahr 1848 war für uns Künstler nichts zu machen. Im Jahr 1849 habe ich eine Symphonie nach einem Meisterwerk Beethoven’s malerisch componirt, über das uralte und doch immer neue Thema von der Liebe.

Im selben Jahr habe ich auch das Märchen von den sieben Raben in Angriff genommen. Dann kam die schöne Zeit, wo unser Großherzog von Weimar, dazumal noch Erbgroßherzog, den Entschluß gefaßt hat, die hochberühmte Burg seiner Vorfahren restauriren zu lassen, und das ist die Schuld daran, daß ich allhier sitze, um das alte Landgrafenhaus mit mittelalterlichen Gestalten zu bevölkern. Veranlaßt hatte den Erbgroßherzog zu diesem Auftrag mein Bild im Städel’schen Museum, das dem hohen Herrn besser gefallen hat, als mir. Und so sitz’ ich denn schon über Jahr und Tag hier, um Alles auszuführen, glaub’ aber, daß der hohe Auftraggeber seinen Schritt bitter bereuen wird. Denn von Allem, was ich gemalt habe, will mir nichts gefallen, und wenn ich dem hohen Herrn einen Rath geben dürfte, so thut er am besten, sobald ich fort bin, einen Tünchermeister kommen zu lassen, der Alles wieder zuschmiert und ad integrum restituirt.“

„Du bist wohl nicht recht gescheidt!“ unterbrach ihn hier Bechstein. „In Beziehung auf den Werth Deines Sängerkrieges will ich nicht mit Dir rechten; was aber die Darstellungen aus dem Leben der heiligen Elisabeth und ihrer von poetischem Hauche durchwehten Legenden betrifft, so hast Du Dich nach dem einstimmigen Urtheil der Kunstkenner durch sie auf die Höhe der [383] Kunst geschwungen, denn sie sind voll Holdseligkeit und rührender Innigkeit nach geistigem Gehalt und Form gleich vortrefflich. Doch davon werdet Ihr lieben Freunde morgen früh, wo wir unsern Rundgang durch die Burg machen, durch den Augenschein Euch überzeugen. Für heute aber gilt endlich der Spruch:

Der Worte sind genug gewechselt,
Laßt uns nun endlich Thaten sehn
Und Töne hören!

Lied und Laute müssen neben dem Becher erklingen, so verlangt es diese geweihte Stätte.“

Nicht nur von Arnswaldt, sondern auch Bechstein und Maler Müller waren des Saitenspieles wohl kundig. Johann hatte indessen drei Schlagcithern herbeigebracht. Die drei Ebengenannten ergriffen dieselben und fingen gar lustiglich an zu spielen und dazu zu singen, die Uebrigen fielen fröhlich ein, indem sie kräftig Chorus machten, und bald klang es gar schön und lieblich hinaus in die dunkle Waldnacht.

Sie sangen von Lenz und Liebe, von sel’ger goldner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit,
Sie sangen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt,
Sie sangen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt.

Dazwischen klangen die Humpen und Pokale, gefüllt mit goldnem Wein, dumpf aneinander und dann wieder die Cithern voll und klar in den Händen der tonkundigen Meister, von Gesang begleitet.

Indessen war die Zeit weit vorgerückt und Langenberg sprach: „Ehe wir heute scheiden, müssen wir unserm Schwind im Namen der ganzen deutschen Kunstwelt noch ein donnernd Hoch ausbringen. Ich wähle dazu den Trinkspruch, den Ernst Förster bei jenem Abschiedsfeste sprach, welches die Künstler Münchens im Jahr 1839 unserm Schwind gaben, als er nach Karlsruhe ging:

Mag immer er in seinen Bildern
Selbst wunderliche Heil’ge schildern,
Der Psyche Lieben, Leiden, Sieg,
Den weltberühmten Wartburgkrieg,
Und mag er weinen oder lachen,
Und weinen uns und lachen machen,
Ob Isar, Donau oder Rhein
Ihm volle Becher schenken ein! –
Wohin die Sterne ihn geleiten,
Der Freunde Gruß soll ihn begleiten!
Ein Hoch darauf! Stoßt alle Mann’
Die vollen Humpen klingend an,
Durch diese altberühmten Hallen
Soll ihm ein donnernd Hoch erschallen!“

Anfang dieses Jahres ging die Kunde von des Meisters allzufrühem Tod durch alle Gauen; er schläft seit dem 8. Februar in seinem Grabe auf dem Kirchhof zu München.




Heilige Erde.
Von J. Nötzli.


Etwa eine halbe Stunde unterhalb Rappersweil, noch im Schatten des waldigen Etzels, entsteigen den dunkeln Gewässern des lieblichen Zürichsees zwei kleine, freundliche Eilande, der schönen Landschaft noch einen erhöhtern Reiz verleihend.

Das kleinere, die Lützelau, umrahmt von einem breiten Kranze üppig sprießenden Uferschilfes, in dem die schlanke, muntere Möve ungestört ihr neckisches Spiel treibt, umspannt nur wenige Morgen Landes, die sich in ihren höchsten Punkten kaum zwanzig Fuß über die Spiegelfläche des Sees heben. Offenbar war die Insel einst größer, denn die Chronik erzählt, daß schon im achten Jahrhundert ein Frauenkloster darauf gestanden; bald aber verließen die frommen Frauen die einsame Stätte; die Mauern verwitterten, stürzten zusammen und keine Hand hat sie wieder aufgebaut. Dann sind sie herüber gekommen aus dem aufblühenden Rappersweil und haben für ihre Feste Steine geholt und so den muntern Wellen des Sees geholfen das kleine Eiland noch kleiner zu machen. Von da an blieb die Lützelau unbewahrt und unbebaut bis auf die heutigen Tage. Nur an schönen Sommersonntagen kommt die Bevölkerung der nahen Rosenstadt, Alt und Jung in bunter Schaar herüber und freut sich bei fideler „Suntigswirthschaft“ ihres Lebens.

