Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ybl, Nicolaus
Band: 59 (1890), ab Seite: 50. (Quelle)
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Xantus, Johann (Reisender und Naturforscher, geb. zu Csokonya in der Somogyer Gespanschaft Ungarns am 5. October 1825). In Rede Stehender, dessen Vater Güterdirector des Grafen Széchényi war, entstammt, wie schon der Namen andeutet, einer griechischen etwa seit dem 15. Jahrhundert in Ungarn geschichtlich nachweisbaren Familie. Er widmete sich rechtswissenschaftlichen Studien und betrat die Advocatenlaufbahn, schloß sich aber bei Ausbruch der rebellischen Bewegung im Jahre 1848 derselben an. Er wurde zunächst Hauptmann der Freiwilligen, dann bei den Honvéds und machte die Kämpfe bis Waag-Neuhäusel mit. Am 8. Februar 1849 mit seinem Corps gefangen genommen, ward er auf die Festung Königgrätz in Böhmen gebracht und im October mit noch einigen Genossen als Strafgemeiner in ein k. k. Regiment eingereiht, aus demselben aber auf Verwendung seiner Angehörigen im Juli 1850 entlassen. Er begab sich zunächst nach Dresden, wo er im Verkehr mit seinen Landsleuten und früheren Kameraden seine Honvédgesinnungen ziemlich stürmisch aussprach, so daß er beobachtet und, als er nach Prag kam, als „Verführer des Militärs“ im Hôtel verhaftet wurde. Nach längerer Haft gelang es ihm zu entweichen. Als Flüchtling gelangte er Nachts zu Fuß nach Tetschen und von da mit einem preußischen Obstschiff nach Pirna in Sachsen. Nun setzte er seine Flucht über Hamburg nach London fort, wo er sich 1851 nach Amerika einschiffte. Mit einem Certificat Kossuth’s versehen, versuchte er in New-York sein Glück und brachte sich die erste Zeit mühselig durch als Eisenbahnarbeiter, Ausrufer, Kartenzeichner, Bücherkrämer, bis es ihm 1853 gelang, mit dem Herzog Paul von Württemberg, der damals eine längere Reise im neuen Continent unternahm, nach Texas und von da an die Grenzen von Mexiko zu reisen. In New-Orleans warf ihn das gelbe Fieber auf das Krankenlager, von dem er sich erst nach mehreren Monaten erhob, worauf er mit dem Director des Kopenhagener Museums Grafen Kroger seine zweite Reise nach dem Golf von Mexiko antrat. Nun begann er für das ungarische Nationalmuseum zu sammeln und Naturwissenschaften, denen er bisher ziemlich gleichgiltig gegenübergestanden, fachgemäß zu studiren. Im Jahre 1855 kam er zu der von der nordamerikanischen Regierung ausgerüsteten Expedition, welche die Aufgabe hatte, ganz Kansas zu vermessen und für die Ansiedlung zu gewinnen, und bei welcher er durch großartige naturhistorische Sendungen nach Washington die Aufmerksamkeit des berühmten Smithsonian-Institutes auf sich zog. Dabei vergaß er auch sein eigenes Vaterland nicht, dessen Sammlungen er durch ethnographische und naturhistorische Gegenstände bereicherte, während er zu gleicher [51] Zeit verschiedene Arbeiten naturgeschichtlichen, geo- und ethnographischen und linguistischen Inhalts einsendete. 