Das Denkmal der deutschen Burschenschaft

Textdaten
<<< >>>
Autor: Dr. Robert Keil
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Denkmal der deutschen Burschenschaft
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 411–413
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[411]

Das Denkmal der deutschen Burschenschaft.

Die Geschichte der Burschenschaft gehört für alle Zeit zu den glänzendsten Blättern der deutschen Geschichte. Zwar konnte sie nicht unmittelbar politisch wirken, nicht unmittelbar ihre politischen Ziele erreichen; erst eine gewaltige neue That des deutschen Volkes, die Ereignisse des Jahres 1870 und 1871, haben die von allen Patrioten ersehnte Einheit Deutschlands und die ihm gebührende Machtstellung geschaffen. Doch die Burschenschaft ist die Bewahrerin und Pflegerin des deutschen Nationalbewußtseins, des nationalen Einheitsgedankens gewesen; sie hat, den idealen Zug im deutschen Volkscharakter bewahrend, das geistige patriotische Leben erhalten, mit welchem der Boden für das politische Leben gewonnen wurde; sie hat die Entwicklung des letzteren erst möglich gemacht und angebahnt.

Im Januar 1881, bei der zehnjährigen Gedenkfeier der Wiederaufrichtung der deutschen Kaiserwürde, hat auch Fürst Bismarck selbst es geradezu und ausdrücklich anerkannt, „daß unsere deutschen Universitäten in schwierigen und an Hoffnung armen Zeiten dem nationalen Gedanken treu geblieben sind, daß sie ihn uns für günstigere Gelegenheit lebendig erhalten und entwickelungsfähig überliefert haben“.

Das burschenschaftliche Wartburgfest von 1817 war nicht allein eine Feier nationaler Befreiung und ein Protest gegen Tücke und Verrath, es war das erste deutsche Nationalfest, es war – wie es der Festtheilnehmer Professor Fries treffend bezeichnet – das helle Morgenroth eines schönen Tages, der über unser schönes Vaterland heraufkam. Und die Aufgabe der deutschen Burschenschaft ist auch mit den großen Ereignissen von 1870 und 1871 nicht erloschen; noch jetzt und immerdar gilt es, in der akademischen Jugend patriotische Begeisterung, den Sinn für das Edle und Große, einen gesunden Idealismus bei frischer Jugendlust zu pflegen und so dem Staate und öffentlichen Leben wackere, freidenkende Männer zuzuführen, die mit wissenschaftlicher Bildung Liebe zu Vaterland und Volk und festen Charakter verbinden. Wahr und schön hat diese hohen Verdienste der Burschenschaft Albert Traeger in seinem trefflichen Gedichte: „Zum October-Jubiläum auf der Wartburg“, das in der „Gartenlaube“ 1867 (Seite 664) erschien, in der Schlußstrophe hervorgehoben:

„Gesegnet, deutsche Burschenschaft,
Sei ewig deine Tugend,
Nie fehle unsrer Manneskraft
Das Feuer deiner Jugend!
Und wenn uns die Erfüllung naht,
Fiel noch die letzte Schranke,
Wir sagen: Unser ist die That,
Doch dein bleibt der Gedanke.“

Eben diese warme Anerkennung wurde der Burschenschaft bei Gelegenheit des Jenaer Universitäts-Jubiläums von 1858 zu Theil. „Das deutsche Volk und seine Regierungen,“ urtheilte damals die Presse, „mögen sich glücklich schätzen, daß noch so viel Enthusiasmus in den alten und jungen Burschenschaftern lebt; denn wahrlich, der Tag kann morgen kommen, wo Volk und Regierungen in Deutschland des hohen, hellen Aufschwunges bedürfen, der hier sich als noch in so vielen Herzen vorhanden bekundet hat.“ Zwölf Jahre später kam der Tag, und die deutschen Burschenschafter bethätigten in opferbereitem Patriotismus den hohen, hellen Aufschwung. – Wer gedenkt ferner nicht des im Jahre 1865 zu Jena so großartig gefeierten Jubiläums der deutschen Burschenschaft, – wer nicht der erhebenden Gedächtnißfeier, welche in Begeisterung und Hoffnung für des deutschen Vaterlandes Einheit, Macht und Herrlichkeit die alten und jungen Burschenschafter im Jahre 1867 am fünfzigsten Jahrestage des Wartburgfestes in Eisenach begingen?! Bei dem großen Jenaer Feste von 1865 hatte Professor Scheidler noch die alte Burschenschaftsfahne getragen, aber an dem Wartburgfeste von 1867 konnte er schon nicht mehr theilnehmen,