In jeder Beziehung bedeutender als die Lützelau ist die davon südwestlich gelegene Ufnau, d. h. die obere Au, zum Unterschiede von der Au, einer bei Horgen liegenden Halbinsel, in deren reicher Waldung einst Klopstock mit seinen Freunden aus Zürich gewandelt und deren er in seiner schönen „Ode an den Zürichsee“ so dankbar gedenkt.

Die Ufnau ist vielleicht dreimal so groß als die Lützelau aber immerhin ein unverhältnißmäßig kleiner Fleck Erde zu der reichen Geschichte, die sich an ihre Scholle knüpft. Die ganze Insel – kaum eine Juchart ist mit Reben und Maiskorn bebaut – deckt freundlich grünes Weideland, dem wenige Obstbäume die Einförmigkeit des Anblicks verschönern.

Jäh und schroff steigt am südlichen Rande der Insel der malerische Arnstein, ein mächtiger Nagelfluhfelsen, aus dem See, auf seinem Rücken ein kleines Lusthäuschen mit reizender Fernsicht. Auf der entgegengesetzten Seite, auf niedriger Anhöhe, „auf Felsen gebaut“ zwei alt-ehrwürdige Kirchlein, das eine mit einem Glockenthurm und beide reich bedacht mit all jenem Bilderschmuck, zu dem die fromme Andacht so gern ihre Augen aufschlägt. Mitten in der Insel steht die Wohnung des Pächters, der das ewige Lichtlein in den Kirchen zu unterhalten und das tägliche dreimalige Läuten zu besorgen hat. Bei ihm findet der Besucher der Insel eine treffliche Bewirthung, einen delicaten Fisch und einen köstlichen Tropfen Wein, den vielberühmten „Leutscher“, der vis-à-vis der Insel auf Schwyzerboden wächst.

Es war an einem regnerischen Julitage des Jahres 1523, als, von Schirmensee kommend, ein leichter Kahn auf die Ufnau zuruderte; weit aus holte der Fährmann, doppelt eilig, doppelt kräftig schlug das Ruder den Spiegel des Sees, als ob es ihm recht angelegen sei, den stummen Fremden, der blaß und sinnend im Vordertheile des Kahnes saß, bald an’s Land zu bringen. Am Ufer stand der Pfarrer der Insel, Hans Schnegg, ein Conventualer des Klosters Einsiedeln, und harrte des Kommenden. Der Kahn legte an, mühsam erhob sich der Fremde, doch das große, dunkle Auge leuchtete auf, über das fahle, edle Antlitz flog ein Strahl der Freude, als ihm der Harrende mit freundlichem Willkomm die Hand entgegenstreckte, und Ulrich von Hutten betrat die Erde seines Grabes.

Ein jäher Schmerz muß jedes fühlende Herz durchzucken bei dem Momente, da der große, edle Kämpe verfolgt, vertrieben, zum Tode krank, zerrissen von dem innern Drange noch weiter zu kämpfen, zu schaffen, getragen von der Hoffnung hier zu gesunden, seine Hand in diejenige des Freundes legt, die ihm schon nach wenig Wochen die Augen zudrückt.

Hutten kam von Zürich, wohin er vor wenigen Tagen aus dem Bad Pfäffers zurückgekehrt war. Freunde hatten ihm gerathen, für seine schwere Krankheit die warmen Bäder in Pfäffers zu gebrauchen; aber die Hoffnung auf baldige Genesung trog ihn und seine Freunde: kranker, als er gegangen, kehrte er wieder zurück. Ein strömender Regen fiel während der ganzen Dauer seines Dortseins; die damals noch nicht gefaßten warmen Quellen wurden von der hereindringenden Regenfluth abgekühlt und verloren ihre Heilkraft. Vergebens unterzog sich Hutten der Mühe, der Qual und Gefahr, der sich die Badenden aussetzen mußten; an Stricken wurden sie zu den Quellen hinuntergelassen und verweilten dann zehn bis zwölf Stunden hintereinander in dem dunkeln, unheimlichen Orte. Bald hatte Hutten dies satt, und er schrieb an Ulrich Zwingli, daß er fort, fort wolle in freie Luft. Vergebens lud ihn der Abt von Pfäffers, J. Jac. Russinger, ein warmer Freund der Reformation, ein, besseres Wetter abzuwarten, Hutten ließ sich nicht länger halten, und von dem gastlichen Abte auf’s Sorgfältigste zur Reise gerüstet, trat der kranke Dichter die Rückkehr nach Zürich an.

Aber dort konnte seines Bleibens um keinen Preis sein; wie bald hätten ihn die Argusaugen der ihn unerbittlich verfolgenden Geistlichkeit gefunden und was wäre dann aus ihm geworden! Doch stand Hutten nicht ohne Freunde da und deren vorzüglichsten einer war der Schweizerreformator Ulrich Zwingli: dessen milde Hand hielt ihn fest und sicher und sorgte in hochherziger Weise für den „letzten deutschen Ritter“. Nachdem er ihm das Asyl auf [384] der Ufnau ausgewirkt, rüstete er ihn mit allem Nöthigen zur Reise aus, versah ihn mit Büchern und Geld; denn mittellos, von dem Nöthigsten entblößt stand der kranke Dichter da, und selbst der Ort, wo er sein Haupt hinlegen sollte, mußte seinen Feinden abgeklügelt werden, den stolzen Namen Hutten für alle Uneingeweihten verheimlichend.

Im Studienzimmer Hans Schneggen’s verbringt Hutten den größten Theil seiner Zeit; so krank er auch war, rastlos thätig war Geist und Feder. Bei stets frischer Geisteskraft arbeitete er unablässig daran, alle seine Schriften zu verbessern, sie für eine neue Ausgabe vorzubereiten. Neue Werke sind nicht entstanden, wenigstens nicht über den Plan hinaus, und die Beantwortung ihm zukommender Briefe nahm ihm nur wenige Zeit in Anspruch. Freundliche, ermunternde Worte kamen ihm von Zeit zu Zeit von Zwingli zu; aber durch diesen erhielt er auch eine Notiz, welche die Züge des Grams noch tiefer in sein edles Antlitz grub, sein so namenlos leidendes Herz noch mehr quälte und bekümmerte.


Insel Ufnau im Züricher See.