1857 erhielt er von Seite der Union den Auftrag, das bis dahin unbekannte Süd- Californien wissenschaftlich zu durchforschen. Bis September 1861 währte diese Expedition, auf welcher er ebenso massenhaft für Washington sammelte, wie er wieder sein Vaterland Ungarn bedachte. Als dann die 1861 erlassene Amnestie ihm die Rückkehr in seine Heimat ermöglichte, begab er sich auf die Rückreise nach Europa und kam im December 1861 in Ungarn an, wo er glänzend empfangen, zum correspondirenden Mitglied der ungarischen Akademie ernannt und zunächst mit der Ordnung der von ihm gesammelten naturhistorischen Schätze betraut wurde. Wir finden irgendwo angegeben, daß er nahezu 20.000 Species (allein in Vögeln 5000) für das ungarische Museum gesammelt und die Bibliothek der ungarischen Akademie um etwa 1000 Bände der kostbarsten naturgeschichtlichen Werke und Regierungspublicationen Nordamerikas bereichert habe. Auch veröffentlichte er um diese Zeit in ungarischer Sprache: „Briefe aus Nordamerika“ und seine „Reise in Südcalifornien“, mit Illustrationen und Karten. Nach längerem Aufenthalt in Ungarn kehrte er in seine neue Heimat, in die Union, deren Bürger er schon früher geworden, zurück, wurde Secretär im Flottendepartement, 1862 aber Consul des neugeschaffenen Postens Manzanio in West-Mexiko, wo er gegen das überhandnehmende Franzosenthum so entschieden auftrat, daß infolge dessen alle amerikanischen Consulate eingezogen wurden. Auch leitete er damals die Expedition nach Sierra-Madra. Aber neuerdings vom Fieber befallen, kehrte er, als ihm die Aerzte als einzige Rettung die Heimatsluft empfahlen, im Juni 1864 nach Europa zurück. Nach längerem Aufenthalte in Holland, Belgien und am Rhein kam er nach Pesth, wo er die Organisirung des schon 1862 angeregten botanischen Gartens übernahm; dann brachte er einige Zeit in Raab, wo seine Mutter lebte, zu, bis er Director des zoologischen Gartens in Pesth wurde. Im Jahre 1869 nahm er im Auftrage des ungarischen Unterrichtsministeriums, nachdem Szakács zurückgetreten, an der ostasiatischen Expedition Theil, bei welcher er sich durch sein unverfrorenes Auftreten in Hongkong gegen den kaiserlich österreichischen Generalconsul in ganz eigenthümlicher Weise bemerkbar machte, da er, ohne dazu eine Vollmacht zu haben, von diesem verlangte, das Schild mit der Aufschrift k. k. Generalconsulat herabzunehmen und darauf den Titel österreichisch-ungarisches Generalconsulat zu setzen. Auch wurde sein eigenmächtiges Verhalten, vornehmlich seine Magyaromanie, welche sich bis zur Denuntiation herab würdigte, von der „Neuen Freien Presse“ 1870, Nr. 2024 entschieden verurtheilt. Später trennte er sich von der Expedition, bereiste im Auftrage desselben Ministeriums die Philippinen, Borneo, Sumatra, Java und kehrte Ende 1871 mit reichen zoologischen, botanischen und ethnographischen Sammlungen heim. Seitdem lebt er als Custos des ethnographischen Museums in Pesth. Er hat im Ganzen eine ziemlich umfassende schriftstellerische Wirksamkeit entfaltet, und zwar 12 Werke in ungarischer, 15 in englischer, 9 in spanischer, 1 in deutscher und 2 in lateinischer Sprache veröffentlicht, welche Zahl seit der Zeit, in welcher diese Notiz gedruckt worden, sich [52] erheblich vermehrt haben mag. Seine zahlreichen Aufsätze in nordamerikanischen und englischen naturhistorischen Fachblättern, vornehmlich über Vögel, aber auch anderen naturgeschichtlichen Inhalts verzeichnen Szinnyey Vater und Sohn in der in den Quellen angeführten „Bibliotheca hungarica historiae naturalis et matheseos“. Xantus ist Mitglied mehrerer gelehrten naturwissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine. Wir finden ihn hie und da als Edler von Csik-Taplocza angeführt. In Ivan Nagy’s Werke über Ungarns Adelsfamilien (Magyarország családai czimerekkel) erscheint er nicht, und im „Hof- und Staatshandbuch der österr.-ungar. Monarchie“ finden wir ihn einfach als Johann Xantus angegeben.

