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Bergfelden,
mit Mühle und Salzbohrhaus.

Gemeinde III. Klasse mit 916 Einw. wor. 12 Kath. – Evang. Pfarrei; die Kathol. sind nach Bochingen, OA. Oberndorf, eingepfarrt.

Bergfelden liegt 5/4 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt in dem nicht tief eingefurchten Mühlbach-Thälchen, das sich am Fuß eines bewaldeten Höhenzugs in südöstlicher Richtung hinzieht.

| Der freundliche, etwas weitläufig gebaute Ort, dessen reinlich gehaltenen Straßen durchaus mit Kandeln versehen, theilweise auch gepflastert sind, ist größtentheils in die Thalebene hingebaut, während einzelne Gebäude, worunter auch die Kirche, das Pfarrhaus und das Schulhaus etwas erhöht an den Thalgehängen stehen.

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Im Ort bestand früher ein 1386 gestiftetes, 1550 aufgehobenes Frauenkloster des Dominikaner-Ordens; dieses nun abgegangene Gebäude, sowie die sehr alterthümliche Kirche, auf einer Anhöhe nordwestlich vom Dorf gelegen, waren mit einer doppelten mit Thürmen befestigten und mit einem Umlauf versehenen Mauer umgeben, welche gegenwärtig den Kirchhof noch umschließt, jedoch von ihrer ursprünglichen Physiognomie in neuerer Zeit etwas verloren hat. Die sehr ansehnliche, im germanischen Styl erbaute Pfarrkirche hat spitzbogige Eingänge und Fenster, von denen die letzteren an dem Langhause in neuerer Zeit ihre Ornamente in den Bogentheilen verloren haben, während sie an dem mit einem halben Achteck schließenden Chor noch in ihrer ganzen Schönheit erhalten sind. Der aus 6 Stockwerken bestehende, 121′ hohe Thurm, welcher ein Satteldach trägt, enthält von unten herauf Schießscharten, im obersten Stockwerk aber germanisch gefüllte Spitzbogenfenster; das untere Stockwerk desselben hat einen spitzen Durchgang, von dem ein spitzer Eingang in die Kirche führt, über dem die Jahrszahl 1513 angebracht ist. Auf dem Thurme hängen 4 Glocken mit folgenden Umschriften: 1) O rex glorie Christe veni cum pace. Osanna bin ich, Klein von Rotweil gos mich. Lucas, Marcus, Matheus, Johannes. Am unteren Rande steht anno und eine ganz eigenthümliche Jahrszahl, die etwa 1527 gelesen werden dürfte. Diese Glocke ist 40 Centner schwer und wegen ihres schönen Tons in der ganzen Gegend bekannt. 2) O rex glorie Christe veni cum pace und die 4 Evangelistennamen (in alten Majuskeln). 3) Die 4 Evangelistennamen und anno 1401. Die vierte ist aus neuerer Zeit. Von dem Innern der Kirche zeichnet sich hauptsächlich der Chor aus, welcher mit einem schön construirten, an den Gurten bemalten Netzgewölben gedeckt ist; die bemalten Schlußsteine enthalten in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bildwerke: 1) der heilige Christophorus, 2) Johannes der Täufer, 3) der heilige Sebastian, 4) der heilige Remigius und 5) Maria mit dem Christuskinde. Ganz hinten an der letzten Gurtenkreuzung ist ein von einem Bären gehaltener Wappenschild angebracht, der ein Steinmetzzeichen und die Jahrszahl 1517 enthält. An den Gurtenkreuzungen um das Bild des Remigius sind 6 Wappenschilde angebracht.| In der Sacristei ist ein Glasgemälde, den heil. Remigius vorstellend, mit der Jahrszahl 1627 aufbewahrt.

Das Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt frei und angenehm in der Nähe der Kirche; es wurde im J. 1851 beinahe ganz neu hergestellt und zweckmäßig eingerichtet.

Das Schulhaus, östlich der Kirche gelegen, enthält 2 Lehrzimmer und die Wohngelasse für den Schulmeister und den Lehrgehilfen. Eine Industrieschule ist vorhanden.

Das Rathhaus, ein altes Gebäude, welches im Jahr 1860 wesentlich verbessert wurde.

Ein Gemeinde-Backhaus, vier öffentliche Waschhäuser und ein Schafhaus sind vorhanden.