Nicht genug, daß ihn sein einstiger Freund, der große Gelehrte Erasmus, als er in Basel Hülfe suchend bei ihm vorsprechen wollte, aus Feigheit verleugnete und verrieth, trat ihm dieser nun offen als Feind gegenüber, gleichgültig gegen das Urtheil der Freunde und Gesinnungsgenossen, die sein Gebahren des Bittersten rügten und mißbilligten, und nicht ermessend, wie sehr ihn dieser perfide Act als Mensch entwürdigte.

Erasmus hatte sich in einem Schreiben an den Rath von Zürich gewendet, worin er Hutten in schonungsloser Weise angriff und verlangte, man solle ja ein wachsames Auge auf den Dichter haben, sonst könnte dieser die ihm gewährte Freistätte zu böswilligen Schriften mißbrauchen; je energischer man einem solchen Muthwillen Hutten’s entgegentrete, desto größer sei der Dienst, den man der Landschaft und den Wissenschaften leiste.

Wie bitter dieses Schreiben, das ihm auf Verlangen in Abschrift zugestellt wurde, den kranken Dichter berühren mußte, läßt sich denken, obschon der Rat von Zürich, edeldenkender als der große Gelehrte, dasselbe stillschweigend auf die Seite gelegt hatte. Jedenfalls waltete auch hierin Zwingli’s sorgende Hand, und wenn Hutten in einem bezüglichen Schreiben an den Rath sich dahin vertheidigte, daß er ebenso redliche und gute Absichten gegen die Eidgenossenschaft hege, wie er sich stets eines unantastbaren Lebenswandels bewußt sei, so waren jedenfalls alle Bedenken gehoben und Erasmus hatte in seiner Engherzigkeit Niemandem als sich selbst geschadet.

Wie einsam, wie verlassen mag sich doch Hutten oft in seiner Abgeschiedenheit gefühlt haben! Ihm blieb nichts als das erhebende Bewußtsein, stets redlich und ohne Prunk seinem innern hohen Berufe nachgekommen zu sein, mit Feuereifer gekämpft zu haben „für Bildung und Befreiung der Nation von jedem verdumpfenden Joche, mochte es durch den Einfluß der römischen Hierarchie oder durch das verkrüppelte Staatsleben herbeigeführt worden sein“.

Und der Eine, der ihn in diesem Kampfe unterstützt, der treu zu ihm gehalten in jeder Fahr und Noth, Franz von Sickingen, das männlich, ehrlich und trutzig Gemüth, war auch dahin seit wenig Wochen, gefallen, das Schwert in der Hand, unentwegt, trotzig und kühn, festhaltend an der mit Liebe und Ueberzeugung gehegten Idee, Deutschland politisch und kirchlich neugebaut zu sehen.

Trotz des Grams um den verlorenen, trotz des Schmerzes um den gestorbenen Freund, trotz alles niederdrückenden Gefühls ohnmächtiger Kampfeslust, scheint Hutten nie eine Ahnung seines frühen Todes gehabt zu haben; nirgends wenigstens deutet eine Stelle seiner Briefe darauf hin. Ob der stille Frieden seines Zufluchtsortes, ob das Hineinträumen in die schöne Landschaft, die blaue, tiefklare Fluth des Sees, die freundlichen, traulichen Dörfer an beiden Ufern, oder der Blick auf die stolzen Berge, die in ihrer majestätischen, ewigen Ruhe hineinragen in die Aetherbläue des Himmels, ihm jeden solchen Gedanken verschwinden machten oder ob sie der eiserne Wille, „es muß gehn!“ zurückdrängte, wer weiß es?

Aber der eiserne Wille war nicht eisern genug, noch eine belebende Kraft in den von der Krankheit verzehrten Körper zu bringen, ihn zu zwingen, gleichen Schritt mit der feurigen Seele zu halten. Schon am 31. August 1523 erlag Hutten einem

[385]

Ansicht des Züricher Sees mit der Insel Ufnau.
Nach einer Originalskizze von C. Toeche in Zürich.

[386] neuen heftigen Krankheitsanfalle, erst fünfunddreißig Jahre alt, nichts hinterlassend als seine Feder und einen hellglänzenden Namen im Buche der Geschichte. Nicht einmal ein Schwert besaß „der letzte deutsche Ritter“ mehr und auch der Dichterkranz, den er so sehr liebte, war entblättert, verschwunden, verloren. Hutten’s literarischer Nachlaß, ein Bündel Briefe von und an Freunde, kam in die Wasserkirche zu Zürich.

Seine Leiche ruht sehr wahrscheinlich auf der Insel in der von der frommen Alemannenherzogin Reginlind vor neunhundert Jahren gegründeten Peters- und Paulskirche; eine genaue Kunde hierüber ist nicht auf die heutigen Tage überkommen, und wenngleich man jetzt noch zwischen den beiden Kirchen einen verwitterten Stein mit zerbrochenem Kreuze zeigt, der auf dem Grabe Hutten’s stehen soll, so deuten doch die eingegrabenen Namen darauf, daß er eher das Monument einer hervorragenden kirchlichen Persönlichkeit der Insel, als das Hutten’s sein mag.

Zwar hat zwanzig Jahre nach dem Tode Hutten’s ein fränkischer Edelmann einen Stein auf das Grab setzen lassen mit folgender, in lateinischer Sprache abgefaßter, schöner Inschrift:

„Ritter vom goldenen Rang und begabt als Redner und Dichter
     Ruht hier Hutten, zugleich mächtig mit Lied und mit Schwert.“

Aber auch dieser Stein ist längst verschwunden und kein neuer ersetzte seine Stelle. Im vorigen Jahrhundert dachte man neuerdings daran, dem großen Todten ein Denkmal zu setzen, aber – die Insel gehört dem Kloster Einsiedeln und jetzt so wenig als früher können die Söldner der katholischen Kirche ein solches ketzerisches Heiligthum auf ihrem Boden dulden. So ist nun die ganze Insel zum Wallfahrtsort und Heiligthum geworden für Alle, die in dem ritterlichen Sänger und hochherzigen Patrioten den freien, großen entschiedenen Geist der Reformation und des Humanismus erblicken; das Monument baute die Geschichte schöner, erhabener auf, als es die Hände hätten meißeln können, und wenn der Biograph Hutten’s, Fr. Strauß, mit folgenden eindringlichen Worten schließt:

„In zürnender Stellung halten wir Hutten’s Schatten fest; in ihr möge er denen erscheinen, welche die Schlüssel der Gewissen und der Geistesbildung deutscher Stämme, durch die Kämpfe wackerer Vorfahren kaum zurückerobert, kampflos auf’s Neue an Rom und eine römisch gesinnte Priesterherrschaft ausliefern; noch zürnender womöglich denen, welche im Schoße des Protestantismus selbst ein neues Papstthum pflanzen möchten; den Fürsten, die ihr Belieben zum Gesetz erheben; den Gelehrten, denen Verhältnisse und Rücksichten über die Wahrheit gehen. Er flamme in Haß in uns auf gegen alles Undeutsche, Unfreie, Unwahre; aber glühe auch als Begeisterung in unserem Herzen für Ehre und Größe des Vaterlandes; er sei der Genius unseres Volkes, so lange als diesem ein zürnender, strafender, mahnender Schutzgeist Noth thun wird“ – so ist das Jahr 1870 in seinen gewaltigen Bewegungen manchem dieser Worte gerecht geworden; der Same, der so lange ausgestreut war, ist mit einem Mal in volle Blüthe aufgegangen und Frucht geworden; im Riesenkampfe zweier Nationen hat die deutsche gelernt, daß die Einigkeit der siegende Factor, das Selbstbewußtsein das schwellende Moment des Fortschritts und die Bildung durch alle Schichten der stets belebende, unzerstörbare Nerv des blühenden, segenreichen Fortbestandes ist.

Es ist dies eine so lang ersehnte Errungenschaft der deutschen Nation, bei deren Anblick das zürnende Antlitz Hutten’s sich verklären würde, so sprühend auch das Auge funkeln würde beim Anhören der Concilskomödie in Rom, wo sich ein alter, gebrechlicher Mann, einst dem Fortschritt ein vielversprechender, glühender Jüngling, unfehlbar erklären läßt durch ein halbtausend Hirten der Christenheit.

Aber beinahe in demselben Moment, da das Anathem donnerte, die Glocken der Siebenhügelstadt der Unfehlbarkeit ihren Gruß zuriefen, in demselben Moment erzitterte der hohe Hirtenstuhl; an dem Tage von Sedan brach auch die ganze weltliche Herrschaft des Papstes zusammen und mit ihr ein großer Theil der geistlichen, vermodert, verwittert, unrettbar dem Fall hingegeben; das hohle, eitle, phrasenreiche, die Völker entsittlichende Schauspiel, dessen Urheber zu Rom im Vatican saß, ist zu Ende gespielt, das donnernde non possumus der Zeit ist erklungen und neues Leben blüht aus den Ruinen.

So hat das verflossene Jahr unserm großen Hutten ein Denkmal aufgerichtet, das weithin glänzen möge, immer frischer, immer lebendiger in späte Jahrhunderte hinein, und so findet das Wort, das der kühne Sänger einst ausgerufen, heute eine tiefere Wahrheit, eine größere Berechtigung:

„O Jahrhundert! Die Geister erwachen, die Wissenschaften blühen! Es ist eine Lust zu leben!“




Das Erstlingswerk eines Componisten.


Mehr als sieben Wochen war es her, daß die Opernsänger, der Chor und die Capelle des Stadttheaters zu Magdeburg im Jahre 1836 mit dem Einstudiren einer neuen Oper, dem Erstlingswerke des an genannter Bühne angestellten Musikdirectors, geplagt wurden, und noch immer hatte der junge Componist zu klagen, daß die Solisten nicht fest, der Chor saumselig, die Capelle nicht exact seien, und die erste Aufführung des Werkes deshalb abermals um einige Tage hinausgeschoben werden müsse.

Dem geldbedürftigen damaligen Leiter der Magdeburger Thespisdroschke, Herrn Director Bethmann, kam dieser von seinem Musikdirector dringend geforderte abermalige Aufschub äußerst ungelegen. Der Gagetag, dieser Schreckenstag aller Theaterdirectoren, stand vor der Thür und die Furcht, seinen Künstlern schon wieder einmal nicht gerecht werden zu können, lag dem alten Herrn wie Blei in allen Gliedern. Director Bethmann erwartete Alles von diesem Erstlingswerke seines talentvollen Musikdirectors; diese Oper sollte den dem Versinken nahen Magdeburger Thespiskarren wieder flott machen! Diese Hoffnung hatte ihre Berechtigung: die Stadt war bereits seit vielen Wochen von den großartigen Vorbereitungen unterrichtet, die die Aufführung der neuen Oper an Decorationen und Costümen in Anspruch nahm, die vielen Freunde und Bekannten des jungen Componisten hatten außerdem nicht versäumt, über dieses Erstlingswerk die vortheilhaftesten Empfehlungen circuliren zu lassen, in Folge dessen das Publicum sich beeilte, sich im Voraus guter Sitzplätze zu versichern; ein Ereigniß, welches schon damals zu den höchst seltenen in Magdeburg gehörte.

Wäre das Bethmann’sche Opernpersonal ein weniger tüchtiges gewesen, so würde das wiederholte Hinausschieben einer ersten Vorstellung leicht zu motiviren gewesen sein, so aber hatte diese Bühne vor dreißig Jahren über Gesangskräfte zu verfügen, wie man deren gegenwärtig kaum noch an den größten Hoftheatern vorfinden dürfte. Als Tenoristen waren Freimüller und Schreiber, als Bassisten Krug und Unzelmann jun., als erste Sängerin Frau Pollert, als Gesangssoubrette Fräulein Limbach engagirt. Um also diesen vortrefflichen Künstlern gerecht zu werden, ist es nöthig zu erwähnen, daß an der verzögerten Aufführung seiner Oper der junge Componist und Musikdirector lediglich selbst die Schuld trug. Er hatte nämlich den Sängern in seinem Erstlingswerke Töne zugemuthet, die sie nicht in der Kehle hatten, ebenso hatten die Musiker Noten in ihren Stimmen, die sie unmöglich herausbringen konnten. Da mußte nun transponirt, verändert, gestrichen werden, wodurch die Proben außerordentlich erschwert und aufgehalten wurden.