Pesther Lloyd (deutsches politisches Pesther Blatt) 1861, Nr. 297; 1862, Nr. 18, 22 unter den Tagesneuigkeiten; Nr. 23 im Feuilleton: „Ungarische Akademie“; 1863, Nr. 111; 1864, Nr. 134, 136 unter den Tagesneuigkeiten, – Pesth-Ofener Zeitung, 1861, Nr. 69, 96, 262, 280 unter den Tagesneuigkeiten. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1870, Nr. 2024, 2195 unter den Tagesneuigkeiten und in der Kleinen Chronik. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 353; 1869, Nr. 236, in den Tagesneuigkeiten. – Neues Fremden-Blatt (Wien, gr. 4°.) 1872, Nr. 213 in den Tagesneuigkeiten. – Ungarische Nachrichten (Pesther polit. Blatt) 1864, Nr. 41. – Truska (Heliodor). Oesterreichisches Frühlingsalbum (Wien 1854, Staatsdruckerei, 4°.). [In einigen Exemplaren dieses zur Vermälungsfeier des Kaisers Franz Joseph herausgegebenen Albums befinden sich auch kurze biographische Notizen jener Autoren, von denen das Album Beiträge enthält; nach diesen Mittheilungen ist Xantus zu Csik-Taplocza in Siebenbürgen am 5. October 1818 geboren. Diese Notizen sind, wenn sie nicht etwa einen zweiten Xantus betreffen, durchgängig falsch.] – Illustrirte Zeitung (Leipzig. J. J. Weber, Fol.) 4. Februar 1865, Nr. 1127, S. 84: „Johann Xantus, der wissenschaftliche Durchforscher Süd-Californiens“. – (Waldheim’s) Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, Nr. 16, S. 182. – Hanuš (I. J. Dr.). Kritische Blätter für Literatur und Kunst (Prag und Leipzig, 8°.) II. Jahrg., Bd. III, S. 61. – Embacher (Friedrich Dr.). Lexikon der Reisen und Entdeckungen (Leipzig 1882, Bibliogr. Institut, gr. 12°.) S. 300. – Literarische Berichte aus Ungarn. Ueber die Thätigkeit der ungarischen Akademie der Wissenschaften und ihrer Commissionen u. s. w. Herausgegeben von Paul Hunfalvy (Budapesth 1877, Franklin-Verein, gr. 8°.) Bd. I, S. 42; Bd. II, S. 13, 14, 15. – Szinnyei (József). Hazai és külfoldi folyó-iratok magyar tudományos Repertóriuma. Történelem és annak segédtudományai, d. i. Szinnyei’s Geschichtsrepertorium (Budapesth 1874, gr. 8°.) S. 528, 664, 696, 705, 708, 807. [Nachweise über seine in der Akademie gehaltenen Vorträge und verschiedenen Schriften). – Bibliotheca hungarica historiae naturalis et matheseos. Edidit Szinnyei Jószef et Dr. Szinnyei Jószef (Vater und Sohn) (Budapesth 1878, 4°.) Sp. 851 [mit einer reichen Uebersicht seiner namentlich in englischen und amerikanischen naturwissenschaftlichen Zeitschriften erschienenen Aufsätze] – Az Ország tükre, d. i. Der Reichsspiegel, 1862. Nr. 4. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagsblätter (Pesth, gr. 4°.) 1862, Nr. 6. – Hazánk és a külföld, d. i. Heimat und Fremde (Pesth. 4°) 1865, Nr. 11. – Magyarország és a nagy világ, d. i. Ungarn und die große Welt, 1866, Nr. 40.
Porträts. 1) Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen in der Leipziger „Illustrirten Zeitung“ Nr. 1127 vom 4. Februar 1865. – 2) Lithographie von Marastoni in Az ország tükre . – 3) Lithographie im Gruppenbilde des „Floh“ (Wien, Fol.) 1875, Nr. 22. – 4) Lithographie von Barabás, Xantus in der Uniform eines Schiffscapitäns der nordamerikanischen Union.