„Weil, als die Wartburgschaaren
Begrüßt ihr Jubeljahr,
Sein Geist schon heimgefahren
Zur ew’gen Wartburg war.
Und doch war unentwichen
Er stets bei uns auch dort;
Sein Bild ging unverblichen
Mit uns von Ort zu Ort.“

So sang, so fühlte Friedrich Hofmann, der selbst das Erinnerungsfest von 1867 mit zu Stande gebracht hat; so fühlten wir alle bei der Feier des Festes und bei der Rückkehr von demselben. Scheidler, dem Mitbegründer der Burschenschaft, dem Burgvoigt von 1817, ein würdiges Denkmal auf sein Grab zu setzen, war der in diesem Kreise entsprungene, zuerst von mir selbst angeregte Gedanke. Der Ertrag der Sammlung ließ aber eine Erweiterung dieses Planes hoffen. Es bildete sich ein Comité und beschloß statt eines bloßen Grabdenkmals für Scheidler vielmehr ein Denkmal für die drei Begründer der Burschenschaft Scheidler, Riemann und Horn und damit zugleich für die Gründung der Burschenschaft selbst.

Im Verein mit dem Centralausschuß der letztern erließ das Denkmalcomité unter dem 31. Juli 1874 den Aufruf zur Errichtung solchen Denkmals in Jena – in Jena, dem treuen Hort der Geistes- und Lehrfreiheit, in Jena, das in Verein mit dem Musenhof Weimar einst der geistige Mittelpunkt von ganz Deutschland war, durch den genialen Geist Fichte’s die Ideen einer Reform des Studentenlebens, einer vaterländischen Bereinigung zuerst aussprach, im Jahre 1815 die Stätte der ersten Burschenschaft und bald darauf das Centrum und Haupt der deutschen Burschenschaft wurde.

Welchen Anklang dieses erweiterte schöne Project sofort in den akademischen Kreisen fand, bekundet unter Anderem das Schreiben einer süddeutschen Burschenschaft: „Möge dieses Monument als [412] eine Erinnerung an die edlen Stifter der alten Burschenschaft und zugleich als eine Aufforderung an die jungen Burschenschafter, die Principien dieses Bundes jederzeit festzuhalten, den Ort zieren, an welchem in schwerer Zeit der Gedanke deutscher Einheit und Freiheit vielleicht zum ersten Male in der Studentenwelt einen thatsächlichen Ausdruck gefunden hat!“

Das Denkmal der deutschen Burschenschaft in Jena.
Von Prof. Donndorf in Stuttgart.

Zahlreiche Beiträge gingen von den burschenschaftlichen Verbindungen Nord - und Süddeutschlands, vor Allem von den Jenaer Burschenschaftern, ferner von „alten Herren“ in Nord und Süd, im In- und Auslande, und von vielen Jenaer Bürgern ein. Rühmend ist des unverdrossenen Sammeleifers des Comitémitgliedes Professors Hermann Schäffer zu Jena, des liebenswürdigen Lehrers und Freundes der akademischen Jugend, zu gedenken, rühmend aber auch der lebhaften Sympathie der deutsch-österreichischen Studentenkreise für die gemeinsame deutsche Sache. Die schöne deutsch-nationale Idee mit zur Ausführung zu bringen, zu bethätigen, „wie hoch die deutsche Jugend Oesterreichs deutsches Wissen und Wesen ehrt und hält, wie warm, auch in der Ostmark die Herzen für die deutschen Mannesthaten, für deutsches Denken, deutsche Sitte, ja für alles Hohe schlagen, was seit den Wartburgtagen ein Burschenherz erfüllen kann,“ sandten sie aus Wien, Graz, Prag, Innsbruck, aus Ungarn und Siebenbürgen Beitrag auf Beitrag.

Professor Donndorf zu Stuttgart, dem Schöpfer des Karl August-Denkmals in Weimar, übertrug das Comité den Entwurf eines Denkmal-Projects, und mit echter Begeisterung für die Idee übernahm er, der treue Thüringer, den Auftrag.

„Die Anfrage des Burschenschafts-Denkmal-Comités,“ schrieb er sofort, „hat mich mit herzlichem Interesse lebendig bewegt. Wir Thüringer, die wir unser altes Jena lieben, stehen noch in einer besondern persönlichen Beziehung zu all dem Hohen und Herrlichen, was von dort ausgegangen ist. Die Gründung der Burschenschaft ist eine der schönsten Manifestationen des Idealismus und der Begeisterung der Jugend, und diese schönste Erscheinung verdient vor Allem, daß sie gefeiert wird.