Die Chor- und Soloproben wurden damals in den nach dem „Breiten Weg“ zu gelegenen Parterrelocalitäten des Theatergebäudes abgehalten, und so war es denn natürlich, daß das vorübergehende Straßenpublicum wenigstens Einzelnheiten der Oper im Voraus kennen lernte. Dem Verfasser gegenwärtiger Skizze sind die Bemerkungen im Gedächtniß geblieben, zu denen sich diese den Tönen Lauschenden hinreißen ließen. „Wie in der Judenschule!“ „Von Melodie keine Spur!“ – das waren die Ausrufe, die man da tagtäglich hören konnte.

Director Bethmann stand vor der Thür des Theatergebäudes, mit den grauen drohenden Wolken am westlichen Himmel liebäugelnd und von der gütigen Vorsehung einen tüchtigen Regen für den Nachmittag erflehend, als das einzige Mittel, die unkunstsinnigen Magdeburger zum Theaterbesuch zu nöthigen. Eine dreistündige

[387] Opernprobe hatte eben wieder ihr Ende erreicht. Die schwer geplagten Sänger und Musiker verließen tief aufathmend das Theater; ihnen folgte, seine Braut – die talentvolle erste tragische Liebhaberin – Fräulein Planer, am Arme, der Componist.

Director Bethmann hatte seinen Capellmeister kaum wahrgenommen, als er ihm auch schon zurief: „Nun, wie steht’s? Wird Ihre Oper nun wirklich herauskommen? Kann ich die Zettel zu übermorgen drucken lassen?“

„Ich hoffe es!“ entgegnete lächelnd der Capellmeister, dessen unter dem rechten Arme zerrissener Rock die Lebhaftigkeit dokumentirte, mit welcher der junge Mann den Tactstock gehandhabt.

„Sie hoffen nur?“ fragte Bethmann entsetzt.

„Die Solisten sind fest, und was den Chor und das Orchester anbelangt, so hoffe ich Alles von der heutigen Nachtprobe.“

„Nachtprobe?“ schrie der Director auf. „Nachtprobe? Mensch! wo denken Sie hin! Glauben Sie, daß diese Leute, denen ich leider bereits die dritte Gage schuldig bleiben mußte, sich auch noch eine Nachtprobe werden gefallen lassen? Mit den Choristen ließe sich vielleicht reden, aber die Musikanten! diese Musikanten! diese gebornen Insurgenten! Geben Sie Acht, die Musikanten werden nicht kommen!“

Lachend erwiderte der Componist: „Sorgen Sie sich nicht, sie werden kommen! Chor und Orchester, Alle werden kommen! Ich habe ihnen ein Abendessen und einen kühlen Trunk versprochen, sobald sie die Aufführung meiner Oper für übermorgen ermöglichen! Das hat gewirkt!“

„Wollen’s hoffen,“ entgegnete Direktor Bethmann. „Schon in Ihrem Interesse will ich wünschen, daß Alles gut abgeht, denn Sie wissen, daß die erste Vorstellung Ihrer Oper zugleich Ihr Benefiz ist.“

„Mit nichten!“ fiel der Capellmeister ein. „Sie bedürfen eine gute Einnahme nöthiger als ich. Behalten Sie die erste Vorstellung, ich begnüge mich mit der zweiten!“

„Sie sind außerordentlich großmüthig!“ meinte der Director.

„Vielleicht auch nicht!“ rief lachend der Componist. „Der große Erfolg der ersten Aufführung, der wohl kaum zu bezweifeln ist, wird der zweiten Vorstellung ein noch volleres Haus verschaffen!“

„Wollen’s hoffen!“ meinte Bethmann, sich verabschiedend und sich der Theaterconditorei zuwendend.

Der jugendliche Tonsetzer und Capellmeister verließ, dem alten Director einen Blick des Mitleids nachwerfend, die schöne Braut am Arme, den Platz.




Zwei Tage darnach las man an den Straßenecken Magdeburgs auf den Theaterzetteln:

Die Novize von Palermo.
Große Oper in drei Aufzügen
von
Richard Wagner.

Das Haus war am Abend dieser ersten Aufführung ganz außerordentlich gefüllt, – die Spannung groß, am meisten erregt jedenfalls der Componist selbst. –

Man muß das Ereigniß der ersten Darstellung einer selbstgeschriebenen Arbeit erlebt haben, um das Gefühl schildern zu können, welches den Componisten oder Dichter in einem solchen Falle erfaßt. Giebt es auch Verfasser dramatischer Arbeiten, die in solchen Momenten eine eiserne Ruhe zur Schau tragen, so ist doch Zehn gegen Eins zu wetten, daß diese Ruhe eben nur affectirt und Schein ist. Im Innern kocht’s, der Herzschlag stockt, der Puls steigt von sechszig auf hundertzwanzig Schläge. Diese Aufregung steigert sich beim Aufziehen der Gardine und der ersten nun folgenden Scenen.

Der Husten eines Schusterjungen auf der Gallerie erzeugt dem Dichter Fieber, und das heftige Niesen einer alten Dame im Parquet bringt ihn zur Verzweiflung. Der gemüthliche Theatermeister bemerkt vielleicht die Angst des hinter den Coulissen auf- und abstolpernden Dichters, und hält es der Situation angemessen, ein paar beruhigende Worte vom Stapel laufen zu lassen. Freundlich lächelnd sagt er wohl:

„Na, was wollen der Herr Doctor mehr?“ – (jeder dramatische Schriftsteller ist Doctor) „die Leute lachen ja, daß sie sich den Bauch halten möchten!“

Ein Glück, wenn dann das fragliche Stück wenigstens kein Trauerspiel ist!

