« Kapitel B 4 Beschreibung des Oberamts Sulz Kapitel B 6 »
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Bickelsberg,
mit 2 Häselhöfen.

Gemeinde III. Klasse mit 611 Einwohnern. – Evang. Pfarrei.

Der ziemlich große, meist aus ansehnlichen Baurenwohnungen bestehende Ort hat eine freie, hohe Lage 23/4 Stunden südöstlich von Sulz, auf der über der Keuperterrasse sich ausdehnenden Liasebene, von der man eine überraschende Aussicht an den Steilabfall der Alp (von dem Dreifaltigkeitsberg bis zu dem Hohenstaufen), an den Schwarzwald (Feldberg, Kniebis), an einen Theil der Schweizer Alpen, über das Gäu und den Schönbuch genießt. Die Gebäude sind aus| Holz aufgeführt, durchgängig mit Ziegelplatten gedeckt und meist mit steinernen Unterstöcken versehen.

Die am westlichen Ende des Dorfs gelegene Pfarrkirche wurde mit Ausnahme des alten massiven Thurms im Jahr 1746 in einem einfachen Style aus Steinen erbaut und hat hinlänglich Raum für die Ortsgemeinde, wie für den Filialort Brittheim. Das geschmacklos ausgestattete Innere hat außer einem alten, im germanischen Styl gehaltenen Taufstein nichts Bemerkenswerthes aufzuweisen.

Die Kirche ist Eigenthum der Stiftungspflege, welche sie auch im Bau zu unterhalten hat.

Der um die Kirche gelegene mit einer Mauer versehene Begräbnißplatz wurde im Jahr 1850 aufgegeben und dagegen ein neuer unweit des Orts an der Straße nach Sulz angelegt.

Das Pfarrhaus steht frei und angenehm nur 80 Schritte südöstlich von der Kirche; die Unterhaltung desselben liegt dem Staat ob.

Das Schulhaus, ein 2stockiges Gebäude, welches 2 geräumige Lehrzimmer enthält, wurde im Jahr 1838 in der Nähe des Pfarrhauses erbaut; neben demselben steht das Wohngebäude für den Schulmeister; ein Lehrgehülfe unterrichtet ebenfalls an der Schule.

Das Rathhaus liegt mitten im Ort und befindet sich in gutem Zustande.

Ein Gemeinde-Backhaus und 2 Waschhäuser sind vorhanden.

Vorzügliches Trinkwasser liefern 3 laufende und 20 Schöpfbrunnen, überdieß sind noch 6 weitere laufende Brunnen außerhalb des Dorfs vorhanden. In unbedeutender Tiefe kommt man aller Orten auf Wasser, so daß jeder Bürger einen Brunnen an seinem Haus anlegen kann. Der Thalbach fließt durch den südlichen Theil des Orts und ein zweiter, der sich bald mit dem ersteren vereinigt, entspringt in einem kleinen See innerhalb des Orts; beide Bäche versiegen den Sommer über.

Die Staatsstraße von Oberndorf nach Balingen führt durch den Ort und überdieß besteht eine Vicinalstraße nach Sulz.

Die Einwohner sind meist großgewachsene, schöne Leute, die nicht selten ein hohes Alter erreichen; ihre Vermögensumstände, obgleich in neuerer Zeit etwas zurückgekommen, gehören immer noch zu den ziemlich guten. Der vermöglichste Bürger besitzt 30 Morgen Felder und 4 Morgen Wald, der sog. Mittelmann 15–18 Morgen und 1–11/2 Morgen Wald und die Minderbemittelten 2–3 Morgen. Die Haupterwerbsmittel sind Feldbau, Viehzucht und Holzhandel;| von den Gewerbetreibenden sind außer 2 Schildwirthen und 1 Krämer nur noch die Kübler zu nennen, welche Salzfässer für die Saline Rottenmünster fertigen.

Die mittelgroße Markung liegt theils eben, theils an den ziemlich stark geneigten Abhängen gegen die Thäler des Thalbachs und des Buwiesenbachs.

Der Boden ist im Allgemeinen ziemlich fruchtbar und besteht auf der Hochebene aus einem größtentheils schweren Lehmboden, dem in mäßiger Tiefe der Liaskalk als Unterlage dient; an den Abhängen tritt an den oberen Partieen ein stark gebundener Thon auf, während gegen die Thalsohlen hin ein magerer Sandboden (Zersetzung des grobkörnigen Keupersandsteins) erscheint.

Die Luft ist rein, jedoch etwas scharf und rauh, daher auch die Ernte um 8–10 Tagen später eintritt als in den tiefer gelegenen Gegenden des Bezirks. Feinere Gewächse wie Gurken und Bohnen gedeihen nur in günstigen Jahrgängen. Hagelschlag kommt selten vor (seit 16 Jahren 1mal).

Auf der Markung befinden sich 2 Steinbrüche, aus denen der grobkörnige Keupersandstein zu Bausteinen gewonnen wird.