Mir würde es Bedürfniß sein, in dem Denkmale selbst einen Hauch der Jugendbegeisterung und Romantik zu spüren, welche die Burschenschaftsidee erzeugt hat. Diese Idee würde vollkommen zur Erscheinung kommen in der Figur eines idealen Burschenschafters, bei dem sich das Motiv der Fahne günstig verwenden ließe. Die Portraits der drei Begründer würden am Sockel anzubringen sein. Eine solche begeisterte Jünglingsgestalt mit dem charakteristischen Costüm würde den Beschauer sicher in die beabsichtigte Stimmung versetzen, und ich sollte meinen, es wäre in diesem so naheliegenden Motiv alles ausgedrückt, was die Plastik hier überhaupt ausdrücken kann.“

So entstand das Project: Auf hohem Piedestale, an welchem die Widmung und die Reliefportraits der drei Begründer der Burschenschaft, Scheidler, Riemann und Horn, nach Jugendbildern angebracht werden, soll sich, überlebensgroß, aus carrarischem Marmor die Figur eines Burschen von 1815 in der damaligen Tracht erheben; er schwingt mit der rechten Hand die Fahnen der Burschenschaft, die einst viel verfolgte Wartburgfahne;[1] er drückt begeisterungsvoll mit der linken das Burschenschwert an die Brust, und aus seinen Blicken, seinen Zügen spricht das heiligste vaterländische Gelübde. Es ist, als hörte man von seinen Lippen die kernigen Worte, eines damaligen Liedes:

 „Du deutsches Vaterland,
Dir schwören wir den hohen Schwur der Treue!
Gilt’s deine Ehre, greift zum Schwert die Hand,
Gilt’s deine Freiheit, sterben wir als Freie!

Das Comité hat dem Künstler die Ausführung dieses so ganz im Geiste der Entstehung der Burschenschaft gehaltenen Entwurfs, von welchem hier eine Abbildung nach dem Modell folgt, übertragen, und mit warmer Liebe ist der Meister in Stuttgart mit der Ausführung beschäftigt.

Leider sind Auftrag und Ausführung durch mehrfache äußere Hindernisse verzögert worden und inzwischen schmerzliche Verluste eingetreten. Die gefeierten Burschen mit dem Silberhaar: Riemann und Horn starben; es starb auch in rüstiger Manneskraft der um die Denkmalssache hochverdiente Geschichtsschreiber der Burschenschaft, mein lieber Bruder Richard Keil, dem die „Gartenlaube“ (Nr. 12 des Jahrgangs von 1880) den ehrendsten Nachruf gewidmet hat.

Rasch schreitet jetzt das Denkmal seiner Vollendung entgegen. Noch fehlen zur Deckung der Kosten einige tausend Mark.

Wohlan denn, Ihr alten und jungen Burschen und Ihr Freunde der Burschenschaft und ihres patriotischen Strebens, bethätigt Eure Theilnahme für die edle Sache durch rasche Einsendung von Beiträgen, bezüglich erneuten Beiträgen an den unterzeichneten Führer der Hauptcasse, damit die Aufstellung des Denkmals, wenn nicht noch im Jahr 1882, so doch im Frühling 1883 ermöglicht werde!

Denkmalcomité und Centralausschuß werden seiner Zeit die Enthüllungsfeier beschließen und ordnen. Möge sich dann in Jena wieder ein erhebendes deutsches Fest gestalten, wie das große Burschenfest von 1865! Möge sich dort, angesichts des Landgrafenberges, dessen Schmach von 1806 durch die Tage von Leipzig und Sedan gesühnt ist, das Denkmal in würdigster Weise erheben, zu Anerkennung der patriotischen Verdienste der Begründer der deutschen Burschenschaft, zu ewiger Mahnung an die kommenden Generationen! Mögen sie, eingedenk der Mahnung, treu dem Beispiele der Männer von 1815, das Banner der deutschen Einheit und Freiheit allezeit mit opferbereiter Vaterlandsliebe hochhalten!

Weimar.Dr. Robert Keil.     

  1. Dem Artikel des Verfassers „Zum Jubelfest des schwarz-roth-goldnen Banners“ in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1865, S. 506) ist eine Abbildung sowohl der Fahne wie des Schwertes beigegeben. Da viele unserer Abonnenten gegenwärtig nicht mehr im Besitz des erwähnten Jahrganges sein dürften, so geben wir die erwähnten, höchst interessanten Abbildungen auf Seite 413 wieder. D. Red.     
[413]

Die Burschenschafts-Fahne,
die erste schwarz-roth-goldne Fahne Deutschlands.

Das Burschenschafts-Schwert.