Gefällt der erste Act, hört man am Schluß desselben Applaus oder auch gar Hervorruf, so ist damit das Schicksal der Komödie oder Oper durchaus noch nicht entschieden. Der Beifall muß sich im zweiten Act und den etwa noch folgenden steigern und im letzten Act seinen Höhepunkt erreichen. Welche Folterqualen hat aber der arme Dichter oder Componist bis dahin noch durchzumachen! Qualen, gegen die selbst Sr. Hoheit des Prinzen Tamino Feuer- und Wasserproben reines Kinderspiel waren! Die Launen des Zufalls sind ja so wunderlich! Kann zum Beispiel nicht mitten im entscheidenden letzten Act das Gas verlöschen und eine ägyptische Finsterniß im Hause eintreten? ein schweres Gewitter, Schrecken verbreitend, seine Blitze auf das Dach von Thalia’s Tempel schleudern? eine Coulisse oder Gardine sich an einer zu weit züngelnden Gasflamme entzünden? Kann einer der mitwirkenden Künstler nicht eine seiner wirkungsvollsten Scenen versäumen, oder die mit ihrer Rolle nicht zufriedene erste Liebhaberin aus Cabale mitten im Stück nicht in Ohnmacht fallen? (die Damen vom Theater fallen bekanntlich sehr oft in Ohnmacht.) Kann ferner nicht in der tragischsten Scene der schwarze Theater-Hauskater über die Bühne laufen, ober der Souffleur im angesäuselten Zustande gleich sechs statt eine Seite des Manuscripts umschlagen? – Und dann – die Freunde! – diese lieben, guten Freunde! Ihr Applaus zur Unzeit läßt stets die Absicht errathen und verstimmt das übrige Publicum, das sich in Bezug auf ein Urtheil nicht gern bevormunden läßt. Es ist empört über das Benehmen der Freunde des Dichters – es pfeift! es zischt! Das aber sind Töne, die dem Dichter durch Mark und Bein gehen und machen, daß ihm die Kniee zusammenknicken.

In neuester Zeit sind wenigstens unsere Possendichter so vorsichtig geworden, ihre Claqueurs mit Applaus-Stichworten zu versehen und System in das „Klatschen“ zu bringen.

Es kann nicht in der Absicht des Verfassers dieser Skizze liegen, das Erstlingswerk eines Componisten, der durch seine späteren Werke sich einen so bedeutenden Namen erworben, einer Kritik zu unterwerfen, es handelt sich hier vielmehr darum, nur den Erfolg der ersten Aufführung zu constatiren, und dieser Erfolg war eben nichts mehr und nichts weniger, als der entschiedenste Mißerfolg, das entschiedenste Fiasco. Die Zuhörer, die mit so großen, hochgespannten Erwartungen gekommen waren, sahen diese von ihrem, dem herkömmlichen Standpunkt aus mit jedem Acte mehr getäuscht, eine eigenthümlich fremde Musik, in der sie sich beim besten Willen nicht zurechtfinden konnten, verwirrte und betäubte sie, vergebens lauschten sie jenen einschmeichelnden, für das Ohr leicht faßlichen Weisen, die sie bisher von jeder neuen Oper mit nach Hause gebracht hatten, und das, was noch heute einem großen Theil des Publicums in Wagner’s Musik fremdartig, ja unmelodisch klingt, und was schon damals, wenn auch noch nicht so charakteristisch ausgeprägt wie heute, in der „Novize von Palermo“ vorhanden war, lehnten sie mit den bestimmtesten Zeichen des Mißfallens und Verdrusses ab. Mit genauer Noth war einige Tage später noch eine Wiederholung – vor schwach besuchtem Hause – zu ermöglichen, was den genialen Componisten jedoch, so wenig auch seine Hoffnungen einer Erfüllung nahe gekommen waren, nicht abhalten konnte, dem Orchester und Chorpersonal das versprochene Souper serviren zu lassen.

Das Publicum machte Wagner’s erster Oper, wie gesagt, allzugroßen Aufwand in Bezug auf die Instrumentation und Mangel an Melodie zum Vorwurf. Zudem scheint die melodische „Norma“, die damals als Novität in Magdeburg über die Bühne gegangen, auch das Urtheil der Laien über Wagner’s Oper beeinflußt zu haben. Musikverständige jedoch, wiewohl über Manches den Kopf schüttelnd, konnten doch nicht umhin einzugestehen, daß sie durch einzelne Gedanken, geistreiche Blitze, die dieses Chaos von Tönen durchzuckten, wahrhaft überrascht wurden, und diese prophezeiten dem jungen Componisten der „Novize von Palermo“ eine große Zukunft. Wie diese Weissagung sich später bewahrheitet, ist bekannt: Richard Wagner konnte „Rienzi“ und „Tannhäuser“ schreiben!

Daß Richard Wagner sich von dem Mißerfolg einer ersten Arbeit nicht abschrecken, sondern durch diesen sich vielmehr bestimmen [388] ließ, seiner Kunst sich mit um so beharrlicherem Streben hinzugeben, bezeugt am besten, daß ihm wirklicher Beruf innewohnte.

Gegenwärtig macht Wagner’s neueste Schöpfung, „der Kaisermarsch“, von sich sprechen. Die Urtheile über denselben gehen auseinander. Doch ward gerade durch ihn Schreiber Dieses wieder an des Componisten vor dreißig Jahren aufgeführtes Erstlingswerk erinnert, dessen Schicksal aufzuzeichnen für die Verehrer Wagner’s vielleicht Interesse haben dürfte.

H.


Blätter und Blüthen.

Französische Tornister. Im September 1870, als ich zum ersten Mal den Kriegsschauplatz besuchte und von Corny vor Metz nach Nancy und Toul hinüber wollte, wartete ich noch in Novéant, dem kleinen Corny gerade gegenüber liegenden Städtchen, von wo ab die Eisenbahn nach Pont à Mousson ging, eine Weile auf den Zug und kam auch gerade recht, um einer sehr interessanten Scene beizuwohnen.

Unmittelbar an der Bahn, vom Perron aus, wurden nämlich französische Tornister, die bei Sedan erbeutet worden, aufgeladen, und neun hochgeschichtete Waggons standen schon mit dieser wunderlichen Fracht gefüllt, während noch etwa ein bis zwei Waggons voll auf dem Perron herumlagen, und eben jetzt befördert werden sollten.