Der Ort ist mit Trinkwasser, welches 15 laufende und 3 Pumpbrunnen liefern, hinreichend versehen; das Wasser ist zum Theil sehr hart und sämmtliche von der Ostseite aus dem Gebirge kommenden Quellen haben einen geringen Schwefelgehalt; sie werden in Brunnen, in welche von der Westseite her zugleich süßes Wasser fließt, geleitet, um diese vor dem Zufrieren zu bewahren. Das Wasser soll namentlich den Pferden zuträglich seyn. Früher bestand hier ein Bad, von dem erst vor einigen Jahren das Haus abgebrochen wurde. Oberhalb dem Stückenbühl befindet sich eine periodisch fließende Quelle (Hungerbrunnen), welche Jahre lang trocken liegt und dann auf einmal wieder anlauft; so hat sie z. B. in den 1750ger Jahren Wasser in Fülle gespendet und ist alsdann bis zum Jahr 1770 wieder versiegen gegangen. Durch den Ort fließt der südlich von Vöhringen entspringende Mühlbach; er treibt die obere und untere Mühle, jede mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, einer Hanfreibe und einer Säge; auch das Pump- und Druckwerk in dem neu entstandenen Salzbohrhaus (s. h. unten) wird von demselben in Bewegung gesetzt. Der Mühlbach führt Krebse und vortreffliche Grundeln; 2 steinerne Brücken und 2 hölzerne Stege sind über denselben angelegt.

Die ziemlich große, schön arrondirte Markung, von der jedoch beinahe die Hälfte mit Wald bestockt ist, hat im Allgemeinen einen ziemlich guten Boden, der (soweit er für den Feldbau benützt wird) auf der rechten Seite des Mühlbachs aus den Verwitterungen des Keupermergels besteht und daher zu den sog. schweren, thonigen Bodenarten gehört; auf der linken Seite des Mühlbachs erscheint ein leichter sog. Malmboden (Verwitterung des Muschelkalkdolomits).

Ein Steinbruch an der Straße nach Sulz liefert Muschelkalkdolomit,| der zu Straßenmaterial benützt wird; früher wurde auch Gyps auf der Markung gewonnen und im Ort gemahlen.

Die Luft ist ziemlich mild, übrigens häufig nebelig; die Ernte tritt gewöhnlich Anfangs August ein. Hagelschlag kommt nicht häufig vor, indem der östlich vom Ort gelegene Dickeberg eine Wetterscheide bildet. Auf der Hochebene dieses Bergs genießt man eine ausgebreitete Aussicht an die Alp, über den Schwarzwald, in das Gäu bei Herrenberg und über den Schönbuch.

Die Einwohner sind in körperlicher Beziehung gerade nicht bevorzugt, etwas klein, mager und von blasser Gesichtsfarbe, jedoch im Allgemeinen kräftig. Der Kretinismus hat gegen früher sehr abgenommen, vermuthlich in Folge der größeren Reinlichkeit, auf welche in neuerer Zeit von Seiten der Ortsbehörde gedrungen wurde, die hauptsächlich auch für die Verbesserung der früher nicht selten morastigen und sumpfigen Ortsstraßen sorgte. Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind nicht ungünstig und die Gemeinde gehört zu den besseren im Bezirk. Der vermöglichste Bürger besitzt 50 Mrg. Felder und 10 Morgen Waldungen, der sog. Mittelmann 25 Mrg. Felder, 2–3 Morgen Waldungen und die Minderbemittelten immer noch 1–2 Morgen. Die Haupterwerbsmitteln sind Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe, mit Ausnahme der schon angeführten 2 Mühlen, 2 Schildwirthschaften und 1 Kramladen, einiger Weber und Schuster, eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Landwirthschaft wird unter Anwendung verbesserter Ackergeräthe mit vielem Fleiß betrieben; neben dem gewöhnlichen Dünger und der Hallerde benützt man mit großer Sorgfalt die Jauche, zu deren Gewinnung die Düngerstätten zweckmäßig angelegt sind. Die Dreifelder-Wirthschaft, von der man jedoch allmählig abweicht, ist immer noch die allgemeinste. Außer den gewöhnlichen Cerealien baut man vorzugsweise in der zu 3/4 angeblümten Brache noch Kartoffeln, Futterkräuter, ziemlich viel Reps, Flachs und Hanf. Waizen wird sehr viel gebaut, während der Anbau des Dinkel sich mehr und mehr vermindert. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens Acker beträgt an Dinkel 5–10 Scheffel, an Weizen 4–6 Scheffel, an Gerste 4–5 Schffl., an Haber 4–6 Schffl. und an Roggen 3–4 Scheffel. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 20 bis 500 fl. Von den erzeugten Getreidefrüchten werden jährlich 200 Schffl. Waizen, 200 Schffl. Haber und 30 Scheffel Gerste meist auf der Schranne in Sulz abgesetzt.