Die Landwirthschaft hat sich erst in neuerer Zeit sehr gehoben, indem sich die Bauern nur langsam zu Neuerungen entschließen wollten, wie denn der Kleebau vor wenigen Jahren noch sehr unbedeutend war. Zur Besserung des Bodens kommt neben dem gewöhnlichen Stalldünger die Hallerde häufig in Anwendung; auch die Gülle wird benützt, übrigens lassen die Düngerstätten noch Manches zu wünschen übrig.

Nach den Regeln der Dreifelder-Wirthschaft mit unbedeutendem Bracheinbau kommen zum Anbau: Dinkel, Haber, Weizen, Gerste, Einkorn, wenig Roggen, Wicken, Ackerbohnen, Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Luzerne, Esparsette und ziemlich viel Hanf, welch letzterer größtentheils für den eigenen Bedarf verwendet wird. Dinkel und Haber gedeihen vorzugsweise. Bei einer Aussaat von 1 Schffl. Dinkel, 6 Sri. Haber wird der Ertrag zu 6–10 Scheffel Dinkel und 4–6 Schffl. Haber per Morgen angegeben. Dinkel, Haber und Ackerbohnen werden auch ziemlich viel nach Außen abgesetzt. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 60–500 fl. per Morgen.

Die Wiesen, von denen nur ein kleiner Theil bewässert werden kann, sind 2mähdig und liefern im Allgemeinen ein gutes Futter und zwar im Durchschnitt 15–25 Cent. Heu und 8–12 Centner| Öhmd per Morgen. Die Preise der Wiesen steigern sich von 60 bis 700 fl. per Morgen. Das Futter wird im Ort selbst verbraucht.

Die Obstzucht, welche sich hauptsächlich auf rauhe Mostsorten beschränkt, ist ziemlich ausgedehnt, liefert jedoch selten reichen Ertrag und erlaubt nur in ganz günstigen Jahren einigen Verkauf nach Außen.

Die stark betriebene Rindviehzucht ist in gutem Zustande; eine gewöhnliche Landrace mit Simmenthaler Kreuzung wird gehalten und 3 Farren (1 Simmenthaler und 2 Bastardfarren), welche die Gemeinde unterhält, sind aufgestellt. Sogenanntes Stellvieh, das den Juden gehört, ist wenig im Ort. Der Handel mit Vieh ist beträchtlich.

Die Schafzucht beschränkt sich auf deutsche Schafe, welche von einzelnen Bürgern gehalten und auch überwintert werden. Der Schafweidepacht trägt der Gemeinde etwa 180 fl. und die Pferchnutzung 280–300 fl. jährlich ein.

Eigentliche Schweinezucht treibt nur ein Bürger in namhafter Ausdehnung; im Allgemeinen werden die Ferkel von Händlern aus Baden oder Bayern gekauft und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf gemästet.

Die Gemeinde besitzt etwa 300 Morgen Waldungen, welche durchgängig aus Nadelhölzern bestehen; sie ertragen jährlich 140 Klafter, welche verkauft werden, was der Gemeindekasse gegenwärtig gegen 1200 fl. einträgt, daher auch keine Gemeindeschadensumlage nöthig ist.

Zu der Gemeinde gehören:

Die Häselhöfe, 2 einzeln stehende Häuser, die etwa 1/4 Stunde von einander an dem nördlichen Abhang gegen das Buwiesen-Thal liegen.

Etwa 1/2 Stunde von Bickelsberg hat nach dem Landbuch von 1623 im sogen. Nonnenwald ein Nonnenhaus gestanden, das nun spurlos verschwunden ist.

Schon genanntes Landbuch neunt nur noch eingefallene Keller und etliche Gemäuer, in deren Nähe auf einem Felsen zwei starke Bronnen entspringen.

An Württemberg gelangte der Ort mit der Herrschaft Rosenfeld.

Mit hiesigem Gut (in pago Bertoltipara in loco qui dicitur Buchilerperc) beschenkte Otgaer am 11. Jan. 782 das Kloster St. Gallen (Wirt. Urk.-Buch 1, 27).

Frühe in hiesigen Güterbesitz gelangte auch das Kl. St. Georgen (1094. Mone Zeitschrift 9, 217. 218) und erhielt solchen von Papst Alexander III. im Jahr 1179 bestätigt (Bukelsperc eb. 2, 199).

| In sehr früher Zeit waren allhier Eremiten der dritten Regel des heil. Franziscus angesiedelt. Solche traten 1409 in den Benedictiner-Orden und unterwarfen sich dem Kl. St. Georgen (Martini, Gesch. des Kl. St. Georgen 66). Im Jahr 1426 sollen an die Stelle der Mönche Nonnen von der dritten Regel des heil. Franciscus getreten seyn, welche gleichfalls den Abt von St. Georgen als Obern anerkannten (Gerbert, Hist. nigr. silv. 2, 255).

Allhier wurde als Sohn des Pfarrers geboren den 3. Mai 1792 Chstn. Gtlieb Schmid, von 1829 an Professor der Philosophie am Stuttgarter Gymnasium bis zu seinem, den 7. Aug. 1846 erfolgten Tode. Er zeichnete sich auch als Mitglied der Ständeversammlung aus. Seine Hauptschrift ist: Religion und Theologie nach ihrem Wesen und Fundament. 1821. 8.

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