Zwölf bis vierzehn Landwehrleute fand ich mit der Arbeit beschäftigt, sind bunt genug sah es dabei aus. Die Tornister waren vorher geleert worden und zahllose offene Briefe, Instructions- und Notizbücher deckten den Grund ringsumher, und ich stöberte eine ganze Weile dazwischen herum. Interesse bot der Inhalt derselben insofern nicht, als ich auch in keinem einzigen nur eine Andeutung über Politik oder den Krieg fand. Es waren fast ausschließlich Familienbriefe, von Vater, Mutter, Schwester oder Braut, allerdings in der großen Mehrzahl unorthographisch, aber doch mit inniger Zärtlichkeit geschrieben. Besonders wurde darin von Familiengliedern und nahen Bekannten Nachricht gegeben, und jedesmal der sehnliche Wunsch ausgesprochen, daß der Adressat recht bald zurückkehren möge. Lieber Gott, wer konnte sagen, in welchem Acker er jetzt, nur flüchtig eingescharrt. moderte, und nie erfahren dann die Seinen, was aus ihm geworden – wo er geblieben!

Es ist überhaupt ein furchtbares Gefühl, wenn man sich denkt, in welch grausamer Weise dieser Krieg von französischer Seite nicht etwa gegen den Feind, nein, gegen die eigenen Landsleute geführt ist, indem gar keine Verlustlisten ausgegeben wurden, und die unglücklichen Familien keine Kunde erhielten, was aus den Hunderttausenden geworden, die entweder auf dem Schlachtfelde geblieben waren, in den zerstreuten Lazarethen lagen, oder in deutsche Gefangenschaft abgeführt worden. Wie viele von den Letzteren konnten dabei nicht einmal schreiben, um den Ihrigen, selbst von Deutschland aus, Nachricht zu geben, von den Turcos gar nicht zu reden, die man aus Afrika herübergeschafft. Das Herz einer Mutter aber bleibt ja dasselbe in der Sorge um ihr Kind, und wie muß darum den Daheimgebliebenen in Afrika zu Muthe sein, wenn sie von den blutigen Schlachten und dazu noch außerdem die Schilderungen hören, die das französische Journalistenpack über die „deutschen Barbaren“ ausgestreut!

Dieser blutige französische Abenteurer, der sich frecher Weise Napoleon den Dritten nannte, hat aber alle seine Kriege mit raffinirter Grausamkeit geführt, und wie er dem Menschenschacherer, dem jetzigen Vicekönig von Aegypten, der trotzdem in Europa fêtirt wurde, wohin er kam, damals im mexicanischen Kriege Tausende von unglücklichen Fellahs abkaufte und in den mexicanischen Bergen niedermetzeln ließ, so spielte er diesmal das nämliche Spiel. Was galten je einem Napoleon Menschenleben, sobald er irgend einen ehrgeizigen Zweck erreichen wollte? Und doch war bei dem mexicanischen Handel der Vicekönig jedenfalls noch der größere …, denn selbst der Ehrgeiz ist ein weniger gemeines Laster, in solcher Weise ausgeübt, als nur die schmutzige Habgier, die den letzteren verleitete, seine unglücklichen Unterthanen für Geld auf die Schlachtbank zu liefern, um mit dem Mammon seinen wahnsinnigen Luxus zu bestreiten und sein Schlaraffenleben fortzuführen. Louise Mühlbach ist übrigens entzückt von ihm.

Doch um auf die dort über den Perron gestreuten Briefe zurückzukommen, so ist es Thatsache, daß die meisten, die ich überlas oder wenigstens flüchtig ansah, ein längst veraltetes Datum trugen und von den Soldaten schon lange als theure Andenken mit herumgetragen sein mußten. Einige datirten monatelang vor dem Kriege und waren ihnen sicher schon in die verschiedenen Cantonnements gesandt worden; aber sie hatten sich nicht von ihnen trennen können und sie wieder und wieder gelesen. Jetzt fegte sie der Wind umher und die Soldaten traten sie unter die Füße – was kümmerten sie die Wische, die sie doch nicht lesen konnten!

Ich hatte mir eine kleine Zahl derselben gesammelt, um sie mitzunehmen und war dadurch in ein Gespräch mit den Landwehrleuten gekommen, die übrigens schon damals einen Grimm auf die ganze „französische Bande“ hatten.

„Das ist das reine Lumpenpack,“ sagte mir ein breitschulteriger, bärtiger und wahrhaft kerniger Landwehrmann, dem Kraft und Gesundheit aus den rothen Backen blitzten; „ein halbes Dutzend kann man in der Hand zerdrücken, und wenn man die Kerle reden hört, so reißt Jeder das Maul auf und ficht mit den Armen herum, daß man glauben sollte, er wolle die Welt fressen.“

Der Mann hatte nicht Unrecht – jeder Franzose ist ein geborener Komödiant, und das amerikanische Sprüchwort: „Bind’ einem Franzosen die Hände auf den Rücken und er bringt kein Wort über die Zunge,“ hat seine Berechtigung.

„Und haben Sie noch viel in den Tornistern gefunden?“ frug ich den Landwehrmann.

„In den Tornistern?“ erwiderte der Mann verächtlich und schleuderte ein paar von ihnen mit dem Fuße dem Haufen zu, der gerade wieder auf einen eben herangeschobenen offenen Güterwagen verstaut werden sollte. – „Nichts, womit ich mich auch nur eine Viertelstunde Wegs bepacken möchte. Verdammtes Lügengesindel; da haben sie immer geschrieen, daß jeder französische Soldat einen Marschallsstab im Tornister trüge – da stehen zehn oder elf Waggons voll davon, und ich will verdammt sein, wenn wir in einem einzigen von ihnen einen Marschallsstab gefunden haben.“

Fr. Gerstäcker.