Die Wiesen sind sehr gut, 2–3mähdig und können theilweise| bewässert werden; sie ertragen durchschnittlich 25 Centner Heu und 12 Cent. Öhmd. Die Preise derselben bewegen sich von 200 bis 600 fl. per Morgen.

Die Obstzucht ist verhältnißmäßig gut und der Ort gehört zu denen des Bezirks, welche am meisten Obst erzeugen; feinere Sorten werden nicht gezogen, weil kalte Nebel, Honigthau und Frühlingsfröste denselben entgegen wirken. Gemeindebaumschulen sind 2 vorhanden. Das Obst wird für den eigenen Bedarf theils gemostet, theils gedörrt.

Die Pferdezucht ist unbedeutend, dagegen bildet die Rindviehzucht einen besonderen Erwerbszweig; man züchtet vorzugsweise eine gewöhnliche Landrace und auch etwas Schweizervieh. Zuchtstiere, die auf Kosten der Gemeinde unterhalten werden, sind 3 vorhanden. Der Handel mit Vieh auf benachbarten Märkten ist von Bedeutung.

Von Belang ist auch die Schafzucht, die hier von den Ortsbürgern getrieben wird; es laufen etwa 450 Stück deutsche Schafe auf der Weide, welche an die schafehaltenden Bürger verpachtet wird, was der Gemeindekasse jährlich gegen 400 fl. einträgt. Die gleiche Summe wirft auch der Pferch ab.

Schweinezucht wird nur wenig betrieben, indem die meisten Ferkel auswärts aufgekauft und größtentheils für den eigenen Bedarf gemästet werden.

Die Bienenzucht wird in mäßiger Ausdehnung betrieben.

Durch Vicinalstraßen nach Holzhausen, Renfrizhausen und Vöhringen ist dem Ort sein Verkehr mit der Umgegend gesichert. Die Gemeinde ist im Besitz von 800 Morgen Waldungen, die 400–500 Klafter ertragen; hievon erhält jeder Bürger ein Klafter, das übrige wird als Langholz verkauft, was der Gemeinde eine jährliche Rente von etwa 2–3000 fl. sichert. Gemeindeschaden wird 2–300 fl. umgelegt.

Zu der Gemeinde gehören:

1. Die untere Mühle 1/8 Stunde unterhalb des Dorfs am Mühlbach gelegen (s. oben).

2. Das Salzbohrhaus, etwa 100 Schritte von der unteren Mühle thalabwärts gelegen, wurde im Jahr 1842 von dem Staat erbaut; es enthält ein von dem Mühlbach getriebenes Pump- und Druckwerk, mittelst dessen die Soole in hölzernen und eisernen Teicheln nach Sulz geleitet wird (s. auch die Ortsbeschreib. von Sulz). Gegenwärtig wird ein zweites Bohrloch getrieben, weil in neuerer Zeit die Soole des ersteren im Salzgehalt etwas nachgelassen hat.

| Auf dem Dickeberg soll nach der Volkssage eine Stadt gestanden seyn und noch gegenwärtig trägt eine Stelle des Bergs den Namen „Judenhof“; auch sollen schon alte Waffen und andere Gegenstände daselbst gefunden worden seyn. In der Nähe der Brücke wurde ein Grab, das ein Schwerdt und ein Gefäß von Bronce enthielt, aufgedeckt. Auf der Markung wird eine Stelle die Burghalde und eine andere „uff der Stadt“ genannt. Auf dem sog. Käpelle soll eine Kapelle gestanden seyn, von der man Grundmauern ausgegraben hat.

Bergfelden kam als Bestandtheil der Herrschaft Rosenfeld mit dieser an Württemberg.

Herzog Simon von Teck verkaufte 1304 etliche Höfe an Berchtold von Bondorf. Ein Burkard von Bondorf veräußerte sein Gut an Heinrich von Ergenzingen, welchem Graf Ulrich von Württemberg am 15. Nov. 1345 versprach, solches zu fertigen, sobald es seine (Burkards) Mutter aufgebe (Crusius Ann. Suev. 3, 246). Später wurden von Württemberg hiesige Besitzungen zu Lehen gegeben z. B. 1559 an die von Landenberg.

An hiesiger Kirche kommt vor: 1222 Merz 3 plebanus Burchardus de Bercuelt cognomento Zalge (Wirtemb. Urk.-Buch 3, 131). Kirchensatz und Zehnten waren ursprünglich gräflich Sulzisch und erscheinen 1420 unter den Geroldseck’schen Besitzungen (Reiner, Geneal. des Hauses Hohenzollern 48). Losgetrennt von der Sulzer Kirche wurde die hiesige übrigens erst 1503 (St. A.).

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