Deutsche Waisen nach England. Wir erhalten durch die „Lady Superintendent“ des „Evangelical Protestant Diaconesses’ Institute and Training Hospital“ zu Tottenham Green bei London den brieflichen Wunsch eines kinderlosen Ehepaares übermittelt, welches einige deutsche Waisenkinder gebildeter Eltern an Kindesstatt annehmen möchte. Beide Ehegatten geben ihrem Wunsche folgenden bestimmten Ausdruck: „Wir Beide, Besitzer eines mäßigen Vermögens und kinderlos, wünschen uns der Erziehung eines oder einiger Kinder gefallener deutscher Officiere, die einer bewährten Familie protestantischer Religion angehörten und für welche die Mittel zu einer standesgemäßen Erziehung nicht vorhanden sind, zu widmen. Sämmtliche Kosten der Erziehung würden von uns getragen werden. Die Erziehung sollte eine dem gebildeten Stande entsprechende sein, bei welcher besonders deutsche und englische Literatur berücksichtigt würde. Obwohl wir Alles thun würden, den Kindern die Eltern zu ersetzen, so soll ihre Liebe zum deutschen Vaterlande in ihnen nicht erstickt werden. Die Kinder dürfen mit ihren Verwandten Briefe wechseln und zu gelegener Zeit dieselben besuchen. Wir wünschen die Kinder im Alter von zwei und vier Jahren. Sollte in Deutschland eine gerichtliche Adoption Gesetz oder Brauch sein, so sind wir zu derselben gern bereit.“ – Wir theilen dies, als offenbar aus edler Absicht hervorgegangen, hier mit, müssen den Vormündern und Verwandten solcher Waisen es aber zur eigenen Prüfung überlassen, ob sie deutsche Kinder nach England abgeben wollen – in dieser Blüthenzeit eines neuen Deutschlands!


Gefunden! Der von uns als „vermißt“ gesuchte G. H. Oppmann aus Würzburg steht, wie Herr Reimann, Chef eines „Office of the Baltimore homoeopathic Pharmacy“ uns mittheilt, im „Baltimore City Directory“ verzeichnet mit der Wohnungsangabe Nr. 301 West Pratt Str. Eine Bestätigung dieser Nachricht erhalten wir in einem von Herrn John J. Gahde in New-York veranlaßten Briefe des Herrn Henry Sonnemann in Baltimore, welcher schreibt, daß Herr Oppmann dort als Zuschneider lebe, kränklich sei, aus einer ersten Ehe zwei hübsche Mädchen und aus einer zweiten ebenfalls zwei Kinder habe. Warum auch dieser „Sohn“ erst von Fremden gemahnt werden muß, seinen alten trauernden Eltern ein Lebenszeichen zu geben, darüber werden wir hoffentlich das Nöthige in Erfahrung bringen.


Kleiner Briefkasten.

A. B. in Danzig. Allerdings giebt es ein solches Blatt, und zwar ganz wie Sie es wünschen: ein Blatt, in welchem Fabrikanten in ruhiger Weise und mit allem Freimuth mit dem Arbeiter sich auf denselben Standpunkt der Discussion stellen und ihre Ansichten, Wünsche und Forderungen gegenseitig aussprechen. Dies geschieht in dem von Fr. Jacob Müller in Coburg redigirten und herausgegebenen „Sprechsaal, Organ der Porcellan-, Glas-, Thonwaaren- und verwandten Arbeiter.“ Durch die entschiedene Haltung des Herausgebers, der selbst als Porcellandreher viele Jahre lang das Brod des Arbeiters gegessen und durch ein (jetzt schon in fünfter Auflage erschienenes) Bändchen „Poetische Bilder“ gezeigt hat, daß er aus der Trübsal des Alltags sich in die Sphäre geistiger Erhebung zu retten vermochte, ist alle Parteipolitik aus dem Sprechsaal verwiesen; dagegen befindet sich das Blatt in der Hand jedes Fabrikanten der oben genannten Geschäftszweige und die tüchtigsten derselben sind freiwillige Mitarbeiter desselben. Wenn andere Industrie- und Gewerbskreise in ähnlicher Weise sich selbständige Organe schaffen wollen, so dürfen sie den Müller’schen „Sprechsaal“ sich zum Muster nehmen.

R. M. in Liverpool. In Braunschweig würde ohne Zweifel das welfische Fürstenhaus in Hannover erbberechtigt gewesen sein, wenn dasselbe nicht durch seine Welfenlegion in Frankreich zum Verbrecher an Deutschland geworden wäre.

L. Lebach in Mawo (Amerika). Der bäuerische Schriftsteller Felder im Allgäu ist bereits seit zwei Jahren todt.

K. in M. Die mitgetheilte Scene erinnert uns an eine ähnliche, welche man von der Schröder-Devrient erzählt. Einem Kammerherrn, der sie im Jahre 1848 höhnend fragte, warum sie ein rothes Tuch trage, da doch ihr verehrter Freund Robert Blum erschossen sei, antwortete sie mit gewohnter Schlagfertigkeit: „Für Robert Blum trage ich roth, die Farbe meines Herzens; aber Ihnen, mein lieber Kammerherr, verspreche ich, daß ich, wenn Sie gehangen werden, eine schwarze Schleife anstecken will.“

O. S. in Gl. Eine specielle Geschichte der musikalischen Literatur giebt es in der That nicht. Wer eine solche zu schreiben unternähme, müßte eben so umfassende historische, philosophische und philologische Kenntnisse, wie tiefe musikalische Gelehrsamkeit besitzen. In dieser Vereinigung liegt eben die Schwierigkeit der Arbeit. Ein Werk indeß ist im Werden begriffen, welches in nicht unbeträchtlichem Grade Ihrem Ideal zu entsprechen vermöchte, und das ist die „Geschichte der Musik“ von Aug. Wilh. Ambros (Breslau [jetzt Leipzig], bei F. E. C. Leuckart). Drei Bände sind bis jetzt davon erschienen, in welchen der Verfasser bis zu Palestrina gekommen ist. Es sollte uns übrigens wundern, wenn Sie beregtes Werk noch nicht kennen sollten.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.


  1. Er hat sich bekanntlich durch sein neuestes Werk: „Die historischen Volkslieder der Deutschen vom dreizehnten bis zum sechszehnten Jahrhundert“ großes Verdienst erworben.
  2. Sein Vater war Legationsrath und Hofsecretär.
  3. Louise, Tochter des großherzoglich badischen Majors Schwarz, die Schwind im Jahre 1842 heimführte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Munificenz, unsere kunstliebenden Fürste (korrigiert laut Druckfehler (Die Gartenlaube 1871/26))